Das Axe-Fx II war lange unbestritten der König im Modeling-Reich. Gefahr drohte erst aus eigenem Hause, denn 2018 war es endlich ist da: das Axe-Fx III. Gerüchte gab es ja schon lange, aber so richtig gefehlt hat wohl kaum jemandem was am II-er. Warum also ein neues Gerät?
Ganz klar: „Höher-schneller-weiter“ scheint der Leitsatz gewesen zu sein. Die dritte Auflage des Axe-Fx ist eine HE größer geworden, hat mehr Anschlüsse zu bieten, ein ebenfalls größeres, farbiges Display und nicht zuletzt natürlich jede Menge Rechenleistung mehr. Ob all diese Features sinnvoll und notwendig sind – das haben wir uns angeschaut …
AUSSEN ALLES NEU
Wie üblich, kommt das Axe-Fx auch in seiner dritten Reinkarnation in einem Stahlblechgehäuse mit Alu-Frontplatte daher. Neu ist jedoch die optische Einfassung und das beleuchtete Axe-Fx III Logo. Aber mal ehrlich: Das sind Design-Details. Viel spannender und auffälliger ist natürlich das neue Display. Es hat die 30-fache Auflösung der vorherigen Generationen und erstrahlt nun endlich auch in Farbe. Unter dem Display befinden sich fünf Endlos- Potis mit Push Funktion, welche direkt mit den Anzeigen und Einstellungen interagieren. Man hat also fünf Hardware- Regler die ihre Funktion ändern, je nachdem, auf welchem Screen man sich gerade befindet.
Hatte schon das Axe-Fx II eine unglaubliche Power, so wurde hier ordentlich nachgelegt. Zwei 1-Ghz Prozessoren der neuen Keystone-Reihe wurden verbaut und liefern nun fast die dreifache Rechenleistung der letzten Generation. Dazu kommen noch dedizierte Prozessoren für Grafik und USB.
Mit irgendwas muss man diese Power ja auch füttern und so hat das Gerät auf seinen nun 3HE auch mehr Anschlüsse denn je zuvor. Eigentlich hat man hier langsam mehr ein Audio-Interface vor sich, als einen (reinen) Gitarrenprozessor. Die Anzahl der Ein- und Ausgänge hat sich sogar verdoppelt, was völlig neue Anwendungsgebiete eröffnet.
Neben der Hardware wurde natürlich auch die Software aktualisiert. Nachdem „Quantum“ auf dem Axe-Fx II eine neue Ära des Sounddesigns einläutete, wird es hier nun durch die „Ares“-Technologie abgelöst.
ANSCHLÜSSE UND INNEREIEN
Auf der Front hat sich, abgesehen vom Display und den passenden Endlos-Potis, nicht viel geändert. Nach wie vor finden sich hier Anschlüsse fürs Instrument und einen Kopfhörer, so wie etliche Taster für Funktionen und Direktzugriffe. Auffällig sind die vielen Status-Meter für Input und Output 1-4. Passend dazu gibt es nun auch gleich vier Potis für die Output- Lautstärke. Das sind nicht umsonst zwei mehr als beim Vorgänger, erlaubt das IIIer doch je vier In- und Outputs. Durch diesen Umstand, gepaart mit den erweiterten USB-Fähigkeiten, lässt sich das Axe-Fx spätestens jetzt als Audio-Interface im Studio nutzen. Für ein Mikro muss dann eben noch ein netter Preamp davor und fertig.
Natürlich gibt es auch Anschlüsse für Expression- Pedale, AES, S/PDIF, USB, MIDI und Faslink II. Letzterer ist der proprietäre FAS Anschluss für die Schaltgeräte. Auch hier wird wieder ein XLR-Kabel genutzt. Sehr gut, da überall verfügbar. Leider funktioniert Faslink II nicht mit dem älteren MFC Board (hier kann man natürlich weiterhin MIDI nutzen) und so müssen wir wohl noch etwas auf die neuen FC-Controller warten, welche zwar angekündigt, aber noch nicht verfügbar sind.
Die Modeling-Technologie „Ares“ bringt einen neuen parametrischen EQ mit, ebenso wie vier unabhängige „Channels“. Hier hat man die Möglichkeit, pro Verstärker-Block vier Amp-Simulationen zu laden. Das Wechseln zwischen den Kanälen geht dann ohne Verzögerung vonstatten. Auch Effekte haben diese Kanäle. Und da die Scenes aus dem Axe-Fx II ja auch noch existieren, hat man nun pro Preset acht Scenes mit unzähligen Effekten und Amps zur Hand. Zum Zeitpunkt des Tests gibt es schon 262 Amp-Modelle, aber wenn du das hier liest sind es vermutlich schon wieder etliche mehr.
Auch bei den Boxen wurde nachgelegt. Zwar ist die UltraRes-Technologie geblieben, allerdings sind nun über 2200 Simulationen direkt an Board. Darunter auch Kreationen von Drittanbietern wie Celestion, Ownhammer, John Petrucci oder Valhallir. Sollte das nicht reichen, stehen noch mal 2048 Speicherplätze für deine eigenen Cabs zur Verfügung.
SOUND UND MÖGLICHKEITEN OHNE ENDE
Schaltet man das Gerät ein, sticht natürlich als erstes das große Display hervor. Endlich in Farbe und endlich mit angenehmer Auflösung. Zwar fühlte ich mich nie durch das alte Display eingeschränkt und habe viel direkt am Gerät editiert, aber wenn man die beiden Generationen direkt vergleicht, so ist das schon ein himmelweiter Unterschied. Insbesondere die Auflösung macht es natürlich möglich, deutlich mehr Informationen darzustellen, sodass man insgesamt weniger zwischen verschiedenen Screens wechseln muss.
Zudem wird einem immer ein Mini- Stimmgerät angezeigt und mit einem Knopfdruck erscheint dieses auch auf dem gesamten Bildschirm. Sehr gut, schon vermisse ich die Tuner Taste nicht mehr.
Ich mache gar nicht lange Halt bei den ersten Presets und begebe mich direkt zu meinen Lieblingen. Das sind in diesem Falle der SLO 100, der Dirty Shirley, ein Hiwatt und diverse Fender Amps. Und wie so oft beim Testen bleibe ich mal wieder stundenlang beim SLO hängen. Es mag die Freude über das neue Gerät sein, oder der Fakt, dass ich in meinem Axe-Fx II über die Jahre immer wieder ein wenig am Preset rumgetweakt habe, aber was mir hier entgegenkommt, ist wirklich unglaublich.
Es wirkt, als sei das neue Axe noch unnachgiebiger, direkter und ehrlicher. Ich weiß nicht wie, und hätte auch nicht gedacht, dass das wirklich möglich ist. Ich will auch gar nicht bestreiten, dass ich mein Preset im IIer nicht auch dahingehend tunen könnte, aber hier muss man einfach nichts mehr ändern.
Andere dynamische Amps wie der Dirty Shirley leben regelrecht auf. Das war beim IIer schon immer toll, ist hier aber vielleicht dann doch noch ein kleines bisschen besser. Auch der Fender profitiert nochmals. Und was ich noch gar nicht erwähnt habe, ist die neue Möglichkeit Cabs zu verwenden. Ähnlich wie in Cab- Lab hat man hier nun die Möglichkeit, innerhalb eines Cab-Blocks 4 verschiedene IRs zu nutzen. Da man weiterhin zwei dieser Blocks zur Verfügung hat, kann man nun also bis zu acht IRs pro Preset mischen.
Persönlich freue ich mich auch sehr, dass ich nun endlich vier statt wie zuvor zwei Drives pro Preset verbauen darf. Ich weiß, das ist schon ein eher esoterischer Anwendungsfall, aber bei mir kommt er durchaus vor. Und auch wenn das Axe-Fx immer das leistungsfähigste Gerät war, so konnte man es doch an seine Grenzen bringen. Das geht natürlich nach wie vor, aber dann reden wir auch von wirklichen Monster-Presets. Nur als Beispiel: Sprechen wir von einem Preset mit Amp, Cab und 10 verschiedenen Effekten (gleichzeitig), so liegt der CPU-Bedarf bei rund 68%. Und selbst einige der doch recht abgedrehten Presets verbrauchen teils nur 40% der Leistung. Hier sei für einen Test Nr. 162 „Poltergeist Pig“ und Nr. 158 „Wind Chimes“ empfohlen. Natürlich bitte im ordentlichen Stereo Setup.
In letzter Zeit durfte ich ja auch einige Boutique-Pedale testen, die einen Shimmer/ Crystals-Effekt an Bord hatten. Dieser war mal besser, mal schlechter, aber Fractal Audio zeigt hier einfach wie’s gemacht wird. Unaufdringlich, aber in höchster Güte, wie generell fast alle Effekte aus dem Gerät. Die Königsdisziplin ist natürlich das Pitch-Shifting. Und seit der Version 1.07 macht das Axe auch hier alles richtig. Deutlich schneller als die Vorgängerversion trackt es die Noten und bringt einen glaubwürdigen Downtuning-Effekt mit. Nicht perfekt, aber besser als alle Geräte die ich aus der Gattung kenne.
Möchte man neue Blocks in Presets einfügen, bietet einem das Gerät zunächst die Inputs und Outputs an. Das klingt trivial, bedeutet aber, dass man sich enorm komplexe Routings bauen und an jedem Punkt der Effektschleife aus- oder einsteigen kann.
Dank der 24-Bit/48k-8×8-Schnittstelle kann man nun auch mehr Spuren zeitgleich aufnehmen. Beispielsweise diverse Effektspuren und dazu den trockenen DI- Track. Auch Reamping ist nun easy, da man den Backing Track einspielen und darauf direkt seinen Gitarrensound hören kann.
Ich hoffe mal, dass Cliff Chase das Axe nun auch insgesamt ein wenig mehr in Richtung Studio-Interface „Do-it-all“ ausbaut. Rechenleistung und Anschlüsse sind nun vorhanden. Und das Axe-Fx II hat immerhin 29 Major Updates der Firmware bekommen. Da kann man wirklich gespannt sein, was noch alles auf uns zukommt.
ALTERNATIVEN
Die Konkurrenz gibt es in erster Linie aus eigenem Hause. Sei es nun das Axe-Fx II XL+, oder eine der älteren IIer Versionen. Preislich sehr attraktiv ist natürlich auch das AX8 für ca. ! 1399, welches quasi die „Gig-Ready“ Version des Axe II darstellt. Doch auch die Konkurrenz schläft natürlich nicht, und so gibt es mittlerweile dank des Line 6 Helix Rack (ca. ! 1140) und des Headrush (ca. ! 1100) würdige Kontrahenten. Beide konnten sich im Test gegen das Axe-Fx II vor allem in der Bedienung profilieren. Die coolen Scribble Strips von Line 6 wird es demnächst bei Fractal auch auf den Boards geben. Und soundmäßig gefiel mir schon die letzte Version des Axe-Fx besser. Der Preisunterschied ist natürlich nicht von der Hand zu weisen.
Auch der Kemper muss erwähnt werden, wenn wir über High-End-Modeling reden. Mit seinen knapp ! 1700 ist er günstiger positioniert als das Axe-Fx III, liegt meiner Meinung nach aber auch in einer etwas anderen Gerätekategorie, da es hier ja weniger um das Schaffen von neuen, sondern mehr um das Kopieren bekannter Sounds geht. Wo man den persönlichen Fokus setzt, kann man letztendlich nur selbst entscheiden.
RESÜMEE
Wow. Ich hatte ja schon so ein paar Dinge, die ich mir für das Axe-Fx II noch gewünscht hätte, aber dass es hier sogar noch mal einen besseren Sound oben drauf gibt, wundert mich fast ein bisschen. Insbesondere wenn man bedenkt, dass wir noch bei der ersten Firmware sind.
Sollte man nun upgraden? Wenn dich das alte Display stört, oder du dich in deinen Routings eingeschränkt fühlst, dann ganz klar ja. Für alle anderen wird es schwieriger zu entscheiden. Das Axe-Fx II war bis zum heutigen Tag für mich die absolute Soundreferenz. Und es klingt ja nicht auf einmal schlechter, nur weil es etwas Neues gibt. Dementsprechend dürfte ein Großteil der Anforderungen von uns Normalsterblichen schon abgedeckt sein. Das kann man wohl nicht so einfach entscheiden. So oder so bin ich wirklich gespannt, auf welche Reise Cliff uns dieses Mal mit den kommenden Updates mitnehmen wird.
Klar, teuer ist das Gerät. Aber „leider“ auch unglaublich gut und vielseitig. Ich habe schon mal bei der Redaktion angefragt, ob sie das gute Stück wiederhaben wollen, oder ob es sofort hier einziehen darf.
PLUS
- Sounds
- Display
- Anschlussvielfalt
- Rechenleistung
- Gratis Firmware-Updates
(erschienen in Gitarre & Bass 06/2018)
HAllo,
Ich habe das FX2xl+ und das FX3. Das FX2 ist sehr gut, aber das FX3 ist umwerfend: mein Keller voller Röhrenverstärker steckt nun klanglich in einem Gerät. Dafür, dass das FX3 10x besser ist als eines der besten von line6, Kemper oder FX2, ist es preiswert. Ich könnte noch lange schwärmen.
Wer einmal von der FX3-Muse geküsst worden ist, sehnt sich nur noch nach ihr.
Beste Grüße Jojo
Was mich interessiert hätte, ist das Spielgefühl. Abgesehen von den Sounds ist die Impedanzanpassung bei meinem alten Eleven Rack immer noch vorbildlich, vor allem, wenn ich sie mit meinem neuen Kemper vergleiche. Da liegen Welten dazwischen! Über den Kemper spielt es sich “flach”, es wirkt, alleine vom Anschlag her, undynamisch, jedenfalls artifiziell. Wie sieht es da beim AXE FX III aus?
Hey,da gibt es doch auch noch den Harley Benton Dnafx git für schlappe 149€ der sich durchaus mit allen über 1000€ teureren Geräten messen kann. Wie wäre es mal über den einen Testbericht zu schreiben?
Hallo Stephan,
den Testbericht zum DNAfx GiT findest du in der Ausgabe 02/2021.
Letzten Winter hat Harley Benton bereits eine Pro-Version herausgebracht:
https://www.gitarrebass.de/equipment/modeling-floorboard-und-uebungs-amps-harley-benton-dnafx-git-pro-hb-40mfx-hb-20mfx/
Grüße aus der Redaktion!