Formvollendet – technisch souversän

Frisch & federleicht: König & Brüggen Juli im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Mit stilvollen Designs gehen die Hamburger Gitarrenbauer selbstbewusst ihren eigenen Weg. Das Modell Juli ergänzt das Programm um eine besonders aparte Semiakustik!

In Hamburg Ottensen, nicht weit entfernt vom Bahnhof Altona, realisieren die gelernten Gitarrenbauer Robin König und Mario Brüggen ihre Vorstellungen vom individuellen Gitarrenbau mit eigenen Designs. Auch für Reparaturen und Restaurationen aller Art rund um die Gitarre ist man dort in guten Händen.

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FORMVOLLENDET – TECHNISCH SOUVERÄN

Das neue Modell Juli ist formal schon einmal eine Wucht, wartet vor allem aber auch mit vielversprechenden innereren Werten auf. Hinter dem gewinnenden Äußeren verbirgt sich eine handwerklich mit Finesse auf den Punkt gezogene, kleine, überaus handliche Gitarre, die abseits der gängigen Klischees neben eleganter Formgebung vor allem auch nach klanglicher Souveränität strebt. Konstruktion: Mit Juli liegt uns, wenngleich im Rahmen bekannter Bauweisen, in verschiedener Hinsicht eine durchaus eigenwillig konstruierte Gitarre vor. Die Rede ist hier nicht von einer üblichen Archtop, denn die hätte eine geschnitzte, oder, wenn aus laminiertem Material gefertigt, eine in Wölbung gepresste Decke.

Juli aber ist dem akustischen König-&-Brüggen-Modell Ava entlehnt und verfügt über eine massive Decke, die, wie der ebenfalls massive Boden, auch unter Spannung in Wölbung verleimt wurde. Am Halsansatz erreicht die eher flach angelegte semiakustische Gitarre eine Korpustiefe von 5 cm, die zur Mitte hin auf ca. 6,2 cm zunimmt und in Gurtpin-Höhe dann wieder lediglich gut 5 cm erreicht. Auch ist die recht dünne Decke mit einer stabilisierenden, an die Korpuswölbungen angepassten Kreuzbebalkung unterbaut, wie man sie bei Akustikgitarren findet. Die vom Gitarrenbauer gewählte Bezeichnung Semiakustik bezieht sich wohl eher auf die klangliche Einschränkung durch eine schmale Bauweise. Im Grunde ist diese Konstruktion eher eine Thinline Hollowbody.

Boden und Zargen aus Riegelahorn in feiner „fiddleback“-Qualität (Bild: Dieter Stork)

Details: Boden und Zargen von Juli wurden aus besonders fein geriegeltem Ahorn gefertigt, was durchaus Assoziationen an Streichinstrumente zu wecken vermag. Die mittig gefügte Decke aus feinjähriger Alpenfichte bekam sehr schön in die Linienführung einbezogene Cats-Eye’s-Schalllöcher. Dunkel unterlegte Bindings aus Ahorn schließen Decke und Boden ein.

Dreiteiliger Hals aus Riegelahorn (Bild: Dieter Stork)

Der in Höhe des 16. Bundes in den Korpus eingeleimte, aus drei Teilen gefügte Hals aus Riegelahorn bekam ein Griffbrett aus ebenfalls Riegelahorn aufgesetzt. 22 Bünde mittlerer Stärke (6105, EVO Golddraht) zeigen sorgfältige Verarbeitung. Die stimmig gestaltete Kopfplatte, im Winkelübergang verstärkt durch eine gut ausgebaute Volute, ist frontseitig mit einem Furnier aus Riegelahorn besetzt. Dezent leuchtet darin die Signatur „König“ in Surfgreen. Leichtgängige GrandTune-Mechaniken von Schaller sorgen für verlässliche Stimmung.

Stegunterbau und Saitenhalter aus Ahorn in Surfgreen (Bild: Dieter Stork)

Einen besonderen Akzent setzen die in Surfgreen lackierten Parts des Stegunterbaus und des Tailpieces aus Ahorn. Bei der Bridge selbst handelt es sich um das Modell 2500RE von ABM (Glocken-Messing). Elektrik: Der TV-Jones-Classic-Pickup in der Halsposition ist ein dem Gretsch Filter’Tron der späten 1950er-Jahre nachgeahmter Tonabnehmer. Er wird in der Juli von einzelnen Volume- und Tone-Reglern kontrolliert.

Versiegelt ist die kleine Gitarre rundum in Perfektion mit transparent hochglänzendem Polyurethanlack.

Soundcheck und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

KOMM, TANZ MIT MIR!

Huch, was haben wir denn da in der Hand? Mit nur 2 kg ist dieses Instrument ein regelrechtes Federgewicht. Juli nimmt im Sitzen gespielt mit ihrem zierlichen Korpus dank Wespentaille dann aber locker auf dem Oberschenkel Platz. Die kleine Gitarre fügt sich gut an ihren Spieler und der rechte Arm liegt komfortabel auf der schmalen Zarge. Als grundlegende Spielposition kommt die Schlaghand mittig zwischen Pickup und Steg mit Tendenz zum Tonabnehmer hin in Position. Das sehr schön rundlich griffig gestaltete Halsprofil fällt einladend in die Hand und die superb abgeglichene Bundierung tut ein Übriges, um im Verein mit der tief und nebengeräuscharm eingerichteten Saitenlage Spielvergnügen pur zu gewährleisten.

Mit den ersten Akkorden schon zeigt uns die Juli eine wunderbare Frische und Leichtigkeit in der Tonentfaltung. Offen, schnell und luftig schwingen zauberhafte Klänge ein, die sich freischwebend durch die Luft bewegen wie übermutig tänzelnde Feen auf einer sonnendurchfluteten Lichtung … Komm, nicht schon wieder diese Metaphern-schwangere Lyrik … Schon gut, will doch nur sagen, dass diese Sounds der leichten Bauweise entsprechen und alles andere sind als Standard. Die Ansprache jedenfalls ist spontan, der Anschlag wird perkussiv-markant umgesetzt und das Sustain erreicht eine lobenswerte Länge bei stabiler und atemreicher Tonentwicklung – großartig! Spieltechnisches Detail noch: Die Juli verfügt zwar über 22 Bünde, aber bestens erreichbar mit kleinem Finger per Handkantenanschlag ist noch das hohe A (17. Bund), für die Bünde darüber gilt es die Hand über die Decke zu strecken.

Konnte die akustische Seite dieses sinnigen Modells schon voll überzeugen, so ist es aber doch vor allem auf die elektrische Tonumsetzung hin entworfen, und die kann sich wirklich sehen lassen. So eingeschränkt die Ausstattung mit nur einem Pickup auch erscheinen mag – manchmal ist die Fokussierung auf das Wesentliche ja die genau richtige Antwort auf bestimmte Fragen, und wer dieses Instrument überhaupt in Betracht zieht, der weiß auch warum.

TV Jones Classic Pickup (Bild: Dieter Stork)

Der TV Jones Classic in der Halsposition ist mit seinem niedrigen Widerstandswert ein auf Klarheit und offene Transparenz hin ausgelegter Tonabnehmer. Entsprechend durchsichtig und aufgeräumt, aber auch knackig akzentuiert setzt er die profunden Grundeigenschaften von Juli auch um. Mit dem gut gefestigten, leicht abfedernden Ton lässt sich bestens arbeiten. Dynamisch und pointiert werden musikalische Ambitionen umgesetzt, harfengleich aufgelöst im Akkord, perlfrisch abrollend bei Arpeggien, glasklar und präzise definiert im solistischen Spiel. Mit zurückgenommenem Tone-Regler lassen sich allerdings auch weich zeichnende Sounds aufrufen, die mehr ins Lyrische und Romantische neigen, aber auch Ansprüchen in Richtung Jazz genügen können.

Nur größere Lautstärken sind Julis Ding natürlich nicht – auf schwarzer Nietenkluft sähe sie doch eh auch albern aus, oder etwa nicht?

RESÜMEE

Mit ihrem Modell Juli haben König & Brüggen ein federleichtes und frisches Instrument von elfengleicher Anmutung geschaffen, das dem optischen Eindruck klangfarbliche Aspekte wie gespiegelt folgen lässt. Die zierliche Gitarre ist nicht nur von exquisiter Machart und stimmiger Konstruktion, ihr wurde neben exzellenten Spieleigenschaften auch eine wunderbar dynamische Beweglichkeit und fabelhafte Stimme von originärer Klangfarbe mitgegeben.

Schon akustisch gespielt, nimmt diese Gitarre mit schönem Timbre und leichtfüßiger Ansprache gefangen. Eigenschaften, die durch den transparent umsetzenden TV-Jones-Classic-Pickup auch verstärkt authentisch dargestellt werden. Ihr Einsatzbereich mag wegen der minimalistischen elektrischen Ausstattung begrenzt sein, dafür aber ist diese Klangfarbe für den dezidierten Einsatz vielleicht die genau richtige. Juli will nicht alles können, bietet dafür aber etwas Seltenes: einen ungemein starken eigenen Charakter, und den musst du im Wald der Allgemeinplätze erst mal finden. Wir ziehen den Hut – ein tolles Instrument!

PLUS

  • Design
  • Leichtgewicht
  • massive Premium-Hölzer
  • Pickup
  • originäre Sounds
  • Handhabung
  • minutiöse Verarbeitung


(erschienen in Gitarre & Bass 03/2023)

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