(Bild: Dieter Stork)
Wie schon zehn Jahre zuvor mit den Thunderbird-Bässen, wollte Gibson auch mit den 1973 von Bill Lawrence entworfenen Longscale-Bässen Ripper (mit eingeleimtem Hals) und Grabber (mit Schraubhals) die Vorherrschaft der Fender-Bässe brechen. Auch wenn dies nicht ganz gelang, erfreuten sich beide einer gewissen Popularität, insbesondere der Grabber, der zeitweise von Gene Simmons bei Kiss gespielt wurde.
Bill Lawrence ist vor allem für seine innovativen Pickups und Schaltungen bekannt, und so hatte der Ripper einen sechs-stufigen Wahlschalter für die beiden Pickups, während die drei Singlecoils des später hinzugekommenen G-3 in drei Konstellationen zusammengeschaltet werden konnten. Für den schlichteren Grabber dachte er sich etwas anderes aus.
INSPIRIERT UND UNVERSCHIEBBAR
Der einzelne Humbucker ließ sich über eine gewisse Breite verschieben, was bekanntlich einen großen Klangunterschied machen kann. Genau dieses Feature – und damit sind wir dann bei unserem Testbass – hat man sich beim Epiphone gespart. Nicht zum ersten Mal, denn eine Epi-Interpretation, die Ripper hieß, aber auf leicht bizarre Weise Grabber und Ripper kombinierte (Gripper? Rabber?), gab es schon mal, mit dem aus dem Schraubhals-Thunderbird bekannten Pickup recht nah am Griffbrettende. Beim neuen Grabber, der zwar korrekter, aber immer noch nur von Gibson inspiriert ist, ist der Pickup weiter in die Mitte des Korpus gewandert und sieht aus wie beim Music Man Stingray.
Der ausladende, dafür aber flachere Korpus ist dreiteilig aus Erle zusammengesetzt, die Vorderseite verschwindet fast komplett unter dem flächendeckenden, sich nicht allzu sehr um die Korpusform scherenden Schlagbrett, auf dem sich neben der Ausgangsbuchse der Lautstärkeregler und die passive Tonblende finden, und ein Minischalter, der beim Original nicht zu finden war. Der splittet den Abnehmer für eine weitere Klangoption. Der passend helle, vierfach verschraubte Hals ist dreiteilig aus Ahorn und endet in der klassischen pfeilspitzenförmigen, leicht abgewinkelten Kopfplatte. Aus Ahorn ist auch das aufgeleimte Griffbrett, in dem zwanzig Bünde sauber eingesetzt sind. Zur cleanen Optik trägt bei, dass die Bundschlitze nicht zu sehen sind, dank eines sehr schön und unauffällig gemachten Bindings, ebenfalls aus Ahorn.
Genauso unauffällig sind in diesem Fall leider die Dot-Inlays. Sie sind farblich so abgestimmt, dass man schon aus kurzer Distanz regelrecht nach ihnen suchen muss. Gute Orientierung ist hier also nicht zu erwarten. Da sind die schwarzen Dots in der Flanke schon hilfreicher. Zwei links, zwei rechts sind die offenen Mechaniken angeordnet, vor dem Sattel ist der Zugang zum Stahlstab mit einem kleinen Plastikplättchen mit drei Schrauben verdeckt.
(Bild: Dieter Stork)
Der originale Grabber hatte eine interessante Version des fenderartigen Blechwinkels als Steg: Statt der firmeneigenen und nicht gerade beliebten Dreipunktbrücke war es eine Art gekanteter Blechkasten mit hochgezogenen Seiten, der vier in Saitenlage und Oktave justierbare Saitenreiter einfasste, bei denen die Saiten durch den Korpus gezogen wurden. Die Optik wurde beibehalten: Auch der Epiphone hat ein Metallcover über der Brücke, die darunter zwar ähnlich aussieht, aber deutlich massiver gebaut ist. Die Option, die Saiten durch den Body zu ziehen, besteht allerdings nicht.
Angetestet und bewertet auf Seite 2 …
(Bild: Dieter Stork)
SCHIEBT!
Schön isser, der neue Grabber. Finde ich jedenfalls. Die leichte Vintage-Färbung ist bei Hals und Korpus gut gelungen, die Korpusteile sind hübsch zusammengesetzt. Aber der Bass will ja nicht nur angeguckt werden. Das Stimmen gestaltet sich etwas mühsamer als nötig, die Mechaniken sind in unterschiedlichem Maß schwergängig und knarzen teilweise. Das kenne ich sonst von Epiphone besser. Die Saitenlage ist spielbar, aber eher hoch – das sollte besser gehen. Dafür, und auch wenn man mit Palm-Mutes über den Saitenreitern spielen möchte, muss das Bridgecover ab. Da zeigt sich dann übrigens der Reiter der G-Saite sehr weit hinten, was aber in der Intonation korrekt ist. Vielleicht eine Saite, die nicht ganz in Ordnung ist? Andererseits ist der Reiter auch schon so weit unten, wie es geht. Die gar nicht mal so flache Saitenlage ist also schon das Minimum … Noch flacher ginge es dann nur mit Shim, das sollte so eigentlich nicht sein. Der Korpus liegt schön an, definitiv anders als normale Fender-Bässe und deren Derivate. Mit seinen Abschrägungen, die dem Vorbild entsprechend vorne intensiver ausfallen als auf der Rückseite, und seinem ganz eigenen Format fühlt sich das sehr komfortabel an.
Die Halsform ist ja immer Geschmackssache, für mich ist der recht flache, D-förmig geschnittene Grabber-Hals perfekt, eine mega angenehme Kombination aus Breite, Form und Dicke. Damit geht es entspannt durch die Lagen, nur die letzten Bünde sind auf den tiefen Saiten nicht mehr so leicht zu erreichen. Den Hals stützen muss die linke Hand dabei nicht, den leichten Drang der Kopfplatte in die Waagerechte bekommt man mit einem guten Gurt und/oder durch Auflegen des rechten Unterarms, was sich fast von selbst einstellt, locker in den Griff.
Am Amp stellt sich ein Sound ein, bei dem mir als erstes das Adjektiv „solide” in den Sinn kommt. Trocken und druckvoll, mit konkretem Mittenbrett auf sattem Bass, mit etwas zurückgenommenen Höhen. Präsenz hat der Ton dabei durchaus, der Treble-Anteil lässt sich schön dynamisch rausspielen: je härter ich reinlange – mit den Fingern oder mit dem Plek – desto knalliger wird’s. Auch geslappt klingt das schön funky. An einen Music Man, wie es die Pickup-Form suggeriert, erinnert da wenig, eher klingt es nach einem sauber aufgebohrten Preci. Positiv fällt noch auf, dass der Pickup auch relativ nahe an den Saiten keinen großen magnetischen Zug auf selbige ausübt, die Noten in den hohen Lagen also schön sauber ausklingen können.
Als zweite Klangebene hat der Grabber noch die Singlecoil-Schaltung, die mir aber ehrlich gesagt wenig gibt. Die Grundcharakteristik bleibt, es wird minimal dünner in Ton, und es kommt deutlich vernehmbares Brummen dazu. Hmm. Da wäre vielleicht eine Parallelschaltung cooler. Gut gefällt mir dagegen die Höhenblende. Die arbeitet schön gleichmäßig und behält bis kurz vor ganz zugedreht noch ausreichend Definition, dickt aber den Mittenbereich lecker an.
RESÜMEE
Das Spielgefühl am Epiphone Grabber ist auf eine gute Art sehr eigen. Mit seinem ausladenden, aber flachen Body und seinem für meinen Geschmack traumhaften Hals sammelt er fleißig Pluspunkte, von denen ich einige wieder abziehe, weil die Mechaniken leichtgängiger und gleichmäßiger sein dürften und mir die Saitenlage schlicht zu hoch ist. Mag für viele völlig okay sein, aber am besten finde ich es, von einer eher zu flachen Saitenlage hochgehen zu können. Statt eines verschiebbaren Pickups wie beim Gibson-Vorbild hat der Epiphone Grabber einen festen Abnehmer bekommen, dessen Stingray-Stil etwas merkwürdig anmutet, aber gute und feste Einstellbarkeit bietet und eine gute Daumenauflage noch dazu. Klanglich gibt es für mich nix zu meckern, ein solider, dynamischer Sound für viele Gelegenheiten, mit dem du (nicht nur) das Erbe von Gene Simmons oder Mike Dirnt antreten kannst. Der Preis ist nicht gerade niedrig, auch wenn ein Gigbag dabei ist (für dessen Attribut „Premium” mir etwas Polsterdicke fehlt), trotzdem reichen die Pluspunkte und positiven Eigenheiten für mich knapp für ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis.
PLUS
- Sound
- Optik und Attitüde
- Hals-Shaping
- Verarbeitung
MINUS
- Saitenlage (mir) zu hoch
- Mechaniken teils schwergängig
![](https://www.gitarrebass.de/app/uploads/2025/02/Epiphone-Grabber_Specs-535x812.jpg)
(erschienen in Gitarre & Bass 12/2024)
Stimmt ganz genau,der Gibson Grabber E.-Bass wurde damals in den frühen 1970er-Jahren auch vom „Demon“ aka Gene Simmons von den „KISS-Rock-Clowns“ benutzt. Ich besitze noch eine naturgetreue,mittelgroße Figur vom bekannten Model-Figure-Artist Mc Farlane,bei der diese „Demon“ Figur einen schwarzen Gibson Grabber E.-Bass in sehr detaillierter Qualität zeigt. Diese Figur wird mittlerweile im originalen Blister-Karton teilweise für satte 300,-€ und sogar noch weitaus höher im Internet angeboten! Vermutlich war die damalige Auflage dieser Figur streng limitiert.
Ich finde es sehr gut,daß diese besagte E.-Bassgitarre nun wieder neu von der Tochterfirma €piphone aufgelegt wurde.
Fender Precision ist bass. LG
Tja … Mike Dirnt würde ich auch gerne erwähnen: der hat in den frühen Jahren auch so ein Teil gespielt und es sogar auf der Bühne an Gäste weiter gegeben … einfach unkapputtbar das Teil!
Ich konnte damals mal einen der ersten anspielen: ein heftiger Bass: gross, fett im Sound.
Dass Epiphone sich den Verschiebe-Mechanismus spart, ist übel (:-((
Ja. Ohne den verschiebbaren Pickup ist es eigentlich nur eine weitere Prezi-Klon-Variante. Braucht man nicht wirklich, auch wenn er hübsch aussieht.