IST DER HART, MANN!

FGN Neo Classic LS-20 Oliver Hartmann im Test

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Oliver Hartmann ist ein gefragter Gitarrist und Sänger der Metal/Melodic Rock-Szene. Prominent in Erscheinung tritt er u. a. als Mitglied des Symphonic-Metal-Projektes Avantasia, dessen fulminanter Auftritt beim Wacken-Festival 2014 live vom TV übertragen wurde. Der renommierte japanische Hersteller FGN hat ihm aktuell ein Signature-Modell in die Hand gebaut.

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(Bild: Dieter Stork)

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Oliver Hartmann: „Ich bin seit mittlerweile 2010 begeisterter FGN-Endorser und über die Jahre hinweg hat sich eine recht enge und gute Zusammenarbeit entwickelt, da die Firma immer ein offenes Ohr für Ideen und Weiterentwicklungen hat.

Daher hat es mich natürlich besonders gefreut, erstmals ein eigenes Signature-Modell mitentwickeln zu können, das neben den typischen Sound- und Spieleigenschaften dieser Bauart ein paar spezielle Features hat, die perfekt auf meine Vorstellungen und Wünsche abgestimmt sind.

Als Fan und Besitzer von alten Gitarren hat die LS-20 Limited mit dem 50s-Wiring und der Hardware daher einige Vintage-Specs, die ich sehr schätze, ohne allerdings in Sachen Sound, Handling und Optik auf einen Schuss Moderne zu verzichten. Damit wird sie meinen Anforderungen im Live-Einsatz genauso gerecht wie im Studiobetrieb. Bei der noch andauernden Tour mit Avantasia ist diese Gitarre momentan mein ständiger Begleiter.“

Konstruktion

Auch wenn das Cutaway etwas spitzer gestaltet wurde und einige weitere Details vom bekannten Standard abweichen – das Neo Classic-Modell macht keinen Hehl daraus, dass die Gibson Les Paul als grundlegende Blaupause für die Konstruktion diente. Darum wundert uns nicht, welche Tonhölzer auch bei dieser Ausführung der LS-20 zum Einsatz kamen.

Der Korpus aus Mahagoni bekam eine konturierte, mit cremeweißem Binding eingefasste Decke aus attraktiv geflammtem Ahorn aufgesetzt. Wie beim klassischen Vorbild ist im Cutaway noch ein schmaler Streifen der Decke an der Innenseite des Bindings zu sehen. Die gesamte Plattenstärke misst am Halsansatz 5,2 cm. Der eingeleimte Hals aus Mahagoni verfügt über eine satte C-Form. Im Les Paul-Kontext würde man eher von einem 58er-, als von einem 59er-Neck-Shape sprechen.

Er ist mit Long Neck Tenon, also mit großer Auflagefläche in den Korpus eingesetzt. Klassisch auch das gebundene Griffbrett aus Palisander mit Trapezoid-Einlagen. 22 sauber verarbeitete Medium-Jumbo-Bünde sind mit Circle Fretting System für perfekte Intonation leicht gebogen in das Griffbrett eingesetzt. Die abgewinkelte Kopfplatte (17°) von neo-klassischem Zuschnitt ist mit Vintage-Style-Mechaniken von Gotoh ausgestattet.

Am Korpus werden die Saiten mit angemessener 628 mm-Mensurlänge über die Gotoh Tune-o-matic Bridge geführt und von einem Aluminium Tailpiece gekontert. Die elektrische Ausstattung umfasst ein Seymour Duncan USA SH-18 Set mit Zebra-Spulen. Die auch Whole-Lotta-Humbucker genannten Pickups verfügen über Alnico-5-Magnete und sind auf etwas angehobenen Output („vintagehot“) gewickelt.

Kontrolliert werden sie mit individuellen, im 50s-Wiring verdrahteten Volume- und Tone-Reglern; geschaltet von einem 3-Weg-Toggle-Switch. Das mit Push/Pull-Funktion ausgelegte obere Tone-Poti erlaubt überdies einen optionalen Pickup-Split. Das rundum akkurat verarbeitete Oliver Hartmann Signature-Modell ist in Transparent Black lackiert und kommt in einem Gigbag.

Fetter Hals, Circle Fretting System
Fetter Hals, Circle Fretting System (Bild: Dieter Stork)

Praxis

Auf den ersten Griff hin unterscheidet sich das Hartmann-Signature-Modell vom Neo Classic-Standard durch ein satteres Halsprofil. Dieser rundliche Hals orientiert sich tendenziell an älteren Les-Paul-Jahrgängen, was aber absolut kein Nachteil ist, denn so ein gut profilierter Fat Neck spielt sich nicht nur bestens, er gibt auch dem Ton etwas mehr an Substanz mit.

Überdies optimiert die perfektionistische Bundierung im Circle Fretting System mit tief eingerichteter Saitenlage das Spielgefühl. Trocken angespielt lässt die Signature-Gitarre ein kraftvolles Klangbild hören, im Akkord sauber aufgelöst in seine Stimmen und unterstützt von einem Sustain, dem die einfliegenden Obertöne bei gehaltenen Noten eine beeindruckende Atemkraft geben.

Elektrisch: Die Humbucker des SH-18 Sets gehen auf Seymour Duncans Zeit in London zurück, als er im Fender Soundhouse für viele Stars der britischen Szene bereits Reparaturen und Rewinds machte. Die Namensgebung lässt ahnen, für wen er die Whole-Lotta-Humbucker Anfang der 70er-Jahre mal gewickelt hatte.

Seiner Neigung zu pedantischer Dokumentation ist zu danken, dass dieser Pickup heute überhaupt noch nachgebildet werden kann. Die Bezeichnung ist dennoch etwas abstrus, da Jimmy Page ‚Whole Lotta Love‘ mit einer Telecaster, also per Singlecoil einspielte – aber wir wissen ja, was Seymour meint. Für die Oliver Hartmann-FGN sind die SH- 18 Humbucker jedenfalls eine gute Wahl. Der Hals-Pickup tritt mit saftigem Volumen an.

In klaren Einstellungen präsentieren sich Akkorde in Entsprechung zum akustischen Klangbild mit guter Saitentrennung weit aufgelöst. Einzelnoten entfalten sich schnell nach pointiert herausgestelltem Anschlags-Kick und schwingen lang und gleichmäßig aus, Linien zeigen schöne Kontur. Im Overdrive steht der Ton absolut fest und schwingt und schwingt und schwingt … aber da ist nicht nur Sustain, auch sein Timbre kann sich sehen lassen.

Obertöne fliegen elegant ein, bilden eine eskortierende Kohorte, geben Farbe. Hymnische Linien werden förmlich animiert. Und dann dieses wollüstige Schnappen, das sich mit festem Anschlag bei schnell gespielten Linien erzielen lässt – klasse!

Wir schalten auf den Whole-Lotta-Steg-Humbucker: Aufblendlicht! Vielleicht etwas krass formuliert, aber „Spot an“ ist das auf jeden Fall. Über diesen Pickup lassen sich in klaren Amp-Positionen immer noch achtbar fest artikulierende Akkorde mit ordentlichen Höhen inszenieren. Natürlich kommt da jetzt eine Mittennase raus, aber die brauchen wir ja schließlich auch, wenn wir – Moment mal – auf Gain gehen.

Zebras im Riegelbett: Seymour Duncan SH-18 Set
Zebras im Riegelbett: Seymour Duncan SH-18 Set (Bild: Dieter Stork)

So, here we are: Jazz is not dead, it just smells … wir wollen ja nun nicht vergessen, für welchen Anwendungsbereich diese Gitarre gedacht ist. Straff und pointiert drückt es in Zerre mit angemessener Kompression aus der Mitte heraus. Powerchords und Riffs federn knackig ab, das impulstreue Anschlagsverhalten sorgt für markante und konturstarke Sounds auch bei schnell aus der Hüfte gefeuerten Lead-Salven.

Dank kraftvoller Obertonentfaltung verfügt der Spieler über einen farbstarken Ton, der jeder Fingeraktion präzise folgt und förmlich zum Spiel mit Flageoletts und Pinch Harmonics einlädt. Ach ja: Bei schnellem Wechsel zwischen Hals- und Steg-Pickup lässt sich fast schon ein WahWah-Effekt erzielen, so schön flipp-floppt der Sound wie mit Filteröffnung hin und her. Die Arbeit mit den Volume-Potis lässt dann außerdem noch feinfühlige klangfarbliche Abstufungen zu.

Das 50s-Wiring nimmt auf spezielle Weise Einfluss auf die Resonanzfrequenz. Je weiter der Volume-Regler zurückgenommen wird, desto größer wird bei dieser Schaltvariante der Widerstand des hinter den Summenregler gesetzten Tone-Potis. Die Resonanzfrequenz steigt mit abnehmender Belastung des Pickups dann weiter an. Beim Abregeln verliert man wie gewohnt Höhen, die im Regelweg dann aber wieder mehr herausgestellt werden.

Als Bonus oben drauf gibt es nun noch die per Push/Pull-Funktion im oberen Tone-Regler aufzurufenden Split-Sounds, welche den klangfarblichen Aktionsradius mit ihrem Singlecoil-Flair deutlich erweitern. Hohlwangig, aber durchaus noch substanzvoll kommt die Einzelspule in Halsposition zum Ohr. Geradezu gemein knapp twangy und mit etwas staubig nasaler Stimme tönt der Steg-Pickup. Dieser schmallippige Ausdruck hat aber was und auch die klingelnde Zusammenschaltung der Einzelspulen kann absolut gefallen.


50s-Wiring

Oliver Hartmann zu seiner Anwendung des 50s-Wiring „Das 50s-Wiring hat für mich den Vorteil, nicht nur über das Volume-, sondern auch über das Tonpoti, speziell bei verzerrten Sounds das Gain recht sensibel kontrollieren zu können. Speziell beim Runterregeln über das Volume-Poti bleibt der Sound ausgewogen und offen, allerdings ohne, wie z. B. bei einer Schaltung mit Kondensator, die Höhen übermäßig zu betonen. Auch das zusätzliche Ausdünnen der Mitten über das Tonpoti ist hier ein charakteristischer Nebeneffekt, den ich mittlerweile sehr zu schätzen weiß.“

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David Jordan „Sound Ranger“ – Sound Improvement Guitar Service „Ich hatte schon mehrere Kunden, die ein ‚50s-Wiring‘ haben wollten, weil sie gelesen hatten, dass es mehr Höhen durchlässt, als das „Modern Wiring“. Das ist nicht richtig, denn bei komplett aufgedrehten Potis sind beide Wirings schaltungstechnisch auch komplett identisch, da sich Schleifer und Eingang des Potis decken.

Für mich besteht einer der großen Nachteile des 50sWirings darin, dass bei zurückgedrehtem Volume-Poti das Zurückdrehen des Tone-Potis einen erheblichen Lautstärkeverlust verursacht. Das halte ich nicht wirklich für praxistauglich, gerade wenn man mit dem Volume-Poti die Zerrintensität steuern möchte.

Gleichzeitig fungiert das Volume-Poti nach dem ersten achtel/siebtel bei komplett zurückgedrehtem Tone-Poti eher wie ein Schalter, da die Lautstärke um diesen Punkt innerhalb weniger Grade einen richtigen Satz nach unten macht, um dann über den Rest des Regelwegs nur noch wenig Veränderung zu verursachen. Gleichmäßige Swells mit zugedrehtem Tone-Poti sind daher nicht wirklich möglich.

Zwar werden bei Benutzung des Volume- und Tone-Potis die Höhen eher erhalten, aber dafür nimmt der Mittenbereich umso mehr ab, je weiter man zurückdreht. Damit kann man spielen, weil sich die Ansatzfrequenz steuern lässt, aber das geht mir wiederum zu stark auf die Durchsetzungsfähigkeit. Daher bin ich großer Fan des „Modern Wirings“.

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Grundsätzliches von Andreas Kloppmann zu 50s- und 60s-Wiring „Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass der Kondensator/Poti-Schwingkreis beim 50s-Wiring am Ausgang des Vol.-Potis anliegt und beim 60s-Wiring am Eingang. Am Eingang des Potis liegt auch der Tonabnehmer. Solange das Vol.-Poti voll aufgedreht ist, sind Ein- und Ausgang verbunden und es gibt keinen Unterschied. Der Schwingkreis Tone-Poti färbt die vom Tonabnehmer generierten Frequenzen.

Es bedämpft die Resonanzamplitude und schiebt den Resonanzpunkt etwas nach unten in Richtung tiefe Frequenzen. Sobald man nun Volume zurückdreht, fängt der Spass an! Beim 60s-Wiring bleibt die Tone-Ppoti-Bedämpfung an den Pickup-Spulen und die Vol.-Poti Bedämpfung kommt dazu. Diese wird oft als Höhenverlust empfunden. Die tonale Veränderung spielt sich aber eher in den hohen Mitten ab, wo wir die Präsenz und die Greifbarkeit des Signals wahrnehmen.

Das Signal wird als weicher empfunden. Daraus können sich aber auch wunderbare Effekte ergeben. Bei einem 60s-Alnico-5- Hals-Pickup entsteht so ein runder Jazz-Tone, wie man ihn von Joe Pass kennt. Auch am Steg würde das 60s-Wiring beim Zurückdrehen einem zu schlanken Alnico-5-Pickup (Pre Tops und TTops) die Härte nehmen. Ergo: Der Ton wird milder beim Zurückdrehen des Vol.-Potis.

Beim 50s-Wiring wird die Tone-Poti-Bedämpfung der Spule beim Zurückdrehen des Vol.-Pots sukzessive entfernt und die Vol.-Poti-Bedämpfung erhöht. Der Witz ist hier, dass das Tone-Poti je leiser man das Vol.-Poti stellt immer mehr seinen Einfluss verändert. Stellt man beispielsweise bei voll aufgedrehtem Vol. das Tone-Poti auf ca. 6, hört man hier schon deutlich die Färbung des Tone-Kreises, der Ton wird milder.

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Dreht man nun das Vol.-Poti auch auf 6 und dreht dann das Tone-Poti auf 6, hört man, dass eine tiefe Mittenfrequenz leiser wird. Also, eine völlig veränderte Funktion. Dieses war nur ein einfaches Beispiel mit der Zahl 6. Das bietet nun plötzlich ungeahnte Möglichkeiten mit Single-Ended-Amps! So wird plötzlich ein Schuh draus! Auf einmal ist der Tone-Regler ein Ton-Regler und keine Höhenblende wie beim 60s-Wiring.

Ein Beispiel zum selbst ausprobieren: 100er oder 50er Marshall Kanal 1 oben links ungebrückt. Klangreglung alle 12 Uhr Vol. voll; oder Fender Princeton voll auf, Treble 6 Bass 4. Das funktioniert auch super an Friedmännern, Bognern und auch Bigtones und vielen anderen! Treble-Pickup Vol. voll auf und Tone auf 6, Hals-Pickup Vol. auf 4 Tone auf 7. Dann nur noch Kanalumschaltung am Toggle Switch. So kommt man durch jede Session.

Man hat mit dem 50s-Wiring eine interaktive Klangregelung mit vielen Möglichkeiten. Die Kombinationen sind nahezu unerschöpflich. Diese Effekte sind allerdings auch abhängig von den verwendeten Komponenten. Natürlich funktioniert es super mit alten PAFs und org. PIO Bumble Bee Caps. Auch die Qualität der Potis spielt eine Rolle. Man sollte sich hier aber nicht verrückt machen lassen, CTS oder Bourns machen auch einen anständigen Job, solange der Wert über 500 kOhm liegt.

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Resümee

Das FGN Neo Classic Oliver Hartmann Modell ist ein starkes Signature-Instrument. Der gute Standard der Neo Classic LS-20 wird durch ein fettes Halsprofil und das kraftvoll agierende Duncan SH-18 Whole Lotta Humbucker Set unbedingt aufgewertet. Die Gitarre spielt sich uneingeschränkt gut mit ihrem mittelstarken Fat Neck, welcher überdies noch das Resonanzverhalten positiv beeinflusst.

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(Bild: Dieter Stork)

Etwas schwer wohl mit ca. 4,1 kg, aber schlüssig konstruiert und seriös verarbeitet, punktet die Hartmann-Signature vor allem mit potenter Tonwandlung. Die leistungsstarken Duncans machen zwar auch in klaren Amp-Positionen eine recht gute, stabile Figur, so richtig Party allerdings ist erst, wenn sie auf heiß fahrende Röhren treffen.

Dann brennt die Fackel! Dazu lassen sich die Pickups noch per Push/Pull splitten, was die Bandbreite an nutzbaren Sounds noch deutlich erweitert. Das ist nun alles nicht besonders neu, aber für einen Straßenpreis von unter € 1600 kommt die Oliver Hartmann Signature uns mit absolut professioneller Handhabung, beweglichen Sounds und dem hei- ßen Versprechen auf: Whole Lotta Sound!

Plus

  • traditionelles Design
  • Schwingverhalten/ Sustain
  • Seymour Duncan SH-18 Pickup Set
  • kraftvolle Vintage+- Sounds
  • Push/Pull Coil-Split
  • fetter Hals
  • Spieleigenschaften
  • Verarbeitung

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