Ein kompromissloses Statement für Extremisten

God of Thunder: Bogner Über Ultra im Test

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(Bild: Dieter Stork)

DAMPFHAMMER

Die Kaufargumente für diesen Bogner-Verstärker sind dennoch klar die High-Gain-Modi. So wird man kaum einen zweiten Verstärker finden, der moderne High-Gain-Sounds mit dieser Wucht und in einer ähnlichen Vielfalt liefern kann. Der Über-Modus überzeugt in beiden Kanälen mit bemerkenswerter Klangfülle und Basswucht, die jedoch mit einer angenehmen Präzision und einem gefälligen Spielgefühl einhergeht. Bereits in Kanal 1 erreicht man so einen erstklassig straffen Metal-Sound, der sich für Downtuning-Einlagen bestens eignet. Ich meine, dass der Über Ultra die älteren Modelle in ihrer Kernkompetenz gut ersetzen kann und seinen Namen zu Recht trägt. Einmal durchatmen!

Es ist erstaunlich, wie flexibel allein die Endstufe agiert. Über Presence, Depth und Density erreicht man unterschiedlichste Klangfacetten. Dem Original-Überschall nähert man sich durch die entsprechend gekennzeichneten Reglerpositionen: Density und Depth voll auf geregelt und die niedrigste Einsatzfrequenz für den Presence-Regler, die bereits die Mitten beeinflusst. In dieser Einstellung klingt der Über Ultra drückend und tiefenbetont, was sich glücklicherweise frei dosieren lässt.

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Die alternativen Einsatzfrequenzen für den Presence-Regler sind die Positionen „Hair+“, die wie beispielsweise bei älteren Boogie-Verstärkern sehr hoch liegt, und „Hair“, die der typischen Einsatzfrequenz vieler Marshalls entspricht.

KANAL 2

Die Crunch- und Über-Voicings finden sich auch im zweiten Kanal wieder. Dort lässt sich die Definition per Metamorph-Regler justieren. Er regelt das Gain an einer späteren Position im Signalweg und kontrolliert dabei ergänzend den Anteil tiefer Frequenzen im Signalweg. Der Schlüssel zu straff definiertem Sound ist dabei der Bassanteil der Vorstufe, der gleichzeitig auch das Spielgefühl beeinflusst. In regelbarer Form kennt man das aus der Mark-Serie von Mesa Boogie, aber auch von Larry und Fortin. Per Metamorph lässt sich der Klang tatsächlich zwischen bretthart bis hin zu saftig-fett überführen.

Über den Bright-Schalter hat man zudem die Wahl zwischen der basskräftigeren „Doom“-, der linearen „Focus“- und der höhenbetonten „Bright“-Variante.

Unterm Strich sind die Voicings in den Kanälen nicht identisch und man hat die Qual der Wahl. Definitiv aber lässt sich der straffe Sound in Kanal 2 immer noch schnittiger abstimmen.

Der Boost ergänzt, wie in Kanal 1, eine weitere Portion Gain. Die Abstimmung ist dabei ausgewogen im Frequenzbereich. Wer es schlanker mag und eine Mittenbetonung schätzt, greift zu externen Boostern. In beiden Kanälen erzielte ich mit einer EMG SPC (Strat Presence Control) und einem Friedman Buxom Boost überzeugende Ergebnisse.

ULTRA

Schließlich hält Kanal 2 noch das Ultra-Voicing bereit. Es schiebt die Gain-Messlatte noch höher und verabschiedet sich gänzlich von konventionellem High-Gain. Es klingt modern, aggressiv und genau so straff, bissig und voluminös wie man möchte. Dieses Voicing ist extrem, aber gleichzeitig stimmig. Hier verbirgt sich der bislang modernste Bogner-Sound. Und selbst diesen Kanal könnte man per Boost um eine weitere Gain-Stufe erweitern. Wahnsinn! Für meine Begriffe greift man im Ultra-Modus im Höhenbereich nicht mehr zu den Betriebsarten Focus oder Bright, sondern wählt stattdessen Doom. Die Treble- und Presence-Regler braucht man für den richtigen Biss keinesfalls voll auf regeln, denn der Über Ultra hat stets ein prägnantes Attack, mit dem er schnelle Riffs bestens meistert.

Deaktiviert man den rückwärtigen Link-Schalter, könnte man den Boost in Kanal 1 im Über-Voicing eingeschaltet lassen und zwischen zwei unterschiedlich “schweren Geschützen” wechseln – Kanal 1 als wuchtige Variante bei langsamen und mittleren Tempi, Kanal 2 für schnelle Riffgewitter. Dennoch wäre es falsch, Kanal 2 derart zu simplifizieren, denn er kann genauso fett daherkommen. Beide Kanäle sind gleichermaßen für tiefe und sehr tiefe Tunings geeignet. Entsprechende Anforderungen steckt die Endstufe locker weg.

Gibt es einen Haken? Ja, die Nebengeräusche und der eigene Geschmack! Der moderne Charakter ist nicht jedermanns Sache. So wird es kaum gelingen, den metallischen Biss völlig weg zu regeln. Ebenso liefert der Über Ultra stets eine gewisse Bassfülle. Zwar agiert der Verstärker straff und schnell, sogar vorbildlich, hat aber dennoch eine unverkennbare Tiefenwucht.

Apropos: In meinem Fall harmonierte der Über Ultra sowohl mit den kräftigen Celestion-G12H-100-Lautsprechern als auch mit den ausgewogeneren Klassikern G12-65. Er klingt bereits bei niedrigeren Pegeln gut, entfaltet sein volles Potential aber erst bei höheren Pegeln.

(Bild: Dieter Stork)

ZIELEINFAHRT UND -FOTO

Die klangliche Bandbreite des Über Ultra ist immens. Von sauberem Clean über Crunch landet man letztlich bei einer echten High-Tech-Abrissbirne. Der berühmt fette Überschall-Sound ist dabei nur der Anfang und steht sogar in vollem Umfang und doppelt zur Verfügung. Stets modern lassen sich über die Regler, Modi und Schalter Attack, Biss, Scoop und Druck umfassend ausformen. Dieser Verstärker kann knallen, nahezu explodieren, messerscharf sägen, wütend stampfen und monströs schieben. In jeder Richtung gibt es genug Reserven. Gleichzeitig braucht man um gute Klänge nicht kämpfen.

In meiner Verstärkersammlung liefert der Über Ultra den wohl modernsten Metal-Sound. Dazu schafft es Bogner, eine eigene Klangnote zu präsentieren, die sich deutlich von Marshalls, einem Rectifier oder 5150 abhebt. In Sachen Definition kann ihm der Fryette Pittbull Ultra Lead das Wasser reichen. Er verfügt allerdings über ein klassisch runderes Mittenspektrum und weniger Tiefenschub. Der Bogner klingt dazu extremer und schärfer, ohne jedoch übers Ziel hinauszuschießen. Als weiteren außerordentlich modernen Verstärker würde ich den Rivera K7 nennen, von dem sich Bogner durch eine eigenständige Klangabstimmung und höhere Flexibilität im High-Gain-Bereich abgrenzt.

Als weitere Mitbewerber sollte man den Hell Razor von Wizard, Larrys Pure Metal Machine und Fortins Evil Pumpkin nennen sowie die Umbauten von Hermansson.

RESÜMEE

Reinhold Bogner gibt mit dem Ultra-Modus ein kompromissloses Statement für Extremisten ab. Schnaufenden Nebengeräuschen zum Trotz schiebt sich ein Metal-Sound durch die Boxen, der jede Menge Gain aufweist, gleichzeitig aber auch das nötige Attack, beste Definition und einen Bass, den man so druckvoll gestalten kann, wie man nur möchte.

Respekt, wenn sich ein Anbieter traut, mit einem Röhrenverstärker neue Pfade zu betreten. Der Name ist Programm. Klanglich ist der Über Ultra ein Wunschtraum für Liebhaber moderner oder extremer High-Gain-Klänge. Kaum ein anderer Verstärker bewegt sich derart treffsicher und flexibel in diesen Genres. Somit sollte man keine lieblichen Solo-Sounds erwarten, sondern ein fauchend wildes Tier, das mit enormer Kraft zupackt und auf Nachteile wie Nebengeräusche pfeift. Wozu gibt es Noise Gates? Er klingt in diesen Sparten schlichtweg großartig. Bogners Metal-Kunstwerk ist deutlich flexibler geworden. Es hat sich dem Zeitgeist angepasst, ohne den geschätzten, fetten Klang des alten Überschall aufzugeben. Dazu sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen, dass der Amp bei Bedarf eben auch überzeugende Clean- und Crunch-Sounds liefern kann.

Bei aller Begeisterung gilt es den Preis zu bewerten. Es handelt sich um einen US-Import eines Kleinserienmodells aus renommiertem Hause. Hierfür werden mehr als 4.000 Euro fällig. Damit ist der Über Ultra ein teures Nischenprodukt, was allerdings ebenfalls für alle genannten Mitbewerber gilt.

PLUS

  • Sounds von Presslufthammer bis Rasiermesser
  • deutliche Aufwertung gegenüber Überschall und Twinjet
  • drei Voicings pro Kanal
  • außerordentlich flexible Endstufe

MINUS

  • deutliche Nebengeräusche
  • Boost-Funktion nicht pro Kanal schaltbar


(erschienen in Gitarre & Bass 05/2024)

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