Caparison TAT II-FX Limited Edition & Dellinger 7 Prominence im Test
von Michael Dommers ,
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Ja, genau so lautet die deutsche Übersetzung von Caparison Guitars. Offensichtlich besitzt der japanische Hersteller um Chefdesigner Itaru Kanno eine gehörige Portion Humor oder/und Selbstironie. Ob er nun bei der Namenssuche an die Satteldecke, einen abgenutzten Gegenstand, ein altes Pferd oder gar an eine hässliche Person gedacht hat, war nicht zu erfahren …
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Alles andere als „schabrackig“ sehen sie aus, die limitierte TAT II-FX im aufwendig mittels Schwamm aufgetragenen grauweißen Snow Cloud Finish und die 7-saitige Dellinger 7 Prominence in Trans Spectrum Black. Allerdings erscheint Letzteres zunächst als deckendes Metallic-Schwarz mit dezent glitzernden Partikeln. Als jedoch an den seltenen Sonnentagen Ende Mai/Anfang Juni selbige zufällig mal direkt auf den Korpus knallte, wechselten die Obenflächen zu einem leicht transparenten Dunkelviolett.
Neck-Thru vs. Bolt-On
Während die TAT (Through And Through) einen durchgehenden Ahornhals mit fließendem Übergang besitzt und angesetzte Erleflügel den Korpus mit gewölbter Decke bilden, hat man den aus Ahorn und zwei Walnuss-Layern gesperrten Dellinger-7-Hals angeschraubt. Dass deren Body aus einem Ahornmittelblock mit Mahagoniflügeln besteht, ist eine eher seltene Konstruktionsvariante. Auch dieses Modell besitzt eine gewölbte Decke. Die spiegelglatt polierten Lackierungen zeugen von Perfektion, den Hals der 7-String hat man naturfarben belassen und geölt. Die Shapings in Form von ausgeprägten Rippenspoilern, schlanken Hörnern, weit und tief geschnittenen Cutaways und dezent gerundeten Kanten vertreten die Gattung moderne Strat.
Schräg von oben in die Zargen eingelassene solide Rohrklinkenbuchsen münden in die von Abschirmlack überzogenen großzügig gefrästen E-Fächer, in denen CTS-Potis und Schaller Mega- bzw. Switchcraft Toggle-Switches zum Einsatz kommen. Eingelassene schwarze Alubleche mit Kontakt zum Abschirmlack verschließen die E-Fächer. Anstatt alle Masselitzen auf das Gehäuse des Master-Volume-Potis zu pappen, treffen sich diese an einem zentralen ins Holz geschraubten Massepunkt. Auf diese Weise macht die Verdrahtung einen sehr aufgeräumten Eindruck. Während der durchgehende Hals der TAT II-FX mit ergonomischer Formgebung in den Korpus übergeht, hat man bei der Dellinger 7 den Bereich um die vierfache Halsverschraubung um gut 10 mm stufig abgeflacht und leicht abgeschrägt. Daraus resultiert eine ca. 12-15 mm dicke Halstasche, die trotz höchst passgenau gefräster Aufnahme zunächst leichte Bedenken hinsichtlich der Stabilität aufkommen lässt.
Da jedoch der Korpusmittelblock wie der Hals aus Ahorn besteht, kann man Entwarnung geben. Alles gut also. Die weiß eingefassten Ebenholzgriffbretter bieten jeweils 24 Jumbo-Bünden Platz, die vorbildlich abgerichtet, verrundet und poliert wurden. Orientierung bieten nicht nur kleine schwarze Sidedots, sondern vor allem die filigran aus Perlmutt und Abalone gearbeiteten ovalen Ziffernblatt-Inlays, deren Uhrzeiten die jeweiligen Bünde anzeigen (1:00 Uhr, 3:00 Uhr, 5:00 Uhr usw.). Sowohl der GraphTech-Sattel der TAT als auch der 7er-Klemmsattel der Dellinger wurden auf optimale Saitenlage eingepasst, allerdings läuft die D4-Saite der Ersteren minimal aus der Spur. Auch die schwarz lackierten „Devil‘s Tail“-Kopfplatten, an denen Gotoh Magnum Lock Trad bzw. höhenjustierbare Magnum H.A.T. Tuner zuverlässig arbeiten, hat man weiß eingefasst.
Plastikplättchen decken die Halsstäbe oberhalb der Sättel ab. Korpusseitig werden die sechs Saiten von Gotoh-Steg und -Stoptail geführt bzw. gehalten, die sieben Saiten von einem Floyd Rose 200K Locking Vibrato. Da das bestens austarierte FR-System recht hoch über der Decke schwebt, hätte sich Caparison die tiefe Unterfräsung fast sparen können. Für die Schwingungswandlung der Saiten sind ausschließlich leistungsstarke Caparison-PH-Humbucker verantwortlich, hier in schwarzen Kunststoffrähmchen, dort direkt im Korpusholz, in beiden Fällen aber höhenjustierbar montiert. Kontrolliert wird jeweils per Master-Volume, auf Klangregler wurde gänzlich verzichtet. Die Pickup-Wahl besorgt bei der TAT ein Dreiweg-Toggle, bei der Dellinger 7 ein Fünfweg-Blade-Schalter, der in den Positionen 1 (Hals), 3 und 5 die beiden Humbucker konventionell, in Stellung 2 die beiden äußeren, in Position 4 die einander zugewandten Spulen der Humbucker in Betrieb nimmt.
Spielkomfort & Klangkultur
Komfortabel und bestens ausbalanciert hängen beide Gitarren am Gurt, der an Vintage-style Strat-Pins Halt findet. Für eine Gitarre, die primär bei härteren Gangarten zum Einsatz kommen soll, besitzt die TAT ein relativ kräftiges, vom ovalen C bis zum D wechselndes Halsprofil. Dieses liegt jedoch trefflich in der Hand und lässt sich auch dank der vorzüglich bearbeiteten Bünde bis in die höchsten Lagen barrierefrei „be-shredden“. Apropos Shredding: Warum hat man den MasterVolume-Regler eigentlich derart weit aus dem Aktionsradius verbannt? Antwort vom Hersteller: Damit man im Eifer des Gefechts nicht versehentlich die Einstellung verändert.
Na ja, sooo leichtgängig ist das Poti nun auch wieder nicht! Caparison hat dem Hals übrigens bewusst ein etwas kräftigeres Profil spendiert, um ihm nämlich für Drop und/oder Open Tunings genügend Stabilität zu verleihen. Auch das D-Halsprofil der 7-String, deren tiefste Saite übrigens mit Drop-A-Tuning angeliefert wurde, liegt komfortabel in der Hand, die Oberfläche bietet angenehmen Grip. Durch die Abstufung des Korpus um die Halstasche herum lassen sich selbst die höchsten Lagen völlig ungehindert bespielen. Hier hat man das Master-Volume-Poti in Reichweite des kleinen Fingers positioniert, der Schaller Mega-Switch lässt sich indes etwas zäh bewegen.
Ungeachtet von Neck-Thru oder Bolt-On, Tune-o-matic/Stoptail oder FR-Vibrato geben sich beide Caparisons überaus schwingfreudig, sprechen direkt und spritzig an, Töne entfalten sich blitzschnell und klingen langsam und kontinuierlich ab. Bei nahezu gleicher Ausgewogenheit und Transparenz liefern sie erwartungsgemäß unverstärkt völlig unterschiedliche Klangbilder. Während nämlich die TAT brillant, knackig und drahtig daherkommt, gibt sich die Dellinger warm und voluminös und in den Bässen straff und definiert. Daher kann sie in Sachen Obertongehalt der TAT nicht ganz das Wasser reichen, die nämlich locker die vierte Ebene bedient. Beide Gitarren wurden mit Caparison-PH-Humbuckern bestückt, die sowohl hinsichtlich Klang als auch Pegel vorzüglich abgestimmt wurden. Mit ihrer hohen Ausgangsleistung bringen sie einen Verstärker schnell ins Schwitzen, liefern aber auch exzellente Cleansounds wenn man die Anschlagsintensität und/oder den Volume-Regler gefühlvoll dosiert.
Besonders bei Letzterem fällt auf, dass auch ohne eingelöteten Kondensator die Höhen beim Abdrehen kaum Verluste zeigen, der Sound also klar und luftig bleibt, während sich der Pegel recht gleichmäßig variieren lässt. Am zerrfreien Amp liefern die Humbucker ausgewogene, kraftvolle, luftige und lebendige Klangbilder, denen das jeweilige Obertonangebot zusätzliche Transparenz verleiht. Mit kompakten, definierten Bässen, glockigen Mitten, perlenden Höhen und seidigen Obertönen meldet sich der Hals-Pickup zu Wort, während sein Kollege drahtig, knackig und brillant ans Ohr dringt, mitnichten aber so mittig prägnant, wie man das von einem High-Gain-Steg-Pickup erwarten würde. In Kombination perlen die Humbucker glockenklar und seidig aus den Lautsprechern. Mit Kombis aus den jeweils inneren und äußeren Spulen ihrer Humbucker bietet die Dellinger 7 zwei zusätzliche (leisere) Klangvarianten, die sich eher für Arpeggien oder cleanes Rhythmusspiel anbieten.
Qualitäten zeigen die PH-Pickups auch im Spektrum von Crunch- bis High Gain, wo sie die unterschiedlichsten Zerrintensitäten sauber zu Gehör bringen, dabei stets definiert und druckvoll bleiben, hinlänglich Spielraum für Dynamik und Tonbildung lassen, bei Bedarf auch aggressiv beißen können und nicht zuletzt tatkräftig vom Sustain unterstützt werden. Erstaunlich ist, wie präzise und definiert vor allem der Dellinger-Steg-Pickup die um zwei Halbtöne auf A heruntergestimmte Basssaite überträgt und dabei sogar tieffrequente Akkorde meistert.
Alternativen
Unter Berücksichtigung von Features, Spezifikationen und Design der Caparison TAT II-FX Limited wird man u. a. bei folgenden Herstellern fündig:
Im Fall der Dellinger 7 Prominence wird es dagegen schon etwas schwieriger:
• Ibanez RG3727FZ Prestige (ca. € 2199)
• ESP E-II MR Seven (ca. € 2299)
• Jackson Pro Series Dinky DK7-Q (ca. € 1075)
Resümee
Von Beginn an waren Caparison-Gitarren für innovative Designs, exzellenten Klang und perfekte Verarbeitung bekannt und besitzen daher in der Szene einen herausragenden Ruf. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Zudem werden sie nach wie vor in relativ kleinen Stückzahlen gefertigt. Qualität geht also vor Quantität. Dies bestätigen unsere beiden Protagonistinnen ohne Wenn und Aber.
Plus
Sounds
Dynamik & Sustain
Qualität Hölzer & Hardware
Spielbarkeit
Verarbeitung
Qualität Gigbags
History
Gegründet wurde Caparison Guitars 1995 von den ehemaligen Charvel und Jackson Designer-Teams, die schon damals vom Japaner Itaro Kanno geleitet wurden. Während die Charvel-Designer für die Modellreihen CDS, CDS II und Questar verantwortlich zeichneten, entwickelte das Jackson-Team die Klassiker Doug Aldrich, Soloist Special, Dinky Axe und Falcon. Als Eigentümer von Caparison besaß die Firma Kyowa Shokai Limited Produktionsverträge mit japanischen Herstellern wie z. B. Hoshino Gakki. Nach 16 Jahren meldete Kyowa Shokai im Mai 2011 Insolvenz an, jedoch nahm Caparison bereits im September 2011 die Produktion unter seinem neuen britischen Besitzer, der Caparison Guitar Company Ltd., wieder auf.
Glücklicherweise konnte man Itaro Kanno als Chef-Designer behalten, der u. a. die Caparison-Merkmale wie das Compound-Halsprofil, die markante Devil‘s-Tail-Kopfplatte, die Clock Inlays, die zum Teil 27-bündigen Griffbretter und die Caparison Custom Pickups entwickelte. Heute werden die Gitarren in Zusammenarbeit mit der Firma Iida Corporation in Nagoya/Japan hergestellt, die u. a. als Hersteller von Gummiprodukten und Dämmmaterialien die Autoindustrie beliefert
Über-bag?
Caparison liefert seine Instrumente mit Continental Gigbags der Firma Blues Reunion aus. Genauer gesagt handelt es sich bei diesen strapazierfähigen stabilen Modellen um eine Kombi aus Gigbag und Case. Wer schon einmal auf der bekannten Video-Plattform die Drop-Tests des Herstellers von vier- und fünfstöckigen Gebäuden gesehen hat, wird von der Qualität dieser wasserdichten und extrem dick gepolsterten Taschen beeindruckt sein.
Ein federleichtes Flexosceleton-Schutzsystem aus hochdichtem 25 mm dickem Schaum, EVA-Stoßdämpfer für höchsten Schlag- und Stoßschutz und stützende Streben bilden quasi das Grundgerüst der Bags, die von wasserdichtem Quadraweave-Außenmaterial umgeben sind. Den Hals und damit das Instrument hält eine Auflage mit Klettverschluss in Position, zusätzliche Einlagen schützen Kopfplatte, Steg und Endpin.
Geräumige Außentaschen, versenkbare Rucksackgurte und super robuste Reißverschlüsse komplettieren das Ganze. Erstaunlich: Trotz der Ausstattung sind die Gigbags relativ leicht.