Sound und Look irgendwo zwischen Fender und Gibson

Altes Holz: Red Bird Jet Fly im Test

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Gitarren aus alten Kirchenbänken, Kneipentheken oder Hausbalken? Die tschechische Firma Red Bird Instruments hat sich voll diesem Upcycling-Konzept verschrieben und fertigt in Kleinserien und echter Handarbeit (ohne CNC-Fräsen) eigenständige, originelle Instrumente.

Auf dem Guitar Summit lernte ich Lucie P und Jan Fic, die netten Leute hinter Red Bird Instruments, an ihrem Stand kennen, der mich mit seinen Sixties-inspirierten Gitarren und Bässen sofort in seinen Bann zog. Wir kamen ins Gespräch, und ein paar Monate später steht eine Jet Fly zum Test in meinem Studio. Das alte Holz für die Gitarren-Bodys und -Hälse kommt auf unterschiedlichsten Wegen zu Red Bird. Lucie: „Das meiste Holz bekommen wir von Freunden und Fans. Wir haben eine nette Community in der Tschechischen Republik. Jemand reißt eine alte Hütte seiner Eltern ab und ruft uns an. Dann nehmen wir das Holz mit oder kaufen es. Wir stoßen auch manchmal zufällig auf interessante Hölzer und fragen Fremde, wenn wir Holz sehen, das uns gefällt“. Das Holz der Testgitarre stammt von einer alten Blockhütte aus dem 19. Jahrhundert im Riesengebirge, die einem neuen Hotel weichen musste. Mal sehen, was man aus so einem alten Fichtenbalken machen kann.

Anzeige

Holz mit einer Vorgeschichte (Bild: Dieter Stork)

KONZEPT

Optisch erinnert die Jet Fly mit ihrer Offset-Form an eine Kombination aus Firebird und Jazzmaster, Elemente beider Modelle wurden hier geschmackvoll zu einem eigenständigen Instrument vereint. Der nitrolackierte Korpus in mattem, leicht schimmerndem Grün mit sichtbarer Maserung und das rote Schlagbrett sind echte Hingucker. Das leichte Relic passt perfekt zum geflammten Hals aus Roasted Maple. Das Roasting wird von Red Bird selbst durchgeführt.

(Bild: Dieter Stork)

Kleine Details, wie die seitlich in Korpusfarbe lackierte Kopfplatte, der Modellname an der Kante und der rote Vogel, der sowohl auf der Kopfplatte als auch als Inlay am 12. Bund zu sehen ist, zeugen von Liebe zum Detail und Freude am Design. Rock’n’Roll-Gitarren müssen gut aussehen und das tut die Jet Fly. Die verchromte Hardware und das Düsenberg Tremolo mit Tune-O-Matic-Bridge runden den Look geschmackvoll ab.

Duesenberg-Tremolo und P-90-Pickups (Bild: Dieter Stork)

Technisch ist die Gitarre simpel gehalten. Zwei Custom P-90 können über einen Dreiwegschalter angewählt werden. Für die Klangregelung stehen ein Master-Volume und separate Tone-Regler zur Verfügung. Selbsterklärend.

BESPIELBARKEIT

Die Jet Fly hängt gut ausbalanciert am Gurt und weist kaum Kopflastigkeit auf. Der Hals im C-Profil ist relativ flach und nicht zu breit, sodass er sich auch mit kleinen Händen gut bespielen lässt. Dank der Korpusform lassen sich auch die hohen Bünde sehr gut erreichen. Das Düsenberg-Tremolo erinnert vom Tonumfang an ein Bigsby, federt weich und dezent um den Ton herum. Auf Divebombs sollte man verzichten, schimmernde Akkorde und Tremolos à la Neil Young sind die Stärke dieses Modells. Der Saitenwechsel ist unkompliziert, da die Ballends einfach in die Fräsungen eingehängt werden, statt wie beim Bigsby auf Pins gesteckt zu werden. Das passt perfekt zum schlichten Konzept dieser Gitarre, „no frills“, wie der Amerikaner sagt. Auch das finde ich sympathisch.

Nicht so praktisch finde ich die Position der Klinkenbuchse, denn mit eingestecktem Kabel lässt die Gitarre sich ohne Gitarrenständer nur schwer hinstellen. Zur Orientierung auf dem Griffbrett wären ein paar Inlays hilfreich gewesen. So gibt es nur den roten Vogel am 12. Bund, der zwar schick aussieht, aber auf dunklen Bühnen nicht gut zu erkennen ist. Auch die roten Punkte am 12. Bund auf der Oberseite des Halses sind nur bei gutem Licht zu erkennen. Eine kleine Schwäche des Instruments, mit der man aber leben kann.

Soundcheck und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

SOUND

Akustisch gespielt merkt man sofort, dass das alte Holz schwingt und neben seiner spannenden Geschichte auch gute akustische Eigenschaften mitbringt. Ein schönes Sustain und ein gleichmäßig ausklingender Ton sind zu hören. Am Verstärker entpuppt sich die Jet Fly dann als äußerst eigenständige Gitarre. Clean entsteht ein warmer, holziger Ton ohne übermäßige Höhen. Das hat weder den Biss einer Tele- oder Jazzmaster noch die Dicke einer Les Paul, sondern liegt irgendwo dazwischen. Die P-90s klingen offen und ausgewogen, mit klarem Bass und angenehmen Höhen. Kein Wummern oder Beißen im Trommelfell. Die Jet Fly zeigt sich unverzerrt vielseitig: Sie kann Funk genauso gut wie wavige Effektsounds, lässt sich aber mit etwas Frequenzkorrektur auch zu schlankeren Jazzsounds hinreißen. Und das alles, ohne ihren eigenständigen Charakter zu verlieren!

Im Crunchbetrieb blüht die Gitarre richtig auf. Der Ton ist angenehm voll, bleibt aber im Bassbereich immer transparent. Dieser rotzige Sound ist vielseitig einsetzbar, von Roots-Rock über AC/DC-Riffs bis hin zu fettem Schwedenrock à la Hellacopters. Das Volume-Poti arbeitet sehr gleichmäßig, man kann die Gitarre ohne Höhenverluste in den Clean-Bereich regeln. Auch die Tone-Potis zeichnen sich durch einen gleichmäßigen Regelweg ohne plötzliche Sprünge aus, sodass man sehr gut auf die eigenen Vorlieben und verschiedene Amps eingehen kann. Außerdem reagiert die Gitarre ausgezeichnet auf die Spieltechnik, man kann den Ton mit verschiedenen Anschlagspositionen und -stärken sehr gut formen.

Auch mit stärkerer Verzerrung und HiGain kommt die Jet Fly prima klar. Sie behält ihren warmen Old-School-Charakter und bleibt auch bei viel Drive transparent und klar. Das dürfte dem Black-Sabbath- und Stoner-Rock-Fan mehr zusagen als dem knallharten Metaller. Die Jet Fly hat Punch, klingt aber eher schön als brutal. Mit dem richtigen Verstärker im Rücken lässt sie sich aber auch in härteren Gefilden gut einsetzen.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Auch im 21. Jahrhundert ist es möglich, eigenständige Gitarren zu bauen. Die Jet Fly vereint klassische Design- und Konstruktionselemente zu einer Gitarre, die vertraut wirkt und doch sehr individuell daherkommt. Sound und Look liegen irgendwo zwischen Fender und Gibson, sodass sich die Jet Fly vielseitig und individuell einsetzen lässt. Die Tatsache, dass hinter jeder Gitarre durch die Verwendung alten Holzes eine Geschichte steckt, macht diese Instrumente zu Produkten, die absolut nichts mit Massenfertigung zu tun haben. Jedes Instrument wird individuell gebaut und Kundenwünsche werden berücksichtigt. Wer auf der Suche nach einem originellen Instrument ist, wird hier zu einem fairen Preis fündig. Empfehlenswert!

PLUS

  • eigenständiges Design
  • Charakter-Sound
  • Bespielbarkeit

MINUS

  • Position der Klinkenbuchse macht Abstellen schwierig
  • keine Griffbrett-Inlays


(erschienen in Gitarre & Bass 09/2023)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ob diese „Hybridgitarre“ zwischen einer Gibson Firebird und einer Fender Jaguar nun ein „originelles“ Saiteninstrument darstellt,bleibt eine rein subjektive Geschmackssache. Mir muß diese ulkige Gitarre ja nicht gefallen,das darf ich hier offen zum Ausdruck bringen,denn jeder darf und sollte seine eigene Meinung äußern dürfen. Mag sein,daß sie ganz gut klingt,prima am Gurt hängt,und recht außergewöhnlich ist. Nur wenn die optische Erscheinung schon von vorn herein absolut nicht ansprechend ist,bleibt das Interesse völlig aus. Als Minus würde ich außer der ungünstigen Position der Klinkenbuchse beim Abstellen,und das Fehlen der Griffbrett-Inlays,wie auch die bekanntermaßen recht empfindliche Nitrolackierung,sowie das Gesamtbild der Optik bemängeln. Das häßliche Design der Kopfplatte (Farbe und Gestaltung) scheint man hier bei der „Red Bird“ wohl kaum noch toppen zu können.

    Nachhaltig verwendete alte Hölzer aus uralten Möbelstücken,Scheunentoren,Brückenstegen oder dergleichen,sind nun heutzutage mittlerweile gar keine Seltenheit mehr.Alles schon mal dagewesene,gerne zu brauchbaren Gitarrenbodies verarbeitete Hölzer,die zweifellos auch ihren ganz besonderen Reiz haben.Sogar Korpusdecken aus schlichtem Bambus für eine damalig limitierte Fender Telecaster Modellreihe gab es bereits.

    Die Farbgebung dieser „Red Bird“ Jet Fly würde ich spontan als ein so genanntes „Colour-Blocking“ bezeichnen,also eine Farbvariante,die wirklich nicht unbedingt optisch harmoniert,sondern eher absolut nicht zusammenpaßt. Zudem scheint es momentan auch ein kurzlebige Modeerscheinung zu sein,Gitarrenhälse aus Ahornholz zu „rösten“ oder zu „backen“.
    Ich kann diesen ganzen neumodischen Ideen wirklich rein gar nichts abgewinnen,orientiere mich deshalb auch weiterhin viel lieber auf den „altehrwürdigen Gitarrenbau“ ohne jeden Schnickschnack. Dazu fällt mir jetzt sehr gerne auch eine ebenfalls in Tschechien (nahe der Hauptstadt Prag) wieder neu aufgelegte,und in überwiegender Handarbeit gefertigte „Jolana Diamant II“ im Les Paul Copy Design ein,die wahlweise optional auch mit den beliebten Amber Humbucker bestückt zu haben ist. Übrigens: diese besagte total neue Jolana hat mit den damals bekannten Gitarren aus Tschechien jedoch absolut nichts gemein,was wiederum sehr positiv zu bewerten ist! Generell eilt den Gitarren aus Tschechien ja ein sehr guter Ruf voraus.Dies möchte ich im Falle der neuesten Jolana Diamant Edition durchaus bestätigen. Nur die „Red Bird“ spricht mich persönlich nicht wirklich an.Es tut gut,daß man diesbezüglich seine ehrliche Meinung sagen darf,denn dazu gibt ja hier dieses Forum. Das ist fair. Mit Verlaub,wer die „Red Bird“ unbedingt haben muß,und sie obendrein wahnsinnig schön findet,der sollte sie sich einfach kaufen.

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Dein Kommentar ist recht sonderbar. Klar, es kann einem etwas gefallen, oder auch nicht. Kann man auch gerne kund tun. Aber so negativ und ausführlich? Mir gefällt sie. Moderne Aspekte in den Gitarrenbau einzubauen kann auch nicht a priori schlecht sein. Warum ist das Rösten von Hälsen, oder Bodys eine kurzlebige Modeerscheinung? Woher kommt diese Annahme? Warum erwähnst Du, das die Verwendung von altem Holz nichts neues ist? Darf man das deshalb nicht mehr in einem Test erwähnen? Nebstbei: Nitrolackierung ist Standard im Gitarrenbau.

      Dann kommst Du sehr lobend mit einer anderen tschechischen Gitarre daher, die mit der Red Bird überhaupt nichts gemein hat. Ist ein Les Paul Nachbau. So gesehen könnte man 100e andere Gitarren erwähnen, die auch gut sind. (und manchen gefallen, manchen nicht) Ich könnte jetzt auch sagen, der 100e LP Nachbau ist einfach nur langweilig und schon mal dagewesen.

      Auf diesen Kommentar antworten
      1. Zunächst gefällt ja nicht jedem eine Elektrische,die farblich so entgleist,zudem einen schrecklich häßlichen Headstock besitzt,und obendrein im Design zwischen einer Gibson Firebird und einer Fender Jaguar,bzw. Jazzmaster pendelt. Was ist also sonderbar dabei? Ich finde die Red Bird wirklich nicht schön. Ja,meine Kritik ist negativ,würde sie positiv sein,fände ich diese Red Bird ganz toll,-ist aber nicht der Fall. Und jetzt einfach mal Klartext: gerade bei Nitrocellulose Lackierungen scheiden sich die guten Geister.Nitro-Lacke sind faktisch hochempfindlich gegen Handschweiß etc.,bilden bei Temperaturschwankungen häßliche Risse,und sind schon lange aus diesen genannten Gründen nicht mehr die erste Wahl für hochwertige Gitarren. Heute verwendet man längst umweltfreundlichere Lacke,die weniger empfindlich und heute viel beliebter sind als diese stinkenden hochgiftigen Nitrolacke! Desweiteren sind Nitrolacke wegen ihres mehrschichtigen dünnen Farbauftrags bedeutend teurer und zeitaufwändiger als vergleichsweise Polyurethan/Acryllacke auf Wasserbasis.Alles Fakten,die generell gegen Nitrocellulose Lacke sprechen.Und dieser ewige Mythos,daß alte Gitarren mit Nitrolackierungen so unwahrscheinlich gut klingen,bleibt zweifelhaft. Vermutlich ist es nicht mal das alte Holz,sondern die eingebauten Tonabnehmer,die damals noch per Hand gewickelt wurden. Abbigail Ibarra läßt grüßen! Diese Dame wußte,weshalb die Fender Gitarren so wundervoll klangen!

        Mit der neuen Jolana Diamant II aus Tschechien wollte ich lediglich darauf hinweisen,daß aus diesem Land auch besonders schöne E.-Gitarren,wie eben die besagte elegante Jolana im bekannten Les Paul Style kommen,die weder Hybrid-Kopien,noch irgendwelche spontan kreierten Modelle mit absichtlich markanten
        „Upcycling Hölzern“ aus alten Kirchenbänken etc. gefertigt werden. Insofern zeigte ich damit auf,daß aus Tschechien auch edle Les Paul Kopien stammen,die weder langweilig,noch farblich grenzwertig erscheinen! Ist mir schon bewußt,daß eine wunderschöne Jolana Diamant II kein direkter Vergleich zu einer Red Bird Jet Fly ist,jedoch werden beide E.-Gitarren,so unterschiedlich sie nun auch sein mögen,in Tschechien gebaut. Dies ist ja wohl allgemein verständlich,was ich damit meinte?!? Und gut abgelagertes Holz und beste Hardware verwendet der neue Firmeneigentümer der Gitarrenschmiede Jolana sowieso. Und bezahlbar sind neue Jolana Gitarren auch.Das gefällt mir sehr!

        Ja,sicher,es gab unlängst sogar schon Gitarrenbodies,die aus den uralten hölzernen Planken eines Schiffs bestanden.Alles eine Frage des Geldbeutels.Ob,und wieso geröstete Hölzer für den Gitarrenbau anscheinend besonders gute Klangeigenschaften haben sollen,klingt schon reichlich nach Voodoo.Ich hatte z.B. unlängst eine diesjährige neue,limitierte Fender Player Stratocaster (FSR=Fender Special Limited Edition Run) Made in Mexico mit einem „roasted Mapleneck zum Probespielen in den Händen,und sie klang wahrhaftig sehr gut,kostete knapp unter 1000.-€,aber mir erschien es,daß das top Klangspektrum dieser tadellosen Fender viel eher auf die drei ab Werk eingebauten Fender U.S. Custom Texas Special Singlecoils und der sehr ordentlichen Verarbeitungsqualität zurückzuführen sei. Die Pickups sind ohne Frage das Herz einer hochwertigen E.-Gitarre. Und bei dieser Fender pflanzte man eben diese allseits beliebten SC-Pickups ein,die nun wirklich jedem Gitarristen ein Begriff für einen fabelhaften Sound sind.Die Brüder
        Jimmy Vaughan und Stevie Ray Vaughan (R.I.P.) spiel(t)en ausschließlich Texas Special Pickups.
        Ich möchte die P-90 Pickups der Red Bird wirklich nicht mies machen,denn P-90 Tonabnehmer sind gute Pickups,aber so sehr ich mich auch anstrenge,die Red Bird Jet Fly ist absolut nicht mein Ding.
        Let‘s Rock!

        Auf diesen Kommentar antworten
      1. Hallo „Fred G“,vielen Dank für deinen aufschlussreichen Kommentar! „Bla,bla,bla“ war übrigens mal ein Audio-CD-Titel für ein Album des bekannten Iggy Pop! Vermutlich fiel dir dieser sinnvolle Titel nicht ein,aber macht ja nix.

        Auf diesen Kommentar antworten
    2. Völlig unnützes Geseier!

      Auf diesen Kommentar antworten
    3. Was soll der Kommentar? Meckern kann jeder, aber spielen und andere Geschmäcker zulassen?
      Spiel deine „Jolana“, Kumpel und gut iss.

      Auf diesen Kommentar antworten
  2. Die Wiederverwendung von alten Hölzern kennt man auch beispielsweise von RebelRelic. Deren Einzelstücke auf dieser Basis sind in der Regel immer transparent lackiert und sehen einfach toll aus. Auch bei der vorgestellten Gitarre wäre es gut möglich, daß eine transparente Lackierung einen vollkommen anderen ersten Eindruck hinterlassen würde. Diese uralten Hölzer mit einer Geschichte hinter einer deckenden Lackierung zu verstecken, halte ich jetzt nicht für die beste Geschäftsidee. Nur meine persönliche Meinung.

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.