Beachtliches Debut

Berliner Lichtbringer: Lichtlærm Audio Prometheus im Test

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(Bild: Lichtlaerm Audio)

Mit üppig ausgestatteten Pedalen, die in Berlin-Lichtenberg von einem kleinen Team gefertigt werden, hat sich Lichtlærm Audio weltweit einen Namen erarbeitet und erfreut sich vorwiegend im breiten Metal-Spektrum vieler Freunde. Mit dem Prometheus stellt der Hersteller nun sein bislang größtes Projekt vor. Prometheus, Titan aus der griechischen Mythologie, war es, der den Göttern das Feuer stahl und den Menschen brachte. Ein schöner Name für einen Verstärker mit glühenden Röhren und einer Ausgangsleistung zwischen 80 und 200 Watt, zwei Hauptkanälen, zusätzlichem Crunch-Voicing, mehreren Schaltoptionen, MIDI, Noise-Gate und weiteren Extras.

Schon äußerlich macht dieser angenehm transportable Verstärker einen hochwertigen, markanten Eindruck. Er ist bestens verarbeitet, übersichtlich gestaltet, mit seitlichen Griffmulden versehen und mit dekorativen Holzelementen front- und rückseitig verschönert. Im Inneren wartet er mit einer selbst konzipierten Platinenschaltung auf. Vorgabe war es dabei, eine Chassisbreite von 19″ einzuhalten, die eine prinzipielle Rack-Montage des Verstärkers ermöglicht. Bei der Gestaltung hat man als Kunde die Wahl zwischen Tolex, Holzlackierung, einem eventuellen 19″-Gehäuse und kann zudem noch die Bestückung der Endstufe bestimmen. Unterschiedlichste sockelkompatible Röhrentypen lassen sich paarig kombinieren und über zwei rückwärtige Bias-Sektionen selbst auf den richtigen Arbeitspunkt bringen. Das Testgerät wurde mit je zwei EL34 und KT88 bestückt.

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Rückseitig u.a.: Boxenausgänge, MIDI-Anschlüsse, FX-Weg, Fußschalter-Buchsen und Bias-Regler (Bild: Ulf Kaiser)

Der Ausgang kann an fünf Lautsprecherbuchsen abgegriffen werden, sowie samt Klangregelung hinter der Endstufe als regelbarer Line-Ausgang zur Weiterleitung an eine externe Endstufe oder eine Lautsprechersimulation.

Der Prometheus wird teilweise bei Driftwood in Bautzen gefertigt und greift hinsichtlich der mächtigen maßgefertigten Netzteile und Ausgangsübertrager auf die gleichen Komponenten wie deren Verstärker zurück. Wer hier jedoch einen verkappten Purple Nightmare vermutet, liegt falsch. Insbesondere in der Vorstufe unterscheiden sich die Verstärker deutlich, denn der Prometheus kombiniert britische und neuere Schaltungselemente auf seine Weise und kommt so zu eigenen Ergebnissen.

ZWEI KANÄLE

Der Clean-Kanal ist in Pegel und Gain regelbar, bietet eine passive Dreiband-Klangregelung sowie einen Schalter, der zwischen einer Bright-Variante und einem wärmeren Voicing umschaltet. Letzteres soll den Prometheus als Pedalplattform qualifizieren, die auch mit Distortion- und Fuzzpedalen umgehen kann – Ehrensache als Pedalhersteller.

Der Lead-Kanal bietet die gleiche Reglerausstattung sowie ein Cut-Poti, mit dem durch Hochpassfilterung eine zunehmend straffere Verzerrung erzielt wird. Auch in diesem Kanal gibt es einen Schalter (Bite), der das Signal bei Bedarf in den Hochmitten oder Höhen anhebt und die Verzerrung frequenzselektiv und Gain-abhängig erhöht. Die Schaltung agiert mit vier Gainstufen und mit genügend Zerrreserven für das Metal-Genre.

In der Endstufe finden sich die obligatorischen Master- und Presence-Regler, ergänzt um einen Bassregler (Depth). In beiden Fällen setzt Firmengründer und Entwickler Daniel Ringl auf feste Einsatzfrequenzen. Ziel war es, schnell zu guten Sounds zu kommen. Weitere Extras sind das Noise Gate, ein röhrengepufferter serieller Effekt-Loop und die sogenannte Defeat-Funktion. Alle Schalter sind frontseitig angebracht und bis auf Bright/Warm und Bite per MIDI steuerbar. Beliebige Schalterkombinationen werden dazu ausgewählt und per Store-Taster und Programmwechselbefehl ganz einfach gespeichert. Kanalumschaltung, Defeat, Gate und Loop sind alternativ auch über zwei TRS-Buchsen schaltbar.

Der MIDI-Fußschalter hat sechs Tasten und ist mit einer schönen Grafik der Fackel des Prometheus versehen. Cleveres Detail: Sowohl an der Rückseite des Verstärkers als auch am Fußschalter befindet sich ein 9-Volt-Ausgang, um Pedale mit Strom zu versorgen.

Bei abgeschraubter Rückwand zeigt sich ein aufgeräumtes Innenleben. (Bild: Dieter Stork)

Apropos Noise-Gate: Es ist die einzige Transistorschaltung im ansonsten komplett auf Röhrentechnik basierenden Signalweg.

Es entspricht dem hauseigenen Pedal The Key and the Gate und greift das zu bearbeitende Signal als Steuerinformation (Sidechain) hinter dem Eingang ab, führt den Schließvorgang aber erst vor dem Send des Loops hinter der Vorstufe aus.

VINTAGE UND DEFEAT

In letzter Sekunde entschied man sich für einen weiteren speicherbaren Voicing-Schalter, der den Lead-Kanal auf drei Gain-Stufen herunterschaltet und so einen Crunch-Sound schafft, hier „Vintage“ getauft. Schließlich gibt es noch die praktische, ebenfalls speicherbare „Defeat“-Funktion, mit der man ein alternatives Frontend direkt vom Eingang in die Endstufe einspeisen kann. So könnte man mit einem Looper wie dem Boss ES-5 zwischen den Verstärkerkanälen und einem „Amp in a Box“-Pedal wie dem Rodenberg BL 800 wechseln. Gate und Loop bleiben dabei weiterhin nutzbar!

Soundcheck und Resümee auf Seite 2

(Bild: Lichtlaerm Audio)

KLANG

Klanglich hält der Prometheus einige Überraschungen bereit und reagiert wunderbar sensibel auf die eingesetzte Elektronik. Der Clean-Kanal klingt aufgeräumt und offen, mit viel Headroom. Mit dem EQ lässt sich der Sound sehr gut an das Instrument anpassen. Trotz Gain-Regler bleibt er stets unverzerrt und bestenfalls leicht schmutzig. Je nach Anwendung kann man diesen Kanal mit dem Brilliance/Warm-Schalter offener oder runder machen, um ihn als Pedalplattform zu nutzen. Mit Pedalen wie dem EHX Big Muff Deluxe gelingt dies mit überzeugenden Ergebnissen.

Im Lead-Kanal würde ich die Stoßrichtung als modern, schnell und aufgeräumt bezeichnen, bei gleichzeitig gefälligem Spielgefühl. Die Gain-Reserven sind für meine Begriffe ausreichend. Wer die Nase noch nicht voll hat, kann sich mit einem Booster behelfen, mit dem sich der Prometheus sehr gut versteht. Nebengeräusche sind bei vier Gainstufen kaum zu vermeiden. Dank des regelbaren Noise Gates hat man sie aber gut im Griff. Schnell wünscht man sich eine solche Schaltung in jedem Verstärker – ein echter Segen! Bei schnellen Stakkato-Riffs herrscht in den Spielpausen Stille, während man für Soli das Gate zurückregelt oder den gleichen Sound ohne Gate abspeichert.

Der High-Gain-Sound ist eigenständig und aggressiv. Das Höhenspektrum lässt sich über Treble und Presence effizient abstimmen, dabei weiterhin nutzbar! wobei auch der Bite-Schalter gehörigen Anteil nimmt. Im Bassbereich findet man mit drei Reglern die richtige Balance: Neben dem Bass-Regler justiert der Cut-Regler den Bassanteil der Verzerrung in der Vorstufe und so die Straffheit. Matschig, tot und allzu „steif“ wird es jedoch nie. Hinzu kommt der Depth-Regler der Endstufe, der praxisgerecht aber nicht übertrieben ausfällt. Diese Abstimmung wurde bewusst gewählt, um dem Genre gerecht zu werden, denn ein allzu üppiger Bassbereich würde in der Mischung ohnehin verschlankt.

Auch der Mittenregler packt kräftig zu und ermöglicht Sounds, die von mittenbetont über aggressiv bis hin zu einem extremen Scoop reichen. Unterm Strich darf man die Klangregelung als üppig bezeichnen, zumal alle Potis und Schalter einen guten Regelbereich aufweisen. Das hoch angesetzte Presence-Poti wird sogar mit maßgeschneidertem Regelweg gefertigt.

Auch die Ausgangslautstärke lässt sich praxisgerecht einstellen und es ist möglich, in Wohnzimmerlautstärke zu spielen. Dreht man den Regler weiter auf, spürt man die Muskeln und Reserven der Endstufe und bringt zunehmend die Wände zum Wackeln. So soll es sein! Der Prometheus hat seine eigene Handschrift. Er klingt modern, trägt aber zusätzlich auch gewisse Vintage-Elemente in sich. Er klingt nicht nach Rectifier oder 5150, sondern schnittiger, strammer und produzierter. Je nach Instrument erinnert er mich manchmal eher an einen Engl E670 mit justierbarer Straffheit, besser regelbarem Bassfundament und flexibler Röhrenbestückung. Ich meine auch, die Handschrift von Driftwood zu erkennen. Mit passiven Humbuckern ist das absolut beeindruckend. Lichtlærm Audio trifft hier souverän ins Schwarze, ohne dabei ein One-Trick-Pony zu sein.

(Bild: Dieter Stork)

Mit aktiven Tonabnehmern gibt sich der Prometheus noch transparenter, aber auch mit einer gewissen Schärfe. Dementsprechend kann man die Treble- und Presence-Potis ruhig weiter zurückregeln, nach Wolldecke wird es nicht klingen. Das Frequenzspektrum ist also stark vom Tonabnehmer abhängig. Aktive Lösungen klingen mir in den Mitten etwas zu technisch und zu wenig warm. Hier könnte ich mir ein alternativ schaltbares Voicing vorstellen.

Ebenso entscheidend ist die Wahl der Box. In Kombination mit den kräftigen Celestion G12H-100 neigte der Bassbereich nie zum Wummern. Auch hier konnte ich deutliche Unterschiede zwischen den Tonabnehmern feststellen. Passiv erschienen mir die Regelbereiche bestens abgestimmt, aktiv mit EMG 81 oder Fishman Fluence Modern fehlte mir ein wenig Tiefenschub, den der Hersteller bei den nächsten ausgelieferten Modellen aber bereits etwas erweitert hat. Umgekehrt ist diese straffe Abstimmung insbesondere bei tiefen Stimmungen wertvoll.

Daniel Ringl selbst empfiehlt Modelle, die im Tiefenbereich nicht allzu schnell abfallen, wie etwa den bewährten EVM 12L.

Passende Boxen in den Formaten 2×12“ und 4×12“ werden in Kürze ebenfalls angeboten. Für diese hat Lichtlærm Audio in Zusammenarbeit mit Fane Acoustics auf Basis eines Prototyps einen schubkräftigen Treiber ausgewählt, der dennoch die offenen Eigenschaften der Fane-Lautsprecher besitzt und für die Produktion mit einem starken Keramikmagneten mit 150 Watt Belastbarkeit ausgestattet wurde. Somit darf man sich hier auf eine weitere Besonderheit freuen. Dieser LCFR-150 wird auch einzeln erhältlich sein.

Kommen wir schließlich zum Vintage-Voicing. Es bietet erwartungsgemäß weniger Gain und reagiert angenehm dynamisch sowie sensibel auf Tonabnehmer, Anschlag und den Lautstärkeregler der Gitarre. Als „Vintage“ oder Marshall-Ersatz würde ich dieses Voicing nicht bezeichnen, dafür fällt es zu wenig knochig aus. Dennoch erhält man eine sinnvolle Klangalternative, die durchaus ansprechende Sounds mit weniger Zerrgrad hervorbringt, sich aber per Overdrive gut „aufbohren“ lassen. Die wesentliche Einschränkung: Alle Regler und Schalter entsprechen dem Modern-Voicing. Das ist im Studio kein Problem, live aber in vielen Fällen nicht ideal.

MIDI-Fußschalter mit sechs Tastern und 9V-Ausgang für externe Pedale (Bild: Ulf Kaiser)

WUNSCHLISTE

An ein paar Stellen hätte ich mir eine erweiterte Funktionalität gewünscht. Prinzipiell ist der Prometheus ein zweikanaliger Verstärker. Einen vollwertigen dritten Kanal sollte man also nicht erwarten. Eine zweite Master-Lautstärke hätte ich somit sinnvoll gefunden, ebenso die Einbindung der Bright-Schalter in die MIDI-Steuerung. Ich könnte mir auch vorstellen, dass der Cut-Regler im Vintage-Voicing durch einen niedrigen Festwert ersetzt werden könnte, um auch ein explizit straffes High-Gain-Brett mit einem fülligeren Crunch kombinieren zu können. Aber auch hier hat Daniel Ringl gegenüber dem Testgerät bereits nachgebessert und die Kanalabstimmung weiter optimiert. Bei der zweifellos praktischen Defeat-Schaltung hätte ich mir eine Lösung gewünscht, bei der ein externer Vorverstärker zusätzlich in den Verstärker integriert werden kann. Auf der anderen Seite ist zu loben, dass der Prometheus bewusst kompakt gehalten wurde. Durch die 19“-Kompatibilität ist das Innenleben laut Entwickler weitgehend ausgereizt. Entsprechende Funktionen könnten daher ein Thema für ein mögliches größeres Nachfolgemodell sein …

RESÜMEE

Mit dem Prometheus gelingt Lichtlærm Audio ein absolut beachtliches Debüt im Verstärker-Segment. Der Zweikanaler bietet eine überzeugende, praxisgerechte Ausstattung. Vor allem aber liefert er ein modernes und flexibles Klangbild – eigenständig, wandlungsfähig, druckvoll und in verschiedenen Umgebungen gefällig spielbar. Gleichzeitig ist der Lichtlærm Prometheus ein echter Spezialist und somit eine besondere Empfehlung für den Metal-Bereich allgemein bis hin zu modernen Genres und auch dem Downtune-Bereich. Antesten dringend empfohlen!

PLUS

  • moderner, eigenständiger High-Gain-Sound
  • integriertes Noise-Gate
  • kompakte Bauform, 19“-kompatibel
  • variable Endstufe

MINUS

  • nicht alle Schalter per MIDI steuerbar


(erschienen in Gitarre & Bass 08/2024)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Schön, dass Berlin auch ein HighEnd-Hersteller-Ort ist …
    Hier bekommt Mensch eine Kiste mit – fast – allen Zipp und Zapp für modernes “elektrisch verstärktes Gitarrenspiel” … und das zu einem eher moderaten Preis! Ein Amp, der einen EV12″ verträgt, der kann was!
    Hoffentlich bleibt’s keine Eintagsfliege …

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