Frank Hartung Guitars Embrace Custom Flying Dragon im Test
von Franz Holtmann,
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Frank Hartung ist der Spezialist für besondere Leckerbissen. Seine Gitarrenbaukunst hat nicht nur in funktionaler und ergonomischer Hinsicht Hand und Fuß, sie will auch immer das Auge erfreuen und den anspruchsvollen Gitarren-Gourmet zufriedenstellen.
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Für sein Modell Embrace Classic wurde Frank 2014 bereits der Deutsche Musikinstrumentenpreis verliehen. Die Custom-Flying-Dragon-Ausführung ist ein gutes Beispiel für die offene Auslegung des Konzepts im gesetzten Rahmen.
Konstruktion
Kunstvolle Einlagen in Gestalt eines fliegenden Drachen geben dem Embrace-Custom-Flying-Dragon-Modell seinen Namen. Das grundlegende Pattern des Embrace-Modells ist ansonsten in der Bauweise von Mahagonikorpus mit markant konturierter aufgesetzter Ahorndecke und der unverkennbaren Kopfplatte zu sehen. Ausgehend von dieser konstruktiven Basis ist optional so gut wie alles möglich, was nicht gegen die bautechnischen oder ästhetischen Vorstellungen des Gitarrenbauers verstößt.
Die Details: Für den einteiligen Korpus der Flying Dragon fand Frank Hartung ein Stück gut gealterten Mahagonis mit leichter Curly-Zeichnung, dem er im oberen Bereich eine leichte Anlagebucht verschaffte. Darauf setzte er eine ebenfalls einteilige Decke aus stark geflammtem Ahorn mit jenem charakteristischen Konturschnitt, der Linien aus der Taille hinaus in die Decke hinein führt. Optische Akzentuierung erfährt diese auffällige Gestaltung noch durch die natürlich belassenen Deckenränder (Fake Binding). Besonders bemerkenswert an der vorliegenden Custom-Ausführung ist der eingeleimte rundliche Hals aus Stained Flamed Maple, mit eleganter Formgebung und einem dunkel gebeizten Satin Finish, das wie gealtert wirkt.
Das damit kombinierte Griffbrett aus Palisander trägt neben den bereits erwähnten Dragon Inlays aus MOP/Abalone 22 in Perfektion verarbeitete Medium Jumbo Bünde (Dunlop 6105), welche in gefräste Bundnuten gesetzt die Außenkanten unversehrt belassen. Kleine Pearl Dots auf der Sichtkante verbessern die Lagenfindung. Die im Winkelübergang durch eine Volute verstärkte, exzellent gestaltete Kopfplatte im Matching-Headstock-Design spiegelt das Deckenmaterial. Ihre zweiteilige Auflage ist mit jeweils einteilig ausgefrästen Palisander-Bindings eingefasst. Der Kopf wurde mit Schaller Locking Tunern samt Ivoroid-Wirbeln ausgestattet und trägt die Handsignatur des Gitarrenbauers. Zugriff auf den Halsstab erhalten wir über eine dezent verschlossene Nutung im letzten Bund des Griffbretts.
Über den sauber eingerichteten Sattel aus Knochen laufen die Saiten in 635 mm Mensurlänge hinüber zum Hartung Tailpiece, eine moderne einteilige Wraparo- und-Bridge aus Alu mit Bolzen und individuell in der Länge justierbaren Saitenreitern aus Glockenmessing. Zwei in Pickup-Rähmchen aus Ahorn aufgehängte Humbucker von Harry Häussel – Pearl am Hals, Hot B am Steg – verleihen dem Fliegenden Drachen seinen feurigen elektrischen Atem. Geschaltet werden die Tonabnehmer allein oder zusammen mit einem auf das obere Horn gesetzten Dreiwege-Toggle-Switch, verwaltet von individuellen Volume- und Tone-Reglern mit griffigen elfenbeinfarbenen Knöpfen. Der hintere Tone-Regler ist zusätzlich mit Push/Pull-Funktion zur Spulentrennung des Hals-Pickups ausgelegt.
Die Elektrikfächer am Korpusboden sind im Übrigen mit Deckeln aus Riegelahorn verschlossen. Auch mit diesem absolut detailgenau gefertigten Modell weist Frank Hartung wieder einmal seine große gestalterische und handwerkliche Meisterschaft nach.
Praxis
Die Embrace Custom Flying Dragon spielt sich dank ihres perfekt rundlich gestalteten Halses schlicht großartig. Samtig im Griff, wunderbar in haptischer Hinsicht mit einem optimalen Halsprofil aus guter Breite und angemessener Stärke bei gut verrundeten Griffbrettkanten und perfekter Bundierung, findet die linke Hand lässig ins Spiel. Schon vor dem Amp vermittelt sich auch in klangbildender Hinsicht die große Kompetenz dieser Gitarre. Akkorde manifestieren ihr enormes Tonpotential mit offener und stimmlich ungemein transparenter Darstellung, die einzeln angeschlagene Note schwingt lang und gleichmäßig aus und das über das gesamte Griffbrett hinweg. Ja, so klingt eine meisterlich gebaute Gitarre. Und die konstruktive Geschlossenheit hat selbstredend auch Einfluss auf das elektrische Klangbild, das vor allem mit seiner Tonfestigkeit und beeindruckender Klarheit Punkte einsammelt.
Hilfreich zur Hand gehen dem Fliegenden Drachen dabei die verbauten Humbucker von Harry Häussel. Der Hals-Pickup Pearl tönt in dieser Gitarre voll und rund, dabei aber ungemein transparent, ja fein zeichnend und wartet mit einem glockenreinen Höhenschimmer auf. Mit hoher Präzision werden die Stimmen im Akkord transportiert, gekennzeichnet von innerer Stabilität und sonorem Tiefgang. Definierte Bässe, runde Mitten, glasige Höhen – keine weichen Ränder, keine ausfransenden Frequenzen. Harmonische Arbeit mit klar eingestelltem Amp ist demgemäß ein Genuss! In Zerrpositionen greift dann wieder die schon genannte Festigkeit, eine tonale Straffheit mit enormem Sustain-Effekt.
Schnalzend wird der Anschlag umgesetzt, markant setzen Linien Akzente, lassen gehaltene Noten Obertöne luftig einschweben – Klasse! Gehen wir auf den Steg-Pickup, so ist der in der Abteilung Clean nicht ganz so souverän unterwegs wie sein Kollege am Hals, aber er ist ja keineswegs von schlechten Eltern und zeigt seine gute Kinderstube mit konturiert leichten Bässen, kraftvollen, aber gut dosierten Mitten und braven Höhen, die bei harmonisch-rhythmischer Arbeit immer noch einen hübsch schlanken Fuß machen. Glänzend aber steht dieser Häussel da, wenn wir über ihn den hochgefahrenen Verstärker ankitzeln und der sich vor Freude dann fast wegwerfen will. Im Overdrive geht der also steil, tanzt quasi auf den heißen Röhren.
Die knackige Bassdarstellung ist eine Wucht, die Mitten, dicht, nicht zu warm, aber von tragender Dominanz, gehen mit den famos gerundeten Höhen eine harmonische Allianz ein, was höchst präsente und druckvolle Darstellungen ermöglicht. Erneut ist die Straffheit und Stringenz der Tonentfaltung bemerkenswert. Einge denk der schnellen Ansprache und pointierten Anschlagsakzentuierung fragt Solospiel aber auch nach dem ganzen Spieler, der dieses differenzierte Potenzial auch kontrolliert abzurufen in der Lage ist. Ziehen wir den hinteren Tone-Regler, schalten folglich den Hals-PU auf Singlecoil, so stehen uns mit ihm und in der Mittelstellung noch sehr schöne alternative Split-Sounds zur Verfügung.
Die ausgekämmten Klangableger sind schon drahtig und twangy bei einzeln gespielten Tönen, aber zugleich auch seidig aufgelöst im Abrollen von Akkorden. Kein spitzig harscher Junk, nein nein, hier geben sich Ihre erhabene Hohlheit die Ehre. Schön auch die Gewichtung zum volltönenden Steg-Humbucker beim Wechsel der Pickups, was vor allem in Zerrpositionen für effektiv nutzbare Dynamiksprünge sorgt. Sehr geschmeidige Ergebnisse bekommen wir zu guter Letzt auch noch bei der Arbeit mit den Volume- und Tone-Reglern. Farben und Intensitäten lassen sich darüber fein dosieren.
Die Embrace Flying Dragon bestätigt erneut die große Konstanz, mit der Frank Hartung seine edlen Gitarren in passionierter Souveränität fertigt. Instrumente aus seiner Hand haben immer diesen definitiven High End Touch, eine Präzision und Widmung bis ins letzte Detail hinein. Die handwerkliche Akribie ist aber keineswegs Selbstzweck, dient also nicht nur der extravaganten Optik. Die bekommt man bei Hartung immer, aber so schön der Look auch sein mag – Gitarren wie die Flying Dragon sind vor allem definitive, praxisgerecht ausgelegte Instrumente mit großartiger Ergonomie und exzellentem Klangpotential, für das in diesem Fall die bestens passenden Pickups von Harry Häussel die tonfarbliche Klasse perfekt ins Bild setzen. Tolle Arbeit!
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