Beachtliches Debut

Berliner Lichtbringer: Lichtlærm Audio Prometheus im Test

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(Bild: Lichtlaerm Audio)

KLANG

Klanglich hält der Prometheus einige Überraschungen bereit und reagiert wunderbar sensibel auf die eingesetzte Elektronik. Der Clean-Kanal klingt aufgeräumt und offen, mit viel Headroom. Mit dem EQ lässt sich der Sound sehr gut an das Instrument anpassen. Trotz Gain-Regler bleibt er stets unverzerrt und bestenfalls leicht schmutzig. Je nach Anwendung kann man diesen Kanal mit dem Brilliance/Warm-Schalter offener oder runder machen, um ihn als Pedalplattform zu nutzen. Mit Pedalen wie dem EHX Big Muff Deluxe gelingt dies mit überzeugenden Ergebnissen.

Im Lead-Kanal würde ich die Stoßrichtung als modern, schnell und aufgeräumt bezeichnen, bei gleichzeitig gefälligem Spielgefühl. Die Gain-Reserven sind für meine Begriffe ausreichend. Wer die Nase noch nicht voll hat, kann sich mit einem Booster behelfen, mit dem sich der Prometheus sehr gut versteht. Nebengeräusche sind bei vier Gainstufen kaum zu vermeiden. Dank des regelbaren Noise Gates hat man sie aber gut im Griff. Schnell wünscht man sich eine solche Schaltung in jedem Verstärker – ein echter Segen! Bei schnellen Stakkato-Riffs herrscht in den Spielpausen Stille, während man für Soli das Gate zurückregelt oder den gleichen Sound ohne Gate abspeichert.

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Der High-Gain-Sound ist eigenständig und aggressiv. Das Höhenspektrum lässt sich über Treble und Presence effizient abstimmen, dabei weiterhin nutzbar! wobei auch der Bite-Schalter gehörigen Anteil nimmt. Im Bassbereich findet man mit drei Reglern die richtige Balance: Neben dem Bass-Regler justiert der Cut-Regler den Bassanteil der Verzerrung in der Vorstufe und so die Straffheit. Matschig, tot und allzu „steif“ wird es jedoch nie. Hinzu kommt der Depth-Regler der Endstufe, der praxisgerecht aber nicht übertrieben ausfällt. Diese Abstimmung wurde bewusst gewählt, um dem Genre gerecht zu werden, denn ein allzu üppiger Bassbereich würde in der Mischung ohnehin verschlankt.

Auch der Mittenregler packt kräftig zu und ermöglicht Sounds, die von mittenbetont über aggressiv bis hin zu einem extremen Scoop reichen. Unterm Strich darf man die Klangregelung als üppig bezeichnen, zumal alle Potis und Schalter einen guten Regelbereich aufweisen. Das hoch angesetzte Presence-Poti wird sogar mit maßgeschneidertem Regelweg gefertigt.

Auch die Ausgangslautstärke lässt sich praxisgerecht einstellen und es ist möglich, in Wohnzimmerlautstärke zu spielen. Dreht man den Regler weiter auf, spürt man die Muskeln und Reserven der Endstufe und bringt zunehmend die Wände zum Wackeln. So soll es sein! Der Prometheus hat seine eigene Handschrift. Er klingt modern, trägt aber zusätzlich auch gewisse Vintage-Elemente in sich. Er klingt nicht nach Rectifier oder 5150, sondern schnittiger, strammer und produzierter. Je nach Instrument erinnert er mich manchmal eher an einen Engl E670 mit justierbarer Straffheit, besser regelbarem Bassfundament und flexibler Röhrenbestückung. Ich meine auch, die Handschrift von Driftwood zu erkennen. Mit passiven Humbuckern ist das absolut beeindruckend. Lichtlærm Audio trifft hier souverän ins Schwarze, ohne dabei ein One-Trick-Pony zu sein.

(Bild: Dieter Stork)

Mit aktiven Tonabnehmern gibt sich der Prometheus noch transparenter, aber auch mit einer gewissen Schärfe. Dementsprechend kann man die Treble- und Presence-Potis ruhig weiter zurückregeln, nach Wolldecke wird es nicht klingen. Das Frequenzspektrum ist also stark vom Tonabnehmer abhängig. Aktive Lösungen klingen mir in den Mitten etwas zu technisch und zu wenig warm. Hier könnte ich mir ein alternativ schaltbares Voicing vorstellen.

Ebenso entscheidend ist die Wahl der Box. In Kombination mit den kräftigen Celestion G12H-100 neigte der Bassbereich nie zum Wummern. Auch hier konnte ich deutliche Unterschiede zwischen den Tonabnehmern feststellen. Passiv erschienen mir die Regelbereiche bestens abgestimmt, aktiv mit EMG 81 oder Fishman Fluence Modern fehlte mir ein wenig Tiefenschub, den der Hersteller bei den nächsten ausgelieferten Modellen aber bereits etwas erweitert hat. Umgekehrt ist diese straffe Abstimmung insbesondere bei tiefen Stimmungen wertvoll.

Daniel Ringl selbst empfiehlt Modelle, die im Tiefenbereich nicht allzu schnell abfallen, wie etwa den bewährten EVM 12L.

Passende Boxen in den Formaten 2×12“ und 4×12“ werden in Kürze ebenfalls angeboten. Für diese hat Lichtlærm Audio in Zusammenarbeit mit Fane Acoustics auf Basis eines Prototyps einen schubkräftigen Treiber ausgewählt, der dennoch die offenen Eigenschaften der Fane-Lautsprecher besitzt und für die Produktion mit einem starken Keramikmagneten mit 150 Watt Belastbarkeit ausgestattet wurde. Somit darf man sich hier auf eine weitere Besonderheit freuen. Dieser LCFR-150 wird auch einzeln erhältlich sein.

Kommen wir schließlich zum Vintage-Voicing. Es bietet erwartungsgemäß weniger Gain und reagiert angenehm dynamisch sowie sensibel auf Tonabnehmer, Anschlag und den Lautstärkeregler der Gitarre. Als „Vintage“ oder Marshall-Ersatz würde ich dieses Voicing nicht bezeichnen, dafür fällt es zu wenig knochig aus. Dennoch erhält man eine sinnvolle Klangalternative, die durchaus ansprechende Sounds mit weniger Zerrgrad hervorbringt, sich aber per Overdrive gut „aufbohren“ lassen. Die wesentliche Einschränkung: Alle Regler und Schalter entsprechen dem Modern-Voicing. Das ist im Studio kein Problem, live aber in vielen Fällen nicht ideal.

MIDI-Fußschalter mit sechs Tastern und 9V-Ausgang für externe Pedale (Bild: Ulf Kaiser)

WUNSCHLISTE

An ein paar Stellen hätte ich mir eine erweiterte Funktionalität gewünscht. Prinzipiell ist der Prometheus ein zweikanaliger Verstärker. Einen vollwertigen dritten Kanal sollte man also nicht erwarten. Eine zweite Master-Lautstärke hätte ich somit sinnvoll gefunden, ebenso die Einbindung der Bright-Schalter in die MIDI-Steuerung. Ich könnte mir auch vorstellen, dass der Cut-Regler im Vintage-Voicing durch einen niedrigen Festwert ersetzt werden könnte, um auch ein explizit straffes High-Gain-Brett mit einem fülligeren Crunch kombinieren zu können. Aber auch hier hat Daniel Ringl gegenüber dem Testgerät bereits nachgebessert und die Kanalabstimmung weiter optimiert. Bei der zweifellos praktischen Defeat-Schaltung hätte ich mir eine Lösung gewünscht, bei der ein externer Vorverstärker zusätzlich in den Verstärker integriert werden kann. Auf der anderen Seite ist zu loben, dass der Prometheus bewusst kompakt gehalten wurde. Durch die 19“-Kompatibilität ist das Innenleben laut Entwickler weitgehend ausgereizt. Entsprechende Funktionen könnten daher ein Thema für ein mögliches größeres Nachfolgemodell sein …

RESÜMEE

Mit dem Prometheus gelingt Lichtlærm Audio ein absolut beachtliches Debüt im Verstärker-Segment. Der Zweikanaler bietet eine überzeugende, praxisgerechte Ausstattung. Vor allem aber liefert er ein modernes und flexibles Klangbild – eigenständig, wandlungsfähig, druckvoll und in verschiedenen Umgebungen gefällig spielbar. Gleichzeitig ist der Lichtlærm Prometheus ein echter Spezialist und somit eine besondere Empfehlung für den Metal-Bereich allgemein bis hin zu modernen Genres und auch dem Downtune-Bereich. Antesten dringend empfohlen!

PLUS

  • moderner, eigenständiger High-Gain-Sound
  • integriertes Noise-Gate
  • kompakte Bauform, 19“-kompatibel
  • variable Endstufe

MINUS

  • nicht alle Schalter per MIDI steuerbar


(erschienen in Gitarre & Bass 08/2024)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Schön, dass Berlin auch ein HighEnd-Hersteller-Ort ist …
    Hier bekommt Mensch eine Kiste mit – fast – allen Zipp und Zapp für modernes “elektrisch verstärktes Gitarrenspiel” … und das zu einem eher moderaten Preis! Ein Amp, der einen EV12″ verträgt, der kann was!
    Hoffentlich bleibt’s keine Eintagsfliege …

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