Dezenter Auftritt, großer Ton?

Elektroakustisch: LTD TL-7 Thinline Akustikgitarre

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(Bild: Dieter Stork)(Bild: Dieter Stork)

Eine Siebensaiter von LTD? Ok, nichts Ungewöhnliches. Eine akustische Siebensaiter? Das ist dann doch etwas außergewöhnlich. Eine akustische Siebensaiter in Thinline-Bauweise mit dem Look und Feel einer E-Gitarre? Hier wird es spannend.

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Tatsächlich lässt es sich ganz gut wie folgt zusammenfassen: Die TL-7 von LTD soll rein klanglich alles mitbringen, was man im Jahr 2022 von einer Westerngitarre mit integriertem Preamp/Piezo-System erwarten darf. Dabei soll sie aber das Spielgefühl einer vollwertigen siebensaitigen E-Gitarre bieten – eben so, wie man es von LTD kennt und liebt. Dabei hat sich der Hersteller nicht für einen gänzlich hohlen Korpus entschieden, sondern für eine solide, aber nicht ganz leichte Thinline-Konstruktion.

DEZENTER AUFTRITT

Rein äußerlich macht die LTD TL-7 trotz des wuchtigen, 50 mm dicken Korpus einen eher dezenten, ja fast schon zaghaften Eindruck, ganz so, als wolle man mit diesem eher ungewöhnlichen Konzept nicht zu sehr auffallen.

(Bild: Dieter Stork)

Gar nicht so zaghaft ist – wie bereits angedeutet – das Gewicht. Satte 3,4 kg zeigt die Waage an, was natürlich noch vertretbar ist. Der Singlecut-Body aus Mahagoni mit einer ca. 4 mm starken Decke aus Fichte ist, genau wie der dreistreifige Mahagoni-Hals, in hochglänzendem Schwarz lackiert. Lediglich das Roasted-Jatoba-Griffbrett gibt den Blick auf eine dezente Maserung und eine kakaobraune Farbe des Holzes frei. Die abgewinkelte Kopfplatte ist für genug Stabilität mit einer kleinen Volute versehen. Für etwas mehr optische Finesse sorgt ein cremefarbenes Binding, welches einmal um das gesamte Instrument verläuft und auch das Schallloch auf der linken Korpusseite einfasst.

Beim Body setzt LTD, wie erwähnt, nicht auf eine gänzlich frei schwebende Decke, sondern auf eine Thinline-Konstruktion, bei der eine große Hohlkammer in den soliden Korpus gefräst wurde. Diese Kammer zieht sich bis unter den Saitenverlauf und nimmt so ca. 40 Prozent der Gesamtfläche des Bodys ein. Die Brücke aus Jatoba mit einer Saitenauflage aus Graphtechs NuBone-Material, fügt sich optisch unauffällig in das Gesamtbild.

Fishman-Preamp mit Tuner (Bild: Dieter Stork)

Auf der Zarge befindet sich das kompakte Bedienfeld des Fishman-TL3-Preamps, auf dem neben dem Lautstärke-Regler und dem Mini-Stimmgerät auch noch ein 3-Band-Equalizer zu finden ist. Die sieben Saiten laufen über den Graphtech-Sattel zu den Grover-Mechaniken, die allesamt tadellos arbeiten. Bedenkt man, dass wir uns preislich hier in der Mittelklasse bewegen, ist es mal wieder erstaunlich, was mittlerweile für ein hoher Verarbeitungsstandard in diesem Segment vorherrscht.

Soundcheck und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

GROSSER TON?

Um es mal direkt vorweg zu nehmen: Für laut schallende Liederbegleitung am Lagerfeuer ist die TL-7 nicht geeignet und auch nicht gedacht. Rein akustisch gespielt hat man es hier eher mit einer auffällig lauten E-Gitarre zu tun, als mit einer vollumfänglich satt klingenden Westerngitarre. Der Ton ist von mittiger Ausprägung, mit schön brillant auflösenden Höhen, einem frei ausschwingenden Sustain und eher nach hinten gerückten Bässen.

Erstaunlich ist, wie knackig präzise die tiefe H-Saite daherkommt – ein Umstand, den ich aufgrund der 635-mm-Mensur so nicht erwartet habe. Der Sound ist klar umrissen und auch harmonisch komplexere Intervalle lösen über alle Register klar auf. Der TL-3- Preamp von Fishman macht zusammen mit dem Sonicore-Pickup aus gleichem Hause, in den unterschiedlichsten Disziplinen eine gute Figur. Bei hoher Lautstärke gespielt, zeigt sich die TL-7 bemerkenswert rückkopplungsfest. Während der Klang mit dem Plektrum noch eine gewisse Härte hören lässt, überträgt der Fishman-Tonabnehmer einen angenehm warmen Klang, wenn die Gitarre mit den Fingern gezupft wird.

Je nach Geschmack kann mittels des Equalizers der Sound ein wenig angepasst werden, wobei sich vor allem der Bass- und Mitten-Regler als ausgesprochen hilfreich erweisen. Je nach Spielweise kann so das Bassspektrum der Gitarre bei Bedarf etwas aufgeräumt werden, was natürlich vor allem der tiefen H-Saite zu Gute kommt. Der akustische Eindruck der guten Auflösung in den Bässen setzt sich fort und ich bin abermals beeindruckt, was der Hersteller hier aus der mittellangen Mensur herausholt. Das verbaute Stimmgerät funktioniert tadellos, allerdings sei gesagt, dass man hier für etwas mehr Präzision am besten den Flageolett-Ton im zwölften Bund, anstatt der Leersaiten nutzt. Die Spielbarkeit der TL-7 ist genauso unkompliziert, wie anfangs von mir erhofft: selbst ich, als fast reiner E-Gitarrist, konnte hier auf Anhieb Ideen entwickeln, die mir auf einer regulären Westerngitarre deutlich schwerer gefallen wären.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Die Frage, die sich bei der LTD TL-7 aufdrängt, ist: Wer braucht diese Gitarre? Natürlich ist der Ansatz hier schon ein sehr nischiger – schließlich wird hier klassisches E-Gitarren-Feeling bei maximal möglichem Western-Sound geboten, was natürlich einen Kompromiss bedeutet. Trotzdem geht die Rechnung auf: Für jemanden wie mich beispielsweise, der überwiegend E-Gitarre spielt und nicht zwangsläufig alles davon auf einer akustischen Gitarre umsetzen kann, ist die TL-7 zweifellos ein guter Ansatz.

Ob die Wahl nun auf das siebensaitige Modell oder die sechssaitige TL-6 fällt, ist letztendlich eine Frage des Geschmacks oder der Gewohnheit. So oder so kann sich mit einer solchen Gitarre niemand mehr vor einem schmusigen Unplugged-Konzert drücken ;-). Ein Antesten lohnt sich auf jeden Fall!

PLUS

  • Konzept
  • Fishman Preamp/Tonabnehmer
  • Spielbarkeit
  • integriertes Stimmgerät


(erschienen in Gitarre & Bass 10/2022)

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