Ja, ich weiß – die Fender SRV Stratocaster befindet sich noch im Sortiment des Herstellers und ist damit weder eine Vintage- noch eine limitierte Gitarre. Aber es gibt einfach so viel über sie zu schreiben, und über ihrer Entstehung und Entwicklung schwebt ein ganz eigener Vintage-Mythos, sodass dieses Modell sehr gut in diese Kolumne passt!
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Diese SRV-Signature-Stratocaster hat also ihre eigene Geschichte, die ich hier versuchen möchte zu erzählen – nicht nur, weil am 26.08. der Autor dieser Zeilen Geburtstag feierte, sondern vor allem, weil sich genau an diesem Datum der Todestag Stevie Ray Vaughans zum 23. Mal jährte. 1989 war bei Fender der Plan entstanden, dem Volk eine Signature-Gitarre des texanischen Über-Gitarristen anzubieten.
Ursprünglich sollte eine kleine Auflage des Custom Shops zusammen mit einer auflagenstarken Serienanfertigung gebaut werden. Ca. zehn Wochen vor dem Hubschrauberabsturz, bei dem Stevie Ray Vaughan sein Leben ließ, hatte er drei Prototypen seiner Signature-Gitarre zum ersten Mal in der Hand gehabt. Er hatte nicht viel Zeit, sich intensiv um sie zu kümmern, fand sie aber in Ordnung und bemängelte nur die fehlenden SRV-Lettern auf dem Pickguard. Schließlich sollte die Signature seiner Lieblingsgitarre Number One so ähnlich wie möglich sein.
Number One
Dieses Original, das auch „First Wife“ genannt wird, hatte Stevie in Ray Hennig’s Heart of Texas Music in Austin/TX 1973 erworben, angeblich gegen eine 1963er Stratocaster eingetauscht. Number One bestand aus einem Body von 1963 und einem Hals von 1962, der ein ungewöhnlich dickes D-Profil aufwies, das Stevie auf Anhieb sehr gut gefiel. Im Laufe der Jahre erlebte Number One einige Veränderungen, viele Misshandlungen, Unfälle und heftige Operationen. Das ursprünglich weiße Pickguard ersetzte Stevie durch ein schwarzes und klebte seine Initialen drauf. 1977 wurde, inspiriert von Gitarristen wie Jimi Hendrix und Otis Rush, ein goldenes Linkshand-Vibratosystem montiert, 1986 folgte die komplett vergoldete Hardware.
Die Pickups der Gitarre stammten von 1959 und sollen aus einem Posten kommen, der versehentlich mit mehr Wicklungen versehen worden war. Entgegen vieler Aussagen sollen diese Pickups original geblieben und nicht neu gewickelt worden sein, lediglich die Abschirmung wurde auf einen damals aktuellen Stand gebracht. Das dünnere, gebogene „Furnier“-Griffbrett aus Rio-Palisander des 1962er-Halses wurde mehrfach neu bundiert, zum Schluss mit Dunlop- 6100-Bass-Bünden, die nicht nur besser in die mittlerweile recht breit gewordenen Bundschlitze passten, sondern Stevie auch das Griffgefühl gaben, das er für seine ausgedehnten Bendings favorisierte.
Dabei kam ihm entgegen, dass das Griffbrett durch das häufige Abrichten und Neubundieren längst seinen ursprünglichen Radius von 7,25“ verloren hatte und flacher gewölbt war. Gepaart mit dicken Saiten (.013“ bis .058“), einer recht hohen Saitenlage (2 mm/E1; 2,8 mm/E2) und einer Stimmung, die einen halben Ton tiefer als normal lag, erreichte Stevie Ray Vaughan seinen unglaublich fetten Signature-Sound, der ihn unsterblich machte.
Als dieser Hals nicht mehr neu zu bundieren war, tauschte Rene Martinez, Vaughans Guitar-Tech, ihn gegen den einer anderen Gitarre aus dem SRV-Bestand aus. Doch der wurde 1990 zerstört, als Teile einer Bühneninstallation in Vaughans Gitarren-Rig krachten. Fender lieferte daraufhin einen neuen 62er-Hals, der Number One fortan komplettierte.
Nach Vaughans Tod montierte Martinez den Originalhals wieder auf den Body und überreichte die Gitarre der Familie. Number One ist im Besitz von Jimmie Vaughan, Stevies Bruder, und nicht, wie viele behaupten, zusammen mit Stevie in Dallas begraben worden.
Artist Signature Model
Jimmy Vaughan trieb nach dem Tod seines Bruders den Prozess zur Veröffentlichung der Signature-Gitarre voran, wobei er Fender davon überzeugte, die Custom-Shop-Version fallen zu lassen und nur die Standard-Version ab 1992 auf den Markt zu bringen.
Und das ist genau die Gitarre, die man auch heute noch erwerben kann. Dennoch gibt es auch um dieses im Vergleich zum Original doch recht brave Serienmodell viele Ungereimtheiten, Mythen und Gerüchte, die sich vor allem um das Rio-Palisander drehen, das für einige dieser Gitarren als Griffbrettmaterial verwendet worden war. Wie wir alle mittlerweile wissen, trat ab 1992 das Artenschutzprogramm in Kraft, ab dem der Handel mit und die Verwendung von Rio-Palisander praktisch verboten war.
Es sind einige SRVs mit eben diesen Griffbrettern erschienen, doch die Produktion wurde schon bald umgestellt; spätestens ab Juli 1992 war Pau-Ferro, auch Bolivianisches Palisander oder Eisenholz genannt, das Material für die Griffbretter. Es scheint, dass die ersten SRVs mit Rio-Griffbrettern noch vom Custom Shop für die erwähnte, angedachte limitierte Serie gebaut worden waren, aber dann nach dem Fallenlassen dieses Plans als normale SRV-Strat auf dem Markt gekommen sind – zu einem normalen Serien-Preis! Wie viele, weiß keiner …
Es gibt Beispiele wie dieses von Burkhard Schmitt, der die Internetseite www.vintagestrats.de betreibt und der seine SRV-Signature so beschreibt: „Die Potis sind auf die 5. Woche 1992 datiert. Der Neck auf den 18.02.92 und der Body auf den 28.01.92. Also wirklich eine der allerersten überhaupt. Nach Besichtigung der Innereien fand ich einen kleinen runden Aufkleber mit dem Aufdruck ,C / 2-19 MK‘. Was auf Mark Kendrick, einen Masterbuilder aus dem Fender Custom Shop, schließen lassen könnte.“
Auffällig ist weiterhin, dass das Griffbrett nicht aus Pau-Ferro und das Gewicht der Gitarre mit 3,75 kg wie beim Original relativ hoch ist, während viele andere SRVs leichter sind. Dies könnte also eine der seltenen SRV-Signatures aus dem Custom Shop sein, die für einen normalen Serienpreis in den Handel gekommen war. Zumal ich selbst eine SRV-Signature hier habe, die von September 1992 stammt, ein Pau-Ferro-Griffbrett hat und eben diesen kleinen, runden Sticker vermissen lässt.
Seriennummern
Ziemliches Chaos herrscht bei dem Seriennummern-System, denn zum einen bekamen die SRV-Signatures keinen eigenen Nummernblock, zum anderen scheinen die Nummern recht wahllos vergeben worden zu sein. Sicher ist, dass SRVs mit Rio-Griffbrett älter als die mit Pau-Ferro-Griffbrett sind. Aber es existieren Pau-Ferro-SRVs, wie Listen im Internet zeigen, die kleinere Seriennummern als die Rio-SRVs ausweisen. Insofern können nur die Hals-, Korpus- und Poti-Codierungen genauere Auskunft über das Alter der Gitarre geben.
Wert
Der empf. Verkaufspreis einer neuen Artist SRV Signature ist € 2450, über den Tresen geht sie für knapp unter € 2000. Bei ihrer Neuerscheinung 1992/93 kostete sie knapp DM 3000. Gebrauchte, frühe SRV-Signatures von 1992 ziehen mittlerweile im Wert an und werden bereits für € 1500 und mehr angeboten, die Exemplare mit Rio-Palisander-Griffbrett können heute bereits Preise erzielen, die höher als der Neupreis sind.
Der durchschnittliche Gebrauchtpreis jüngerer SRVs liegt dagegen heute noch bei ca. € 1200, mal drüber, mal drunter. Aber mit steigender Tendenz. Stevie Ray Vaughan – und das hat er z.B. mit Kurt Cobain gemeinsam – kam nie selbst dazu, eine seiner Signature-Gitarren zu spielen. Und vermutlich hätte er sich mit dem Serienmodell auch schwer getan, denn Fender hat einige der Features dem Mainstream angepasst – und das ist auch gut so.
Denn wer von uns will schon Bassbünde, dicke Saiten und einen richtig dicken Halsprügel spielen? So hat die Signature-Gitarre eben nur gemäßigte Medium-Jumbo-Bünde (Dunlop 6105) und ein ebenso gemäßigtes, griffiges Halsprofil. Zumindest wurden für die Signatures die wunderbaren Texas-Specials-Pickups gebaut, die hier erstmals verwendet wurden – und seitdem zu den wohl beliebtesten Stratocaster-Pickups überhaupt gehören. Custom Shop Tribute Model 2004 wurde auf der NAMM-Show mit viel Tamm die Stevie Ray Vaughan Tribute vorgestellt, eine exakte Kopie von Number One aus dem Fender Custom Shop. John Cruz, der Fender-Masterbuilder, war für die Herstellung von genau 100 Stück dieser Gitarre verantwortlich, bei der jeder Lack-Abplatzer, jede Beule, jeder Riss und auch die Schmauchspur an der Kopfplatte dem Original entsprechen soll.
Die Tribute SRV kam nicht allein, sondern in einem mit „SRV – Number One“ beschrifteten Flightcase und einem roten Gigbag, das dem von Stevie Ray Vaughan nachempfunden war. Auch der berühmte Ledergurt mit den großen, weißen Noten lag bei, ebenso wie eine Dokumentation von John Cruz über die Herstellung, ein Foto von Stevie mit Number One, eine Fender-DVD, die die Untersuchungen an der originalen Number One zeigt, eine DVD mit einem SRV-Gig im El Mocambo Club und eine Tube von Rene Martinez’ Graphit-Öl. SRV-Vollbedienung, und für den Sammler eine richtig schöne und runde Sache, für die er € 10.000 hinlegen musste. Ein Betrag, der sich lohnen sollte…
Seriennummern
In solchen Fällen bedient sich Fender eines Nummernsystems, das auf den Masterbuilder, aber nicht auf das jeweils hergestellte Modell bezogen ist. Die erste Tribute hatte beispielsweise die Nummer JC044, die letzte JC229. Da hatten also auch andere Gitarren, die John Cruz während der SRV-Tribute-Phase baute, Seriennummern innerhalb dieser Reihe erhalten.
Wert
Die Tribute-SRV-Gitarren waren trotz ihres hohen Preises innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Nach Deutschland sind damals gerade mal fünf gelangt, die alle in guten Händen sind. Taucht solch eine Gitarre heute mal auf, dann zu sehr unterschiedlichen Preisen. Die erste (JC044) erzielte mehr als € 40.000 bei der Crossroads-Auktion von Eric Clapton.
Es sind mehrere Tribute SRVs in Auktionen aufgetaucht, die für ca. $ 25.000 verkauft wurden. Das Guitar Center verlangte bis zu $ 45.000 und hat den Betrag wohl auch bekommen. Im Mai hat Guitar Sofa in Hong Kong angeblich sogar eine SRV Tribute für $ 51.500 verkauft …
Betr: SRV Artist Signature Seriennummern. Die Datierung dieser Gitarre per Seriennummer vorzunehmen ist keinen Pfifferling wert. Meine eigene SRV Strat, laut Händler Baujahr Mai 92, datiert auf 1989. Da diese Gitarre frühestens im Januar 92 released wurde macht das Produktionsjahr keinen Sinn. Ich habe die Seriennummern von vier weiteren Gitarren, die zum Verkauf angeboten wurden überprüft. (mit angeblichem Produktionsjahr 1992/93) und es ergab jedesmal dasselbe Ergebnis: alle waren sie mit Baujahr 1989 ausgewiesen. Meine Nachfragen bei Fender consumer relations förderten folgendes zutage: 1) Die Firma Fender macht überhaupt keinen Hehl daraus dass sie ältere (bereits gestempelte)Hälse aus dem Regal genommen haben um die SRV Strats zusammenzubauen. 2) Um die Gitarre exakt zu datieren wurde mir empfohlen den Hals abzuschrauben. Auf dem Korpus befindet sich ein Stempel der das tatsächliche Produktionsjahr und -monat anzeigt. Für interessierte Käufer bzw. Sammler ist das ein Problem, da Verkäufer schwerlich akzeptieren werden dass die Gitarre zerlegt wird, bevor der Kauf stattfindet. Andererseits kauft man nur ungern die Katze im Sack. In meinem Fall hatte ich Glück, der Korpus hatte einen Stempel mit 5/92. Gruss Peter
Hallo zusammen,
danke für den schönen Artikel und all die Hintergründe. Könntet Ihr etwas zum Klang und der Bespielbarkeit sagen? Ist etwas spezielles daran? Oder typisch Strat aus den 60ern? Danke vielmals.
Grüße, Sebastian
Betr: SRV Artist Signature Seriennummern. Die Datierung dieser Gitarre per Seriennummer vorzunehmen ist keinen Pfifferling wert. Meine eigene SRV Strat, laut Händler Baujahr Mai 92, datiert auf 1989. Da diese Gitarre frühestens im Januar 92 released wurde macht das Produktionsjahr keinen Sinn. Ich habe die Seriennummern von vier weiteren Gitarren, die zum Verkauf angeboten wurden überprüft. (mit angeblichem Produktionsjahr 1992/93) und es ergab jedesmal dasselbe Ergebnis: alle waren sie mit Baujahr 1989 ausgewiesen. Meine Nachfragen bei Fender consumer relations förderten folgendes zutage: 1) Die Firma Fender macht überhaupt keinen Hehl daraus dass sie ältere (bereits gestempelte)Hälse aus dem Regal genommen haben um die SRV Strats zusammenzubauen. 2) Um die Gitarre exakt zu datieren wurde mir empfohlen den Hals abzuschrauben. Auf dem Korpus befindet sich ein Stempel der das tatsächliche Produktionsjahr und -monat anzeigt. Für interessierte Käufer bzw. Sammler ist das ein Problem, da Verkäufer schwerlich akzeptieren werden dass die Gitarre zerlegt wird, bevor der Kauf stattfindet. Andererseits kauft man nur ungern die Katze im Sack. In meinem Fall hatte ich Glück, der Korpus hatte einen Stempel mit 5/92. Gruss Peter
Hallo zusammen,
danke für den schönen Artikel und all die Hintergründe. Könntet Ihr etwas zum Klang und der Bespielbarkeit sagen? Ist etwas spezielles daran? Oder typisch Strat aus den 60ern? Danke vielmals.
Grüße, Sebastian