Exotische Optik, solide Klänge

Bundlose Libelle: Michael Kelly Dragonfly 4 Port Fretless im Test

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(Bild: Dieter Stork)

SOLIDE KLÄNGE

Den Bass in korrekte Stimmung zu bringen, sollte nicht weiter schwierig sein, per Knopfdruck ist das eingebaute Stimmgerät aktiviert. Das funktioniert chromatisch und akkurat, ganz im Gegensatz zu den Mechaniken. Die hakeln, haben ordentlich Spiel und machen es unnötig schwer.

Im Sitzen nimmt der Dragonfly angenehm Platz, naturgemäß muss die linke Hand bei einem Longscale-Akustikbass etwas weiter rauswandern als bei kompakteren E-Bässen. Dafür liegt der Hals satt in der Hand, mit 43 mm Sattelbreite und einem nicht zu dünnen C-Shaping hat er ganz gut Substanz. Meine Sorgen, die barocken Einlagen könnten den Ton auf A- und D-Saite beeinträchtigen, zerstreuen sich schnell. Die gesamte Abrichtung ist offenbar so sauber, dass bei einer dem Bass gut zu Gesicht stehenden, mittelhohen Saitenlage, jeder Ton und auch Slides ohne ungewollte Nebengeräusche kommen.

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Akustisch ist die erreichbare Lautstärke nicht eben hoch, da müssen sich Mitspieler:innen schon zurückhalten. Dabei singt der Dragonfly aber schön und in sich stimmig mit mittellangem Sustain, was sich mit gutem Vibrato noch verlängern lässt. Nur das hohe A auf der G-Saite bleibt etwas kurzatmiger. Bis zum D darüber sind die hohen Lagen dank des Cutaways recht entspannt zugänglich, für die letzten drei Lagen (und bei den tieferen Saiten auch schon weiter unten) muss man tricksen.

Vor allem wenn man für sich spielt, überzeugt das zweite Schallloch in der Zarge, was tatsächlich einem direkteren Klangeindruck zugutekommt, mit mehr Definition und subjektiver Fülle als wenn es abgedeckt ist. Den kleinen Ausschnitt am Ende des Griffbretts, der der E-Saite die letzten paar Lagen nimmt, finde ich optisch sehr schön, allerdings fehlt mir hier die Daumenauflage, die bei vielen E-Akustikbässen ohnehin meist knapp bemessen ist.

Am Verstärker angeschlossen prägt der durchaus gute Sonicore-Abnehmer den Ton. Alle Saiten kommen gleichmäßig in Lautstärke und Punch, das ist schon mal positiv zu vermerken. Im Vergleich zum eher runden Akustikton wird es aber jetzt hell und höhenreich. Allerdings hat der Preamp ja Möglichkeiten genug, das aneinander anzugleichen.

Neben dem Schalter für die Phase und dem Regler für den Notchfilter, der eventuell entstehende Rückkopplungen schmalbandig “ausschneiden” kann, können Bässe, Mitten, Höhen, und Brillanz bearbeitet werden. Mit leichtem Boost in Bässen und Mitten und deutlicher Reduktion in den oberen Bereichen passt das, was aus dem Amp kommt, schon deutlich besser zu dem, was ich akustisch höre. Andererseits holt ein Boost in den höheren Frequenzen den Bass noch näher heran, jedes Fingeraufsetzen, Anschlagsund Rutschgeräusch wird in den Vordergrund gestellt. Im richtigen Setting hat auch das seinen Reiz. Gut vorstellen könnte ich mir für diesen Bass ein Abnahmesystem mit zusätzlichem Mikrofon, wie das Fishman-Presys-Blend, aber auch mit der Werksausstattung lässt sich gut arbeiten.

RESÜMEE

Optik ist ja immer Geschmackssache. Die des Dragonfly 4 Port Java Ebony finde ich umwerfend. Vielleicht schon ein bisschen viel, die Kombination der aufwendigen Griffbretteinlagen mit der tollen Maserung des laminierten Ebenholzes, ist aber in der Ausführung mit erdigen Farbtönen für mich stimmig. Auch klanglich hat der Bass etwas zu bieten. Akustisch glänzt er mit in sich ausgewogener, wenn auch nicht besonders lauter Wiedergabe und dem, vor allem fürs Spiel alleine, überaus nützlichen Monitor-Port. Elektrisch kommt er mit einem anderen Gesicht als akustisch, was sich aber über das gute Pickup-/Preamp-System angleichen lässt – und interessante Alternativen zulässt.

PLUS

  • Optik
  • akustischer Ton
  • Monitor-Schallloch
  • Bespielbarkeit
  • Fishman Pickup & Preamp

MINUS

  • Mechaniken


(erschienen in Gitarre & Bass 12/2022)

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