Hinter Aynsley Lister liegen drei überaus ereignisreiche Jahre. Der britische Bluesrock-Gitarrist ist Vater geworden, gleich in doppelter Hinsicht: Im Frühjahr 2018 brachte seine Frau und Managerin Stephanie einen kleinen Jungen zur Welt, im Februar 2019 präsentierte der 42-Jährige seinen ersten Signature-Amp, den er gemeinsam mit Konstrukteur Chris Fantana vom englischen Verstärkerhersteller Rift Amplification entworfen und entwickelt hat.
Kein Wunder also, dass die Arbeiten am kommenden Studioalbum aufgrund dieser „Doppelbelastung“ etwas in Verzug geraten sind. Wir haben den Engländer getroffen, uns sein neuestes (musikalisches) „Baby“ angeschaut und uns bei dieser Gelegenheit auch gleich ein paar Empfehlungen für unser Top Gear Check Special eingeholt.
Interview
Aynsley, was war dein erklärtes Ziel, deine Vision für den neuen Rift Signature Amp? Welche Kriterien hast du angelegt?
Ich besitze einen alten, ziemlich seltenen Marshall JMP 2144 Combo von 1979, der im Laufe der Jahre mehrfach modifiziert wurde und für meinen Geschmack besser klingt als jeder andere Marshall, den ich jemals gehört habe. Eines Tages brachte ich ihn zu Marshall, um die Röhren austauschen zu lassen. Der Typ, der den Tausch vornehmen sollte, schaute sich das Innenleben des Amps an und meinte stirnrunzelnd: „Oha, dies ist nicht original und das gehört da eigentlich auch nicht rein, und das dort ist ebenfalls völlig anders als vom Werk vorgesehen. Wie klingt der Amp überhaupt?“ Ich antwortete: „Großartig!“ Und er darauf: „OK, dann sollten wir nichts ändern und tatsächlich nur die Röhren erneuern.“
Ich hatte den Combo über viele Jahre bei all meinen Konzerten gespielt, ohne Effektpedale, nur über den Volume-Regler meiner Gitarre gesteuert. Er war also perfekt für mich. Und jeder, der ihn testete, war ebenso begeistert wie ich. Dieser Amp war meine Inspiration, ihn neu zu erschaffen. Weißt du: Mein Marshall JMP 2144 ist alt, er brummt ziemlich laut, war jahrelang auf Tournee, also entstand die Idee eines neuen Modells mit genau diesem Sound plus einigen Verbesserungen. Das gestaltete sich allerdings nicht so einfach wie erwartet.
Die ersten Versuche, einen Amp mit exakt den gleichen Komponenten wie bei meinem alten Marshall zu bauen, klangen völlig anders. Also verbrachte ich viele Tage bei Chris Fantana von der Firma Rift Amplifications, testete den neuen Amp immer wieder und modifizierte ihn. Das Chassis war offen, wir hatten eine große Kiste mit unterschiedlichsten Komponenten zur Verfügung und testeten die verschiedensten Konstellationen. Wenn uns etwas gefiel, hielten wir daran fest. Am Ende kam ein Amp heraus, der sogar noch besser klingt und noch mehr kann als mein JMP 2144.
Zum Beispiel?
Der Marshall hat keinen wirklich cleanen Sound, es sei denn, man dreht den Volume-Poti an der Gitarre fast komplett zurück. Der Rift dagegen hat bei geringer Preamp-Lautstärke trotz eines aufgedrehten Master-Potis einen absolut klaren Sound, was beim Marshall nicht funktioniert. Außerdem hat der Rift ein tolles Reverb und einen FX-Loop. Dies ist die erste Tournee, auf der ich ihn dabei habe, und mein Eindruck ist, dass er von Abend zu Abend immer noch besser wird. Ich bin total glücklich mit ihm. Für mich war klar: Ein Signature-Amp macht für mich nur dann Sinn, wenn ich ihn auch wirklich selbst spiele.
Wie viel Leistung hat er?
35 Watt, einkanalig, handwired, mit zwei EL34-Röhren, 4-Band-EQ-Sektion plus Preamp-Volume und Master-Volume-Regler, Eminence ‚The Governor‘-Speaker und einen Sound von glasklar bis verzerrt, den man alleine über den Poti der Gitarre steuern kann.
Wie viele Prototypen gab es, bevor ihr das finale Ergebnis gefunden hattet?
Vier oder fünf. Ich nahm sie mit auf Tour, testete sie ausgiebig, dann nahmen wir kleine Veränderungen vor.
Wieviel kostet der Rift?
Das Topteil kostet ungefähr 2700 englische Pfund, die Box circa 1000 Pfund. Man kann den Verstärker auch als 1x12er- oder 2x12er-Combo bestellen, es gibt ihn in Weiß, Schwarz, Lila, Rot – alles was man sich wünscht.
Gibt es klangliche Unterschiede zwischen der Topteil-plus-Box-Version und den beiden Combo-Varianten?
Überraschenderweise nicht. Ich bin ein Fan von 2x12er-Cabinets, und ich dachte, dass der Amp als 1x12er-Version kleiner und deutlich leiser klingen würde. Aber das ist nicht der Fall.
Wo kann man den Drift Aynsley-Lister-Signature-Amp kaufen?
Er ist weltweit erhältlich, bestellen kann man ihn über den englischen Laden ‚Andertons Music‘, der seinen Sitz vor den Toren Londons hat.
Listers Probett-Stratocaster Custom, Baujahr 2015
Seine 1960er Fender Stratocaster Custom Shop in Charcoal Frost, Baujahr 2017
Die namenlose Slide-Gitarre, vermutlich in den 60ern von Egmond gebaut
Probett 59er-Les-Paul Replica, Baujahr 2010
Mit welcher Gitarre hast du die Prototypen getestet?
Mit meiner Hauptgitarre, einer weißen Probett-Stratocaster, die mir Damian Probett im März 2015 gebaut hat und die ich seitdem durchgängig spiele. Außerdem mit meiner 59er-Probett-Les Paul aus dem Jahre 2010 mit zwei Humbuckern und einem Korpus aus spanischem Zedernholz, weshalb sie nicht so schwer ist wie normale Gibson Les Pauls aus Mahagoni.
Daneben hast du heute noch zwei weitere sehr interessante Gitarren dabei.
Da ist zum einen eine namenlose Slide-Gitarre aus den 1960ern, die vermutlich von der holländischen Firma Egmond stammt und die ich vor 20 Jahren für 50 Euro gekauft habe. Damals hatte sie allerdings noch keine Elektrik.
Die zweite ist eine 1960er-Fender-Stratocaster-Custom-Shop aus dem Jahre 2017, die ich in einem Shop in Sheffield gefunden habe. Wegen ihres Charcoal-Frost-Finishes wollte sie keiner haben. Jeder möchte Sunburst oder Olympic White. Mir gefiel die Gitarre gerade deshalb, weil sie anders aussieht, also testete ich sie. Der Shop-Besitzer verriet mir, dass die Charcoal-Fender seit einem Jahr bei ihm im Laden stünde, aber ich der erste sei, der sie antestet. Die Gitarre klingt großartig. Ich spielte noch einige weitere Gitarren im Shop, aber diese war bei Weitem die beste. Also kaufte ich sie und wechselte einfach nur die Pickups aus. Es sind nun die gleichen verbaut wie bei meiner weißen Probett Strat, nämlich sogenannte ‚59 Reserve‘ von meinem Landsmann Mark Foley.
Mit welchen Effektpedalen spielst du auf der aktuellen Tour?
Mein Haupteffektgerät ist ein Clean- Boost, der immer eingeschaltet ist aber keine Verzerrung erzeugt, sondern nur die Lautstärke etwas anhebt. Auf dieser Tour habe ich zwei davon: ein Free The Tone Final Booster und ein Thorpy FX Team Medic. Beide Pedale ändern den Sound der Gitarre nicht, sondern machen die Pickups nur ein klein wenig heißer, sodass ich den Sound der Gitarre noch ein bisschen besser kontrollieren kann. Hinzu kommt ein DOD-Octoplus-Octave-Pedal, das ich allerdings nur bei einem Song einsetze, und ein T-Rex Alberta, also ein Tubescreamer, den ich während der gesamten Show nur zweimal ganz kurz einschalte – davon einmal am Ende eines Songs für ein endloses Feedback. Bei 98% der Show sind es wirklich nur die Gitarre, der Amp und ein Clean Boost.
Letzte Frage: Wie kommst du mit den Arbeiten an deinem neuen Studioalbum voran? Das letzte liegt ja bereits fast drei Jahre zurück.
Es nimmt langsam Formen an. Ich bin etwas in Zeitverzug, da meine Frau und ich letztes Jahr ein Baby bekommen haben. Jetzt ist der Kleine ein Jahr alt und ich finde wieder mehr Zeit, um zu komponieren. So wie es aussieht, werde ich im Laufe des Jahres ins Studio gehen und die neue Scheibe aufnehmen.
Danke Aynsley, und alles Gute für dich und deine junge Familie!
TOP GEAR CHECK
Als Top Gear Check Special, hier eine Auswahl an Equipment, die Aynsley Lister allen Soundtüftlern ans Herz legt:
„Für mich immer wieder eine echte Empfehlung ist der Marshall Origin 20 Combo, den man bei vielen Anbietern derzeit für knapp 570 Euro bekommt. Ein großartiger, klassisch klingender Amp, der transportabel, laut genug für kleinere Gigs und absolut bezahlbar ist.
Ebenso für den kleinen Geldbeutel: Squier Strats, die man in verschiedenen Ausführungen schon ab 450 Euro bekommt. Die heutigen Squier-Modelle bieten vielfältige Optionen und sind besser als jemals zuvor. Korpus aus massivem Holz, Alnico-Pickups mit verschiedenen Konfigurationen, gelungene Finishes, man könnte die Liste an Vorzügen endlos weiterführen.
Zwischendurch noch ein Tipp, der zumeist um die 50 Euro kostet, aber gut investiertes Geld ist: ein maßgeschneidertes Gitarren-Setup, das man von Fachkräften ausführen lassen sollte. Jedes Instrument profitiert vom Setup eines erfahrenen Technikers. Selbst teure Gitarren sind schwer zu spielen, mühsam zu stimmen und generell widerspenstig, wenn sie nicht richtig eingestellt werden.
Meine nächste Empfehlung: Sommer Gitarrenkabel, Preis 20 Euro. Ein hochwertiges Kabel klingt einfach besser als ein billiges. Schlechte Kabel versauen den Sound einer Gitarre, verursachen Nebengeräusche und haben oftmals gegossene Plastikstecker, die ich hasse.
Ebenfalls eine gute Investition ist das TC Electronics Polytune Pedal (Version 3 oder 2 Mini) für etwa 45 Euro, denn eine perfekte Stimmung ist natürlich unerlässlich. Das Polytune ist robust, preisgünstig und so klein, dass man es als Einzelpedal oder als Bestandteil eines Pedalboards verwenden kann.
Ähnliches kann man über den Boss GE-7 Equalizer sagen, den man schon für 89 Euro bekommt. Ein wirklich vielseitig einsetzbares Pedal, das man als EQ für den Sound oder als Boost für die Lautstärke verwenden kann. Beides durchaus eine Option, wenn man beispielsweise während eines Gigs die Gitarre und damit von Humbucker auf Single Coils wechselt. Ich spiele das Teil schon seit Jahren, stelle den EQ auf „flat“ und nutze lediglich den Level-Regler, um meinem Amp etwas mehr Schub zu geben.
Als nächstes: T-Rex Alberta für 98 Euros, ein fabelhaftes Overdrive-Pedal, basierend auf den alten Tubescreamern, die man bei Soli hinzuschaltet. Es macht dem Röhren-Amp kräftig Dampf, sodass er ein singendes Sustain liefert, und mit den geboosteten Mitten setzt sich die Gitarre im Gesamtsound noch besser durch.
Was ich vorhin über die Gitarrenkabel gesagt habe, gilt übrigens auch bei der Verkabelung der Effektpedale. Auch hier empfehle ich Sommer Patch-Kabel, denn es macht einfach keinen Sinn, bei den Geräten viel Geld auszugeben und dann beim Kabel zu sparen. Zumal sie nicht übermäßig teuer sind und den Signalweg erheblich verbessern.
Last but not least: Eminence Governor Speaker, Kostenfaktor etwa 109 Euro. Vor allem Gitarrenverstärker im mittleren Preissegment können durch gute Speaker enorm aufgewertet werden. The Governor von Eminence ist ein großartiger Lautsprecher, der viel Kraft vermittelt, ein klares Klangbild hat, ohne dabei harsch zu klingen. Er funktioniert in Kombination mit vielen Amps, inklusive Marshall und Fender. Als Einzelteil sind Lautsprecher die teuerste Komponente bei einem Amp, deshalb sparen hier manche Hersteller. Ihr wärt überrascht, wie groß der Unterschied zwischen einem billigen und einem hochwertigen Speaker bei ein und demselben Verstärker ist.“