Mensch oder Maschine?

Between human and bassist: SubMission Audio EuroBass III im Test

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Die Fretboard-Ansicht zeigt die Töne auf dem Spector-Griffbrett. Direkt darunter wählt man aus den drei Grundsounds D.I., Clean und Distortion.

Wer kennt es nicht? Da braucht man für ein Demo mal eben eine eingespielte Bassline und dann sind die Saiten durch oder es findet sich niemand mit den geforderten Skills am Instrument. Mit den virtuellen Bässen von SubMission Audio hat das nun ein Ende.

Zugegeben, Sample-Bibliotheken sind keine neue Erfindung. Hochwertige Lösungen wie Trilian oder Modo Bass sind allerdings auch recht kostspielig und können oft schon wieder viel mehr als eigentlich gefordert. Das Portfolio von SubMission Audio bietet zwar keine automatisch erstellten Basslines oder große Effekt-Racks, dafür aber aufwendig gesampelte Instrumente zum vergleichsweise kleinen Preis. EuroBass ist, wie auch die anderen Instrumente von SubMission Audio kein eigenes Plug-in, sondern eine Bibliothek für Kontakt, den gängigsten Player für gesampelte Instrumente. Da die Bibliothek offiziell lizensiert ist, kann sie auch im kostenlosen Kontakt-Player geöffnet werden, zusätzliche Kosten fallen also glücklicherweise nicht an. Wer es anhand des Namens noch nicht erraten hat: bei EuroBass III handelt es sich um die SampleBibliothek eines Spector Euro LX Fünfsaiters.

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OHNE FIRLEFANZ

Für ein möglichst authentisches Ergebnis werden bei SubMission Audio hochwertige Instrumente bis ins Detail gesampelt. Im Falle der EuroBass-III-Bibliothek bedeutet das mindestens 16 Aufnahmen derselben Note, zwischen denen zufällig ausgewählt wird. Jeweils für jeden Bund, jede Dynamikstufe und jede Spieltechnik. Dass dabei nur etwa 3,5GB Speicherplatz auf der Festplatte belegt werden, ist vor allem der Echtzeitverarbeitung innerhalb von Kontakt zu verdanken, mit der die beiden zusätzlich zur Verfügung stehenden Sounds realisiert werden.

Aber verschaffen wir uns zunächst einen Überblick über die Benutzeroberfläche, denn hier gibt es einige interessante Dinge zu entdecken. Zunächst findet sich hier die naturgetreue Abbildung des gesampelten Spectors, auf dessen Griffbrett in Echtzeit die abgespielten Töne angezeigt werden. Direkt darunter befindet sich die Auswahl der Grundsounds, bestehend aus nacktem DI-Signal und zwei „Mix Ready“- Sounds, einer davon verzerrt und der andere nicht. Über die „Mixer“-Schaltfläche erhält man Zugriff auf einige Parameter der internen Signalverarbeitung, wie den Grad der Verzerrung, Kompression oder Fülle des Bassbereichs. Um mal eben schnell einen Sound bereit zu haben, sind diese Optionen gut zu haben, ich bevorzuge allerdings die Verwendung meiner eigenen Signalketten auf dem DI-Signal.

Bei vielen virtuellen Bässen ist der Tonumfang auf das Standard-Tuning begrenzt, nicht so bei EuroBass. Hier reicht der Umfang vom G4 bis herunter zum C0 und damit fast eine Oktave tiefer als das Standard-H des Fünfsaiters. Selbst tiefstem Metal steht damit nichts im Wege und hier scheint auch ein Hauptaugenmerk der EuroBass-Bibliothek zu liegen, denn obwohl sich unter den 15 Artikulationen auch Slapping, Tapping und sogar Palm-Mutes befinden, gehört normaler Fingerstyle nicht zum Portfolio. Der normale Sound beim EuroBass wird mit dem Plektrum erzeugt, für rundere Fingerstyle-Sounds ist die „Grovebass“- Bibliothek des Anbieters die bessere Wahl.

Die aktuell verwendete Artikulation wird links unten auf der Oberfläche angezeigt während rechts daneben ein Auswahlmenü für die Feinstellung des Alternate-Picking-Algorithmus platziert ist. In der Regel liefert die Automatikeinstellung bereits das beste Ergebnis, bei Bedarf kann hier aber die Zeitbasis eingestellt werden, mit der zwischen Up- und Downstroke gewechselt wird. Über das kleine Zahnrad in der oberen rechten Ecke lässt sich das Menü für das Tuning jeder Saite des virtuellen Basses öffnen. Zusätzlich sind hier die verschiedenen Artikulationen aufgelistet, mitsamt ihrer Programmieranweisung.

Realismus und Praxistest auf Seite 2

Im Mixer-Menü steuert man Verzerrung, Tone, Kompression und den Bassumfang.

MENSCH ODER MASCHINE?

Ein großes Problem an Instrumenten „aus der Dose“ ist der oft statische und unnatürliche Klang. Round Robbins, so nennt es sich, wenn eine Note mehrfach gesampelt wird, sind da zwar ein integraler Teil zum Beheben der Problematik, die komplette Lösung stellen sie allerdings nicht dar. Hier kommt das Humanizing ins Spiel, dabei werden Notenlautstärke sowie die Genauigkeit des Timings minimal und zufällig variiert, so wie es beim Spielen eines echten Instrumentes eben auch vorkommt. SubMission Audio bietet drei Stufen des Humanizings an, zwischen denen stufenlos ausgewählt werden kann. Während die ersten beiden noch neutral „Machine“ und „Human“ heißen, steht beim weiteren Drehen des Reglers plötzlich „Bassist“ auf dem Display. Na Danke! Tatsächlich gefällt mir die Position genau am Übergang zwischen Human und Bassist aber am besten, auf Rechtsanschlag ist mir das Spiel doch zu sloppy und links von der 12-Uhr-Stellung zu statisch. Über den „Position“-Regler wird eingestellt, in welcher Lage die Töne gegriffen werden.

Möchte man etwa eine Sololinie in den hohen Lagen erklingen lassen, wird der Regler beispielsweise auf den 12ten Bund gestellt. All diese Artikulationen, Lagenwechsel bzw. auch das Erzwingen einer Note auf einer bestimmten Saite können einfach per zusätzlicher Anweisung in der Notation abgerufen werden. Dazu wird unter jede Note bzw. unter jeden Bereich, in dem diese Anweisung gelten soll, die entsprechende zusätzliche Note in die Piano-Roll bzw. den MIDI-Track eingetragen. Soll eine Passage etwa nur mit Downstrokes gespielt werden, muss ein D-2 in diese Passage mit eingetragen werden. Sogar Slides sind auf diese Weise möglich und sie können sogar in ihrer Geschwindigkeit eingestellt werden.

Wie das genau geht, erklärt der Hersteller in einem etwa fünfminütigen YouTube-Video sehr anschaulich. Insgesamt geht das Programmieren wirklich gut und schnell von der Hand und selbst ohne großes Tweaking sind die Ergebnisse für die meisten Einsatzzwecke wirklich mehr als passabel. Wer etwas übt, kann die Keyswitches zum Wechsel der Artikulationen auch in Echtzeit mit einem Master-Keyboard einspielen und die Bibliothek für Live-Einsätze nutzen.

Feinjustierung für Artikulation, Tuning und mehr.

PRAXIS & RESÜMEE

Klanglich macht der EuroBass schon viel her, Spector eben. Starkes Sustain im Low-End, durchsetzungsstarke Hochmitten sowie der typische Spector-Growl sind astrein eingefangen und je nach Anschlagsdynamik auch mit den entsprechenden Nebengeräuschen versehen. Mittels Nachbearbeitung kann dem Sound natürlich etwas an Schärfe genommen werden, dennoch macht sich der EuroBass am besten in Produktionen, in denen der Bass weiter vorn im Mix stehen darf. Mir persönlich gefallen die Sounds gut und um einen ersten Eindruck von neuen Songideen zu bekommen, sind Tools wie EuroBass doch deutlich besser geeignet als die hauseigenen Sounds von Tux-Guitar oder Guitar Pro. Im Vergleich klingen z.B. die Bass-Sounds aus der Werksbibliothek von Kontakt wie robotischer Keyboard-Bass des letzten Jahrhunderts.

Je nach Genre, Kontext und Programmieraufwand sind damit sogar vollwertige Produktionen möglich. Gerade Slap-Bass erfordert aufgrund der hohen Anzahl an Dead-Notes und Artikulationswechseln einen höheren Aufwand, normales Plektrumspiel oder Tapping sind hingegen recht fix in die Piano-Roll gehackt. Insgesamt macht das Songwriting mit den Bibliotheken von SubMission wirklich Spaß und gerade beim Homerecording ist nicht immer ein hochwertiger Bass, geschweige denn jemand zum Bedienen zur Hand. Hier können hochwertig gesampelte Instrumente voll punkten. Gesampelte Drums sind inzwischen gang und gäbe, warum nicht auch Bässe? Mit wenig Aufwand gibt es hier viel Ergebnis. Zwar klingt das nicht 100% wie ein echt eingespielter Bass, kommt dem aber je nach Situation erschreckend nahe.

PLUS

  • kommt nicht zu spät zu den Proben
  • nicht zu geizig für frische Saiten
  • immer auf dem Beat
  • spielt nur, wenn man es auch will
  • authentische Dynamik und Artikulation

MINUS

  • hilft nicht beim Tragen
  • kein Fingerstyle

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2024)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Wie maximal hässlich ist denn bitte die Oberfläche?! Haben die die UI-Entwicklungen der letzten 25 Jahre verpennt oder einfach ignoriert? Unter Geschmack kann man das nicht mehr verbuchen, das ist schmerzhaft.
    Meine Güte…

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  2. Ihr habt bei “Minus” ‘was vergessen: trinkt einem nicht das Bier oder den Kaffee weg. Mir sind meine Bandkolleg:innen aber lieber – und für ‘ne Demo-Aufnahme würde ich den Bass (meist in Fingerstyle) zur Not noch selbst einspielen. Aber ich stehe auch auf Musik, bei der man hört, dass da ein echter Mensch ein “echtes” Instrument gespielt hat. Die Kritik an der Oberfläche teile ich übrigens – sieht aus, als wär’s vom Designer der Rammstein-Bühnenoutfits nach einem Schluck aus dem falschen Rotweinglas entworfen.

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