+++ Bass-VI-History & Harley Benton Guitarbass im Vergleich +++

All about Monster Twang: Squier Classic Vibe Bass VI im Test

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(Bild: Dieter Stork)

ONE TWO TESTING

Optisch ist der Squier Bass VI eine ziemlich authentisch wirkende Kopie der zweiten Auflage des Fender Bass VI – also mit Jaguar-style Pickups und vier Schiebeschaltern in einer verchromten Kontrollplatte. Lediglich auf die Mute-Einheit wurde verzichtet. Die Materialien sind entsprechend den Gegebenheiten der Jetztzeit andere als damals, aber auch Zeugen des Low-Budget-Rotstiftes: Vier verleimte Stücke Pappel als Korpus- und der recht spröde wirkende Indische Lorbeer als Griffbrettholz … Das Ahorn des Halses hat eine schöne Vintage-Färbung bekommen und auch das Tortoise des Pickguards sieht prima zu dem klassischen 3-Tone-Sunburst des Bodys aus. In der Free-Floating-Brücke wurden Saitenreiter der Fender Mustang verwendet, die einen besseren Schutz vor dem Herausspringen der Saiten aus den Kerben bieten als die typischen Jaguar-/ Jazzmaster-Reiter. Das Tremolo-System, dessen Charme wir bei Jazzmaster oder Jaguar noch bewundern, kann hier jedoch nur ansatzweise Wirkung entwickeln. Denn aufgrund der trägen Masse der dicken Saiten kommt es auch durch heftigeres Bewegen des langen Arms kaum zu wirkungsvollen Trem-Wallungen.

Klanglich ist der vielsaitige Bass VI erwartungsgemäß vielseitig aufgestellt und kann rundum überzeugen. Charaktervolle, sonore Sounds von allen drei Pickups, vor allem alleine, aber auch in Kombination, sind die Stärke dieses Basses. Die gebotene Klangpalette reicht von Jazz-Bass ähnlichen Bass-Sounds vom Hals-Pickup im Solo-Betrieb (oder in Kombination mit dem Steg-Pickup) bis hin zu klar definierten, kräftigen Riff-Sounds des Steg-Pickups, der sich durch jeden Band-Sound schiebt, um an strategisch wichtigen Stellen klangliche Highlights zu hinterlassen. Der „strangle switch“ tut sein Übriges dazu, diese Durchsetzungsfähigkeit noch zu stärken, den Twang-Charakter zu erhöhen und den Rock-‘n‘-Roll-Faktor, der diesem Instrument stets im Nacken sitzt, noch mehr herauszukitzeln. Spaß pur für den Gitarristen, der mal abseits seiner gewohnten Pfade glänzen will! Sehr schön klingt der Squier Bass VI auch in den oberen Lagen auf den dünneren Saiten – silbrig und gleichzeitig fett, vor allem bei clean eingestellter Verstärkung.

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Der Hals, die Saitenabstände und die Ausstattung des Bass VI sind klare Hinweise dafür, dass man Gitarristen als bevorzugte Zielgruppe ausgemacht hat. Für einen ordentlichen Fingeranschlag liegen die Saiten zu eng nebeneinander, es sollte also mit dem Plektrum gespielt werden. Die geringe Halsbreite verführt zudem eher zu Solo- und Riff-Spielereien als zu einem solide vor sich hin groovenden Bass-Fundament. Auch Akkorde fließen schnell mal ins Spiel ein, sodass tatsächlich In-Between-Sounds zwischen Gitarre und Bass die große Stärke dieses Instrumentes darstellen. Und ja – diese mächtigen, dunklen Klangwelten sind mehr als inspirierend. Also alles eitel Sonnenschein? Leider nein …

DAS SAITENDILEMMA

Beim Spielen in den oberen Lagen merkt man schnell, dass vor allem die tiefe E-Saite nicht richtig intoniert – je höher man sie spielt, desto verstimmter erklingt sie, und am 12. Bund ist sie in der Werkseinstellung mehr als einen halben Ton zu hoch. Gut, kein Problem, dann justieren wir am Saitenreiter doch einfach die Oktavreinheit nach. Doch selbst eine maximal nach hinten verlegte Einstellung bringt keine passende Oktave am 12. Bund zustande, immer noch klingt es deutlich zu hoch. Bleibt nur noch, die Feder der Einstellschraube zu entfernen, was dem Reiter etwas mehr Regelweg gibt.

Die Feder entfernt, den Saitenreiter bis ganz nach hinten gestellt – und trotzdem ist die Oktave noch etwas zu hoch.
Die Schraube des Saitenreiters ragt nun schräg nach oben und kann die schwingende E6-Saite berühren.

Jetzt liegt er direkt am hinteren Rand der Brückeneinfassung an – und der Ton ist tatsächlich immer noch um 3 bis 4 Cent zu hoch. Mit etwas gutem Willen kann man sich sicherlich mit dieser Situation arrangieren und die unsauber klingenden Bereiche meiden, wäre jetzt nicht das Problem zu beklagen, dass die E-Saite nun die schräg nach oben stehende Einstellschraube bei kräftigem Anschlag berührt.

Die Free-Floating-Bridge, mit Mustang-Saitenreitern bestückt. Wer genau hinschaut, sieht den ganz nach hinten gestellten, nun federlosen Saitenreiter der tiefen E-Saite. (Bild: Dieter Stork)

Tja, … aber was kann man nun noch tun? Wie immer, führen auch hier mehrere Wege nach Rom. Will man sich mit dem ganz nach hinten und federlos eingestellten Saitenreiter arrangieren, muss die Einstellschraube vorne etwas gekürzt werden, damit die E-Saite sie nicht mehr berührt. Oder man besorgt sich gleich eine andere Brücke aus dem Jazzmaster/Jaguar-Replacement-Sektor, die einen größeren Einstellweg zur Verfügung stellt. Der englische Hersteller StayTrem bietet z. B. solch eine Brücke an. Der einfachste Weg ist jedoch der, erst einmal andere Saiten aufzuziehen. Denn mit einer dickeren E-Saite lässt sich die Oktavreinheit tatsächlich passender einstellen. Ein Test mit einer E-Saite der Stärke .100 zeigt denn auch, dass nun die Oktavreinheit perfekt zu erreichen ist – weiterhin mit dem ganz hinten stehenden Saitenreiter.

Noch besser sollte die Einstellung der Oktavreinheit mit dickeren Flatwound-Saiten klappen – womit man zudem dem Vintage-Original und seinem damaligen Sound noch einen Schritt näherkommen würde. Denn der Fender Bass VI Bass wurde in seinen Anfangsjahren mit Flatwounds der Stärke .025 – .095 bestückt. Die Werksbestückung dieses Squier Bass VI sind Roundwounds der Stärke .024 – .084. Wie gut, dass es im Handel einige wenige Alternativen gibt: z. B. Fender Super-250s in der Stärke .024 – .100 und auch LaBellas, Roundwounds oder Flatwounds in .026 – .095.

RESÜMEE

Sechssaitige Bässe sind faszinierende Geschöpfe, so ähnlich wie Bariton-Gitarren, aber eben noch deutlich tiefer gehend und etwas behäbiger im Ausdruck. Wie gut, dass Fender unter seinem Squier-Label die Legende Bass VI wieder einmal hat aufleben lassen! Denn diese Squier-Version bietet, angefangen vom Handling bis hin zum Klang, genau das, was man von einem Bass VI erwarten darf – markante Sounds im Spannungsfeld zwischen Gitarre und Bass, eine Riffs-herausfordernde Spielweise, die sich komplett in Songs eingliedert und die ihnen Charakter verleiht. Und ja, der Bass VI kann zur Not auch einen E-Bass ersetzen, wenn man sich an eine Plektrum-Spielweise und den dazugehörenden Sound gewöhnen kann. Jack Bruce hat es eine Zeitlang ja bestens bewiesen … und der war eigentlich Voll-Bassist und keineswegs Hilfs-Bassist wie etwa John Lennon oder George Harrison.

Schade, dass ab Werk die Einstellung der Oktavreinheit so problematisch ist. Aber immerhin gibt es Abhilfe (siehe Text!), sodass einem ungetrübten Spielerlebnis im Prinzip nichts im Wege steht. Dies ist also eine klare Aufforderung, den Squier Bass VI unbedingt anzutesten, solange der Bolide noch in Produktion ist! Denn es wäre nicht das erste Mal, dass Squier solche interessanten Produkte abseits des Mainstream von heute auf morgen wieder aus seinem Programm nimmt …

PLUS

  • Vintage-Sounds
  • Vintage-Optik
  • Bass-Ersatz möglich

MINUS

  • Einstellung der Oktavreinheit (E6); Werks-Besaitung

Vergleichstest des Harley Benton GuitarBass auf Seite 3

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