Tief, tiefer, Telecaster

Der Sound der Siebziger: Fender Vintera II 70s Telecaster Bass im Test

Anzeige

(Bild: Dieter Stork)

Anzeige

TIEF, TIEFER, TELECASTER

Dass damit eine hundertprozentige Intonation praktisch unmöglich ist, war in den Anfängen des E-Basses wohl nicht so wichtig, jetzt muss man mit einem Kompromiss leben. Die Reiter werden so gut eingestellt wie es geht, indem die ganze T-Konstruktion seitlich verschoben und dann mit den Saiten fixiert wird. Das geht nur bis zu einem gewissen Grad, denn weder haben die Saiten auf den glatten Reitern irgendeinen Halt, noch die Reiter selbst auf der Grundplatte – ein Verrutschen ist fast garantiert.

(Bild: Dieter Stork)

Immerhin hat die Brücke genug Spiel, um die Saitenlage bei Bedarf auch noch tiefer zu legen, ohne dass das Micro-Tilt-System ran muss. Wie schon gesagt, moderne Fertigung eliminiert die früheren Ungenauigkeiten, die das System so unabsichtlich beweglich machte, aber die Micro-Tilt-Schraube drückt das Halsende auf eine Art hoch, die eine leichte Sprungschanze mit entsprechendem Schnarrpotential ergibt.

Wie das Vorbild und dessen Urahn hat der Vintera II Telecaster Bass einen, hier in herrlichem Surf Green lackierten, Slab-Korpus, also ein reines Brett ohne Shapings. Am Gurt wird sofort klar, warum es eine gute Idee war, die Strat und ab deren Erscheinen auch den frühen Precision Bass mit bequemeren Fräsungen zu versehen. Aber nun ja, so ist es Vintage-korrekt. Die Fender-typische Kopflastigkeit fällt milde aus, da scheint sich der etwas schwerere Korpus gegenüber der reduzierten Kopfplatte bemerkbar zu machen.

Der trockene Ton ist ebenfalls Fender-typisch, mit knochigen Höhen und ausreichend, aber nicht übermäßigem Fundament. Daran mangelt es am Amp dann definitiv nicht mehr. Wenig überraschend, ob der Pickup-Position, prägt ein tiefer, fetter, aber trockener Bass das Geschehen. Überraschender ist da schon der Höhenanteil, der durchaus präsent ist und den Ton in Form hält – hier macht sich die Wahl von 1-Megohm-Potis bemerkbar, die diesen Bereich nur wenig bedämpfen.

Dazwischen liegt der Hauptcharakter des Basses, ein fettes, holziges Mittenbrett mit ordentlichem Honk im Ton. Ein ganz eigener Ton, weit abseits der üblichen Fender-Archetypen, sehr dankbar auch in Verbindung mit Zerren aller Art, von leichtem Rotz bis hin zu grobem Fuzz. Aber – auch wenn das durch die PU-Position und die Tugbar etwas erschwert wird – auch Slappen klingt originell. Dann aber eher ohne Zerre …

Gut gefällt mir, dass der Pickup trotz extremer Halsnähe keine Unsauberkeiten in den hohen Lagen verursacht, das hätte ich so nicht erwartet. Ebenfalls ganz nach meinem Gusto ist die Tonblende, die über den gesamten Regelweg benutzt werden darf, und von dezentem Treble-Cut bis zu dann doch noch deliziöser, Mudbucker-mäßiger Matschschleuder reicht.

RESÜMEE

Anders als teurere US-Serien sind die Vintera II nicht der hundertprozentigen historischen Exaktheit verpflichtet. So fehlt zum Beispiel das Bridge-Cover und auch der Wide Range Humbucker ist nur Vintage-Style, aber in puncto Bauweise keine exakte Replik. Aber wen kümmert das, wenn das Ergebnis so charakterstark und überzeugend ist?

Etliche haben schon zu Protokoll gegeben, der neue Mexikaner wäre besser als ihr 70er-JahreVintage-Original. Die Verarbeitung lässt jedenfalls nichts zu wünschen übrig (auch nicht bei einem weiteren Exemplar), die Bespielbarkeit ist gut, die Tonentfaltung gleichmäßig, der Pickup macht dem Namen Wide Range alle Ehre und glänzt mit tiefem Pfund, schöner Präsenz und ganz eigenen Mitten. Die Brücke ist ziemlicher Käse, aber Vintage-korrekter Käse – da müsste man selber austauschen (Wilkinson und Gotoh haben da was …). Aber auch mit der originalen Brücke ist es ein toller Charakterbass. Schön, dass Fender auch die eigene Historie abseits des Mainstreams nicht außer Acht lässt.

PLUS

  • Sound
  • Bespielbarkeit
  • Spielgefühl
  • Vintage-Optik
  • Wide Range Pickup

MINUS

  • Einstellbarkeit der Vintage-Brücke (muss aber so)


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2024)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Tja … Preis: früher gab’s den mal als Squier für ~400€ … das relativiert den Preis dann doch. Hätte den vor ca. 15 jahren beinahe gekauft, weil ich die Tele-Kopfplatte so cool fand, habe ich aber dann für die MikeDirnt-Version entschieden wg. des etwas knackigeren Tons und gleichem Kopp.

    Der tiefe weiche Ton ist mir noch gut im Ohr … ein toller Bass für “klassichen” Pop und Rock.

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.