Ernie Ball Expression Overdrive/Ambient Delay im Test
von Martin Schmidt, Artikel aus dem Archiv
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Bekannt als Hersteller von Saiten und Volume- Pedalen, wagt sich Ernie Ball auf neues Terrain: Der Expression Overdrive und das Ambient Delay kombinieren Effektsounds mit einem eingebauten Expression- Pedal, das den Effektanteil regelt.
Konstruktion
Was die Bauweise angeht, setzt die amerikanische Firma auf die Devise: „Klotzen, nicht kleckern.“ Beide Pedale kommen im super-robusten Metall-Gehäuse und machen einen unverwüstlichen Eindruck. Design-mäßig lässt man sich nicht lumpen: Während der Overdrive golden glänzt, schimmert das Delay bronzefarben. Die rutschfeste Pedal-Oberfläche ziert ein eingelassenes Metall-Logo.
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Schick! Beide Modelle haben drei Regler, die auf der Stirnseite angebracht sind, was live zu der einen oder anderen Verrenkung führen könnte, da man die Einstellung und Beschriftung der Regler nur von vorne sehen kann. Deren Voreinstellung kann dann mit dem Pedal zugemischt werden: Steht das Pedal ganz unten, ist nur das unbearbeitete Signal zu hören, tritt man es durch, erhöht sich der Effektanteil. Ein Anteil des Originalsignals bleibt immer erhalten, was zumindest für einen Overdrive eher ungewöhnlich ist. Beide Pedale klauen etwas Höhen in der Signalkette, eine Frequenzbeeinflussung, mit der man leben muss.
Expression Overdrive
Der Expression Overdrive liefert einen eher milden Overdrive, vom ganz leichten Sparkle bis hin zum bluesigen Leadsound, stößt aber nicht in Hardrock- Gefilde vor. Vom Charakter ist er gut ausbalanciert – weder Mitten-Nöck noch Höhen-Gebrizzel sind zu hören, der Ton erinnert eher an einen crunchy eingestellten Amp. Nachdem man die drei Regler Drive, Tone und Boost eingestellt hat, kann man mit dem Pedal den Effektanteil regeln. Ein eher spezielles Feature, mit demman z. B. den letzten Ton einer clean gespielten Phrase in die Verzerrung treiben kann oder Rhythmusparts langsam anzerren kann. Zugegeben, das ist nicht unbedingt die klassische Anwendung eines Overdrives, produziert aber originelle Sounds. Einem anderen Parameter lässt sich das Expression-Pedal nicht zuweisen, sodass man diese Funktionsweise eben mag oder nicht. Kommt der Boost ins Spiel, wird der Ton etwas giftiger und mittenbetonter. Allerdings ist er nicht zusätzlich zum Overdrive abrufbar, sondern ist immer in der Signalkette und wird dann durch das Expressionpedal mit den anderen Parametern zugemischt. Will man ihn nur fürs Solo aktivieren, hilft nur Niederknien vor dem Effektboard, was mir nicht sehr praxisgerecht erscheint.
Ambient Delay
Neben einem Delay von 50 ms bis zu einer Sekunde, regelbar in Verzögerungszeit undWiederholungsanzahl, bietet das Ambient Delay auch noch einen Hall mit voreingestellter Raumgröße und Ausklangsdauer. Vom Soundcharakter her wirkt dieser etwas synthetisch und ist immer an das Delay gekoppelt. Nimmt man also mit dem Expression- Pedal den Effektanteil zurück, tritt auch der Hall in den Hintergrund – auch eine eher unübliche Anwendungsweise. Das Delay selbst klingt knackig und klar, ohne sich an spezielle Retro-Vorbilder anzulehnen. Bei langen, Dub-artigen Einstellungen mit vielen Wiederholungen kann man das Echo geschickt ein- und ausblenden, sodass sich Akkorde nicht überlappen. Spaß macht es auch, das Ende einer Phrase in Hall und Echo ertrinken zu lassen. Bei kürzeren Delays erschließt sich mir der Sinn des Ein- und Ausblendens nicht, ein Slapback-Delay will man in der Regel durchgehend hören. Hinzu kommt, dass der Effekt moderat ausgelegt ist – Selbst- Oszillation oder 100 Prozent Effektsignal liefert das Pedal nicht, sodass man mit dem Fuß lediglich zwischen gut hörbarem Effekt und einem dezenten Hintergrund- Echo wählen kann.
Resümee
Schick aussehen tun sie definitiv, die zwei Ernie-Ball-Pedale. Die Kombination aus Effekt-Treter und Expression- Pedal ist aber eher für Spezialisten und experimentierfreudige Saitenartisten geeignet, die gerne Verzerrung und Delay während des Spielens verstärken oder abschwächen wollen. Klassische Anwendungsgebiete für solche Techniken sind mir jetzt nicht bekannt, aber als Gitarrist ist man ja auch immer Klangforscher und als solcher kann man mit den Ernie Ball-Pedalen in neue Klangwelten vorstoßen.