Alles auf den Tisch und neu sortiert: PJD Guitars Valhalla Standard im Test
von Franz Holtmann, Artikel aus dem Archiv
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(Bild: Dieter Stork)
PJD mischt die Designs der E-Gitarre neu auf. Die englische Firma bedient sich aus dem Baukasten bewährter Materialien, Konstruktionsmethoden und Komponenten des traditionell gesetzten Gitarrenbaus, um neue Kraft aus alten Strukturen zu schöpfen.
Die Manufaktur PJD Guitars, 2010 von Leigh Dovey in London gegründet, fertigt heute ihre bemerkenswerten Designs im beschaulichen York. Bei all seinen Gitarren gewährt Leigh dem Kunden gegen Custom-Shop-Aufpreis umfassenden Zugriff auf Hölzer, Parts und Finishes.
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DESIGN
Das Valhalla-Design lässt sich den Offset-Gitarren mit leicht versetzter Taille zuordnen und wie so oft bei den Entwürfen von Leigh Dovey finden hier Elemente durchaus verschiedener Herkunft ganz unangestrengt zusammen. Anmutungen von Fender – Korpusform, Schraubhals, Steg und Kontrollplatte – treffen auf eher bei Gibson anzutreffende Komponenten wie P90-Pickups und Firebird-Style-Kopfplatte. Und wieder gelingt Dovey auch mit der Valhalla eine kompositorische Schlüssigkeit von lässiger Selbstverständlichkeit.
Der Korpus der Valhalla Standard besteht aus Obeche (auch Samba, Abachi oder African Whitewood genannt). Das ist ein leichtes helles Tropenholz aus der Familie der Malvengewächse mit Hauptvorkommen in Westafrika. Das plane Korpusbrett von rund 4,4 cm Stärke erhielt weiche Abgleichungen an den Rändern und ausgearbeitete Konturen für die Anlage und Armauflage. Auch der ergonomisch ausgearbeitete Bereich der Halsaufnahme wurde gut gerundet flach gestaltet. Die dünne Satinlackierung in Trans Pink mit angenehm weichem Griff lässt die Poren durchscheinen.
(Bild: Dieter Stork)
Der mit Nitrolack transparent versiegelte Hals aus einteiligem Ahorn mit „Standard C Shape“-Halsprofil ist in Höhe des 17. Bundes in den Korpus eingesetzt und mit vier Schrauben bombenfest fixiert. Im Griffbrett aus Ahorn von 10″-Radius finden sich 22 klaglos sauber und kantenglatt verarbeitete Medium-Bünde von Jescar. Originelle rechteckige Markierungen sorgen für Orientierung auf dem Griffbrett.
(Bild: Dieter Stork)
Die an die Gibsons Firebird erinnernde Kopfplatte ist mit Gotoh-SD-91-Mechaniken ausgestattet. Klassisch fenderisch wiederum ist der Niederhalter der zwei hohen Saiten, wie auch die Tele-Style-Bridge mit drei Saitenreitern aus Messing (Advanced Palting USA Half Tele) und Thru-Body-Saitenkonterung, nicht zu vergessen die Mensur von 64,8 cm.
Zwei von Hand gewickelte hauseigene Parkins-Cream-P90-Pickups stehen mit einer wiederum an Fender erinnernde Kontrollplatte aus Metall in Verbindung, auf der sich ein Dreiwege-Schalter von Switchcraft, generelle Volume- and Tone-Regler mit CTS-500K-Pots und die Anschlussbuchse befinden.
Die rundum sauber gefertigte Valhalla ist in allen PJD-Standardfarben zu haben und wird in einem Premium Gig Bag geliefert.
Klang und Handhabung auf Seite 2 …
(Bild: Dieter Stork)
LEITSATZ: FORM FOLLOWS FUNCTION
Die Gestaltung der Valhalla beruht auf Überlegungen, die erprobte Materialien und Komponenten aus Sicht des Spielers in einen funktionsstarken neuen Zusammenhang zu bringen. Weitgehend unbekannt ist bisher allerdings die Verwendung von Obeche als Korpusholz. Das ist leicht und sorgt für ein höchst angenehmes Gesamtgewicht von knapp 3 kg. Was die Handhabung angeht, finden wir in der Valhalla schon einmal ein vollkommen unproblematisches Instrument vor, das locker in die Hand fällt und sich spielpraktisch komfortabel ausrichtet. Auch das „Standard C Shape“-Halsprofil trifft eine gute Mitte für so gut wie alle Anwendungen.
Vom akustischen Klang her überzeugt die handliche Valhalla sofort mit offensivem Schwingverhalten. Frei und mit bester Saitenseparation federn die Akkorde ab. Ein guter Draht im leicht ansprechenden Ton sorgt für plastische Kontur und über das gesamt Griffbrett hinweg ist bei gehaltenen Noten ein lang aushaltendes Sustain mit lässiger Obertonentfaltung zu vermerken. Am Amp erweisen sich die Parkins Soapbar Cream P-90s mit den für diesen Typen durchaus üblichen Referenzwerten von um die 8 kOHm als starke Tonumsetzer.
Der Hals-Pickup stellt sich mit breit aufgelöstem Spektrum der für die Gitarre typischen Frequenzen in harmonischer Abstimmung vor. Kernig im Bassbereich, warm in den Mitten und weich gerundet in den Höhen. Akkorde sind dank klarer Saitenseparation von plastischer Griffigkeit und rollen luftig locker ab.
Die Ansprache ist schnell, der Anschlag wird positionsgerecht umgesetzt und mit bester Dynamik lassen sich solistische Linien realisieren. Vom Timbre her ist das alles gut gewogen und klangfarblich kultiviert. In Zerre genommen kommt dieser Pickup mit dunkel knurrenden Powerchords und saftigen Leadlines ans Ohr. Wechseln wir auf den P-90 in der Stegposition, so scheint der zu rufen: „Na endlich habt ihr gemerkt, worum es und um wen es hier wirklich geht!“
Wo sich Valhalla über den Kollegen am Hals noch rundum seriös und gediegen gab, stellt sie sich mit dem Singlecoil am Steg nun eher breitbeinig und herausfordernd kampfbereit auf. Frech und spritzig, mit mittig zentriertem Schmack schon bei klar eingestelltem Amp, aber dann knochentrocken und straff drückend im Overdrive. Dieser offensive Zerr-Sound mit Hochspannungs-Brizzeln ist Rock’n’Roll pur, lässt rau aufreißende Powerchords von der Leine und rasiert dir mit scharfem Messer die Ohren. Imponierend, wie leicht der Ton sich löst, wie schnell sich damit Feuer entfachen lässt. Die bissige Aggression dieses Flammenwerfers lässt sich mithilfe der Tonblende allerdings auch entschärfen. Dann tritt ein geschmeidiger Chorknabe auf den Plan, der sich mit zugehaltener Nase sozusagen die Seele von innen nach außen drückt. Dieser weiche Boost hat ohne Frage was, auch wenn man prinzipiell vielleicht doch lieber die Oberleitung zwischen den Zähnen knirschen lässt.
Perlfrisch rollen dann letztlich auch noch die Akkorde bei der Kombination beider Tonabnehmer aus den Lautsprechern. Konturstark, leicht kehlig und mit plastischem Ausdruck machen sie in allen Positionen des Amps ebenfalls einen erfreulich guten Eindruck.
RESÜMEE
Wieder einmal zeigt uns Leigh Dovey, wie sich mit wohlüberlegtem Griff in den Konstruktions-Baukasten der elektrischen Gitarrengeschichte Neues schöpfen lässt. Obwohl keineswegs innovativ im engeren Sinne, so sind doch der Neuanordnung bekannter Elemente immer noch frische Ergebnisse abzutrotzen. Sein stimmig konstruiertes und makellos gefertigtes Modell Valhalla mit Obeche-Korpus ist angenehm leicht, schwingfreudig und dank der gut gewichteten und beeindruckend klingenden P-90-Pickups aus eigener Handfertigung auch elektrisch stark.
Valhalla – nach nordischer Sage der Ruheort tapferer, in der Schlacht gefallener Krieger – soll in diesem Fall wohl eher den abgehobenen Ort beschreiben, wo Frohsinn und ausgelassene Trinkgelage anliegen. Wie schön, dass sich Axt-Kämpfe in unserem Metier im gut eingehegten musikalischen Bereich austragen lassen. Den Sieg erringt, wer Spaß hat und dem steht die locker spielbare PJD Valhalla absolut nicht im Wege!