Signature-Modell für Fans von Queens Of The Stone Age & A Perfect Circle
Fender Troy Van Leeuwen Jazzmaster im Test
von Florian von der Ohe,
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Troy Van Leeuwen, seines Zeichens gut gekleideter Gitarrist von Bands wie Queens Of The Stone Age, Sweethead oder A Perfect Circle erhält nun seine zweite Signature-Gitarre. Nachdem ihm Yamaha 2006 eine Semi-Hollow auf den Leib schneiderte, ist nun Fender mit einer Jazzmaster dran.
Nachdem die Yamaha zwar durch ihre Verschaltung und die drei P90-Tonabnehmer innovativ wirkte, eigentlich aber auch sehr vintage-mäßig ausgelegt war, erfährt man nun mit Fender dasselbe. Eine Jazzmaster, die zu großen Teilen sehr klassisch ist, und dennoch durch einige nette Details zu etwas Besonderem wird. Und eins kann ich jetzt schon verraten: Troy scheint genau zu wissen, welche Farben er mag. Nachdem es die Yamaha in Translucent Blood Red (und schwarz) gab, kommt die Fender in Oxblood. Hauptsache blutig also.
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Konstruktion
Stell dir eine wunderschöne, klassische Jazzmaster vor. Jetzt ersetzt du den oberen Schiebeschalter durch einen 2- Wege-Toggle und du hast die Fender TVL. Na gut, ganz so einfach ist es nicht, aber fast. Am auffälligsten ist wohl die Farbe. Diese wird bei Fender sonst nur für den Grill Cloth von Amps genutzt. Oxblood kennt man eigentlich eher mal von Gibson-Gitarren. Hier hat man jedoch noch etwas Sparkle in der Lackierung gemischt, sodass sich ein interessanter Show-Effekt ergibt. Insgesamt eher dezent und unprätentiös gestaltet, erwacht die Lackierung bei Lichteinfall zum Leben. Dass die Kopfplatte passend lackiert wurde, ist hier ein klarer Bonus.
Wenn wir schon bei optischen Leckerbissen sind, so müssen wir als nächstes über den Hals sprechen. Für mich gibt es bei Jazzmaster und Jaguar nichts Schöneres als einen B&B-Neck, sprich einen Hals mit Block-Inlays und Binding. Beides ist bei dieser Gitarre exzellent ausgeführt, sodass sie optisch 1 A dasteht. Dazu kommen noch die weißen Witch-Hat-Potiknöpfe. Yummy. Technisch ist alles ziemlich Vintage-orientiert ausgelegt, so finden wir einen Erlekorpus mit Ahornhals und aufgeleimtem Palisandergriffbrett vor. Letzteres weist einen Radius von 7,25″ und 21 Vintage-Bünde auf.
Der Hals wird mit einem C-Profil angegeben. Das stimmt auch, es ist aber leicht abgeflacht ausgeführt, fühlt sich voll an und spielt sich sehr angenehm. Tatsächlich findet sich eine vergleichbare Formgebung auch auf der Yamaha, welche mich nun schon etliche Jahre durch mein Gitarristenleben begleitet.
Vintage geht es sowohl an der Kopfplatte – hier gibt es natürlich entsprechende Mechaniken – als auch am Korpus weiter. Die Saiten laufen über eine Mustang-Brücke zu einem historisch korrekten Jazzmaster-floating-Tailpiece. Falls euch Letzteres neu sein sollte: Mittels Schieberegler kann das Vibrato von freischwebend auf „down-only“ umgeschaltet werden. In Troys Prototyp ist eine Mastery-Brücke verbaut und das Jazzmaster Tailpiece sitzt – moderner – näher an der Brücke.
Beide Details wurden im Laufe der Entwicklung aber geändert. Auf der elektronischen Seite haben wir es mit alten Bekannten zu tun: Fender wählte hier die bewährten American Vintage 65 Jazzmaster Singlecoils. Diese werden wie gewohnt verschaltet, sprich: Ein 3-Wege-Toggle wählt zwischen Hals, beiden, oder Steg-Pickup. Geregelt werden können hierbei Volume und Tone.
Dies nennt Fender klassischerweise „Lead Tone Circuit“. Mittels des oberen Schiebeschalters kann man in den „Rhythm Tone Circuit“ wechseln. Bei diesem ist immer der Hals-Tonabnehmer aktiv und es gibt einen eigenen Volume- und Tone-Regler. Und hier liegt auch die eigentliche Besonderheit der TVL: Der Toggle ersetzt den sonst üblichen Schiebeschalter. Ein bisschen kreativer hätte es schon werden dürfen, aber so ist es eben eine optisch ansprechende Jazzmaster mit weitestgehend Vintage-korrektem Anspruch und Appeal. Hergestellt ist die Gute in Mexiko und verpackt in einem ordentlichen Fender-Koffer.
Praxis
Mein erster Gedanke: Wow! Optisch stellt diese Jazzmaster für mich ein absolutes Highlight dar. Zweiter Gedanke: Mist, hoffentlich komme ich beim Spielen nicht immer an den oberen Toggle. Doch hier schon mal Entwarnung: Das ist bei den meisten Spielstilen kein Problem. Im Gegenteil: Hier kann man sehr schnell umschalten. Ein großes Plus gegenüber der herkömmlichen Schaltung. Akustisch angespielt gibt sich die Fender sehr klar. Bässe bringt sie erstaunlich wenig mit, hier stehen Mitten und Höhen deutlich im Vordergrund.
Ich habe auch eine Squier J. Mascis Jazzmaster zu Hause, welche deutlich kompakter und bassiger auftritt. Die hier zu hörenden Attribute passen wiederum wunderbar zur Vintage-Anforderung. Natürlich hätte ich es begrüßt, wenn es bei diesem Preis möglich gewesen wäre, eine Mastery Bridge zu verbauen. Die verwendete Mustang-Brücke macht was sie soll, es trat jedoch schnell das Problem auf, dass bei stärkerem Anschlag die tiefe E-Saite aus ihrer Kerbe sprang. Je nach persönlichem Anspruch und Spielweise könnte man also gegebenenfalls gleich noch € 200 für eine Mastery-Brücke einplanen. Ein Minus gibt es dennoch nicht, immerhin trägt die Bridge zum Klangbild bei, und das passt. Und dass diese alten Konstruktionen Probleme mit sich bringen, ist weithin bekannt.
Am Amp macht die Gitarre eine sehr gute Figur, auch hier gibt sie sich eher schlank und drahtig. Während der Hals-Tonabnehmer noch etwas in den Bässen auffüllt, ist dies beim Steg definitiv nicht der Fall. Hier wird rohe Power übertragen, ohne dass der Versuch unternommen wird diese weichzuzeichnen und tonal zu vereinheitlichen. Die Tonabnehmer geben einfach sehr direkt das wieder, was man schon akustisch gehört hat. Das Klangbild ist dabei sehr perkussiv und geradlinig. Die mittlere Toggle-Stellung wählt bekanntermaßen beide Tonabnehmer gleichzeitig an. Das hierbei oft entstehende Problem, dass einer der Pickups den Sound deutlich dominiert, haben wir hier zum Glück nicht. Tendenziell gibt der Steg-Pickup vor, in welche Richtung es geht – der Sound ist eher schlank und angenehm ausgedünnt. Super, um damit ein wenig im Hintergrund zu agieren oder den Ton mit Effekten anzureichern.
Auch der Hals-Pickup ist straff genug, um nicht im Gesamt-Sound einer Band unterzugehen. Und somit stellt diese Jazzmaster eigentlich genau das dar, was man sich von einer guten Vintage-inspirierten Version heutzutage erhofft. Nicht zu viel Power, ein gutes Attack, ein bisschen Jangle und eine Direktheit, die ihresgleichen sucht. Hier lassen sich leichte Parallelen zu Troys Yamaha-Signature-Gitarre ziehen. Diese ist mit ihren drei P90ern und dem Semi-Akustik-Konzept auch sehr auf Direktheit, Resonanz und Perkussivität ausgelegt. Der Mann bleibt sich also, im Rahmen der gesteckten Möglichkeiten, treu. Und für alle, die ebenfalls die Yamaha besitzen: Ansonsten handelt es sich hier um ein komplett anderes Biest.
Die beiden Gitarren unterscheiden sich so stark, dass ein Vergleich – wie ich ihn ursprünglich plante – kaum sinnvoll wäre. Anders ausgedrückt: Sie ergänzen sich wunderbar. Die Yamaha klingt dabei deutlich runder, dunkler, grummeliger. Die beiden würden sich bestimmt gut zusammen in einer Band machen. Doch zurück zur Fender: Während das Tone-Poti seinen Job gut verrichtet, kann man dem Volume-Poti leider ankreiden, etwas schlecht abgestimmt zu sein. Zwar ist die Regelcharakteristik gut gewählt, jedoch verliert man sehr schnell einiges an Höhen. Gerade bei dieser Gitarre, die sich durch ihre Gesamtabstimmung und die tollen Pickups exzellent eignen würde, den Zerrgrad des Amps per Volume-Poti zu steuern, ist dies schade.
Der erwähnte Rhythm Tone Circuit hat seit jeher ein ähnliches „Problem“. Wechselt man in diesen, ist der Hals-Pickup aktiv, jedoch auch mit voll aufgedrehten Volume- und Tone-Potis automatisch dumpfer als dies im Lead Tone Circuit der Fall wäre. Kein Grund zu meckern, das war schon immer so und soll wohl auch so sein. Bei meiner J. Mascis ist dieser Effekt zwar auch vorhanden, aber deutlich weniger stark ausgeprägt, und damit – zumindest für mich – öfter in der Praxis zu verwenden. Denn die TVL bietet mit ihrem Toggle hier ein super Update. Er ist einem beim Spielen nicht im Weg, lässt sich aber jederzeit fix umschalten. Das kann man vom normalen, kleinen Schieberegler nicht unbedingt behaupten.
Und wer sich jetzt fragt, was das überhaupt bringen soll: Nun, klassischerweise sollte der dunklere, wärmere Sound eher Jazz-Player (wer hätte das bei dem Namen Jazzmaster schon gedacht?) ansprechen. Heutzutage ist die Funktion besonders praktisch, wenn man einen E-Bow nutzt. Dieser funktioniert ohnehin am besten mit dem Hals-Pickup und man wird sich freuen, ein „Preset“ aus Lautstärke und Ton für ihn basteln zu können.
Resümee
Wie oft habe ich das Wort „Vintage“ nun in diesem Test benutzt? Einmal mehr muss es noch sein: Fender schneidert dem stilsicheren Alternative-Prog-Stoner-Helden eine Jazzmaster auf den Leib, die Vintage-Elemente geschickt mit dezenten Neuerungen kombiniert. Eher schlank im Klang gibt sich die TVL durchsetzungsstark und roh. Und genau das weiß zu gefallen. Der obere Toggle ist ein gut durchdachtes Update und gibt der Jazzmaster eine eigene Note. Optisch wunderschön, kann man sich natürlich über den doch sehr hohen Preis für eine Mexiko-Fender streiten.
Mich zumindest hat die Gitarre aber überdurchschnittlich oft dazu motiviert, sie zwischendurch kurz in die Hand zu nehmen und zu spielen – und ist nicht genau das ein Zeichen dafür, wie gut ein Instrument ist? Sucht man eine vergleichbare Gitarre, so wird man in fast jeder Preislage fündig. Die Squier Classic Vibe Jazzmaster sind wirklich gute Instrumente und kosten rund € 400. Die erwähnte J. Mascis Squier gilt seit ihrem Erscheinen als der Squier-Geheimtipp schlechthin und ist für rund € 540 zu haben. Soll Fender auf der Kopfplatte stehen, und mag man es eher Retro-mäßig, so sind die 60s Jazzmasters für etwa € 1100 eine gute Wahl. Die TVL sticht mit ihren € 1450 schon deutlich heraus, bietet dafür aber als einzige Jazzy aus Fenders aktuellem Programm den B(lock Inlays)&B(inding)-Look.