(Bild: Dieter Stork)
Mit der Westerly Serie pflegt Guild bekanntlich die eigene Firmentradition. Und da die Dreadnought seit den frühen 60ern eine wichtige Rolle spielt, finden sich hier nicht weniger als vier Modelle dieses Formats.
Jawohl, und wir haben das komplette Quartett zum Test da. Wobei es natürlich noch viel mehr Varianten in diesem Format gibt – mit Cutaway, mit Pickup, als 12-String, als Lefty, mit verschiedenen Finishes usw. Wer denkt, Dreadnought ist Dreadnought, wird hier übrigens schnell eines Besseren belehrt: das sind vier recht unterschiedliche, eigenständige Gitarren.
4-way-street
Bei der D-120 betrifft das in besonderem Maße auch die Optik, denn die Decke ist hier – wie auch der ganze Korpus – aus dunklem, attraktiv gemasertem, massivem afrikanischem Mahagoni. Aus eben diesem Holz ist auch der Hals. Fichte wurde bei dieser Gitarre lediglich für das Bracing, also die Beleistung von Decke und Boden, verwendet. Die Korpuskanten sind mit schwarzem Bracing verstärkt, das Tortoise-Schlagbrett hat den typischen Guild-Zuschnitt.
Steg und Griffbrett wurden aus Pau Ferro gefertigt – dieses südamerikanische Holz ist ja mittlerweile ein beliebter und sehr geeigneter Ersatz für Palisander, welches ja den Cites-Regularien unterliegt. Die Saiten ruhen auf einer Stegeinlage und einem Sattel aus Knochen und schwingen frei über eine Distanz von 652 mm.
Die angesetzte Kopfplatte präsentiert sich mit Firmenschriftzug und dem 60er-Jahre-Chesterfield-Emblem sowie sechs geschlossenen, verchromten, sahnig laufenden Mechaniken. Die gesamte Gitarre ist – einschließlich Halsrückseite – makellos mit einem Hochglanzlack versiegelt. Der hintere Gurtpin und ein Inbusschlüssel zur Halsjustage liegen im hochwertigen Polyfoam-Case bei.
Einziger Unterschied bei der D-140 ist die massive Decke aus Sitka-Fichte – und doch ist sie ein völlig anderes Instrument als die 120er. Heller in der Optik, heller im Klang bedient sie eher den Geschmack von Playern, die vielleicht auch mit den Begriffen D-18 oder J-45 etwas anfangen können.
Die dritte im Bunde – die D-150 – verkörpert am ehesten die klassische Dreadnought. Mit der Rezeptur Fichtendecke und Palisanderkorpus sowie Steg und Griffbrett aus ebenfalls Palisander werden hier keine Kompromisse gemacht.
Nur bei ihr ist der zweiteilige Boden mit einem Zierstreifen in der Mitte versehen. Zu guter Letzt kommen wir zur D-240E, die sich von den drei vorab besprochenen Schwester-Modellen doch relativ deutlich abhebt. Der Body, bestehend aus massiver Fichtendecke und Zargen sowie Rücken aus gesperrtem Mahagoni, ist matt lackiert. Den großen Unterschied macht der Boden. Er ist gewölbt (Arched Back), bezieht seine statische Stabilität aus eben dieser Wölbung und kann somit auf ein Bracing verzichten. Das lässt ihn besonders deutlich an der Klangbildung teilnehmen, erhöht das Sustain und spart überdies auch Gewicht.
Auch beim Hals geht dieses Modell einen eigenen Weg. Er ist mattiert und bietet das schmalste Griffbrett im Quartett sowie ein V-Profil, das sich erheblich von dem satten C-Shape der drei anderen unterscheidet. Bei der Kopfplatte machen die hauseigenen offenen Old-School-Mechaniken mit den stylischen Butterbean-Stimmwirbeln den Unterschied.
Als einzige hat die 240er einen vorderen Gurtpin an günstiger Stelle und – noch wichtiger – das Guild/Fishman AP1 Pickup-System (das die anderen Modelle optional aber auch haben können). Es beinhaltet einen Sonicore-Piezo-Tonabnehmer unter der Stegeinlage, ein Steckfeld unterhalb des Gurtpins mit Klinke-Out und Batteriefach (9-V-Block) sowie zwei Drehregler für Volume und Klang, die dezent innen am Schalllochrand positioniert sind.
Auch anders als bei den anderen: Die D240E kommt im leichten, aber ebenfalls hochwertigen Gigbag, statt des Polyfoam-Cases.
(Bild: Dieter Stork)
different voices
Die drei 100er-Modelle bieten sehr ähnliche Spielbedingungen mit Hälsen, die – der eigenen Tradition folgend – dem Player ein sattes C-Profil in die Hand geben. Zusammen mit den am Sattel um die 45 mm breiten Griffbrettern ergibt das viel Platz für freies komfortables Spiel. Für ganz kleine Hände vielleicht nicht optimal, für erwachsene Spieler wunderbar.
So dunkel und elegant wie die D-120 aussieht, so ist auch ihr Grundklang. Das massive Mahagoni liefert sonore Wärme, ein Timbre mit Charme und Charakter. Auch energisches Strumming wird hier niemals unangenehm – ein toller Singer/Songwriter-Begleit-Sound. Spielt man die D-140 an, kommen offenere Klänge zu Gehör. Mehr Frische, ein schnelleres Attack, knackige Bässe und doch das Quäntchen milde Anteile – Fichte und Mahagoni ergänzen sich perfekt. Kurz mal subjektiv gesprochen: Voll mein Ding!
Das ist ja das Schöne bei den Westerly-Modellen – jeder kann den passenden Charakter-Klang für sich finden. Die D-150 steht in diesem Quartett am ehesten für das, was man sich normalerweise unter einer Dreadnought vorstellt. Das Palisander sorgt für die kraftstrotzenden tighten Bässe, die durchsetzungsstarken Mitten und die klaren aber niemals klirrigen Höhen.
Die vierte, nochmals eigene Stimme steuert die D-240E bei. Sie kommt ganz anders um die Ecke, was stark mit dem Arched Back zu tun hat. Dieser Boden schwingt und resoniert wie kein anderer in diesem Test. Man kann sogar deutlich spüren und hören wie der Sound verflacht, wenn man die Guild zu fest an den Körper drückt und der Boden nicht mehr frei schwingen kann. Die komplett matt versiegelte 240 hat auch insgesamt eine andere Haptik. Das Griffbrett ist schmaler, der Hals hat ein V-Profil, das in Richtung 12. Bund zusehends abflacht – spielt sich hervorragend.
Was diese Guild interessant macht, ist die Tatsache, dass sie die günstigste im Test ist (Zargen und Boden nicht massiv, Gigbag) und dennoch bereits ein Pickup-System an Bord hat. Eindeutig das Schnäppchen hier im Test.
Apropos Pickup: Kabel rein, Amp an! Funktioniert prima. Die Saiten werden ausgewogen verstärkt, der Klang hat eine schöne Natürlichkeit im Rahmen dessen, was ein Piezo da leisten kann. Den Klangregler am Schalllochrand würde ich am ehesten als Presence-Regler beschreiben, den man bei Pickings per Fingerkuppe voll aufdrehen kann und bei Strumming mit Plektrum etwas zurücknimmt. Mehr braucht man eigentlich nicht.
(Bild: Dieter Stork)
resümee
Wer eine gute Dreadnought unter 1000 Euro sucht, sollte diese vier Guild-Westerly-Modelle auf jeden Fall mit ins Kalkül ziehen. Tadellose Gitarren – und jede hat ihren eigenen Charakter. Das Schnäppchen des Tages ist auf jeden Fall die 240: gutes Instrument, Stage-ready mit Pickup und Gurtpins, unter € 500 beim Händler. Dieses gut aufgestellte Quartett astreiner Acoustics bietet für (fast) jeden etwas.
PLUS
• Hölzer, Hardware
• Verarbeitung, Werkseinstellung
• individuelle KlangCharaktere deutlich ausgeprägt
• sehr gute Cases
• Preis/Leistung (bes. D-240E)
(erschienen in Gitarre & Bass 01/2019)