New Yorker Gitarristen sind vor allem eins … richtig cool! Logisch, dass dann die Signature-Gitarre eines solchen ebenfalls und vor allem cool sein muss.
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In der noch relativ jungen Geschichte der wiederbelebten Marke Framus ist Earl Slick erst der dritte Musiker, dem die Markneukirchener ein Signature-Instrumente bauen. Die beiden anderen sind übrigens der ehemalige Gitarrist der Original Oberkrainer, Leo Ponikvar (1917 – 1992), und Mitja Mastnak, der im Jahre 2006 das Mitja Kvintet gründete, um die Tradition der Original-Oberkrainer-Musik fortzusetzen. So wenig diese Herren mit Rock’n’Roll am Hut haben, so tief hat Earl Slick dem Rock’n’Roll in die Augen geschaut!
Slick hat tief in der Geschichte von Framus gegraben, als es darum ging, das Design für seine Signature-Gitarre festzulegen – und ist fündig geworden. Ähnlich wie das alte Modell Hollywood sollte auch seine neue Gitarre aussehen – ein wirklich cooles Double-Cuatway-Design, das auch heute absolut zeitgemäß rüberkommt, wie auch die aktuellen Neuauflagen der Framus Hollywood zeigen.
Konstruktion
Retro, wo möglich, Moderne, wo nötig! So in etwa könnte das Konzept dieser schicken, kleinen Gitarre umrissen werden. Retro ist auf jeden Fall die Optik, modern die Spielbarkeit, die Sounds und die Verarbeitung.
Der Body mit seinen beiden kleinen Korpushörnern ist aus leichter Sumpfesche, auf die ein Ahornhals mit Palisandergriffbrett geschraubt ist. Framus verwendet auch hier die eigene sogenannte Bolt-In-Methode, bei der die Halszunge bis in das Hals-Pickup-Fach reicht und dort mit zwei Schrauben fixiert ist, die bei eingebautem Tonabnehmer nicht sichtbar sind. Hinten sind die anderen beiden Schrauben zu sehen, die auf einer eleganten, halbmondförmigen Konterplatte Platz genommen haben. Die Idee, Esche als Korpusholz zu verwenden, mag den ein oder anderen überraschen, aber Slick war daran gelegen, ein möglichst schnell ansprechendes Instrument zu bekommen, ohne dass das Tonfundament darunter zu leiden hat – und da ist Esche genau die richtige Wahl!
Auch die Verschraubung des Halses erscheint auf den ersten Blick für solch einen Gitarrentyp ungewöhnlich, aber im Zusammenhang und -klang mit der Esche ist ein Schraubhals natürlich die beste Voraussetzung für schnelles Attack und knackige Ansprache, zumal die Mensur Gibson-typisch nur 625 mm beträgt.
Angefangen bei den Framus-Mechaniken im Kluson-Style über den Graph-Tech-Sattel bis hin zur TonePros-Hardware wurden nur erstklassige Komponenten verwendet, die sich zufällig auch im Großhandelsangebot des Herstellers befinden. Nicht so jedoch die Pickups, denn beide Gitarren bekamen Aggregate von DiMarzio: Einmal die PAF 36th Anniversary Humbucker, einmal P90s. Beide Versionen der Gitarre sind wahlweise mit Stop-Tailpiece oder Bigsby B5 erhältlich; wenn ein Bigsby-System montiert ist, bekommt die TonePros-Brücke Rollen-Saitenreiter für smoothes Gleiten.
Abgerundet wird das Hardware-Angebot von zwei großen Gurtpins, auf die die mitgelieferten Warwick-Security-Locks passen. Die Elektronik wird von zwei MEC-Potis (Master-Volume und -Tone) sowie einem Dreiweg-Schalter in bestem Retro-Design verwaltet.
Die Verarbeitung beider Gitarren ist schlicht und einfach optimal. Die Hälse passen, ohne einen Bruchteil eines Millimeters zu verschenken, perfekt in die Halstaschen, die Bünde sind – PLEK-Maschine sei dank! – sowohl seitlich als auch an den Kronen perfekt abgerichtet, der Sattel ebenso. Die matte Lackierung ist genauso perfekt, insgesamt wirken beide Gitarren wie aus einem Guss. Keine Ecken, keine Kanten – aber ganz viel Rock’n’Roll.
Praxis
Rein akustisch angespielt, kommt schnell Freude auf: Ein satter Rrring, eine schnelle Ansprache, aber auch ein fettes Fundament lassen aufhorchen und innehalten. Vor allem das Instrument mit Stop-Tailpiece kann sich hier auszeichnen, denn es kommt erwartungsgemäß noch eine Spur frischer rüber als die mit dem Bigsby bestückte Kollegin. Der Hals hat ein rundes C-Profil und ist nicht gerade ultraschlank; er füllt die Hand gut aus und behindert in keiner Weise die Spielbarkeit. Und die ist schon mal richtig klasse! Eine tiefe Saitenlage ohne Scheppern, ein griffiges Gefühl in der linken Hand, die Gibson-Mensur und das geringe Gewicht der Gitarre sorgen für einen sehr hohen Wohlfühlfaktor. Am Verstärker offenbart sich dann die wahre Natur der Earl Slick Signature, denn sie will natürlich laut verstärkt werden!
Und dann ist sie willens und in der Lage, in jedem angebotenen Sound-Bereich ein Optimum an Punch, Attack und Ausdruck zu liefern. Selten habe ich eine Solidbody-Gitarre gesehen, die so unterschiedliche, gleich gute Sounds abzuliefern in der Lage gewesen wäre. Und das gleichermaßen mit P90s wie mit Humbuckern. Natürlich klingen die beiden Gitarren wegen der unterschiedlichen Pickup- und Hardware-Bestückung nicht gleich, aber beide klingen gleich gut! Fast schon glasige Clean-Sounds (P90s) über bluesige, angecrunchte Rhythmus- und Lead-Sounds (uhh – die sind gut … !) bis hin zu fetten, breiten, am besten breitbeinig gespielten Rock-Riffs und -Leads gibt die Earl Slick zum Besten!
Die Humbucker klingen natürlich eine Spur fetter als die P90s, kommen aber trotzdem, dank der oben angesprochenen Konstruktion mit Eschekorpus und Ahornschraubhals, mit sehr schnellem Attack aus dem Quark, was einen wirklich reizvollen Sound ergibt, den man in der Form und dann dazu noch in der Qualität selten gehört hat. Glockig und klar am Hals, rau und kehlig am Steg – und das durch alle Sound-Varianten, die mein Fender-Combo bereitstellt. Auffällig gut hängt die Earl Slick am logarithmisch arbeitenden Volume-Poti; leicht zurückgenommen, erhält man einen perfekten Rhythmus-Sound mit vollem Fundament und leicht gekappten Höhen, und weiter zurückgedreht lässt sich selbst ein voll verzerrter Röhren-Sound voll aufklaren. Bestnote!
Stammen die gerade geschilderten Sound-Eindrücke von der schwarzen Humbucker-/Bigsby-Version, kann die rote P90-/Stoptail-Variante in fast allen Bereichen noch eine, wenn auch kleine, Schippe drauflegen. Eine Spur direkter, eine Spur schneller, eine Spur rotziger, eine Spur cleaner, aber auch eine Spur schlanker und eine Spur „bröseliger“ in der Auflösung ihrer Sounds. Und sie brummt, wie es sich eben für echte Singlecoils gehört. Den starken Grundcharakter vertritt auch sie überzeugend: Fett, rund, mit starkem, vokalem Charakter und einem sehr gesunden Höhenanteil treten beide Varianten als originelle, individuelle Spitzengitarren auf, die keinen Vergleich zu gar nichts scheuen brauchen. Die Sounds der Earl Slick kann man dabei in keine Schublade einordnen, es sei denn, man würde auf diese Schublade global Rock’n’Roll schreiben!
Resümee
Yes, they can. Mithilfe von Earl Slick ist den Framus-Werken in Markneukirchen ein tolles Signature-Instrument mit viel Charisma geglückt. Die Earl Slick ist eine Gitarre im attraktiven Retro-Design, deren Funktions-, Klang- und Spieleigenschaften mit beiden Beinen in der heutigen Zeit stehen. Die ausgesuchten, hochwertigen Komponenten tragen ihren Teil mit dazu bei, dass die Signature-Gitarre nicht nur perfekt funktioniert, sondern gleichzeitig ungehindert großen Stil und Charakter beweisen kann. Die Sounds sind knackig, satt und druckvoll und das Attack spürbar schnell, sodass die Gitarre immer „wie auf dem Sprung“ wirkt; wie ein nervöses Rennpferd am Start oder wie mein Jagdhund, wenn er leichte Beute wittert. Ja, die Framus Earl Slick macht einen richtig an. Probiert sie aus!
Extra: Earl Slick – Große Schuhe
Schon einige Male musste Earl Slick Gitarristen ersetzt, die in ihren jeweiligen Bands große Ausrufezeichen gesetzt hatten. Und es zeichnet diesen Earl Slick aus, dass er stets in der Lage war, in den großen Schuhen seiner Vorgänger nicht nur zu bestehen, sondern seinerseits wiederum markante Stempel zu hinterlassen. 1974 löste er z. B. den großen Mick Ronson in der Band David Bowies ab, und in diesem Jahr wurde er der Leadgitarrist der New York Dolls, eine Rolle, die einmal immerhin ein gewisser Johnny Thunders geprägt hatte.
Dazwischen machte er immer wieder einmal von sich reden, z. B. als er 1980 John Lennons erste Wahl als Gitarrist für dessen Produktion ‚Double Fantasy‘ war. Viele eigene Projekte und ständige Gastauftritte bei anderen Musikern haben den New Yorker ständig am Puls der Musikszene aktiv sein lassen. Sein bekanntestes eigenes Projekt war sicherlich das Trio Phantom, Rocker & Slick Mitte der 80er mit den beiden Stray-Cats-Musikern Lee Rocker und Slim Jim Phantom. Diese Formation veröffentliche zwei Alben.
Earl Slick ist ein Rock-Gitarrist, wie er im Buche steht! Ein fetter Sound, eine tief hängende Gitarre und eine wirre Frisur samt Sonnenbrille können nicht lügen. Sein kraftvolles Gitarrenspiel dokumentiert vielleicht am besten der Song ‚Stay‘ von David Bowie, zu dessen Band er im Laufe seiner Karriere immer wieder zurückgekehrt ist. ‚Stay‘ ist ein Bowie-Klassiker, und das liegt ausnahmsweise mal nicht am Sänger, sondern am Gitarristen!
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