Backpack-Amp extended: Blackstar Dept.10 Amped 2 im Test
von Redaktion,
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(Bild: Dieter Stork)
Bereits ein gutes Vierteljahr nachdem das Blackstar-Team das handtaschenformatige Vollverstärkerpedal Amped 1 präsentierte, legt es eine um eine komplette FX-Einheit erweiterte Version nach. Was für ein Tempo!
Die Amp-Sektion des Amped 2 wurde nahezu unverändert vom Amped 1 übernommen, das übrigens nicht abgelöst, sondern weiterhin angeboten wird. Lediglich die Endröhrensimulationen (Response) wurden auf EL84, EL34 und 6L6 halbiert, und das Flat Voicing (klangliche Ausrichtung des Amps) durch Classic ersetzt. Das Amped 2 fungiert also weiterhin als komplettes Verstärkertop mit Vorstufe und innovativem Class-D-Endstufen-Design, bietet hohe Aussteuerungsreserven (Headroom) und arbeitet mit Current Feedback, welches die Interaktion von Röhrenverstärkern mit Lautsprechern nachbildet.
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(Bild: Dieter Stork)
Neben der auf die jeweiligen Amp-Voices abgestimmten 3-Band-Klangreglung kann per Shift-Funktion des Tap-Fußtasters über das Treble-Poti auch Presence kontrolliert werden. Die Ausgangsleistung der Endstufe ist von 100 auf 20 oder 1 Watt reduzierbar. Auch die Cab Rig Section für Kopfhörer- bzw. Line-Out-Betrieb und D.I.-Abnahme sowie die drei wählbaren Speaker/Cabinet-Simulationen sind weiterhin an Bord. In der App stehen insgesamt 23 Boxen/Speakertypen, eine D.I.-Simulation, sechs Mikrofontypen, Cabinet Level, Master EQ, Raumsimulation und Master Level zur Verfügung. Um eine Frage vorweg zu beantworten: Das Cab Rig wird ausgeschaltet indem man die D.I.-Simulation aktiviert.
(Bild: Dieter Stork)
Via USB-C-Anschluss lassen sich Daten mit der Blackstar Architect App austauschen, über die zahlreiche Parameter und Funktionen editiert, Presets verwaltet und bis zu 250 mögliche Kombinationen von Mikrofonen, Lautsprechergehäusen, Mikrofontyp und Position, Raummikrofon und Master EQ in einen der drei internen Cab-Rig-Speicher übertragen werden können. Zudem steht der Anschluss für Aufnahmen zur Verfügung, wobei das Amped 2 als vierkanaliges Audio Interface fungiert. Zwei DC9V-Ausgänge für externe Geräte komplettieren das Anschlussfeld.
In dem Gehäuse aus 1,3 mm Stahlblechboden und satin-roter 2,2 mm Aluhaube herrscht Platzmangel, da auch ein digitales 100V-240V-Netzteil an Bord ist. Das Amped 2 hinterlässt einen superrobusten Eindruck, wurde mit hochwertigen Komponenten vorbildlich verarbeitet und steht sicher auf vier Gummipads.
WAS IST NEU?
Neben der Amp-Sektion stehen natürlich die Onboard-Effekte im Fokus, die sich mit den gewohnten Parameter-Reglern und winzigen Type-Kippschaltern bearbeiten lassen. Ein kleines Display zeigt die Namen der Parameter und deren Werte an und ist auch im Tuner-Betrieb am Start. Die Delay Time kann per Architect App wahlweise in Millisekunden oder BPM angezeigt werden. Selbstverständlich ist sie auch zu zehn verschiedenen Notenwerten synchronisierbar. Während der Drive-Effekt fest vor und Reverb hinter die Amp-Sektion geschaltet ist, lassen sich Modulation, Delay und auch der seriell oder parallel konfigurierbare FX-Loop pre oder post anordnen. Jedem der Effekte ist ein kleiner Hebelschalter zugeordnet, der die Wahl unterschiedlicher Typen ermöglicht.
Die Effekte, Typen und Parameter im Detail:
Drive
Type: (Clean) Boost, Drive, Fuzz
Regler: Drive, Tone, Level
Modulation
Type: Chorus/Flanger, Tremolo, Phaser
Regler: Time/Sync, Depth, Level
Delay
Type: Linear, Analogue, Shimmer
Regler: Time/Sync, Feedback, Level
Reverb
Type: Room, Spring, Plate
Regler: Time, Level
Dank des breiteren Gehäuses konnte man die Cab-Rig-Sektion von der rechten auf die Stirnseite verlegen. Der FX-Loop verfügt nun über zwei getrennte Send/Return-Klinkenbuchsen mit -10/+4dBAnpassung. Des Weiteren gibt es eine Kensington-Diebstahlsicherung und neben dem MIDI-In auch eine MIDI-Thru-Buchse, beide aus Platzgründen in Form von TRS-Miniklinken. Zwei 5-polige-DINAdapter zählen ebenso zum Lieferumfang wie ein USB- und ein 1,7 Meter langes Netzkabel.
APP & MIDI
Bot das Amped 1 noch einen echten zweikanaligen Amp, dessen Channels sich mit Hilfe des Preset-Fußtasters anwählen ließen, müssen wir beim Amped 2 gänzlich darauf verzichten. Patches lassen sich zwar am Pedal oder per USB-Verbindung in der App erstellen, werden jedoch auch dort gespeichert und verwaltet. Unmittelbar nach dem Aufbau der USB-Verbindung erkennt die App das Amped 2 und stellt die Bedienfläche auf dem Bildschirm 1:1 fotografisch dar. Die virtuellen Regler und Schalter bewegen sich synchron bei Betätigen der Pedal-Pendants, und die Werte aktualisieren sich sowohl in der App als auch im Pedal-Display.
Verändert man die Regler und Schalter am Bildschirm, tun dies auch die Werte inklusive aller LEDs beidseitig, nicht jedoch die Positionen der Pedalregler bzw. -schalter. Logisch, schließlich müsste man dafür die pedalseitigen Regler mit Motoren ausstatten. Daher stimmen in diesem Fall die Regler- und Schaltereinstellungen des Pedals nicht mit den aktuellen Werten überein. Das Erstellen, Editieren und Verwalten von Patches ist via App höchst komfortabel. Gespeicherte Patches können blitzschnell auf das Amped 2 übertragen werden.
Was aber geht nun MIDI-mäßig ab? In dem knappen Setup Guide ist zwar ein Foot-Controller abgebildet, der jedoch nichts anderes macht, als via Controller-Befehlen sämtliche Parameter des Bedienfeldes zu steuern, sprich neben den einzelnen Effektparametern auch Amp-Typen, Effektmodule und Effekttypen. Über MIDI In empfangene Control Changes zeigt das Display in Echtzeit an. Der MIDI-In-Kanal (1-16) kann in der App eingestellt werden.
Soundcheck, Effekte und Resümee auf Seite 2 …
AMP PERFORMANCE
Nimmt man das Amped 2 in Betrieb, leuchtet das mittig angeordnete Blackstar-Emblem auf, die LED des Tap-Tasters blinkt mit der aktuellen Delay-Time-Frequenz, und der geräuschlose Lüfter saugt die Luft ins Gehäuse, die durch die seitlichen Öffnungen wieder austritt. Auch nach längerem Betrieb wird das Gehäuse maximal handwarm. Die Anordnung des Tap-Fußtasters oberhalb des Tasters für Reverb ist meines Erachtens etwas unglücklich, da man bei Betätigung des Oberen auch durchaus mal den Unteren erwischen kann. Die aktive 3-Band-Klangreglung zeigt selbst bei stark verzerrten Sounds hohe Effizienz.
Der Voicing-Schalter liefert quasi die Grundsounds, von denen „USA“ die fendrige Clean- bis Crunch-, „UK“ die voxy Crunch- bis High-Gain-Abteilung vertritt. Das neue „Classic Voicing“ basiert auf Blackstars eigenem kaskadierten Tube-Overdrive-Schaltkreis mit traditioneller britisch orientierter, passiver Klangreglung. Es liefert die Gain-Struktur moderner Preamps für fette Akkorde und High-Gain-Sounds. Während Gain die Eingangsempfindlichkeit und damit den Verzerrungsgrad kontrolliert, steuert Master den Endstufenpegel und damit das, was über die Speaker- und Line-Ausgänge nach draußen geht.
Voice USA hält mit reichlich Headroom cleane bis dezent zerrende, luftig spritzige Crunch-Klänge bereit, die abhängig von Anschlagsintensität und Output der verwendeten Pickups auch heftiger crunchen können und somit exzellente Dynamik zeigen. Nehme ich den Anschlag ein wenig zurück, liefert das Amped 2 frische, transparente, spritzig perlende Klänge, erst recht bei der 6L6-Response, während EL84, vor allem aber EL34 mehr Wärme und Klangfülle erzeugen.
Das UK-Voicing bildet quasi den Overdrive Channel. Bereits bei Gain 9 Uhr ist erstes Anzerren zu vernehmen, welches sich mit vintage-style PAFs in der 14-UhrPosition bis zu Heavy Crunch steigern lässt. Durch Zurückdrehen des Gitarren-Volume klart der Sound zunehmend auf. Hierzu bietet die EL34-Response die authentischste Endstufenzerre mit schöner Brillanz, bester Dynamik und hohem Durchsetzungsvermögen, während die EL84 runder und wärmer klingt.
Für den Einsatz zuhause bietet sich der 1-Watt-Betrieb an, für Bandproben 20 Watt und für größere Bühnen 100 Watt. Das Blackstar Amped 2 klingt, reagiert und interagiert wie ein erstklassiger Röhren-Amp, ist extrem dynamisch und nebengeräuscharm und beeinflusst nicht den Klangcharakter der angeschlossenen Gitarre. Wird die leistungsstarke und mit hohen Clean-Reserven gesegnete Endstufe voll ausgesteuert, lässt sich die Zerrintensität präzise und dynamisch per Anschlag und Gitarren-Volume kontrollieren. Neben dem wirkungsvollen 3-Band-EQ können die Endstufen-Responses in die Klanggestaltung einbezogen werden.
EFFEKTE
Die FX-Abteilung bietet eine umfassende Standardausstattung von Drive-, Mod-, Delay- und Reverb-Effekten in Studioqualität. Alle vier Level-Regler kontrollieren den Ausgangs- bzw. Effektpegel des jeweiligen FX-Moduls. Aufgrund der auch zerrtechnisch überaus flexiblen Amp-Sektion erschien mir das Drive-Modul zunächst eher überflüssig. Allerdings zeigt jeder der drei Drive-Typen unterschiedliche Zerrcharaktere und interagiert vorzüglich mit den drei Preamp Voicings. Während Boost als Clean-Booster für Pegelanhebungen und zum „Füttern“ des Preamps zuständig ist, hält Drive eine breite Palette von Crunch bis High Gain bereit. Fuzz liefert Zerr-Sounds, die sogar mich als Fuzz-Vernachlässiger überzeugen. Nicht übermäßig kratzig und aggressiv, sondern wunderbar sahnig und dicht, sodass mit dem Hals-Pickup sogar synth-ähnliche Klänge möglich sind. Klasse! Über den wirkungsvollen Tone-Regler kann durch Halten des Tap-Tasters auch die Vorspannung (Bias) des Fuzz variiert werden, was am Ende dann doch bissig aggressive charakteristische Sounds ermöglicht.
Modulation Type 1 bietet räumlich klingenden Chorus und Flanger. Time kontrolliert die Mod-Geschwindigkeit wahlweise von 0.0–10.0 oder in Notenwert-Sync (Tap Hold). Depth wechselt in Mittelstellung von Chorus zu Flanger, deren Werte jeweils von 0.0-10.0 angegeben werden. Ähnlich wie Chorus/Flanger ist der Depth-Bereich des Tremolos mittig in Tremolo und Modulated Tremolo unterteilt. Je nach Level-Setting klingt der Effekt härter oder weicher. Phaser erzeugt ein breites Spektrum von sanftem, dezentem Phasing bis zu Auto-Wah-Anleihen.
Delay beinhaltet die Typen Linear, Analogue und Shimmer. Bei Linear bleiben die Echos klanglich unverändert, bei Analogue nehmen die Höhen ähnlich einem Tape Delay mit jeder Wiederholung ab. Shimmer fügt jedem Echo Obertöne hinzu. Time ermöglicht Delay-Zeiten von 100-1370 Millisekunden bzw. Notenwert-Sync. Dreht man Feedback voll auf, entstehen nahezu unendlich viele Delays ohne (!) Selbstoszillation. Vorbildlich: Die Delay Time erscheint im Display automatisch in BPM, wenn die Eingabe über den Tap-Taster erfolgt.
Reverb liefert die Klassiker Room, Spring und Plate in hoher Qualität und Authentizität, jeweils kontrollierbar mittels (Decay-)Time und Level, ersteres einstellbar in Dezimalwerten. Da die Time-Parameterwerte von Modulation und Reverb als Dezimalzahlen nicht sonderlich aussagefähig sind, würde ich wie beim Delay deren Angabe in Millisekunden vorziehen. Drückt und hält man bei aktiven Delay- und Reverb-Modulen den jeweiligen Fußtaster, entsteht ein Freeze-Effekt, der die Delays bzw. Decays erheblich länger erklingen lässt und damit flächenähnliche Sounds ermöglicht. Nach dem Halten des Tasters gespielte Noten werden dem Sound zugefügt. Beim Modulation-Modul entsteht auf die gleiche Weise ein Emphasis-Effekt, der die aktuellen Einstellungen verstärkt und den Effekt intensiviert. Lässt man den Taster los, kehrt die Modulation zu den vorherigen Einstellungen zurück.
RESÜMEE
Mit dem Amped 2 präsentiert die britische Blackstar-Truppe einen ausgewachsenen All-in-one 100-Watt Modeling-Amp in kompaktem Pedalformat mit den beeindruckenden Klang- und Dynamikqualitäten des Amped 1. Den Austausch des vorherigen Flat gegen das Classic Voicing begrüße ich wegen der praxisorientierteren Sound-Erweiterung ausdrücklich. Auch dank der jeweils drei Voicings und Endröhrensimulationen hält die Amp-Sektion ein breites Spektrum von cleanen bis High-Gain-Sounds mit deutlichem Röhrencharakter bereit, sodass man zunächst auf das Drive-Modul verzichten könnte.
Jedoch liefert dieses nicht nur weitere OD-Klänge, sondern bewährt sich auch als Clean-Booster und exzellent klingendes Fuzz. Die Mod-, Delay- und Reverb-Effekte überzeugen mit ihren Klangqualitäten ebenso wie der relaxt arbeitende, auf A=440Hz festgelegte Tuner. Das Amped 2 lässt sich kinderleicht und intuitiv bedienen, noch komfortabler allerdings über die Blackstar Architect App, mit der erstellte Patches verwaltet und überspielt werden können.