+++ Plus: Soulfly-Bassist Mike Leon im Interview! +++

Experience the Riff Vortex: ESP LTD MLB-4 im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Mike Leon ist seit etlichen Jahren Bassist der brasilianischen Band Soulfly, die Max Cavalera nach seinem Ausstieg bei Sepultura gegründet hat. ESP-Bässe waren bei ihm schon immer am Start, jetzt hat er ein Signature-Modell spendiert bekommen.

Basis dafür war die B-Serie, die sich der US-Amerikaner nach seinen Wünschen hat verfeinern lassen. Das Ergebnis ist für ihn so inspirierend, dass es den reinsten Riff-Strudel auslöst …

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MIKE´S MODS

Die B-Serie von ESP/LTD steht für moderne Allrounder: symmetrisches Heck, tiefe Cutaways, lange Hörner – damit sind die Grundparameter vorgegeben. Mikes Bass macht da keine Ausnahme. Der Body aus Sumpfesche hat ein besonderes Finish bekommen, welches sich „Black Blast” nennt, wofür der Korpus erst sandgestrahlt und dann mattschwarz lackiert wird. Da das weichere Holz vom Sand stärker abgetragen wird als die härtere Maserung, entsteht ein dreidimensional strukturierter, haptisch und optisch spannender Korpus. Habe ich vor Urzeiten zum ersten Mal von Esh gesehen, hat aber nichts von seinem Charme verloren und ist firmentypisch exzellent ausgeführt. Die üblichen Shapings gibt es natürlich trotzdem. Dazu gehört auch die Abrundung der langen Halstasche, die den Zugang zu den hohen Lagen des gleich sechsfach bombenfest verschraubten Halses erleichtert. Der ist aus drei Streifen Wenge und zwei schmaleren Sperrstreifen Purpleheart zusammengesetzt, harte Hölzer, die für Stabilität und knackige Ansprache stehen. Das Griffbrett mit flachem 15,75 Zoll Radius ist aus Makassar-Ebenholz und mit 24 Extra-Jumbo-Edelstahl-Bünden versehen, Perlmutt-Punkteinlagen in den üblichen Bünden finden sich nahe an der oberen Griffbrettkante.

Im Spielbetrieb wird davon wenig zu sehen sein, aber zusätzliche Punkte in der Kante helfen bei der Orientierung. Die Hardware kommt von Gotoh: Auf der 2/2-Kopfplatte mit ihrer charakteristischen Form und schwarzem Overlay sitzen die klassischen GB707-Mechaniken, mit der üblichen sahnigen Gängigkeit und zuverlässiger Stimmstabilität. Die Brücke ist die 404BO-4. Deren Messingsaitenreiter geben einen Saitenabstand von 19 mm vor, Oktave und Saitenlage können wie gehabt eingestellt werden. Die Saiten lassen sich einfach in der Brücke einhängen oder durch den Korpus ziehen, wie es auch ab Werk gemacht wurde. Bei der Tonwandlung kommt mal nicht der Metal-Standard von EMG zum Einsatz, auch nicht die zunehmend beliebteren Fishman Fluence, sondern Nordstrand-Pickups mit der charakteristisch versetzten Magnetanordnung. Die hat Mike vor ein paar Jahren in einem ESP für sich entdeckt und so ins Herz geschlossen, dass auch sein Signature-Bass mit Big Splits ausgestattet ist. Wie der Name schon sagt, ist jeder Abnehmer ein zweispuliger Humbucker. Entgegen der Angaben auf der Homepage sind die Big Splits aber rein passiv. Die Aktivierung erfolgt dann über den Dreiband-Preamp, den ich schon aus anderen LTDs kenne. Bässe, Mitten und Höhen können hier geregelt werden, auf einen Passivbetrieb, der mit den Nordstrands möglich wäre, wurde verzichtet. Gut, dass das Batteriefach leicht zugänglich ist, allerdings müssen zwei Gewindeschrauben gelöst werden. Als weitere Regler gibt es ein Volume-Poti je Pickup, mit normal großen Metallpotiknöpfen, von den kleineren des EQs abgesetzt. Die Verarbeitung ist wie immer sauber, aber wie immer könnten die Kabel etwas kürzer sein.

Mike Leon im Interview auf Seite 2

(Bild: Andrea Chile Photography)

SOULFLY-BASSIST MIKE LEON IM INTERVIEW

Was hat dich dazu bewogen, Bass zu spielen, von welchem Instrument kommst du?

Mit etwa elf Jahren hatte ich Lust, im Schulorchester Geige zu spielen. Das hat mir so gut gefallen, dass ich ein paar Jahre dabei geblieben bin. Als ich älter wurde, hörte ich mehr Hardrock und Heavy Metal und träumte davon, in einer Band zu spielen! Ich begann mit dem Bassspielen, nachdem meine Eltern mir zu Weihnachten eine Akustikgitarre geschenkt hatten, und ich sie nur mit den Fingern spielte, nicht mit einem Plektrum. Nach einer Weile bemerkte mein Vater, dass ich Fingerstyle spielte, und schlug mir vor, es mal mit dem Bass zu versuchen. Also gingen wir zu unserem örtlichen Musikgeschäft und gaben die Gitarre für einen Einsteigerbass mit kleinem Verstärker in Zahlung, und der Rest ist Geschichte …

Wer waren deine Idole?

Zu den Bassisten, denen ich als Kind viel zugehört habe, gehören Typen wie Flea, Tim Commerford, Justin Chancellor, Les Claypool und Cliff Burton. Jeder von ihnen hat seinen eigenen, individuellen Stil und seine eigene Herangehensweise an den Bass, was sie für mich als jungen, sich entwickelnden Spieler besonders machte.

Wie kam die Verbindung zu Max zustande?

Ich traf Max zum ersten Mal im Jahr 2013, als ich bei der Thrash-Metal-Band Havok spielte. Wir wurden als Support zu einer einmonatigen Tournee von Soulfly in die USA eingeladen. Nach dieser Tour blieben wir die nächsten paar Jahre in Kontakt, und als ihr damaliger Bassist die Band verließ, kontaktierten sie mich und fragten, ob ich daran interessiert wäre, Vollzeit bei Soulfly einzusteigen, worauf ich aufgeregt „HELL YES” sagte! Ich bin jetzt seit über neun Jahren in der Band, mit zwei kompletten Alben, einer Live-EP und unzähligen Tourneen weltweit mit Max und den Jungs!

Passte dein Spielstil sofort zur Band oder musstest du dich umstellen?

Seit ich an Bord bin, hat Max mich immer mein eigenes Ding machen lassen, sei es für Soulfly-Songs, das „Point Blank”-Album von Nailbomb, mit dem wir auf Tour waren, oder das „Cavalera”-Projekt, mit den „Beneath the Remains/Arise/Roots”-Alben von Sepultura. Mein Spielstil hat sich mit jedem Projekt weiterentwickelt und es gab sicherlich bei jedem Projekt Herausforderungen zu meistern. Zum Glück hat sich auch mein Arsenal an Bässen weiterentwickelt, was schließlich zum MLB-4 führte, meinem eigenen Signature-Bass-Design von ESP.

Welche Änderungen wolltest du für dein Signature-Modell?

Der MLB-4 ist eine stark modifizierte Version des ESP LTD B-1004. Ich habe die gleiche Korpusform und Tonabnehmerkonfiguration beibehalten, dem Korpus jedoch eine sandgestrahlte Oberfläche und eine schwarze Lackierung verpasst, um die Maserung des Swamp-Ash-Holzes zur Geltung zu bringen und jedem einzelnen Instrument seine eigene Identität zu verleihen. Die größte Änderung, die ich vorgenommen habe, war die Erweiterung der Mensurlänge von 34″ auf 35″, was es viel komfortabler macht, tiefere Stimmungen zu spielen, statt einen Fünfsaiter zu nehmen. Ausgestattet mit Nordstrand Big Split Pickups, einem fünfteiligen Wenge/Purpleheart-Hals mit Makassar-Ebenholz-Griffbrett, Gotoh-Hardware und XJ-Bünden aus Edelstahl ist dieser Bass das perfekte Arbeitstier für Live-Gigs und Studio-Sessions!

Soundcheck und Resümee auf Seite 3

(Bild: Dieter Stork)

LEICHT UND HEAVY

Der erste Eindruck ist schon mal gut: Der MLB-4 kommt in einem schicken, hochwertigen Koffer. Seine Optik gefällt mir in ihrem schwarzen Understatement sehr gut. So auffällig unauffällig das ist, so wenig fällt mir zunächst die verlängerte Mensur auf. Der Bass ist genauso kompakt wie ein normaler Longscale, mein linker Arm muss sich auch nicht weiter strecken als sonst. Dabei hilft die ausgesprochen gute Balance, egal ob im Sitzen oder mit einem Gurt an den konventionellen Pins. Mit einem Gewicht von nur 3,7 Kilo bietet der Bass in dieser Hinsicht schon mal maximalen Komfort. In Bezug auf die Bespielbarkeit muss eigentlich nichts eingestellt werden, routinemäßig drehe ich trotzdem an allem. Der Halsstab arbeitet sauber, Oktave und Saitenlage sind ebenfalls easy einzurichten. Die Brücke hat, so wie ich es mag, noch viel Einstellspielraum nach unten – höher geht eh immer. Auch bei flacher Saitenlage ist nirgends ungewolltes Schnarren oder Scheppern zu hören, die Bundierung ist wieder mal tadellos abgerichtet. Die Halsform tut ihr Übriges für den Spielspaß. Mit 42 mm Breite am Sattel ist der Hals zwar nicht gerade schmal, dafür aber umso schlanker. Das „Extra Thin U”-Profil nimmt auch zu den höheren Lagen hin nur wenig an Dicke zu und bietet eine spürbare Abflachung in der Mitte des Halses, wo sich bei lehrbuchmäßiger Handhaltung der Daumen finden sollte. In Verbindung mit dem Satinfinish, das für eine offenporig-holzige Haptik sorgt, ergibt das in der Summe einen wahnsinnig bequemen Bass, den ich locker Stunden am Stück spielen könnte.

Am Amp macht sich das einzige bemerkbar, was ich an meinem Testbass auszusetzen habe. Die Pickups sitzen sehr tief im Korpus, ein Lösen der drei Schrauben, die eigentlich eine perfekte Justierung in Höhe und Neigung zu den Saiten ermöglichen, löst auch nur die Pickups, die schlabbrig in ihren Fräsungen bleiben. Da fehlt die richtige Unterfütterung, um sie den Saiten stabil näher zu bringen. Die konkrete Folge davon ist, dass sich der im Vergleich zum Halspickup deutlich leisere Stegtonabnehmerpickup nicht anpassen lässt, und sich beide nicht im Sweetspot positionieren lassen. So, genug gemeckert, denn eigentlich gibt es auch hier Gutes zu berichten: Dem knackigen Grundton geben die Big Splits eine fette, angenehm muskulöse Note dazu, zwischen Preci- und Jazz-Pickup. Mit ihrem klaren Höhenanteil taugt der Sound für viele Genres, in denen man sich mit einem angedickten Jott-Bass wohlfühlt. Mit dem Preamp als gutes Werkzeug zur weiteren Klangformung ist der MLB-4 flexibel einsetzbar. Die bei härterer Spielweise schön aggressiv aufkommenden Höhen können noch verstärkt oder fast nach Art einer passiven Höhenblende zurückgenommen werden. Die Bässe helfen vor allem dem Stegpickup zu fetter Tragfähigkeit, während die Mitten in eher höheren Gefilden ansetzen und den Bass mit leichter Nerv-Note im Bandsound nach vorne holen können – oder ebenjene Frequenzen verschwinden lassen.

Nebengeräusche bleiben bei normalen Einstellungen außen vor, die Nordstrands sorgen ja für eine brummfreie Vorlage. Das macht sich im Metal-Bereich (und auch sonst) gut, wenn es wie bei Mike in Zerrpedale geht. Ebenfalls gut für schwermetallische Töne ist die in der Bespielbarkeit praktisch nicht spürbare 35″-Mensur, die bei tieferer Stimmung weiterhin für präzise Wiedergabe sorgt. Mit den D’Addario-Werkssaiten von 45 auf 105 geht es problemlos einen Ganzton runter und sogar Drop-C ist zu bewerkstelligen, ohne dass es zu schlapp und undefiniert wird. Für noch tiefere Stimmungen, wie Mike sie bei Soulfly spielt, müssen natürlich dickere Drähte aufgezogen werden. Einmal darauf eingestellt, meistert der Bass aber auch das spielend, wie einige Videos im Netz eindrucksvoll belegen.

RESÜMEE

Mike will nicht mit dem Instrument kämpfen, sondern einen Bass spielen, der im besten Fall aus der eigenen Wahrnehmung verschwindet und als Teil und Erweiterung mit ihm verschmilzt. Gemessen an diesem Anspruch ist der MLB-4 absolut gelungen umgesetzt. Perfekte Balance bei geringem Gewicht, leichteste Bespielbarkeit, die mich die verlängerte Mensur komplett vergessen lässt, und flexible Tongestaltung – damit glänzt das Instrument. Zumindest mein Testbass könnte noch mehr glänzen, wenn die Pickups richtig einzustellen wären, zumal es kein Akt ist, sie korrekt zu unterfüttern. Bei einem Bass dieser Preisklasse, die ich angesichts der gebotenen, ansonsten tadellosen Qualität in Ausstattung, Finish und Verarbeitung noch für angemessen halte, darf das einfach nicht sein. Unterm Strich dennoch ein inspirierendes Werkzeug, nicht nur für groovenden Thrash-Metal.

Plus

  • Optik
  • Haptik
  • Balance
  • Verarbeitung
  • Werkseinstellung
  • Bespielbarkeit
  • Nordstrand-Pickups
  • mögliche Sounds
  • Koffer

Minus

  • Fehlende Unterfütterung der Pickups


(erschienen in Gitarre & Bass 12/2024)

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