Booster, Overdrive, Vorstufe und Noisegate ersetzen?

Drei-Gain-Vorstufe: Solar Guitars Chug im Test

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(Bild: Dieter Stork)

PRAXIS

Sofern man das Solar Guitars Chug so einsetzen möchte, wie es eigentlich gedacht ist, nämlich als komplette Vorstufe vor einer clean-transparenten Endstufe, ist es tatsächlich sehr einfach, dem Pedal binnen weniger Sekunden extrem tighte, moderne und vor allem auch kräftige und durchsetzungsfähige Sounds zu entlocken.

Mit dem Gespann aus Low und High Frequency Gain und dem dahinter geschalteten, globalen Gain-Regler, lässt sich das Signal des Stegtonabnehmers der Gitarre bereits knackig eng und trocken einstellen. Diese Beschaltung des Instrumenteneingangs mit zwei unabhängigen Gain-Stellern für Bässe und Höhen kennt man bereits von den diversen Produkten von Larry Amplification, Randall, Fryette und Fortin Amplification.

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Durch das Zusammenspiel aus Presence, Depth und einem ausgesprochen kräftig zupackenden Equalizer mit speziell abgestimmten Frequenzbändern für Bässe, Mitten und Höhen, glänzt das Chug als Rundum-glücklich-Paket für sehr moderne High-Gain-Rhythmusgitarren-Sounds, vor allem auch durch das lediglich in der Einsatzschwelle einstellbare Noisegate, das ähnlich schnell und beherzt zupackt wie das des Marshall-JVM-Satriani-Signature-Verstärkers oder das Fortin Zuul.

Im besten Fall kombiniert man das Chug-Pedal also mit 19-ZollRöhrenendstufen, leichten, leistungsstarken Class-D-Endstufen, wie zum Beispiel mit der Seymour Duncan Power Stage 170 oder zweckentfremdet der Fryette Powerstation und nutzt sie als Endstufe, oder verbindet das Pedal über die Return-Buchse des Einschleifwegs mit den Endstufen eines BluGuitar Amp1, eines Baroni AFK-150 oder eines anderen mit einem Einschleifweg ausgestatteten Pedalboard-Verstärkers. Die Möglichkeiten sind schier endlos.

Weniger selbstverständlich ist die Performance des Solar Guitars Chug als reines Distortion-Pedal vor einer Vorstufe.

Ola Englund hat sich zwar die Mühe gemacht und nicht nur Videos in seinen YouTube Kanal geladen, die aufzeigen mit welchen Equalizer-Einstellungen man das Chug als Verzerrer-Pedal vor diversen hochkarätigen Verstärkern oder auch kleinen, günstigen Übungsverstärkern kombinieren sollte, sondern diese Settings teilweise auch nochmal auf der Herstellerseite zugänglich gemacht, aber das Chug liefert in dieser Funktion einfach viel zu viel Gain und Höhen.

Als Distortion-Pedal muss das Chug daher ständig mit sehr defensiv eingestelltem Presence und teilweise sogar ähnlichen Treble-Poti-Settings genutzt werden, damit man nicht ein viel zu dünn klingendes Signal mit dem Hang zu starken Rückkopplungen erzeugt.

Sofern man diese eingeschränkte Nutzung des Equalizers beherzigt, lassen sich jedoch erstaunlich aggressive und modern klingende Sounds erzeugen, die im Vergleich zu den vielen bekannten Tube-Screamer-Varianten nicht einmal einen Hauch von Bluesrock-Feeling aufkommen lassen, sondern eindeutig Pantera-, Hardcore-, Schwedentod-, Modern-Metal- und Djent-Klischees bedienen.

Möchte man diese oder ähnliche Sounds im Homerecording-Verfahren aufnehmen, kann man das Chug Pedal übrigens durchaus direkt an die Recording-Karte anschließen und das Signal mit passenden Boxensimulationen oder IRs im Rechner bearbeiten. Die mit diesem einfachen Aufbau erzielbaren Ergebnisse klingen mindestens sehr ordentlich und können durchaus als Alternative oder auch als Ergänzung zu Plug-ins wie dem Fortin Cali VST oder der Nameless Suite von Neural DSP dienen. Apropos Alternativen:

ALTERNATIVEN

Das Revv Amplification G3, der Horizon Devices Precision Drive und auch das MXR EVH5150 Overdrive waren bisher in der speziellen Nische, in der auch das Solar Guitars Chug mitmischt, die populären Produkte der Mitbewerber und sind daher alle drei naheliegende Alternativen zum Solar-Preamp-Pedal. Alle drei klingen mittenbetonter und lassen sich aufgrund der weicheren und dunkleren Abstimmung der Höhen etwas einfacher als Distortion-Pedal nutzen und neigen weniger zu Rückkopplungen. Die aggressiven Höhen und auch den tiefen Bass des Chug liefern das G3, der Precision Drive und der EVH5150 Overdrive allerdings somit nicht und klingen daher allesamt etwas traditioneller als das Solar-Guitars-Produkt.

RESÜMEE

Das Solar-Guitars-Chug-Pedal leistet sich hinsichtlich der Bedienung der Potis und Ablesbarkeit der Potistellungen leider Schwächen, die in einem Testbericht nicht unerwähnt bleiben dürfen. Dennoch klingt das Pedal, als Vorstufe eingesetzt, tatsächlich hervorragend für moderne Metal-Spielarten und kann auf dem Pedalboard Booster, Overdrive, Vorstufe und Noisegate ersetzen. Für den derzeitigen Straßenpreis von etwa zweihundert Euro kann man dem Chug daher eine klare Kaufempfehlung aussprechen.

PLUS

  • extrem tight
  • kaum Nebengeräusche
  • komplette Vorstufe

MINUS

  • schlecht erkennbare Potiwerte und Funktionen der Potis
  • haptische Bedienung


(erschienen in Gitarre & Bass 03/2023)

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