Black Beauty: Reverend Pete Anderson Eastsider Custom Limited Edition im Test
von Michael Dommers, Artikel aus dem Archiv
Anzeige
(Bild: Dieter Stork)
Seit 1999 stellen wir regelmäßig von Joe Naylor designte Reverend-Gitarren und -Bässe vor. Unter den zahreichen Signature-Modellen taucht mitunter auch der Name des Country-Pickers und Grammy-Gewinners Pete Anderson auf.
Anzeige
Nach Andersons Hollowbody-Bigsby-Gitarren PA-1 und PA-1 RT erschien kürzlich in limitierter Auflage von 100 Exemplaren das schicke Tele-Style-Modell Eastsider Custom, eine Weiterentwicklung der Reverend Eastsider.
SCHWARZ & GOLD
Nicht wenige Hersteller führen in ihrem Portfolio eine komplett schwarz hochglanzlackierte Gitarre mit goldener Hardware. Die bekannteste dürfte Gibsons Les Paul Custom sein, deren Body ebenfalls mit weißen Double-Bindings daherkommt. Ein Hauch von Luxus. Der Korpus unserer Protagonistin besteht aus massivem Korina (afrikanisches Limba), dem zwei unter dem Pickguard ausgefräste Kammern nicht nur mehr Klangfülle, sondern auch geringeres Gewicht verleihen. Traditionell flach gehalten, gibt es keinerlei ergonomische Shapings, die doppelten Bindings verhindern zudem verrundete Kanten.
(Bild: Dieter Stork)
Ein Blick auf das zargenseitige Buchsenblech und ins E-Fach verrät, dass Reverend ausschließlich hochwertige Komponenten verbaut: Die Pure-Tone-Klinkenbuchse garantiert mit jeweils doppelten Tip- und zusätzlichen Sleeve-Federkontakten dem Stecker besten Halt, optimale Signalübertragung und hohe Zuverlässigkeit. Die Alpha-Potis besitzen nur 10% Toleranz, und das Volume-Poti ist mit einem Treble-Bleed-Schaltkreis zur Minimierung von Höhenverlusten versehen. Auch die verwendeten Kondensatoren weisen nur 10% Toleranz auf, bestehen aus Polyester und sind langlebiger und weniger anfällig für Temperaturschwankungen. Große filzunterlegte Pins bieten dem Gurt sicheren Halt.
Ungewohnt für eine Tele-Style-Gitarre ist der verleimte Hals, der zudem aus dreifach gesperrtem Korina besteht und unter seinem polierten 10-14″ compound Ebenholzgriffbrett einen Double-Action-Stahlstab beherbergt, der hinter dem vorbildlich abgerichteten Boneite-Sattel zugänglich ist. Gelbliche Dot Inlays und weiße Sidedots erleichtern die Orientierung. Während die 22 Jumbo-Bünde penibel bearbeitet wurden, hat die Sorgfalt an den Kanten, speziell an der oberen, etwas gelitten.
Kopfplattenrückseite mit Signatur und Locking Tunern (Bild: Dieter Stork)
Die Reverend Pin Lock Tuner mit hoher 20:1-Übersetzung arbeiten gleichermaßen geschmeidig wie präzise. Als Steg findet eine Stahlplatte mit 6 längen- und höhenjustierbaren Gussreitern Verwendung, und auf der Korpusrückseite halten präzise eingelassene Hülsen die Endringe der Saiten.
Stegplatte mit Einzelreitern (Bild: Dieter Stork)
Zwei Reverend-Humbucker, ein fullsize HA5 in der Halsposition und ein Telbucker im Singlecoil-Format am Steg, beide höhenjustierbar gelagert, übernehmen die Schwingungswandlung. Verwaltet werden sie per Dreiwegschalter, Master-Volume- und Master-Tone-Reglern. Zieht man Letzteres hoch, wird die Phase des Steg-Pickups umgekehrt, was sich jedoch klanglich erst dann auswirkt, wenn beide Pickups gleichzeitig aktiv sind.
Praxistest und Resümee auf Seite 2 …
(Bild: Dieter Stork)
GREENY STATT TWANG
Das überschaubare Gewicht der Eastsider Custom Ltd. resultiert primär aus den Hohlkammern des Korina-Bodys. Dem gegenüber stehen ein kräftiger, aber dennoch komfortabel spielbarer Hals, ein Double-Action-Stahlstab und Locking Tuner. Was hat dies zur Folge? Logo, Kopflastigkeit! Die macht sich bei unserer Testgitarre jedoch vor allem am Gurt bemerkbar, weniger auf dem Bein. Der ergonomische Fuß des verleimten Halses bietet der Hand in den hohen Lagen etwas weniger Freiraum als der einer klassischen Tele mit Schraubhals. Akustisch angespielt, zeigt sich ein kraftvolles, ausgewogenes, sehr differenziertes, tendenziell warmes Klangbild, das sich durch straffe Bässe, klare transparente Höhen und reichen Obertongehalt auszeichnet. Neben direkter Ansprache und spritziger spontaner Tonentfaltung beeindruckt Pete Andersons limitierte Reverend vor allem durch stabiles Sustain mit langsamer und gleichförmiger Abklingphase.
Beide Reverend-Pickups, ja sogar der Singlecoil-formatige Steg-Humbucker, zeigen klanglich deutliche Anlehnung an vintage-style PAF-Typen, was bereits im Clean-Betrieb auffällt. Rund, vollmundig und wunderbar ausgewogen präsentiert sich der Hals-HB, trennt bei Akkorden präzise die Saiten, tönt insgesamt etwas klarer, differenzierter und luftiger als ein PAF-Typ und deckt auch das Oberton-/Flageolettspektrum hinreichend ab. Besonders überrascht hat mich der Steg-Pickup, bei dem ich im Blindtest auf einen Fullsize-Humbucker gewettet hätte. Kein Vergleich also mit einem Standard-Tele-Singlecoil und typischen Twang-Klängen, die ich gerade von einem Pete Anderson erwartet hätte. Statt derer liefert die Eastsider Custom Ltd. knackig straffe Bässe, prägnante Mitten, samtige klare Höhen und reichen Obertongehalt. Der leistungsstarke Reverend Telbucker entpuppt sich quasi als klanglicher Klon des Wizz Tribute PAFs meiner Gibson R8 Les Paul, gibt sich höchstens noch einen Hauch fetter. Bin einigermaßen (positiv) überrascht.
Da wundert es mich auch nicht, dass die Kombi beider Pickups Les-Paul-Klänge aus den Lautsprechern perlen lässt: Rund, klar, glockig und mit feinem Glanz in den Höhen. Zieht man jetzt noch den gerändelten Reglerknopf des Mastertone-Potis hoch, ertönen diese bekannten, etwas hohl und nasal tönenden Out-of-phase-Sounds à la Peter Green, und zwar ziemlich gut getroffen und nahezu ohne Pegelverluste. Angesichts von Leistungsstärke und PAF-Charakteristik der Reverend-Tonabnehmer meistert die Gitarre nicht nur jede Schattierung zwischen Clean und Crunch, sondern überzeugt auch im Classic- und Hardrock-Genre gleichermaßen, wobei Leadsounds von beeindruckender Dynamik und ebensolchem Sustain unterstützt werden. Als kein Fan von Treble-Bleed-Schaltungen muss ich gestehen, dass mich die hier Vorliegende tatsächlich überzeugt hat. Sie umgeht den typischen Treble-Roll-Off beim Herunterregeln des Outputs und erhält selbst bei niedrigen Pegeln den Höhenanteil ohne Klangbild und -charakter zu beeinflussen. Zudem arbeiten beide Potis sehr geschmeidig und zeigen ausgesprochen gleichmäßige Regelwege.
RESÜMEE
Wenngleich die Reverend Pete Anderson Eastsider Custom Ltd. alles andere als gewohnte Tele-Sounds bietet, hat mich diese Gitarre restlos begeistert. Klanglich ist sie eher dem Les-Paul-Lager zuzuordnen, was angesichts der Pickup-Ausstattung nicht zu erwarten war, höchstens noch hinsichtlich der verwendeten Hölzer Korina und Ebenholz. Bis auf kleine Nachlässigkeiten an den Bundkanten wurde die Anderson tadellos verarbeitet und lässt sich auch trotz des kräftigen Halses entspannt bespielen. Mit exzellenter Dynamik und standfestem Sustain überzeugt sie bereits ebenso im Trockentest wie die Reverend-Pickups am Amp, u.a. auch deren Out-of-Phase-Schaltung, nicht zu vergessen der Treble Bleed des Volume-Reglers. Kurz: Tolle Gitarre zum überaus fairen Preis. ●