To boldly go where no bass has gone before

Faszinierend: Marleaux Spock im Test

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Messvorrichtung zur Ermittlung der Saitenspannung

In der Entwicklungsphase wurde am Institut akribisch vermessen, wie sich unterschiedliche Laminate unter (simulierter) Saitenspannung verhalten. Auch der Einfluss unterschiedlicher Steghöhen wurde ermittelt. Der Steg, in Kombination mit der schwungvollen Wölbung der Decke, und der Saitenhalter geben dem Bass eine gewisse Archtop-Anmutung. Auch dahinter stecken lange und detaillierte Überlegungen.

Evolution der Saitenhalter-Konzepte

Der Saitenhalter scheint aus geflammtem Ahorn zu sein, was optisch schön ins Gesamtbild passt. Die Ball-Ends können einfach eingehängt werden, aber das macht auch der härteste Ahorn nicht lange mit. Also wurde hier eine von außen praktisch unsichtbare Mittellage aus Stahl eingearbeitet, die dem Zug spielend standhält. Der Steg sieht aus, als würde er lose auf der Decke stehen, wie bei einer Jazzgitarre. Tatsächlich gab es sogar die Überlegung, austauschbare Decken für optische Abwechslung anzubieten. Klanglich war der Holzsteg gut, man mochte aber niemandem beim Saitenwechsel ein loses Teil zumuten.

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Im Prozess entwickelte Steg-Konzepte

Die finale Version ist mit zwei Schrauben im Korpusmittelstreifen fixiert. Die gesamte Einheit kann etwas nach vorne und hinten verschoben werden, um die Oktave korrekt justierbar zu machen. Die Feineinstellung erfolgt, wie die Saitenlage, mit zwei Schräubchen je Saite. Sehr elegant!

(Bild: Dieter Stork)

Die Kombination aus einem Ebenholzunterteil und einem schwarzem Stahloberteil wirkt wie aus einem Guss. Eine weitere Neuentwicklung ist der Tonabnehmer, der wieder mehrere Entwicklungsstufen durchlief, bis schließlich dieser hübsche Humbucker im Ahorngehäuse herauskam.

Verschiedene Varianten entwickelter und getesteter Tonabnehmer

Die komplette Elektronik wurde in ein Ahornfach auf der Rückseite montiert. Auch die Regler landen auf der Rückseite: Oberhalb der Mitte sitzen Volume und Tone neben einem Dreifach-Minischalter, der den Pickup parallel, als Single-Coil, oder seriell verschaltet.

Finale Version der Elektronik im versteckten Gehäuse, das nur zwei Kabel verlassen.

Unten sitzt die aktive, mittig neutral einrastende Klangregelung mit Bässen, Mitten und Höhen und einem Minischalter, der zwischen aktiv und passiv wechselt. Aus dem stimmigen Design sticht das umgekehrte Strat-Buchsenschiffchen etwas heraus, neuere Modelle kommen hier mit unauffälliger Rohrbuchse. Ein Leckerbissen ist dagegen der von Magneten gehaltene Holzdeckel des Batteriefachs.

Versteckte Regler (Bild: Dieter Stork)

… WHERE NO BASS HAS GONE BEFORE

Im Sitzen spielt sich der Spock fast von alleine. Die superbe Einstellung, die leicht verkürzte Mensur, der Compound-Radius von 12 auf 16 Zoll – das macht es mir wirklich leicht zu spielen und schwer, wieder aufzuhören. Die Korpuskante ist dabei gerundet genug, dass der rechte Unterarm entspannt aufliegt. Das bleibt auch am Gurt so, hier macht sich aber Kopflastigkeit bemerkbar. Heftig bemerkbar. Marleaux weiß das und arbeitet schon an besserer Hals-Korpus-Balance, mit schwereren Hölzern für den Korpusrahmen.

24 Bünde sind ziemlich locker zu erreichen, darüber wird es leicht akrobatisch. Deutlich spürbar ist, wie schwingfreudig der Bass ist. Zum einen ist er relativ laut, was auch ein Verdienst der großflächig schwingenden Decke sein dürfte, zum anderen übermittelt er bei jedem Ton einen ordentlichen Punch zum Brustbein. Am Verstärker angeschlossen vermute ich sofort einen Piezo in der Brücke, so glasklar kommen die Höhen rüber. Das stellt sich bei näherer Betrachtung als Illusion heraus, es werkelt hier nur der Humbucker.

(Bild: Dieter Stork)

Auch in die Tiefe wirkt der Ton breitbandig und reagiert extrem gut auf unterschiedliche Anschlagspositionen. Platz, sich abzustützen, gibt es außer auf dem Pickup ja reichlich am langen Halsende. Als Single-Coil geschaltet finde ich den Bass am „ehrlichsten“, mit besagter akustischer Note, aber auch reichlich Tragkraft. Im parallelen Modus reduzieren sich die Mitten ein wenig, jegliche Einstreuungen, die auch die einzelne Spule dank Abschirmung gut außen vor lässt, verschwinden völlig. Beiden Einstellungen ist gemein, dass sich der Bass wahnsinnig gut im Bandkontext durchbeißt, ohne übermäßig aggressiv zu sein – er ist einfach immer präsent und ortbar! Mehr Wumms bringt die serielle Schaltung, die dann auch etwas lauter ist und die obersten Spitzen etwas zurücknimmt, zugunsten eines fetten Mitten-Boosts. Und das alles, ohne die Klangregler anzufassen!

An die Bedienung der Regler muss ich mich erst mal gewöhnen, für jede Einstellung ist der Griff von hinten in den Body nötig. Das lädt nicht so sehr zu ständigen Klangexperimenten ein, vielmehr zu „set and forget“. Andererseits brachte der Versuch, die Regler in das Deckenlaminat einzusetzen, deutliche klangliche Nachteile und störte die Optik. An der Funktion gibt es jedenfalls nichts auszusetzen, die passive Höhenblende arbeitet wie das Volume-Poti sauber und gleichmäßig. Der aktive EQ ist fein abgestimmt und so in den Frequenzen abgezirkelt, dass der Pickup-Ton bestens unterstützt wird. Ein ganz eigenes Klangerlebnis, das trotz verkürzter Mensur nicht vor der absolut soliden H-Saite Halt macht, die sogar richtig knackig rüberkommt, sicher auch dank der Marleaux-eigenen Stainless-Steel-Saiten in 45 auf 132.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Ein wirklich ungewöhnliches Projekt, angeschoben von der TU Clausthal-Zellerfeld, kongenial umgesetzt von Marleaux, und mündend in einen absolut überzeugenden Bass. Dessen Entwicklung war so geprägt von logischer Durchdringung aller Parameter, dass er nur „Spock“ heißen kann. Das neue Material für die Decke entpuppt sich keineswegs als optisches Gimmick, sondern prägt den Ton mit – zum Positiven. Dieses „einfach da sein“ in der Band ist schon auffallend und besonders. Den Preis finde ich für dieses innovative Instrument absolut angemessen und kann ein persönliches Anspielen nur ausdrücklich empfehlen!

PLUS

  • Konzept/Material
  • Sounds
  • Verarbeitung
  • Bespielbarkeit
  • Gewicht
  • Gigbag

MINUS

  • kopflastig


(erschienen in Gitarre & Bass 10/2023)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ja, kann sein, dass das ein ziemlich guter Bass ist. Allerdings sei die Frage gestattet, wo dieser horrende Preis herkommen soll? An den CNC-Arbeiten oder den Hölzern kann’s nicht liegen, das ist heutzutage normal. Wenn’s am Wunderwerkstoff liegt, hat die Entwicklung versagt. Oder wird hier einfach ein 100% Aufschlag für den guten Namen fällig? Selbst den würde ich angesichts der mangelhaften Bedienung in Frage stellen. Für mich sieht das nach Abzocke aus, egal wie der Sound oder die Optik sind.

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    1. Seh’ ich auch so, kommt hinzu, daß Marleaux sich für so global hält, daß nur noch English kommuniziert wird, und das kostet ja auch Geld. Andere bauen such sehr gute und schöne Bässe, aber zu realistischen Preisen!

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    2. Zustimmung!
      Eher was für Moma oder Vitra Design Museum. Ich stell mich mal in den Regen und wage zu bezweifeln, dass die freischwebende Saitenbefestigung aus Holz lange mitmachen wird. Außergewöhnlich, muss noch lange nicht sinnvoll oder gut sein. Die Potis auf der Rückseite zu versenken, lässt sich weltfremder gar nicht erfinden. Spätestens beim zweiten Mal da ran müssen und man hat die Nase voll.

      Das Holz so zu schwächen, halte ich in Folge als für nicht sonderlich stoßfest. Da diese Konstruktion auch ordentlich arbeiten und verziehen wird, kann ich mir gut vorstellen.
      Ich finde das Instrument schon super und schönes muss es ja auch mal geben, aber ich bin von dem immer mehr zunehmende Boutique Gehabe überdrüßig. Es gibt Grenzen. Is mir zuviel Voodoo. Gute Bässe gibt es auch für 800 Euro.
      Irgendein Reicher Sammler oder Megaprofi wird hier schon zuschlagen. Aber auf der Bühne wird man das feine Designstück wohl nicht sehen.

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      1. Was ist denn hier los, macht mir mal den Herrn Marleaux und seine Arbeit nicht madig! Es kann doch jeder selbst entscheiden was er kauft und was nicht.

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  2. Guten Frühling allerseits,
    Meiner Meinung nach baut Marleaux wirklich gute Bässe. Neben Schack, Sandberg, Warwick und viele mehr, ein echt gutes, deutsches Produkt.
    Ich versuche mal bewusst aufzuzeigen was Heike and Gerald Marleaux eigentlich erarbeitet und aufgebaut haben. Das gehört zweifelsfrei zur Spitzenklasse der E-Bass Baukunst. Ich meine nebst der Handwerkskunst gehört viel Fantasie, Innovationsgeist und Kreativität, wenn man eigene Wege gehen will und nicht einfach das Fender Urmodell nimmt und mit dem eigenen Produktenamen schmückt. Mag man denken was man will und von mir aus auch noch über den Preis streiten. Für mich ist das Spock Modell einmal mehr ein wirklich beeindruckendes und gelungenes Erzeugnis. Es ist kein inflationär hergestelltes Fließbandprodukt. Wem es gefällt und es sich leisten mag, soll es zum veranschlagten Preis kaufen und wer die Entwicklungsarbeit als Selbstverständlichkeit betrachtet und diesen Bass nur als Endprodukt reduziert bewertet, der soll es halt lassen. Ganz einfach.

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