Das ist die typische Geschichte des American Dream: Aus dem Nichts eine Firma aufbauen, ein paar Jährchen später mit den großen Jungs am selben Tisch sitzen, den dicken Deal machen. Wie hier geschehen mit Budda-Amplification, einer der angesagten Boutique-Marken der ersten Stunde. 2009 hat sich Peavey in das Mitte der 90er-Jahre gegründete Unternehmen eingekauft.
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Wurde kein großes Tamtam drum gemacht, geschah eher beiläufig, ist inzwischen schon fast wieder vergessen. Vorteil für die Gemeinde: Weitaus bessere Vertriebssituation und günstigere Preise. Ohne Qualitätseinbußen? Nun, das werden die nachfolgenden Zeilen noch klären.
Wollen wir vorher aber noch kurz das Angebot ein wenig beleuchten, das sich letztlich recht simpel gestaltet. In der Superdrive-II-Serie, zu der auch unser Testexemplar gehört, finden sich vier Modelle, die sich nur in den Bestückungen der Class-AB-Endstufen unterscheiden. So steht die Zahl 18 für die Version mit zwei EL84, die 30 für vier EL84. Der Superdrive 45 zieht seine Leistung aus zwei KT66, der Superdrive 80 nutzt vier 6L6, die wahlweise gegen den Typ 6550 getauscht werden können/dürfen. Zwei jüngere Modelle mit Namen V-20 und V-40, schon von weitem erkennbar an ihrem, hellen, cremefarbenen Frontpanel, bedienen sich der 6V6-Röhre (Duett/ Quartett). Neben den technisch wenig spektakulären Superdrives ist neuerdings noch ein sehr aufwendiges High-Gain-Topteil im Programm, der MN-100. Er präsentiert sich in einem sehr eigenwilligen Outfit, ist mit geprägtem braunen Leder bezogen, hat drei Kanäle, vier 6L6 in der Endstufe, umschaltbare Gleichrichtung Röhre/Halbleiter, mehrere Einschleifwege etc.; alles drin, alles dran, den werden wir uns bald einmal vornehmen müssen. Hier und jetzt tauchen wir aber erst einmal in die (Un-?) Tiefen der Vintage-Welt ab.
Konstruktion des Budda Superdrive 30 Series II 112 Combo
Wenig spektakulär habe ich das Konzept der Superdrives gerade genannt. Na, man sieht es ja mit einem Blick auf Front und Rückseite. Da ist nicht viel los. Vorne sechs Potis, Standby- und Power-Schalter, hinten Send und Return des seriellen Einschleifwegs, zwei Speaker-Outs mit umschaltbarer Impedanz (4, 8, 16 Ohm) und ein regelbarer Slave-Out. Das ist eine Standard-Ausstattung ohne Luxus. Für einen Puristen-Amp aber grad recht, möchte man meinen, oder? Hier zählt jedenfalls Gradlinigkeit, sprich kurze Signalwege, schnörkellose Technik. So reduziert, dass die beiden Sound-Kanäle des Superdrive-30-II mit einer gemeinsamen Klangregelung Vorlieb nehmen müssen. Die drei Bereiche Bass, Mid und Treble werden indes von einer Bright-Anhebung unterstützt, die am Rhythm-Lautstärke-/Gain-Poti aktivierbar ist (pull/Brite). Mit Pull/Modern am Mid-Regler lässt sich der Grund-Sound umformen, hin zu weniger Mitten und stärkerem Bass- und Treble-Gehalt, woraus sich im Endeffekt ein sanfter Mid-Scoop ergibt. Ansonsten orientiert sich das technische Konzept an traditionellen Werten, setzt von daher bei der Wechselspannungsgleichrichtung auf eine 5U4GB-Röhre. Vier EL84 von Sovtek in der Endstufe, der Arbeitspunkt über Kathodenbias eingestellt, in der Vorstufe eine ECC83S von JJ und zwei 12AX7 von Ruby-Tubes. Keine Halbleiter im Signalweg; der Superdrive-30-II ist ein wahrer Vollröhrenverstärker.
Das Umschalten (Relais) zwischen den Kanälen Rhythm und Drive ist manuell am Master-Volume möglich, oder mit dem zum Lieferumfang gehörenden Fußschaltpedal. Auf eine LED als optische Anzeige wurde verzichtet. Wohl nach dem Motto „ … was soll’s, man hört ja was im Gange ist … “. Ungewohnt ist es trotzdem, so im „Dunkeln“ zu stehen. Das Anschlusskabel misst gut sechs Meter und erweist sich damit als praxisgerecht dimensioniert. Das aus Stahlblech gefertigte Schaltpedal ist superstabil und mit seinen großen angeklebten Gummifüßen schön standfest.
Markant sind an der äußeren Erscheinung des Superdrive-30-II zunächst einmal nur die dreieckigen „Pointer“-Potiknöpfe. Die Boutique-Gene werden erst bei näherem Hin-sehen erkennbar. Sprich die Verarbeitung und die inneren Werte des Amps machen einen hohen Qualitätsanspruch klar. Das für einen 1×12-Combo recht groß gehaltene Schichtholzgehäuse zeigt ein penibles Finish. Um die beiden oben und unten angebrachten Rückwände zu fixieren, werden nicht schnöde Holschrauben verwendet, sondern Gewindeeinsätze in die Leisten eingesetzt, in die Maschinenschrauben fassen. Desgleichen beim von Eminence gefertigten Budda-Phat-12-Speaker. Das Anschlusskabel mit großem Leitungsquerschnitt findet über einen vergoldeten Winkelklinkenstecker Kontakt zu Speaker-Out. Am Lautsprecher sitzen die Kabelschuhe leider relativ locker, was den ersten und hoffentlich einzigen Eintrag im Minus-Kasten nach sich zieht.
Richtig entzückend präsentiert sich dagegen der Verstärkereinschub. Dickes Alu-Blech, säuberlich zurechtgebogen, an den Kanten hartverlötet, picobello. Nur die Endstufe ist frei verdrahtet, die restliche Teile haben auf dicken, stabilen Platinen ihren Platz. An die Zweifler und PTP-Fetischisten: Print-Montage ist nicht nur oder primär als Tribut an rationelle Fertigung zu verstehen, sondern dient auch der Objektivierung des Schaltungsaufbaus bzw. der Qualitätskonsistenz. Im Gegensatz zu einem freien Lead-Dress (Kabelverlegung), wo sich ein Fertigungslapsus durchaus hörbar negativ auswirken kann, ist das Printboard eine absolut verlässliche Konstante. Buddas Superdrive 30 II zeigt sich im übrigen sehr sorgfältig verarbeitet. Man sollte aber vielleicht bei den beiden großen, längeren 47-uF-Siebelkos mit Klebemasse o. ä. die Stabilität optimieren, damit sie sich garantiert nicht mit der Zeit von ihren Kontakten abvibrieren können – in Combos immer ein relevantes Thema, da sich ja mächtig Resonanzen im Gehäuse aufbauen. Dass die Bauteile von angemessener Qualität sind, versteht sich von selbst. Orange-Drops (Koppelkondensatoren) oder ähnliche in der Boutique-Szene verbreitet gebräuchliche Ingredienzen sucht man allerdings vergeblich. Außen neben den EL84 findet sich noch ein nettes Extra. Ein kleiner, hörbar aber doch leise laufender Lüfter fächelt den Endröhren Frischluft zu, was ihnen sicher nur gut tut.
„Start with the Drive-Channel … “ steht in der Bedienungsanleitung zu lesen, die mal wieder multilingual mehrere Sprachen kennt, nur leider nicht Deutsch. Aber okay, so sei es, starten wir gleich mit dem Distortion-Brett. Der Grund für die Ansage liegt auf der Hand: Beide Kanäle sind in der Lautstärke vom Master-Volume abhängig. Und da Drive-Gain reichlich Schub macht, muss zunächst diese Ebene abgestimmt werden, und hernach wird der Rhythm-Volume- Regler passend nachgeführt. Heißt im Umkehrschluss? Ganz frei zu tun was man will ist man in der Kanalabstimmung nicht. Der Budda-Empfehlung folgend bedeutet dies primär, dass sich der Rhythm-Kanal in der Live-Anwendung unterordnen muss und nicht alle seine Facetten zeigen kann.
Der Distortion-Sound der Drive-Sektion ist von hart-herzlicher Natur. Er schreit eher als dass er lieblich singt, hält aber elegant die Waage zwischen Aggression und kultivierter Ausdruckkraft. Um einen plakativen Anhaltspunkt zu geben, könnte man von einem leichtfüßig luftigeren JTM-45-Sound sprechen. Sehr transparent, authentisch in der Darstellung der Instrumentendetails, harmonisch in der Zerrstruktur und tendenziell immer etwas bissig, rotzig im Charakter, dennoch nicht fies oder aufdringlich, erfährt die Distortion bei der Gain-Abstimmung einzig eine Änderung der Intensität. Selbst am Maximum entsteht allein aus der Vorstufe wenig bis keine Kompression. Wer Nachgiebigkeit und Interaktion mit dem Amp erleben möchte, muss einigermaßen laut spielen. Dann nimmt die Endstufe Teil an der Sound-Formung, pumpt ohne viel Energie zu verlieren in geradezu idealer Vintage-Manier, kippt schön in Obertöne, verfällt gerne in kontrollierte Feedbacks. Mit diesem Verhalten empfiehlt sich der Superdrive 30 II für alle Varianten des Blues, Country-Lead-Player und Retro-Rocker. Aber Obacht: Wie so oft bei derart ehrlichen Verstärkernaturen wird vom Spieler entschlossenes Vorgehen, präzise Tonformung gefordert.
Wer ob der Endstufentechnik eine Wiedergabe nach AC-30-Art vermutet, liegt falsch. Voxens Legende ist im klassischen Sinne, mit seiner Luftigkeit und unaufdringlichen Brillanz hier nicht wiedererkennbar. Der Superdrive steht eher den entsprechenden Modelle von Matchless und Bad Cat nahe, die ebenfalls sehr entschlossen, mit viel Kraft und hoher Dynamik zur Tat schreiten. Und wenn hier „laut“ geschrieben steht, dann ist das bitte auch so zu verstehen. Ja man kommt schon ein wenig darüber ins Staunen, was dieser 1×12-Combo an Schalldruck raushaut. Zumal er viel Volumen im Bass-/Tiefmittenbereich liefert.
Mehr noch als im Drive-Modus wird dies im Rhythm-Kanal deutlich, der einen wirklich tollen, kraftvoll wie lebendig-frischen Cleansound erzeugt bzw. bei höheren Lautstärken in sehr harmonischen Overdrive hinübergleitet. Als eine der Referenzen tritt hier ja immer die Vintage-Mintage-’62-Strat von Morgaine an. Die Dame hat kapriziösen Charme. Ein unerzogener Begleiter bekommt stikum ihren giftigen Zorn zu spüren, sprich einen unkultivierten Amp/Combo stellt sie mit ihrem knallig extrovertierten Attack und Obertonspektrum gnadenlos bloß. Hier sind die beiden aber ein Herz und eine Seele, harmonieren prächtig und bilden ein expressives Duo. Ehrliche Wiedergabe mit der gebührenden Geschmeidigkeit, klasse.
Mit weit offenem Rhythm-Poti kommt man in einen leicht anzerrenden, sehr dynamisch reagierenden Overdrive-Bereich, mit dem sich z. B. John Mayers kombinierter Chord-/Lead-Style realistisch abbilden lässt. Auf dieser Gain-Ebene ist die Rhythm-Sektion dem weit aufgedrehten Drive-Kanal im Pegel ebenbürtig. Will man wirklich clean spielen, kommen jedoch Probleme auf. Rhythm unverzerrt und (Lead-) Drive in Nähe des Maximums, dies ist live kaum vereinbar, weil die Lautstärkedifferenz zu groß wird, bzw. eben beide Kanäle über das Master-Volume laufen. Wie und ob man mit der Gain-Struktur zurechtkommt, sollte man also vor dem Kauf eingehend prüfen. Bei der Gelegenheit achte man außerdem auf die Balance der Klangfarbe. Im direkten Vergleich ist der Drive-Kanal grundsätzlich immer etwas höhenreicher als Rhythm. Fasst man die Klangregelung so an, dass die Drive-Distortion ohne viel Schärfe gemütliche Stimmung macht, kann Rhythm durchaus etwas zu matt in den Höhen wirken. An sich ist die Klangregelung sehr wirkungsvoll und bewirkt damit große Variabilität. Von der Modern-Umschaltung sollte man keine drastischen Veränderungen erwarten. Etwas mehr Bass, leicht erhöhte Transparenz in den Hochmitten: Ja, das hat durchaus Gebrauchswert, ist aber keine Einrichtung mit entscheidender Bedeutung.
Für einen Vollröhren-Amp überraschend universell hat Budda den FX-Weg konzipiert. Hinter dem Master-Volume angeordnet, liegt sein nominaler Arbeitspegel niedrig bei ca. -10dB. Im Prinzip können hier also ohne Aussteuerungsprobleme sogar Pedaleffekte eingeschleift werden. Klanglich verhält sich der Einschleifweg neutral. Bleibt noch der Slave-Out, der mit einer leichten Frequenzgangkorrektur dazu gedacht ist, zusätzliche Amps/Endstufen anzusteuern; es handelt sich nicht um einen D.I.-Recording-Out! Und der Ausgang kann so auch nicht ersatzweise genutzt werden, da die Höhen (noch) zu intensiv vertreten sind. Wenngleich der Signalabgriff hinter dem Ausgangstrafo liegt und er somit alle Sound-Anteile beinhaltet.
Resümee
Combo-Verstärker sind beliebt weil sie leicht zu transportieren sind. Oft gehen die kompakten Abmessungen aber auf Kosten der Klangfülle. Dass es auch anders geht, beweist Buddas Superdrive 30 II. Ausgewogen, mit voluminösen Tieftonanteil erweist sich der 1×12-Koffer als potente Tonmaschine. Er liefert Vintage-Eigenschaften wie aus dem Bilderbuch und überzeugt mit seinem starken Charakter. Im Live-Einsatz sind die konträren Extreme clean/Rhythm und maximale Drive-Verzerrung wegen hoher Lautstärkedifferenz nur bedingt nutzbar. Davon abgesehen geht das Konzept universell auf. Zu loben ist insbesondere der quasi perfekt funktionierende FX-Weg.
In der Endabrechnung schlägt sich die sehr gute Verarbeitung natürlich auch positiv nieder. Nüchtern betrachtet muss man dennoch konstatieren, dass alles in allem die Substanz nicht gerade als besonders aufwendig zu Buche schlägt. Aber der Superdrive 30 II ist schließlich Made in USA und gerät allein von daher sogleich in gehobene Preisgefilde. Ergibt sich als Fazit: Der Combo ist ganz und gar empfehlenswert, die Kosten/Nutzen-Relation bleibt in einem vertretbaren Rahmen.
Plus
• Sound, Variabilität
• Ansprache/Dynamik
• harmonisches u. sensibles Zerrverhalten
• Schalldruck, Bassvolumen
• Funktion des FX-Weg
• geringe Nebengeräusche
• Verarbeitung/Qualität der Bauteile
Minus
• Verkabelung des Lautsprechers
• keine deutschsprachige Bedienungsanleitung
Übersicht
Fabrikat: Budda
Modell: Superdrive 30 II 112 Combo
Gerätetyp: E-GitarrenKofferverstärker,
zwei Kanäle
Herkunftsland: USA
(Herstellerangabe)
Technik: Vollröhrenbauweise,
Röhrengleichrichtung
Röhrenbestückung: Class-A/BGegentaktendstufe
m. 4×
EL84/Sovtek; Vorstufe: 3× 12AX7 (V1:
ECC83S/JJ; V2+3: 12AX7AC5/RubyTubes;
1× 5U4GB/EH f. Gleichrichtung
Leistung: 30 Watt/RMS
(Herstellerangabe)
Lautsprecher: 1× Budda Phat-12 by
Eminence, 12″, 8 Ohm
Gehäuse: hinten offen,
Schichtholzplatten (ca. 19 mm),
Lüftungsgitter an Rückseite,
Kunstlederbezug, Metallkappen an
allen Ecken, große Gummifüße,
Tragegriff a. d. Oberseite,
Lautsprecher v. hinten montiert
Chassis: Alublech (ca. 2,1 mm, UWanne,
Kanten verlötet), hängend
montiert, Röhren nicht weiter
gesichert (aber: sehr stramme
Fassungskontakte)
Anschlüsse: Front: Input, Footswitch;
Rücks.: Effects-Loop-Send, -Return,
Slave, Speakers (4, 8, 16 Ohm
schaltbar), Netzbuchse
Regler: Front: Rhythm, Drive, Treble,
Middle, Bass, Master (-Volume);
Rücks.: Slave-Level
Schalter/Taster: Front (Pull-Potis):
Brite, Modern, Channel; On/Off
(Power), Rest/Go (Standby); Rücks.:
Channel (-Select, LEDs als Anzeige),
Rhythm-Crunch, Power (LED), Standby
(LED); Rücks.: ImpedanceWahlschalter
(4, 8, 16 Ohm)
Effekte: keine
Einschleifweg: ja, seriell, passiv
Besonderheiten: keine
Gewicht: ca. 21,5 kg
Maße: ca. 585 × 534 × 265 BHT/mm
Zubehör: viersprachige
Bedienungsanleitung (kein Deutsch)
Vertrieb: Peavey Electronics Ltd.
66606 St. Wendel
www.peavey-eu.com
Preis: ca. € 1999