Fender Stratocaster Mexico

Fender Stratocaster Mexico Classic 50s, 60s & 70s im Test

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Das immens umfangreiche Angebot an Stratocasters umfasst neben den „modernen“ Varianten nicht nur Reissues diverser Jahrgänge wie z. B. der American Vintage-Reihe, sondern sogar unterschiedlicher, künstlich erzeugter Alterungsstufen.

Fender Stratocaster Mexico Classic 50s
Classic 50s

Die Fertigung dieser New Old Stock-, Closet-, Classic- und Relic-Serien obliegt ausschließlich dem Fender Custom Shop. Gemessen daran bieten die Mexico Classic-Modelle erstaunlich detailgetreue Wiederauflagen der 50s-, 60s- und 70s-Strats zu erschwinglichen Preisen, ohne dabei auf deren typische Konstruktionsmerkmale zu verzichten. Nur der Fachmann wird auf Anhieb einzelne Details entdecken, die beim jeweiligen Original nicht vorkamen, wie z. B. der Butterfly Stringtree der 50s, die fehlenden „Kluson Deluxe“-Logos auf den Mechaniken der 50s- und 60s-Strats sowie deren 5- Weg-Schalter. Fairerweise muss ich jedoch hinzufügen, dass die Rechte am Namen „Kluson“ inzwischen von der deutschen Firma Göldo erworben wurden, und das Logo somit nicht beliebig benutzt werden darf.

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Fender verwendet anstelle von Esche bzw. Erle für die 50/60s-Bodies mehrteilige Pappel, auf Vorder- und Rückseite zusätzlich mit Furnier überzogen, um die bislang oftmals sichtbaren Nahtstellen der einzelnen Holzstücke verschwinden zu lassen. Eine wirklich gelungene Maßnahme, aus der eine spiegelglatte Oberfläche resultiert. Das detailgetreueste ist das ’70er Modell, auch wenn man hier ein so genanntes „slab fingerboard“ an Stelle des in dieser Periode benutzten „veneer board“ vorfindet. Mehr dazu später.

Nimmt man es noch genauer, lässt sich darüber streiten, ob der 5-WegSchalter, der erst etwa ab 1977 serienmäßig zum Einsatz kam, in diese Gitarre gehört oder nicht. Das leichte V-Profil des 50s-Halses ist beim Original ausgeprägter, wobei ich auch hier nicht unterschlagen möchte, dass das Shaping während der Maple-Neck-Ära (1954 – 1959) häufig variierte. Bis ca. 1955 wurden sogar überwiegend runde D-Profile verwendet.

original 50s necks

Der Strat-Hals der 50er Jahre wurde mitsamt des Griffbretts aus einem einzigen Stück Ahorn gefertigt und auch komplett lackiert. Da von Beginn an ein eingesetzter Stahlstab (truss rod) sowohl die Stabilität erhöhte als auch die Halskrümmung justierbar machte, wurde dieser von der Rückseite her eingelassen, an beiden Enden verankert und die vorher gefräste Nut mit einer Walnussleiste aufgefüllt.

Detail der Classic 50s

Durch die parallel nach hinten versetzte Kopfplatte entstand bei diesem Fräsvorgang unmittelbar oberhalb des Sattels eine oval erscheinende Öffnung, die ebenfalls mit Nussbaumholz verschlossen wurde. Justieren lässt sich die Krümmung nur, indem man den Hals komplett demontiert und an dessen Stirnseite den eingelassenen Kreuzschlitzkopf in die entsprechende Richtung dreht. Die Hals/Korpus-Verbindung wurde von vier Holzschrauben und einem Konterblech gehalten, das in der Regel die Seriennummer trug.

 

Ausschließlich von der in Chicago ansässigen Kluson Company bezog Fender seine Mechaniken, deren Montageflansche jedoch von der Firma Race & Olmsted teilweise wieder gekürzt werden mussten, damit sechs hintereinander auf die kleine Kopfplatte passten und gleichzeitig einen geraden Saitenverlauf gewährleisteten. Als Niederhalter (string tree) für die E1/H2-Saiten diente bis 1956 eine kleine, auf der Unterseite gekerbte U-Scheibe, danach fanden die bekannten „Butterfly String Trees“ Verwendung.

Detail der Classic 60’s

original 60s necks

Ende 1959 lösten Griffbretter aus Palisander (Rosewood) den puren Ahornhals ab. Die nach wie vor einteilige Ahornbasis, jetzt wieder mit rundem D-Profil, hobelte man flach ab, fräste von oben die Nut für den Truss Rod, setzte diesen ein und leimte ein rund 5 mm dickes Palisanderbrett auf, dem man die bewährte 7,25″- Wölbung verpasste und anstelle der Lackierung lediglich eine Versiegelung vornahm. Konstruktionsbedingt konnte nun auf die rückseitige Nussbaum-Einlage und die ovale Füllung an der Kopfplatte verzichtet werden.

Fender Stratocaster Mexico Classic 60’s
Classic 60’s

Der Zugang zum Justierstab blieb hingegen unverändert. 1962 löste Fender das „slab fingerboard“ durch ein 2 – 3 mm dickes Palisander-Furnier ab, das der Wölbung der Ahornbasis folgend aufgeleimt wurde (veneer fingerboard). Diese Variante wurde bis 1983 beibehalten. Wenngleich Maple-Griffbretter offiziell ab 1967 als Option angeboten wurden, findet man solche – als Custom Order – auch auf früheren Strats. Erst ab 1969 konnte man zwischen Rosewood- und Maple-Necks gleichermaßen wählen.

1965, nach Übernahme Fenders durch den CBS-Konzern, erhielt die Kopfplatte eine vergrößerte Silhouette und das Konterblech der Halsverschraubung ein großes Fender-F unterhalb der Seriennummer. Ab 1966 wurden die Kluson-Mechaniken, zuletzt mit getrennten, parallel angeordneten „Kluson“ und „Deluxe“-Schriftzügen versehen, gegen hauseigene, von Race & Olmsted gefertigte Modelle mit Parallelogramm-förmiger Basisplatte, F-gestempelter Blechkappe und kantigeren Knöpfen ausgetauscht. Gegen Ende der 60er Jahre spendierte man der Kopfplatte dann noch einen zweiten Butterfly String Tree für die D- und G-Saiten.

original 70s necks

1971 hielt CBS die Zeit reif für ein neues Truss-Rod-Konzept: An Stelle des schwer zugänglichen Kreuzschlitzkopfes am Halsende, ragte nun oberhalb des Sattels ein abgerundeter Zylinder (bullet) mit Inbus-Kopf aus der Kopfplatte heraus. Gleichzeitig wurde die bisherige Halsverbindung durch eine 3-Punkt-Befestigung mit „Neck Tilt“-Mechanik ersetzt, mit deren Hilfe sich der Halsneigungswinkel und somit die Saitenlage leicht justieren ließ. Trotz des Palisander-Griffbrettes führte man erneut die Nussbaumeinlage im Halsrücken ein.

Fender Stratocaster Mexico Classic 70’s
Classic 70’s

Die Bodies der Fender Stratocaster Mexico

Stratocaster-Bodies wurden schon in den 50ern in der Regel aus zwei Holzteilen zusammen geleimt. Allerdings existieren auch zahlreiche One-Piece-Bodies aus dieser Epoche, ein Indiz für die nicht gerade standardisierte Fertigungsweise Fenders. In jedem Fall setzte man die meisten Korpusse aus zwei oder mehr Teilen zusammen, und die verschiedenen Holzmaserungen oder -strukturen optisch anzugleichen wurde zum Problem. Im schlimmsten Fall liefen die Maserungen in verschiedene Richtungen und machten eine attraktive, gleichmäßige, vor allem aber nahtlos erscheinende Oberfläche nahezu unmöglich.

Um die Holzfehler zu überdecken, wurde ein Sunburst-Finish mit breiten, sehr dunklen Rändern verwendet, von 1954 bis 59 in variierenden 2-Tone-Mischungen, zwischenzeitlich 1958 auch mal 3-Tone mit zusätzlichem Rot, bevor ab 1960 dreifarbiges Sunburst zum Standard wurde. Bis Ende 1956 verarbeitete Fender mit nur wenigen Ausnahmen normal gemaserte Esche für Strat-Bodies. Nach 1956 kam für Sunburst-Strats Erle zum Einsatz, ein Holz, dass Leo Fender niemals mochte, weil das Verbergen der Nahtstellen und das Lackieren schwierig war.

Für transparente Blonde-Lackierungen wurde jedoch ausschließlich kontrastreich gemaserte Esche verwendet. Das klassische ergonomische Shaping der Strat-Bodies hat man im Laufe der Jahrzehnte hin und wieder leichten kosmetischen Korrekturen unterzogen.

Fender Stratocaster Mexico in der Praxis

Zunächst bieten alle drei Test-Strats den gewohnt hohen Spielkomfort, wobei natürlich die Geschmäcker bezüglich der Halsprofile verschieden sind. Auch wenn das V-Profil nicht so markant ist wie das der meisten Ebenso fein wie die Klangunterschiede beim Trockenvergleich zeigen sich diese auch am Verstärker.

Die Singlecoils liefern authentische Sounds, auch in den Zwischenpositionen. Natürlich treten hier die Unterschiede nicht ganz so deutlich heraus, wie es bei drei guten, alten Originalen der Fall wäre, dennoch bin ich äußerst positiv überrascht. Insgesamt reagieren alle drei Gitarren sensibel auf ausdrucksstarkes Spiel und setzen es mit entsprechender Dynamik um.

Die cleanen Sounds kommen klar, transparent, offen und spritzig und sehr schön näselnd bei den Pickup-Zwischenstellungen. Crunch und HiGain-Settings tönen kraftvoll und sustainreich, bringen jedoch auch erhöhte, wenn auch gewohnte Nebengeräusche ans Ohr. Da hier kein Reversed-Middle-PU zum Einsatz kommt, treten die Geräusche auch in den Zwischenstellungen auf – halt wie beim Original. Die Vibrato-Systeme arbeiten nur begrenzt verstimmungsfrei, Dive Bombs und ähnliche Attacken sollte man tunlichst vermeiden. Aber auch das kennt man, das war früher nicht anders.

Fender-Start-70-2
Die „große“ Strat- Kopfplatte der Classic 70s

 

P l u s
• Verarbeitung
• Bespielbarkeit
• Ansprache
• Tonentfaltung
• Qualität der Bauteile
• authentische Sounds

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