Charvel Joe Duplantier & Jackson Christian Andreu E-Gitarren im Test
von Christian Braunschmidt, Artikel aus dem Archiv
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Mit ihrem aktuellen Album ,Magma‘ hat sich die französische Band Gojira endgültig in die absolute Top-Liga der internationalen Metal-Szene katapultiert. Klar, dass zwei so begabte Gitarristen wie Christian Andreu und Frontmann Joe Duplantier nicht lange ohne eine passende Signature-Gitarre bleiben.
Nur wenige Metal-Alben wurden letztes Jahr heißer diskutiert als das neue Gojira- Album. Der Klargesang und die insgesamt eher straightere Ausrichtung der Songs ließ alte Fans aufschrecken und wusste neue zu begeistern. Aber auch schon die vorherigen Alben und die Touren mit Größen wie Metallica ließen erahnen, dass Signature-Gitarren für die Shooting-Stars aus Frankreich nur eine Frage der Zeit sein würden. Nachdem beide Modelle bereits in den nicht ganz billigen US-Versionen zu haben waren, kommen nun die deutlich bezahlbareren Varianten aus der Pro- Serie (Charvel) bzw. der X-Serie (Jackson) auf den Markt. Da macht es doch Sinn, diese beiden Äxte mal zusammen unter die Lupe zu nehmen.
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Schwarz Weiß
Unser beiden Test-Gitarren unterscheiden sich schon recht deutlich voneinander. Beginnen wir zunächst mit Joe Duplantiers San Dimas S2HH aus der Pro Serie von Charvel. Dass der Gojira-Frontmann eine ausgeprägte Schwäche für die klassische Telecaster-Form hat, ist eigentlich nichts Neues – in den letzten Jahren wurde der Sänger und Gitarrist der Band immer wieder mit einer weißen Tele von Fender gesehen. Daher ist es naheliegend, dass Charvel für das Signature-Modell auf eben diese Form zurückgreift.
Die matt-weiß lackierte Gitarre hat einen Korpus aus Nato-Holz, welcher mit komplett schwarzer Hardware ausgestattet ist. Dabei handelt es sich um die klassische Kombination aus Tune-o-matic- Brücke und Stop-Tailpiece. Dazu kommen zwei ebenfalls schwarze Duncan- Designed-Humbucker sowie ein Toggle- Switch und ein einzelner Lautstärke-Regler. Der Steg-Tonabnehmer war ab Werk leider so hochgedreht, dass die tiefen Saiten beim Spielen unweigerlich die Polschrauben berührten – zum Glück ein sehr leicht zu lösendes Problem. Der angeschraubte Mahagonihals hat ein pechschwarzes Griffbrett aus Ebenholz und ist interessanterweise nur mit einer hauchdünnen Lackschicht versehen, was zur Folge hat, dass man die großen Poren des Holzes deutlich fühlen kann. Um eine bessere Saitenlage zu ermöglichen, wurde der Hals leicht angewinkelt – in dieser Preisklasse keine Selbstverständlichkeit. Das recht dicke Griffbrett ist mit 22 Jumbo-Bünden versehen, die tadellos eingesetzt und abgerichtet sind. Wie bei vielen Gitarren von Charvel, finden wir auch hier einen sogenannten Compound-Radius (in diesem Fall von 12″ auf 16″), bei welchem die Krümmung des Griffbretts zu den hohen Lagen hin immer weiter abnimmt, was mehr Spielkomfort bieten soll. Auf der ebenfalls weißen Kopfplatte sind schwarze Locking- Tuner aus eigener Fertigung montiert, die einen soliden Eindruck machen und schön gleichmäßig laufen. Anders als bei vielen anderen Signature- Modellen, verzichtet der Hersteller übrigens auf die Unterschrift des Künstlers; dafür ist auf der Rückseite der Kopfplatte das charakteristische „G“ aus dem Gojira-Schriftzug aufgebracht. Insgesamt kann man der Charvel San Dimas S2HH eine gute Verarbeitung bescheinigen – hier gibt es wirklich kaum etwas zu meckern.
Die Jackson Christian Andreu RRXT aus der recht preiswerten X-Serie steht schon rein optisch ganz anders als die Charvel da. Pechschwarz, im klassischen Randy-Rhoads-Shaping und anstelle eines Hals-Pickups mit einer großen Teufel- Graphik versehen, sieht die Christian- Andreu-Jackson schon ganz schön düster aus. Der matte Polyester-Lack überzieht die gesamte Gitarre und erinnert mich sofort ein wenig an die Ola Englund V (siehe Ausgabe 10/2016). Der durchgehende Ahornhals ist mit zusätzlichen Graphitstäben verstärkt und mit einem dunklen Palisandergriffbrett versehen worden. Auch hier haben wir es mit einem 12″ auf 16″ Compound-Radius zu tun. Die 24 Bünde sind ebenfalls gut verarbeitet und machen einen sauberen Eindruck. Das Layout der Gitarre ist, dank des einzelnen Duncan-Designed HB102 – welcher übrigens mit einem Alnico-Magnet arbeitet – und des Lautstärke-Reglers, noch simpler als bei der Joe-Duplantier- Gitarre.
Die Saiten werden von hinten durch den aus Nato-Holz gefertigten Korpus gezogen und laufen über eine Tuneo- matic Brücke zu den schwarzen Jackson- Mechaniken, die, im Gegensatz zu denen der Charvel, keine Locking-Funktion haben. Auffallend finde ich das – trotz der beachtlichen Größe der Gitarre – recht geringe Gewicht von nur 3 Kilogramm. Eigentlich recht wenig für solch ein Schlachtschiff. Was mich begeistert, ist die Verarbeitung und die Qualität unserer beiden Testinstrumente. Nur um es einmal hervorzuheben: wir reden hier über Gitarren aus der 500- bis 700- Euro-Klasse. Was sowohl Jackson als auch Charvel hier für vergleichsweise kleines Geld abliefern, ist mehr als bemerkenswert.
Nicht nur Metal!
Im Vorfeld des Tests war ich gespannt, ob wir es hier mit zwei reinen Metal-Maschinen oder doch etwas vielseitigeren Gitarren zu tun haben würden. Schließlich sind Gojira von Album zu Album immer experimenteller geworden und haben dabei auch immer wieder mit verschiedenen Clean-, Crunch-, und neuerdings auch Effekt- Sounds gearbeitet (man höre sich nur das tolle ,Flying Whales‘ an). Die Charvel San Dimas präsentiert sich unverstärkt von einer angenehm brillanten Seite. Der Ton ist schön höhenreich und in den Mitten etwas zurückgenommen, ohne dass es dem Klang an Körper mangelt. Das Attack wird schon recht deutlich nach vorne gestellt und die Bässe bleiben auch bei etwas tieferen Stimmungen gut kontrollierbar. Sehr angenehm finde ich das dezente Arm-Shaping, welches gegenüber einem Vintage-Telecaster- Body für deutlich mehr Spielkomfort sorgt. Man kann der San Dimas attestieren, dass sie eine wirklich ausgezeichnete Spielbarkeit mitbringt – das geringe Gewicht, der flache Hals und der wunderbar ergonomisch geformte Hals/KorpusÜbergang sorgen für Spielfreude pur. Am Verstärker bestätigt sich der erste akustische Eindruck – die verwendeten Duncan- Designed-Pickups machen dabei einen unauffälligen und guten Eindruck.
Auf der vorderen Position liefert der Hals- Tonabnehmer warme und ausgewogene Sounds mit etwas zurückgenommenem Output, um das Ganze nicht zu matschig klingen zu lassen. Beide Pickups zusammen liefern den typischen, in den Mitten etwas hohl klingenden Ton, welcher sich bestens für Clean- oder dreckige Crunch- Sounds eignet. Der Steg-Tonabnehmer bietet dann schon deutlich mehr Pfeffer – der Doppelspuler hat ordentlich Fleisch auf den Rippen und macht richtig Druck. Der Sound hat hier viele Mitten und eine gewisse Bissigkeit, welche die natürliche Brillanz der Joe-Duplantier-Gitarre schön herausstellt – gerade für schnelle 16tel- Riffs auf den tiefen Saiten finde ich das sehr vorteilhaft. Die Duncan-Designed- Humbucker machen auf jeden Fall einen bemerkenswert guten Job und, anders als bei vielen Stock-Tonabnehmern, muss man beim Kauf einer der beiden Gitarren keinesfalls gleich noch Geld für ein paar Edel-Pickups einplanen.
Die Jackson Christian Andreu RRXT klingt trocken gespielt im direkten Vergleich schon ein klein wenig anders als die weiße Schwester. Die Mitten sind hier im Klangbild etwas weiter vorne und der Ton bekommt dadurch insgesamt etwas mehr Fundament und Wärme, was natürlich nicht bedeuten soll, dass die Gitarre dumpf oder belegt klingt. Auch hier finden wir ein schönes, klar umrissenes Attack und ordentlich Brillanz im Ton. Die Spielbarkeit dieser schwarzen Axt ist natürlich (gerade im Sitzen) nicht mit der der Charvel zu vergleichen – die Rhoads- Form ist einfach nicht für den Schreibtisch- Schredder erfunden worden. Das schlanke Hals-Profil und das beachtlich geringe Gewicht können da zumindest ein wenig Ausgleich schaffen; im Stehen ist die RRXT freilich einwandfrei zu handhaben. Am Verstärker zeigt sich interessanterweise, dass der Duncan-Designed HB102 Tonabnehmer mit seinem Alnico Magnet schon ein klein wenig anders klingt als der etwas heißere HB103 – der Sound ist insgesamt etwas gleichmäßiger und die Bissigkeit in den Hoch-Mitten wurde ein wenig zurückgefahren. Ich empfinde die Jackson dadurch, zumindest auf dem Stegpickup, als etwas vielseitiger, da der HB102 Humbucker bei Clean- und Crunch-Sounds eine bessere Figur macht – irgendwie amüsant, wenn man die optische Ausrichtung dieser Streitaxt bedenkt. Beiden Gojira-Gitarren muss man definitiv bescheinigen, dass sie – vor allem bei den wirklich sehr moderaten Preisen – enorm gute Instrumente sind. Gerade die Charvel SD S2HH mit ihrem Mahagonihals und dem Ebenholzgriffbrett finde ich für ihren Preis mehr als beachtlich.
Info
Im Interview erzählt Joe Duplantier, dass er zu den ,Magma‘ Aufnahmen einen Blindtest seiner Gitarren durchführte, bei dem sein Signature-Modell aus der Pro Mod Serie so gut abschnitt, dass er das Instrument für die Aufnahmen benutzte.
Alternativen
Im Falle der Charvel-Joe-Duplantier-Gitarre könnte mal als Alternative die ML-3 von Chapman Guitars in Erwägung ziehen. Diese ist sogar noch etwas günstiger, kommt ebenfalls mit zwei Humbuckern und genießt einen ausgezeichneten Ruf. Ist das Budget etwas größer, könnte sowohl die ML-3 Pro – ebenfalls von Chapman – mit einer etwas besseren Ausstattung oder auch die Pro-Mod-Version der San Dimas von Charvel in Frage kommen. Im Falle der Christian-Andreu-Rhoads von Jackson würde mir die Parallaxe V von Washburn einfallen, die zwar eine etwas andere Korpusform aber ein ähnliches Spielgefühl bietet.
Resümee
Keine Frage – sowohl Charvel als auch Jackson liefern nach den teuren Gojira- Signature-Modellen aus den USA zwei echte Preis-Leistungs-Kracher, dabei punkten beide Gitarren mit einer tadellosen Verarbeitung. Wer auf der Suche nach bezahlbaren Arbeitsmaschinen ist, sollte beiden Instrumenten unbedingt eine Chance geben. Hier darf nicht nur der Gojira-Fan einen Test wagen.
Vielen Dank für diese Rezension! Es gibt aber eine Ungenauigkeit. Nämlich hat die Jackson 22 Bünde und nicht 24. Man kann das auch auf dem Bild nachsehen. Spreche aber aus Erfahrung, da ich die Gitarre noch im letzten Jahr erworben habe.
Vielen Dank für diese Rezension! Es gibt aber eine Ungenauigkeit. Nämlich hat die Jackson 22 Bünde und nicht 24. Man kann das auch auf dem Bild nachsehen. Spreche aber aus Erfahrung, da ich die Gitarre noch im letzten Jahr erworben habe.