Dass Cort Gitarren bauen kann, steht völlig außer Frage. Ihr Anteil an asiatischen OEM-Instrumenten – also Instrumenten, die sie für andere Firmen unter deren Namen bauen – ist gigantisch und von hoher Qualität. Die Produktlinie unter dem eigenen Markennamen geriet in den letzten Jahren jedoch ein wenig ins Hintertreffen. Zeit, dass sich das ändert.
Cort schickt mit der KX700 Evertune eine Gitarre auf den Markt, die schon aufgrund schierer Zahlen zu beeindrucken weiß. Der Preis von € 1049 platziert das Instrument in einem hart umkämpften Segment, da ist der Konkurrenzdruck immens. Und trotzdem: Die KX700 hebt sich ab. Evertune-Brücke, Locking-Mechaniken, 3D-konturierter Korpus, Edelstahlbunddraht und ein Pickup-Set von Seymour Duncan. Das lässt aufhorchen. Wie es klingt, finden wir nun heraus.
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OFFENPORIG
Rein optisch macht die KX700 Evertune überhaupt keinen Hehl daraus, welches Klientel sich hier angesprochen fühlen darf: Diese Gitarre ist eine moderne Rock- und Metal-Axt wie aus dem Bilderbuch. Der schlank geformte Superstrat-Korpus aus Mahagoni hat messerscharf gefräste Konturen und wurde mit einer ca. 12mm starken, 3D-konturierten Decke aus Esche versehen. Während sich die Rückseite des Bodys in einem warmen Kakao-Braun präsentiert, wurde der offen-porigen Decke eine Lackierung in transparentem Schwarz verpasst. Die Ränder der Decke wurden unlackiert belassen, sodass sich beim Blick auf die Zarge ein Fake-Binding in der Natur-Farbe des Holzes zeigt.
Leider reißt die schwarze Deckenlackierung an manchen Stellen in das Binding ein, was etwas unschön aussieht. Bei dem vierfach verschraubten Hals handelt es sich um eine fünfstreifige Konstruktion aus Ahorn und Walnuss, die passend zum Korpus ebenfalls in einem hellen Braunton gehalten ist. Aufgeleimt wurde hier ein knapp 6 mm (!!!) dickes Stück Ebenholz als Griffbrett, auf dem wiederum 24 sauber eingelassene Bundstäbe aus verschleißarmem Edelstahl sitzen. Für den moderncleanen Look wurde bei der KX700 gänzlich auf Inlays verzichtet – lediglich die lumineszierenden Sidedots sorgen für Orientierung auf dem Griffbrett.
Ein schönes Detail: Für die Justage des Halsstabs befindet sich am Fuße des Halses eine kleine Aussparung im Griffbrett, in der sich die Einstellschraube befindet. Die Saiten laufen über einen Sattel aus Kunststoff zu den von Cort hergestellten Klemmmechaniken, die sich in 3R/3L-Anordnung auf der schnittigen Kopfplatte mit dem modernen „Next Gen“-Logo des Herstellers befinden.
Für den nötigen Radau sorgt das Nazgul/Sentient-Tonabnehmer-Set von Seymour Duncan, das ja bereits eine Art moderner Klassiker geworden ist. Während der Nazgul-Humbucker auf der Stegposition mit einem großen Keramikmagneten ausgestattet ist, darf am Hals der mit einem AlNiCo-Magneten bestückte Sentient für etwas seichtere Töne sorgen. Die Elektronik der Gitarre ist ziemlich schlicht gehalten: Während ein 3-Weg-Toggle-Switch zwischen den Pickups wählen lässt, übernehmen ein Master-Volume- sowie ein Master-Tone-Poti die Steuerung der Gitarre. Im E-Fach geht es so nüchtern und aufgeräumt zu, wie man es von einer Gitarre dieser Preisklasse erwarten darf.
Das Herzstück der Cort KX700 ist in dieser Version ganz klar die Brücke: Das extrem stimmstabile Evertune-System ist die wahrscheinlich wichtigste Innovation im Bereich der Gitarren-Hardware der letzten 20 Jahre. Besonders Gitarristinnen und Gitarristen, die viel unterwegs sind und ihr Instrument immer wieder verschiedenen Temperaturen aussetzen, profitieren von diesem System.
Bestes Beispiel: Der Karton mit der Testgitarre stand einen Tag lang in einem ungeheizten Treppenhaus, in dem es deutlich unter 10 Grad waren. In der warmen Wohnung entnahm ich der Verpackung ein absolut perfekt gestimmtes Instrument, das sofort ready to play war. Auch einige Stunden später war nicht einmal die kleinste Verstimmung zu hören. Die komplett schwarz gehaltene Hardware passt natürlich optisch hervorragend zu der lackierten Decke und fügt sich gut in die Gesamtästhetik der KX700 ein.
Soundcheck, Alternativen & Resümee auf Seite 2 …
(Bild: Dieter Stork)
EXPLOSIVE MISCHUNG
Ich staune nicht schlecht als ich die ersten Akkorde in die Cort KX700 Evertune hämmere. Mit einem solch explosiven Klang habe ich nicht gerechnet. Mit ihren 3,6 kg ist die Gitarre zwar nicht schwer, fühlt sich aber dennoch auffällig „dicht“ an. Der kompakte Body und die eher kleine Kopfplatte sorgen für ein exzellentes Handling, sodass man nie das Gefühl hat, das Instrument sei einem im Weg. Ab Werk kommt die Testgitarre mit einer mittelhohen Saitenlage – hier wäre noch ein wenig Spielraum nach unten gewesen, wobei sich dies ja schnell justieren lässt. Die Evertune-Brücke ist bei unserer Testgitarre so eingestellt, dass die tiefe E-Saite bei einem kräftigen Bending kaum eine Verschiebung der Tonhöhe erlaubt, während die restlichen Saiten bei beherztem Saitenzug maximal einen halben Ton nach oben zulassen. Lediglich die hohe E-Saite verhält sich identisch zu der tiefen Oktav-Saite; warum das so ist, erschließt sich mir jedoch nicht.
Obgleich es zunächst ein wenig ungewohnt ist, die Tonhöhe mit der linken Hand nicht wie üblich modulieren zu können, stellt sich bei mir schnell ein Gewöhnungseffekt ein, der dazu führt, dass ich die Cort KX700 Evertune ziemlich intuitiv spielen kann, ohne nennenswert über die Besonderheit des Brückensystems nachdenken zu müssen. Das dicke Ebenholz-Griffbrett sorgt zusammen mit dem Edelstahlbunddraht für ein knackiges, sehr schnelles Attack, während der Gesamt-Sound zumindest akustisch gespielt angenehm komprimiert und in den Mitten minimal gescoopt wirkt. Sowohl offene als auch Barré-Akkorde haben eine recht einheitliche Lautstärke und auch Singlenotes sind gleichmäßig, ohne Deadspots hörbar. Verstärkt gespielt sorgt das Tonabnehmer-Set für eine Menge Lärm – im positiven Sinne.
Während der Sentient-Humbucker noch recht weiche, versöhnliche Sounds anbietet, explodiert die Cort KX700 Evertune auf der Stegposition regelrecht. Der Nazgul-Tonabnehmer hat einen satten Ausgangspegel, der meinem Verstärker schon bei niedrigen Gain-Settings gehörig Beine macht. Der mit Obertönen und aggressiven Hochmitten gespickte Klang lädt zu exzessivem Riffing auf den tiefen Saiten ein. Hier ist es mir selbst bei (zu) viel Verzerrung am Verstärker kaum möglich, der Gitarre einen undefinierten, konturlosen Sound zu entlocken. Die Bässe bleiben bei jedem Setting messerscharf umrissen, die tiefen Mitten sehr aufgeräumt und es drängt sich der Eindruck auf, dass wir es hier mit einer ausgesprochen gelungenen Zusammenstellung von Tonabnehmer und verbauten Hölzern zu tun haben.
Während der Nazgul-Tonabnehmer mit seiner saftigen Ausgangsleistung klar auf der modern/aggressiven Seite zu finden ist, verhält sich der Sentient am Hals mit seinem weicheren Attack und reduziertem Ausgangspegel deutlich moderater. Vor allem im Clean-Kanal des Verstärkers kann der Humbucker voll überzeugen: Die Mischung aus warmem Fundament und angenehm weichen aber durchaus präsenten Höhen, weiß zu gefallen. Die Mittelstellung des 3-Wege-ToggleSchalters liefert wie erwartet einen in den Mitten deutlich zurückgenommenen Klang, der vor allem clean überzeugt.
ALTERNATIVEN
Konkurrenz bekommt unsere Testgitarre aus dem Hause Ltd. Hier bekommt man mit dem Model H-1000 Evertune ein durchaus vergleichbares Paket geschnürt, das jedoch ca. 600 Euro mehr kostet. Verbaut sind hier dann allerdings auch die aktiven Fluence-Tonabnehmer von Fishman. Wer auf die gewölbte Decke verzichten kann und lieber ein Pickup-Set von EMG hätte, bekommt für 1389 Euro die MH-1000, ebenfalls von Ltd. Geht es einem primär um die Evertune-Brücke, so käme auch die RGD61ALETMGM von Ibanez aus der Axion-Label-Reihe in Betracht – jedoch müssen auch hier im Vergleich zur Cort KX700 Evertune gut 300 Euro mehr einkalkuliert werden. Zu guter Letzt könnte man noch die Solar AB 1.6S ins Auge fassen – hier muss man aber auf Features wie das Nazgul/Sentient-Tonabnehmer-Set, die gewölbte Decke oder das dicke Ebenholz-Griffbrett verzichten, zahlt dafür aber auch nur rund 950 Euro.
RESÜMEE
Cort spielt mit der in Indonesien gefertigten KX700 Evertune ganz klar in der ersten Liga! Und das bei einem sagenhaft guten Preis-Leistungs-Verhältnis – mehr bang for the buck geht ja kaum. Für ein klein wenig mehr als 1000 Euro bekommt man hier eine E-Gitarre, die es in solch einer Ausstattung eigentlich erst in spürbar höheren Preisgefilden gibt. Neben den in vorderster Reihe stehenden Features wie dem Tonabnehmer-Set von Seymour Duncan und der Evertune-Brücke, sind es eben auch die kleinen Details, die das Paket so richtig rund machen. Das dicke Ebenholz-Griffbrett, die super genaue Bundierung aus Edelstahl sowie die stark konturierte Decke, lassen die Cort KX700 Evertune wie ein viel teureres Instrument wirken. Wem es also um eine gut verarbeitete und hervorragend klingende Metal-Gitarre geht, für den führt in dieser Preisklasse derzeit kaum ein Weg an einem Test der Cort KX700 Evertune vorbei.