Frag den Guru!

Guitar Guru: Hüttl & Hopf

Anzeige

Hast du Fragen zum Thema „alte und/oder merkwürdige Gitarren“? Wir beantworten sie auf dieser Seite. Monat für Monat. Diesmal geht es um eine alte Hüttl- sowie eine Hopf-Gitarre.

Anzeige

Mein verstorbener Nachbar hat mir eine wunderschöne alte Gitarre hinterlassen. Leider gibt es in unserer Familie keine Musiker, daher möchte ich sie verkaufen. Sie ist ein Schätzchen aus den 60ern – ich bekam einen Hinweis, dass es sich vielleicht um eine Gitarre von Wolfgang Hüttl handeln könnte. Uschi

Da hast du einen ganz richtigen Hinweis bekommen: Die Gitarre ist nämlich tatsächlich von Wolfgang Hüttl. Hüttl stammte ursprünglich aus Schönbach (heute Luby in Tschechien) und siedelte sich 1946 in Bubenreuth an. Dort gründete er seine Gitarrenbaufirma neu. Er hatte eine eigene Werkstatt und beschäftige insgesamt bis zu 50 Mitarbeiter. Laut einiger Internetquellen wurden in den betriebsamsten Zeiten bis zu 500 Gitarren pro Tag ausgeliefert. Die Firma existierte bis 1983, in dieser Zeit ging quasi innerhalb von wenigen Jahren bis auf wenige Ausnahmen die bunte Vielfalt der ersten modernen Phase des westdeutschen Gitarrenbaus zu Ende.

Hüttl-Gitarren existieren in verschiedenen Qualitätsabstufungen – von der einfachsten, nicht besonders wertig gefertigten „Klampfe“ bis hin zu absoluten High-EndArchtops, die qualitativ mit ihren Gegenstücken von Höfner, Hoyer und Framus durchaus mithalten können. Deine Gitarre zählt eher zu den besseren Hüttls und ist eine Variation des Modells „Pique Dame“. Die vielen Varianten von Modellen – nicht nur bei Hüttl, sondern auch anderen deutschen Archtop-Bauern aus der Zeit – erklären sich dadurch, dass diese Hersteller in der Regel auch außerhalb des Betriebs Gitarren oder Teilstücke von Heimarbeitern fertigen ließen.

Ich schätze deine Gitarre auf die späten 1950er- oder frühe 1960er-Jahre – nicht eher, nicht später. Leider sind viele dieser alten Archtops nach all der Zeit mit Problemen behaftet, vor allem wenn sie – wie deine auch – keinen Spannstab im Hals haben. Der wurde in Deutschland erst 1960 eingeführt. Dadurch sind die Hälse oft bananenförmig gekrümmt, und durch den jahrzehntelangen Saitenzug und -druck mitunter die Decke eingesunken und der Hals aus der Halstasche „rausgekommen“. Das alles scheint bei deiner Pique Dame nicht der Fall zu sein. Und deshalb kann man hier preislich schon etwas höher ansetzen, also so zwischen 350 und vielleicht 450 Euro sollten da möglich sein. Man sieht so manche alte deutsche Archtop auch für mehr, aber ich halte das zumindest für eine heute vergessene Marke wie Hüttl für teilweise unrealistisch, denn da muss man dann schon einen Spezialisten und Liebhaber finden …


Am Wochenende lief mir dieses Schätzchen über den Weg: Eine Hopf Saturn 63. Meine Schwiegermutter ist Musiklehrerin an einem Gymnasium, ihr wurde das Instrument für die Schule als Spende angeboten. Ich war begeistert von der doch etwas merkwürdig aussehenden Klampfe! Der Sound ist rein akustisch sehr rund und musikalisch, die Gitarre reagiert hervorragend auf das Spiel und die Spielintensität. Die Elektronik ist etwas gewöhnungsbedürftig, und soweit ich es testen konnte, übertragen die beiden Singlecoils den akustischen Ton der Gitarre sehr gut ins Elektrische. Der Vibratohebel fehlt und wurde durch eine Schraube ersetzt. Sehr angetan war ich von dem (Fichten?-) Hals. Das Holz ist unglaublich gleichmäßig gewachsen, siehe Fotos. Kann der Guru uns ein bisschen was zu dieser Gitarre erzählen und sagen, was sie wert ist? Das Modell ist mir unbekannt. Andreas

Da habt ihr ein absolutes Schätzchen gefunden! Die Hopf Saturn 63 ist eine der ikonischsten deutschen Gitarren überhaupt. Hergestellt wurde sie von Gustav Glaßl im Auftrag von Hopf in den frühen 1960er-Jahren und überzeugt auch heute noch mit hervorragender Qualität. Die Firma Hopf aus Taunusstein bei Wiesbaden ließ viele Archtops und E-Gitarren bei anderen Herstellern bauen und vertrieb sie dann unter dem eigenen Markennamen.

Hopf selbst ist eine uralte Instrumentenbau-Firma, die bereits seit dem Ende des 17. Jahrhunderts – und bis heute – aktiv ist. Der Hals der Saturn 63 ist meines Wissens nach aus laminierten Ahornstreifen gefertigt, um eine bessere Steifheit gegen Verwindungen zu garantieren. Der hohle Korpus aus laminierter Fichte hat sehr ungewöhnliche Metall-Bindings. Neben der Saturn gab es auch noch die Carina, eine etwas tiefere Jazzgitarre in gleicher Form, von der es nur einige wenige Exemplare gibt.

Es gab die Saturn auch in verschiedenen Ausführungen. Da die Saturn auch heute noch sehr brauchbar, zuverlässig und durchaus auch unter modernen Gesichtspunkten gut spielbar ist, erzielt sie hohe Preise – zwischen 800 und 1.500 Euro werden für sie verlangt, je nach Zustand.


(erschienen in Gitarre & Bass 10/2022)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.