Mit der Nutube hat Korg eine neue Art der Röhre ins Rennen geschickt, die zahlreiche Vorteile mit sich bringt. Sie benötigt weniger Spannung, wird nicht heiß, ist flacher in der Bauform und da Nutubes verschleißfrei sind, müssen sie auch nie getauscht werden. Im Rahmen unserer Nutube-Aktion haben wir, in Zusammenarbeit mit KORG, VOX und der Facebook-Gruppe „Pedalboard“ nach ambitionierten Pedal-Bauern gesucht, die sich zutrauten, das volle Potential der Nutube zu entfesseln.
Wir waren gespannt auf Pedale jeder Art – ob Hall-, Echo-, Tremolo-Effekte, oder Metal-Zerrer. Die Ergebnisse stellt euch G&B-Autor und Pedal-Nerd Marc Oliver Richter im Detail vor. In dieser Folge checkt er ein Distortion von Marc Widmaier.
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Im Test
Mit dem vorliegenden Gerät folgt nun auch Ohmless Pedals, ein kleiner Anbieter von Pedalen und Tools aus dem bayerischen Seefeld, dem Aufruf, den Korg Nutube 6P1 in eine Schaltung zu integrieren. Der Erbauer, Marc Widmaier, nutzt den Schaltkreis für eine Verzerrerschaltung, konkret für ein Distortion, basierend auf einem Mesa Boogie MK1. Mit einem Mix Regler und einem 3-Band-EQ soll das Pedal flexibel sein und am Ende fette Sounds von Clean bis Heavy erzeugen können.
Bild: Marc Widmaier
Bild: Marc Widmaier
Das ist interessant, denn die Mehrzahl der Verzerrer, die einem Verstärkervorbild folgen, simulieren einen Marshall-Sound. Wenn sich Pedale eines Mesa-Sounds annehmen, dann eher dem Rectifier-Sound, der sich aber deutlich von den Mark-Sounds unterscheidet. Das formulierte Ziel spricht schon mal dafür, dass wir uns hier auf einen eigenständigen, nicht schon zigmal gehörten Zerr-Sound freuen können.
(Bild: Tom Schäfer)
Der Aufbau des Pedals ist sehr sauber und mit hochwertigen Bauteilen vorgenommen, lediglich die Optik ist noch DIY-rustikal und unterstreicht den Experiment-Charakter der Soundstudie. Zwei solide 3PDT-Fußschalter steuern den Bypass und die Kanalumschaltung von „Clean“ auf „Dirty“. Gewöhnungsbedürftig ist, dass ausgerechnet der Clean-Kanal mit roten Potis und einer roten LED warnt, während der Dirty-Kanal mit ruhigen blauen Potis und ohne Lichtsignal aufwartet. Vielleicht weil der Dirty-Kanal der Normalfall sein soll? Sehr praktisch ist, dass nicht nur jeder Kanal einen Gain- und einen Volume-Regler hat, sondern auch die Gesamtlautstärke über das weiße „Main Vol“-Poti gebändigt werden kann. Damit gelingt die Anpassung der beiden Kanäle und des Bypass-Sounds ganz einfach. Beide Kanäle teilen sich eine effektive Dreibandklangregelung, die den Grundsound gut anpassen, aber nicht in seinen Grundzügen verformen kann.
(Bild: Tom Schäfer)
Der Klangtest offenbart dann tatsächlich eine sehr eigenständige Verzerrung. Das Pedal klingt deutlich schlanker und je nach Stellung des Treble-Reglers auch spitzer als die Masse der Amp-Like-Verzerrerpedale. Der Clean-Kanal funktioniert mit Singlecoils gut und liefert erst bei voll aufgedrehtem Poti eine harsch-raue Verzerrung. Bei Humbucker-Gitarren beginnen die Verzerrungen deutlich früher und auch bei weit zurückgedrehtem Gain-Regler klingt es immer etwas schmutzig. Das soll wohl so, denn wer es ganz clean möchte, kann das ja über den Bypass-Schalter regeln.
Der Dirty-Kanal liefert eine breite Palette von Crunch bis zu kräftigem Medium-Gain. So richtig Hi-Gain will das Ohmless-Pedal aber auch bei voll aufgedrehtem Gain-Poti nicht. Für einen Wohlfühl-Solo-Sound reicht das Potential aber allemal. Im Dirty-Kanal wird der Klangcharakter des Pedals sehr schön deutlich: schlanke, höhenbetonte und grundsätzlich transparente Verzerrungen, die sich sehr gut im Bandgefüge durchsetzen können und im Gehörgang festbeißen. Die Nebengeräusche des Dirty-Kanals bleiben im normalen Rahmen. Allerdings entsteht beim Einschalten des Clean-Kanals kurz ein leises Ziepen.
Nicht unbedingt störend, aber vernehmbar. Ansonsten ist es Marc Widmaier tatsächlich gelungen, sich klanglich von der breiten Masse der Verzerrerpedale abzuheben. Angesichts der unglaublichen Vielfalt an Effektpedalen, die mittlerweile auf dem Markt sind, eine durchaus beeindruckende Leistung.