Man glaubt es kaum: Seit 20 Jahren gibt es Elixir-Saiten. Als diese Marke, die zum Konzern Gore (Goretex) gehört, auf den Markt kam, konnte kaum ein Musiker sich vorstellen, dass dieser Neuling die Saitenbranche so auf den Kopf stellen würde.
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Heute gibt es Elixir Bass-, E-Gitarren- und Akustik-Gitarren-Saiten in verschiedenen Versionen, die nicht nur bei Musikern beliebt sind, weil sie einfach Frische und Brillanz länger halten als unbeschichtete Saiten, sondern auch bei extrem vielen Herstellern – vor allem im Akustikbereich –, die werkseitig die geschützten Saiten aufziehen, damit die Instrumente im Laden immer brillant und neu klingen. Und natürlich haben diese Saiten auch die Konkurrenz dazu gebracht, auch über ihre Konzepte nachzudenken. Man darf jetzt gespannt sein, was jetzt passiert, wo die ersten Patente von Elixir ablaufen.
Warum?
Warum gibt es beschichtete Saiten? Ganz einfach, weil sich bei umsponnenen herkömmlichen Saiten Schmutz und Feuchtigkeit ablagern, was den Klang beeinträchtigt und Brillanzen und Höhen klaut. Natürlich ist das von Musiker zu Musiker völlig unterschiedlich, und auch vom Anwendungszweck abhängig. Früher war es z. B. üblich, dass Bassisten immer wieder ihre Saiten „auskochten“ oder anders reinigten, um ihnen die Frische wieder zurückzugeben und die Lebensdauer zu verlängern. Bei den Preisen für Bass-Saiten kein Wunder.
Ich z. B. bin ein Musiker, der extrem trockene Hände hat. Die Saiten meiner Gitarren leiden kaum durchs Spielen. Anders bei Instrumenten, die ich nicht viel spiele: Da sorgt die Umwelt mit Luftfeuchtigkeit und Staub dafür, dass die Saiten altern, auch wenn ich nicht darauf spiele. Bei mir ist das so krass, dass ich sofort merke, wenn jemand anders meine Gitarren angefasst hat – wenn er feuchtere Hände hat als ich. Ich hatte vor Jahren einen Live-Fernsehauftritt mit Dieter Falk: Klavier und Akustik-Gitarre. Der Soundcheck war gemacht, alles wunderbar. Dann kam ein anderer Gitarrist, der auch in der Sendung auftrat, vorbei, um kurz meine Akustik zu checken: Er spielte nur ein paar Akkorde, aber er hatte solch einen starken Handschweiß, dass die Saiten wie tot klangen und keine Brillanzen mehr hatten. Ich musste die Saiten vor der Sendung nochmals wechseln.
Das Gleiche kennt man aus Musikläden, wenn Gitarren mit unbeschichteten Saiten lange hängen. Der erste Eindruck zählt eigentlich immer, und ein Instrument mit beschichteten Saiten klingt frischer und brillanter als eins mit alten, korrodierten und stumpfen Saiten.
Geschichte & Praxis
Elixir Strings gilt als Vorreiter der Saitenbeschichtungs-Technologie und ist die einzige Marke, bei der die gesamte Saite ein sogenanntes Coating trägt. Dies wurde patentiert. Alle anderen Firmen mussten sich wegen der gültigen Patente andere Methoden ausdenken, als der Erfolg der beschichteten Saiten einsetzte. Zunächst einmal waren die Gitarristen und Bassisten skeptisch, obwohl Schweiß und Schmutz diesen Saiten weit weniger als üblich zusetzen. Sowohl die Wicklung als auch die Zwischenräume sind durch das Coating vor Verunreinigungen geschützt, die sich sonst dort ablagern, die Saiten verschmutzen und den Klang zerstören. Aber kaum ein Instrumenten-Klientel ist so konservativ wie wir Gitarristen! Es dauerte eine ganze Weile, bis die Saiten akzeptiert wurden; Bassisten akzeptierten sie viel früher.
Die ersten Elixir-Saiten hatten eine im Vergleich zu heute relativ dicke Schutzschicht. Polyweb nannte sich diese erste Beschichtungsart. Die Saiten klangen damit wie eingespielte Saiten nach ca. einem Tag; also nicht mehr so brillant wie am ersten Tag, aber dafür ein paar Wochen lang unverändert. Der Klang der Saiten ließ erst nach, wenn die Beschichtung anfing sich aufzulösen. Ich habe einmal ein ganzen Jahr lang eine Gitarre im Büro mit einem Satz Polyweb benutzt. Jeden Tag ein paar Minuten, so lange, bis die Beschichtung in „Fetzen“ herunterhing. Bei den Polyweb-Saiten waren die Griffgeräusche extrem unterdrückt, und das Rutschen über die Saiten ging mühelos. Was manche Musiker als extrem positiv, andere als nervig empfanden. So sind wir!
Nach ein paar Jahren, und auch auf Wunsch von Musikern, wurde dann die neue Nanoweb-Beschichtung eingeführt. Um einiges dünner als der Vorgänger; daher etwas höhenreicher von Anfang an, immer noch leicht gedämpft (nicht mehr wie einen Tag sondern ein paar Stunden alt), und auch Griffgeräusche sind noch leicht bedämpft. Meine elektro-akustische 12-String ist immer mit dieser Saiten-Gattung bespannt: Sie wird bei Proben und Konzerten nur bei wenigen Songs benutzt. Mit unbeschichteten Saiten müsste ich sehr häufig die Saiten wechseln, einfach weil der Klang zu matt wird, alleine durchs Rumstehen. Mit den Nanowebs kann ich die Nutzung auf mehrere Monate ausdehnen. Ich kenne viele Live-Musiker, die auf diese Saiten schwören, weil sie so weitaus mehr Gigs als früher spielen können, ohne zu wechseln.
Optiweb
Anfang 2017 stellte Elixir Saiten mit der neuartigen Optiweb-Beschichtung vor. Ebenfalls patentiert. Die neue Beschichtung wirkt sich so gut wie gar nicht mehr auf das Spielgefühl und den Klang aus. Sie ist aus einem Material, das noch weitaus dünner ist und wieder über die komplette Saitenumwicklung gezogen ist.
Ich hatte schon Ende 2016 Vorabsaiten erhalten, die ich so schon über einen längeren Zeitraum testen konnte. Es ist verblüffend: Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern Poly und Nano, kann man bei den Optiweb eigentlich keinen Unterschied zu herkömmlichen Saiten feststellen, außer dass die Brillanzen bei Benutzung nicht abnehmen.
Der Klang ist quasi originalgetreu, die Griffgeräusche sind nicht bedämpft, und selbst wenn man mit dem Plektrum über die Saiten schabt, klingt es genauso sägemäßig, wie man es von herkömmlichen Saiten kennt. Ich mit meinen extrem trockenen Händen merkte aber dennoch einen minimalen Unterschied beim Rutschen, denn bei unbeschichteten Saiten bleibe ich etwas leichter hängen.
Resümee
Es ist wirklich erstaunlich, auch diese Optiweb-Saiten haben trotz nahezu identischen Spielgefühls eine extrem lange Lebensdauer: Beim Vergleich zwischen den Testsaiten vom Ende letzten Jahre und aktuell frisch aufgezogenen ist quasi kein Unterschied auszumachen. Kompliment. Das ist erstaunlich und gut! Und dann rechnet sich der höhere Verkaufspreis. Zur Zeit sind die Elixir OPTIWEB Saiten für E-Gitarre erhältlich in den Stärken Super Light (9-42), Custom Light (9-46), Light (10-46), Light/Heavy (10-52) und Medium (11-49).
Unter www.elixirstrings.de/experience sind sehr gute Soundbespiele zu hören, die alle drei Arten der Elixir-Beschichtung untereinander und mit unbeschichteten Saiten im Vergleich präsentieren. Es lohnt sich reinzuhören. Preis: € 13,90
5 Fragen an Justin Fogleman, Applications Engineer bei Elixir
Wie unterscheiden sich die Optiwebs technisch von den Nano- und Polywebs?
Für den Spieler ist es in erster Linie eine Frage des Tons und des Spielgefühls. Im Hintergrund läuft bei uns jedoch eine ganze Menge Forschung, um Materialien zu entwickeln, die genau das machen, was wir uns wünschen und trotzdem harten Belastungen standhalten. Man kann sich das Ganze so vorstellen: Man hat eine schwingende Saite und versucht etwas zu entwickeln, dass diese umhüllt. Bei den Optiwebs sollte die Ummantelung so leicht wie möglich sein, denn zu viel Masse verlangsamt die Vibration der Saite. Die Herausforderung bei einer so dünnen Beschichtung ist es natürlich, sie trotzdem haltbar und robust zu machen – dahinter steckt viel Mathematik.
Wie beurteilt ihr die Haltbarkeit der Optiwebs im Vergleich zu euren anderen Serien?
Alle haben die gleiche Lebensdauer, der größere Unterschied ist der Ton und das Spielgefühl. Die besondere Haltbarkeit unserer Saiten ist das, was uns ausmacht und wir wollen sicherstellen, dass all unsere Produkte die gleiche Performance bringen. Es ist gar nicht so leicht, die Lebensdauer einer Saite zu messen, aber es ist uns wichtig, allen Elixir-Usern – unabhängig von der Serie, die sie spielen – eine lange Haltbarkeit garantieren zu können.
Welche Vorteile bieten eure älteren Serien? Warum werden sie nicht von den Optiwebs ersetzt?
Naja, die Polywebs sind jetzt etwa 17 Jahre auf dem Markt, die Nanowebs fast 15. In dieser langen Zeit sind die Saiten vielen Spielern ans Herz gewachsen und wir wollen sie ihnen nicht wegnehmen. Als wir die ersten Beta-Tester-Sets der Optiwebs an Nanound Polyweb-Spieler versendet haben, gab es Leute, die begeistert von den neuen Saiten waren, aber auch andere, die weiterhin ihre Nanos oder Polys bevorzugen. Jeder Mensch ist anders und wir wollen sicherstellen, dass wir für jeden Gitarristen etwas im Programm haben.
Wird es die Optiwebs auch als Basssaiten geben?
Grundsätzlich sind wir für alles offen! Wir sammeln ständig Feedback und ihr seid tatsächlich nicht die ersten, die fragen, wie es mit Bass- und Akustik-Optiweb-Saiten aussieht. Wir nehmen das alles auf und überlegen dann, in welche Richtung wir gehen, aber im Moment konzentrieren wir uns auf die E-Gitarren-Optiweb-Saiten.
Plant ihr die Auswahl an Stärken für eure verschiedenen Saiten-Typen zu erweitern?
Wir beschäftigen uns gerade mit diesem Thema und suchen nach Wegen, wie wir Spielern eine größere Auswahl an Saitenstärken anbieten können – viel Feedback kommt dabei auch von der Extended Range Guitar Community. Wir haben mit vielen 7- und 8Saiter-Spielern über ihre Gitarren, Musik und Saiten-Präferenzen gesprochen und bei 10 Befragungen 10 verschiedene Antworten bekommen. Alleine durch extralange Mensuren und Mutliscale-Instrumente sind die Bedürfnisse der Spieler in diesem Bereich extrem vielfältig.
Ja. Die Beschichtung setzt sich dann in der Lunge ab und schützt auch diese vor Korrosion und anderen Verschleißerscheinungen… Somit wird die Lunge viele langlebiger als herkömmliche, unbeschichtete Lungen… 😉
wenn sich die Beschichtung “auflöst”, hat man die chemischen Nanosubstanzen dann als Staub in der Atemluft?
Ja. Die Beschichtung setzt sich dann in der Lunge ab und schützt auch diese vor Korrosion und anderen Verschleißerscheinungen… Somit wird die Lunge viele langlebiger als herkömmliche, unbeschichtete Lungen… 😉
Nicht vergessen das Spielgefühl.