Jeff Loomis, amerikanischer Shredder-Virtuose der Metal-Bands Nevermore und Arch Enemy (und neuerdings auch der revitalisierten 1980er-Hardrock-Legende Alcatrazz) war in den zurückliegenden zwei Jahren alles andere als untätig.
Für Arch Enemy und ihrem neuen Album ‚Deceivers‘ hat der 50-Jährige einige spektakuläre Soli eingespielt und – parallel dazu – für seine Jackson Signature ein nagelneues, siebensaitiges Pendant entwickelt, die sogenannte Soloist SL7. Die Gitarre sieht nicht nur großartig aus, sondern erfüllt auch alle Kriterien, die Loomis an ein modernes, preislich erschwingliches und trotzdem roadtaugliches Instrument stellt.
Interview
Jeff, kannst du bitte mal beschreiben, wie seinerzeit deine Zusammenarbeit mit Jackson begonnen hat.
Ich habe als Teenager mit einer Jackson angefangen. Die Gitarre hatte mir meine Mutter gekauft. Viele berühmte Shredder der 1980er-Jahre haben diese Instrumente gespielt. Irgendwann nahm ich in Kalifornien an einer Fender-Werksführung teil und sah, wie im Jackson Custom Shop gearbeitet wird. Es haute mich um! Von da an wusste ich, dass ich unbedingt für und mit Jackson arbeiten möchte.
Welches Modell war deine allererste Jackson-Gitarre?
Eine schwarze Randy Rhoads Custom Shop, die ich in einem Musikgeschäft entdeckt hatte, in dem ein Freund von mir arbeitete. Ich erstand die Gitarre für ganz kleines Geld, da mein Kumpel nicht wusste, welch hochwertiges Instrument er da im Bestand hatte. Bereits einen Monat später bat er mich, ihm die Gitarre zurückzugeben und gegen ein anderes Modell einzutauschen. Auch ich wusste nicht, dass es sich um eine Custom Shop Jackson handelte, deshalb gab ich ihm die Gitarre zurück und bekam dafür eine rote Randy Rhoads Professional V. Leider besitze ich sie nicht mehr, keine Ahnung, wann und wo sie verlorengegangen ist.
Deine neue Soloist SL7 ist bereits dein zweites Jackson-Signature-Modell. Was hast du bei der Entwicklung deiner ersten Signature-Gitarre für die Soloist lernen können?
Ich wollte seinerzeit unbedingt eine nach Metal aussehende Gitarre entwickeln. Nur noch wenige Gitarristen spielten das Kelly-Modell, das von Marty Friedman in seiner Megadeth-Phase zu Zeiten von ‚Rust In Peace‘ sehr sorgsam entwickelt wurde. Ich wollte dieses Instrument zurück in die Öffentlichkeit bringen. Die Oberfläche ist aus sandgestrahlter Esche und gibt meiner Kelly ein sehr erdiges Outfit. Meine neue 7-String Soloist SL7 ist die folgerichtige Weiterentwicklung, basierend auf der Kelly-Idee. Die SL7 hat eine 26,5-ZollMensur, einen Lindenholzkörper mit sandgestrahltem Esche-Top und einen dreiteiligen Ahornhals mit Graphitverstärkung. Wir haben die Soloist bewusst simpel gehalten.
Gab es mehr als nur einen Prototyp von der neuen 7-String?
Nein, von der Kelly und der Soloist SL7 existiert jeweils nur ein Prototyp. Für die 6-String-Kelly bin ich zu Gitarrenbauer Mike Shannon in den Jackson-Custom-Shop gefahren. Das war cool, weil wir die Gitarre während ihrer Entstehung direkt hin- und herreichen konnten. Mike sandstrahlte den Hals mit einem Handsandstrahler, bis wir die optimale Form für meine Hände gefunden hatten. Es hat fünf bis sechs Durchgänge gedauert, dann war alles perfekt. Anschließend wurde die exakte Form vermessen und in einen Computer eingegeben, so dass sie für die Massenproduktion problemlos reproduziert werden kann. Eine tolle Sache! Auf diese Weise kann Mike den Hals auf den jeweiligen Künstler gezielt anfertigen.
Reine Metal-Gitarre bedeutet: bewusst simpel?
Ja, für meinen Geschmack sollte eine Metal-Gitarre möglichst simpel sein. Für meine Modelle gilt: Es fängt beim Toggle-Switch und dem Volume-Poti an, die bei mir entgegengesetzt wie bei den meisten Gitarren angeordnet sind. Mein Volume-Poti steht immer auf 10, und der Toggle Switch sollte ganz in der Nähe sein, da ich bei meinen Soli ständig hin- und herschalte.
Die zweite Besonderheit der Gitarre: Am Ende des Halses gibt es ein sogenanntes „Adjustment Wheel“, mit dem man den Hals einstellen kann. In einer Touring-Band, mit der man viel in der Welt herumfliegt, verstellt sich durch die ständigen Temperaturunterschiede andauernd der Hals. Durch diese raffinierte Aussparung kann ich mit einem kleinen Werkzeug mühelos den Hals richten, ohne dafür die Trussrod-Abdeckung an der Kopfplatte abnehmen zu müssen. Das spart enorm viel Zeit. Drittens: Die Gitarre hat fluoreszierende Sidemarkers, die im Dunklen leuchten.
Zu Beginn einer Show leuchtet mein Gitarrentechniker mit einer Taschenlampe eine Sekunde auf jeden Marker, und dann leuchten sie, wenn ich die noch abgedunkelte Bühne betrete. Sehr hilfreich! Die Gitarre hat zudem die Jackson-typischen Sharkfin-Inlays, das Binding läuft komplett um die Gitarre herum und umfasst auch Hals und Kopfplatte, was die Gitarre optisch sehr aufwertet.
Hinzu kommt das sandgestrahlte Esche-Top mit dem Linde-Korpus, dazu ein Floyd-Rose-1500-System, das ich deshalb besonders mag, weil es standardmäßig einen Push/Pull-Arm hat. Wie du weißt, werden die meisten Floyd-Rose-Hebel geschraubt, aber da ich den Hebel häufig sehr aggressiv einsetze, würde er sich schnell lockern und dann ein Störgeräusch erzeugen, das über die Pickups übertragen würde. Mit dem Push/Pull-System dagegen kann man den Arm arretieren, so dass er an jeder gewünschten Position bleibt.
Die Pickups sind die gleichen wie in der Kelly-6-String?
Ja, es handelt sich um meine aktiven Seymour Duncan Jeff-Loomis-Signature-Blackout-Pickups. Sehr heiß! Ich mag es, wenn ich viel Gain bekommen kann, im Zweifelsfall drehe ich die Verzerrung lieber am Amp zurück. Die Pickups klingen in der 6-String genauso wie in der 7-String, nämlich aggressiv, tight und punchy.
Wird es die Gitarre zukünftig auch mit anderen Lackierungen geben?
Auch diesbezüglich möchte ich die Soloist SL7 möglichst simpel halten, zumal die Leute das sandgestrahlte Esche-Top in Schwarz lieben werden. Eine bereits fest geplante Option ist allerdings die Standard-Bridge, sowohl für die Kelly als auch für die Soloist SL7. Denn nicht jeder mag Floyd-Rose-Tremolos, und um ehrlich zu sein: Wenn ich im Studio Rhythmusgitarren aufnehme, bevorzuge ich auch Gitarren mit Standardbrücken. Der Plan ist, eine Version mit Brücken im Standard-Gotoh-Stil anzubieten.
Du bist bereits für den Guitar Summit 2022 in Mannheim bestätigt. Worauf können sich deine Fans freuen?
Ich habe mich schon vor zwei Jahren darauf beworben, jetzt endlich findet es statt! Ich werde die kompletten drei Tage in Mannheim anwesend sein und als Sologitarrist zu Backing-Tracks performen. Außerdem leite ich eine Masterclass mit 25 bis 30 Studenten, die an meiner Spielweise interessiert sind und denen ich in direktem Kontakt ein paar Kniffs und Tricks meiner Technik verraten kann. Ich freue mich schon riesig darauf.
Und hoffentlich bist du dann auch in der Allstar-Besetzung der finalen Jamsession zu sehen.
Ja, das hoffe ich sehr, das wird garantiert ein riesiger Spaß. Mal schauen, was gefordert ist, eventuell etwas von den Doobie Brothers.
An was arbeitest du aktuell?
Wir haben in den zurückliegenden zwei Monaten drei neue Videos mit Arch Enemy veröffentlicht, als Vorbote zu unserem neuen Album ‚Deceivers‘, das im Laufe des Sommers erscheinen wird. Ab April sind wir auch wieder auf Tournee, hinzukommen ein paar Sommerfestivals, daran schließt sich der Guitar Summit an, dann folgt eine große Arch-Enemy-Europatour zusammen mit Behemoth. Außerdem bin ich an einem Projekt mit Graham Bonnet von Alcatrazz beteiligt, somit bin ich der neue Alcatrazz-Gitarrist. Fünf Songs dafür habe ich bereits geschrieben. Ich hoffe, dass wir das Material noch in diesem Jahr aufnehmen können. Zwischendurch möchte ich gerne mein drittes Instrumentalalbum produzieren.
TOP GEAR CHECK
Abschließend hat Jeff Loomis noch einige Empfehlungen für unsere Top-Gear-Check-Serie abgegeben. Er sagt:
„Fangen wir ganz klein an: Mein Plektrum ist ein 1,75mm-Dunlop-Plec, was für einen Shredder wie mich möglicherweise etwas ungewöhnlich ist. Aber das Plektrum erzeugt einen kräftigen Ton und garantiert mir eine gute Kontrolle, wenn ich mal härter und schneller anschlagen muss. Bei den Kabeln schwöre ich auf Klotz. Ich verwende sie bei allen wichtigen Verbindungen auf der Bühne und im Studio, also beispielsweise auch bei den Monitoren usw.
Als Saiten empfehle ich die von Ernie Ball. Bei Arch Enemy spielen wir in C-Standard, deshalb brauche ich natürlich ein Custom-Set, ansonsten kommen bei mir am häufigsten Standardsätze in den Stärken .009 auf .046 zum Einsatz, bzw. bei der 7-String-Gitarre zusätzlich mit einer .062-Saite.
An Effektpedalen besitze ich so einiges, denn ich bin leidenschaftlicher Sammler. Schwerpunkt bei den Distortion/Overdrive-Stompboxes sind bei mir die von Maxon, für mich die besten Verzerrer der Welt. Es gibt gleich mehrere, die ich wirklich empfehlen kann. Ganz begeistert bin ich auch von meinem neuen Morley George Lynch Wahwah. Ich habe das Pedal zwar erst seit kurzem, aber es klingt großartig. Besonders gut gefällt mir die leichte Gangart des Pedals und die Möglichkeit, es ganz einfach an- und wieder ausschalten zu können, ohne dass man mit größerem Kraftaufwand das Pedal komplett durchdrücken muss.
Ganz prima ist auch der Cali76 Limiting Amplifier von Origin Effects. Ein toller Compressor, ich setze ihn vor allem für cleane Sounds ein, mitunter aber auch für Bass. Der Cali76 erzeugt einen kristallklaren Klang, so wie man ihn beispielsweise auf der Def-Leppard-Scheibe ‚Hysteria‘ hören kann.
Ebenso empfehlenswert: das Chase Bliss Audio CXM 1978, ein Reverb, das großartig für cleane Sounds funktioniert.
Einer meiner bevorzugten Amps ist der EVH 5150 Iconic, ein fabelhafter Verstärker, der zudem für kleines Geld zu haben ist, dabei großartig klingt und somit über ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis verfügt.
Dies gilt übrigens auch für den Gitarrenprozessor Line 6 Helix, den ich bei Arch Enemy nahezu durchgehend einsetze. Früher habe ich überwiegend Gerätschaften von Roland gespielt, aber in puncto Haltbarkeit ist das Helix einfach großartig. Außerdem kann ich es per Midi mit meinem Floorboard und einem Computer verbinden und so die Presets schon vorher auswählen, was das Wechseln von Sounds während einer Show kinderleicht macht.
Somit muss ich dann nur noch auf mein In-Ear-Monitoring, meine Gitarre und den Song achten. Passend dazu auch mein Line 6 Relay G-90 Wireless-System, auf das ebenfalls 100%ig Verlass ist.
Und last but not least: Natürlich empfehle ich allen G&B-Lesern vor allem meine neue Jackson Soloist SL7, aber bei mir zuhause stehen auch ein paar alte Gibson Les Paul, die mir immer wieder viel Spaß bereiten, auch wenn sie ziemlich schwer sind und sich am besten im Sitzen spielen lassen, ebenso wie ein paar Fender-Custom-Strats, einige Yngwie-Strats, eine Charvel Custom aus Sassafras-Wood mit Singlecoil und Humbucker. Speziell die Charvel steht permanent in meinem Wohnzimmer und wird von mir immer dann zur Hand genommen, wenn ich an Riffs und Licks arbeite.“