Der Baroni AFK150 orientiert sich nicht nur vom Look an dem bereits etablierten Gurus Doubledecker MkII Preamp aus gleichem Haus, der ebenfalls von Foxgear Distribution in China produziert wird. Der Overdrive-Kanal entspricht nahezu eins zu eins dem Crunch-Kanal des Doubledeckers im Normal-Modus. Beide Produkte sollen laut Herstellerangaben und Werbetexten einen Britischen Crunch bis Overdrive abliefern und tatsächlich verhält sich der AFK150 in dieser Disziplin sehr ähnlich wie ein Marshall 1987 50 Watt Plexi späterer Baureihen. Allerdings hat der Baroni, und das dürfte der Endstufenbeschaltung geschuldet sein, etwas weniger Kompetenz und Kraft in den für 68/69er Marshall Plexi- und JTM-Fans so wichtigen Tiefmitten und erinnert sowohl mit Singlecoils, als auch mit Humbuckern gespielt, etwas an die Marshall Advanced Valvestate Sounds der frühen Zweitausender, nur dass sich der AFK150 erheblich dynamischer, konturreicher und dabei nebengeräuschärmer zeigt.
Auch der Clean-Kanal des AFK150 klingt richtig gut und keineswegs unterkühlt oder gar steril. Hier federt alles angenehm und die klanglichen Kanten wurden geschliffen. Das Ergebnis ist ein „Weichzeichner 65 Deluxe Sound“, der durchaus charmant ist und darüber hinwegtäuschen kann, dass hier keine Röhrenendstufe am Klangdesign beteiligt ist. So baut man also heutzutage Hybrid-Amps. Das ist beeindruckend!
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Das positive Bild setzt sich auch beim DI Out fort, denn die Cabinet Simulation des Baroni klingt schlüssig und es fällt mir schwer, bei ausgeschalteter Simulation, eine Impulsantwort im Rechner zu finden, die objektiv besser klingt.
Einzig der Einschleifweg des AFK150 hat einen kleinen Konstruktionsfehler, denn hier fällt auf, dass die Send-Buchse auch als Return auf die Endstufe wirkt, sofern dort fälschlicherweise ein Signal anliegt. Das könnte im Bühnenalltag eine fiese Fehlerquelle sein, wenn man nicht genau beim Verkabeln des Effektloops aufpasst.
ALTERNATIVEN
Der BluGuitar Amp1 Mercury Edition ist eine sehr naheliegende Alternative zum Baroni AFK150. Der Amp1 Mercury kostet zwar derzeit etwa 200 Euro mehr als der AFK150, liefert aber eine breitere Palette an Sounds, einen jeweils fußschaltbaren Hall und Gain-Booster, sowie ein sehr amtlich funktionierendes Noise Gate für die Crunch- und Overdrive-Kanäle. Im direkten Vergleich klingt der Amp1 Mercury Edition etwas kerniger in den tiefen Mitten und aggressiver in den oberen Mitten.
Weiterhin bietet die Firma Milkman mit dem The Amp 100 und dem The Amp 50 gleich zwei Alternativen zum Baroni, die interessant sein können, sofern man eine Clean-Kanal-Plattform für ein Pedalboard sucht oder einfach total auf Fender-Princeton- oder 65-Deluxe-Sounds steht und gar nicht so sehr der typische Marshall-Sound gefragt ist.
RESÜMEE
Der Baroni AFK150 ist ein beeindruckender Gitarrenverstärker. In der Preisklasse unter 600 Euro gibt es derzeit kein mir bekanntes Produkt, das ähnlich gutmütig klingt und so viel Spielspaß garantiert, wie dieser kleine und leichte Italiener. Lediglich bei dem etwas lapidar konstruierten Einschleifweg mit seinem Bauteilübersprechen auf der Send-Buchse und der etwas knapp bemessenen Endstufenleistung von nur 40 Watt an 16 Ohm kann man überhaupt kleinere Unzulänglichkeiten erkennen, und das ist wirklich Meckern auf hohem Niveau.
Wer auf der Suche nach einem richtig guten, modernen Verstärker mit klassischen Sounds für sein Pedalboard ist, kommt nicht daran vorbei, den AFK150 zumindest auszuprobieren – und auch der Schreiber dieser Zeilen überlegt bereits angestrengt, wie er das Testmuster unauffällig verschwinden lassen kann.