Diese Taylor-Gitarre verkörpert das Gegenteil von „auf den eigenen Lorbeeren ausruhen“. Alles wurde hinterfragt – sogar die Saiten!
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Mit welcher Entschlossenheit und Gründlichkeit Bob Taylor und Andy Powers ihr eigenes Flaggschiff – die 800er Serie – auf den Prüfstand gestellt haben, verlangt einem schon etwas Respekt ab. Es wurde an so vielen Stellschrauben fein-getuned, dass das hier schon fast den Rahmen sprengt. Da ist sie also: Die neue Grand Auditorium 814ce.
Konstruktion der Taylor 814ce
Die Grundrezeptur für das Korpusholz ist natürlich geblieben: Massive Sitka-Fichte trifft auf ebenfalls massives Indisches Palisander. Doch schon bei der Dicke der Hölzer wurde ein erster Hebel angesetzt. In dem Bestreben, die verschiedenen 800er-Modelle stärker voneinander abzuheben, (beliebtes Vorurteil: alle Taylors klingen gleich) hat nun jeder Body-Shape die passende Holzstärke. Kurzformel: Je kleiner die Gitarre, desto dünner das Holz – so konnten auch bei dieser Grand Auditorium die Body-Hölzer dünner geschnitten werden. Auch bei der Hochglanzlackierung der 814 wurde angestrebt „mehr Sound rauszuholen“ – sie ist um 40 % dünner als zuvor. Im Korpus wurde ebenfalls nichts dem Zufall überlassen: Das Bracing wurde überarbeitet, ein Blick ins Schallloch zeigt den diagonalen Verlauf der Boden-Beleistung, auch die Verstärkung der Zargen ist so neu. Damit nicht genug – auch der Leim kam unter die Lupe, und so ist man bei dieser eigentlich hochmodernen Gitarre zurück zu Leim tierischen Ursprungs gegangen. An klangübertragenden Stellen soll das Vorteile bringen.
Der Korpus hat noch mehr zu bieten – z. B. das Schlagbrett, welches aus Palisander geschnitten ist, und in der Faserrichtung so gelegt wurde, dass ein Plektrum möglichst wenig Abnutzungsspuren erzeugt. Elegant eingefasst ist der Body mit einem perfekt gearbeiteten Maple-Binding.
Ebenholz begegnet uns beim Steg und den Saitenpins sowie auch als Material für Griffbrett, Kopfplattenauflage und Truss-Rod-Cover.
Elegante Überleitung zum Hals: der ist aus Mahagoni und angenehm matt lackiert. Besagtes Ebenholzgriffbrett ist schön kontrastreich mit Ahorn eingefasst, trägt 20 optimal eingesetzte Bünde und die ebenfalls neuen Mother-of-pearl-Inlays mit Namen „Element“. Die obere Ahorn-Einfassung bietet natürlich auch noch kleine Orientierungs-Dots.
Die angesetzte Kopfplatte mit hochglanzlackiertem Ebenholz-Layer und Maple-Einfassung gibt sich optisch elegant-schick, ist mit den hauseigenen Die-Cast-Mechaniken und dem Stellstab-Zugang aber auch funktional auf der Höhe.
Die Saiten schwingen zwischen dem Sattel aus Micarta (ähnelt verblüffend Knochen) und der Stegeinlage aus Tusq über eine Distanz von 650 mm. Apropos Saiten: ein Blick in den Info-Kasten lohnt sich!
Kommen wir noch zur Elektronik. Auch hier hat sich einiges getan, und auch hier wird, wie schon bei Holz- und Lackdicke, das Motto „weniger ist mehr“ gepflegt. Ergebnis: das Expression System 2. Im Grunde haben wir schlicht einen Piezo-Abnehmer (aktiv) und drei schnöde Regler für Volume, Bass und Treble – fertig. Aber so einfach haben es sich die Herren Taylor und Powers dann doch nicht gemacht. Ein zentraler Gedanke war, dass der Steg durch die Saitenschwingung gar nicht so sehr in eine Auf/-Ab-Bewegung versetzt wird, sondern in eine Vor/Zurück-Vibration. Folglich muss der Piezo-PU nicht zwingend genau unter der Stegeinlage sitzen, sondern kann auch, wie hier geschehen, dahinter platziert werden. Hier kann er nämlich – befreit vom Saitendruck – natürlichere Ergebnisse liefern. Puh, viel Theorie. Let’s play guitar.
Die Taylor 814ce in der Praxis
Das Griffbrett wirkt ungemein aufgeräumt, so als wäre es breiter als Standard – ist es aber nicht. Das kräftige C-Profil liegt gut in der Hand. Da lassen sich sofort schnelle Läufe abschießen, dank des weichen venizianischen Cutaways auch bis in die höchste Lage. Auch bei Fingerpicking und Strumming kommt Freude auf, und so muss man an dieser Stelle konstatieren, dass hier mit der 814, zumindest in Hinsicht auf die Spielbedingungen, genau erreicht wurde, was ausdrücklich erklärtes Ziel war: einen optimalen Allrounder zu präsentieren. Ist das auch klanglich gelungen? Ich antworte mal mit: „Aber hallo!“
Die Summe der vielen kleinen Maßnahmen, Modifikationen und Änderungen führt hier zu einem großen klanglichen Schritt nach vorne. Nun war ja das Vorgängermodell auch nicht richtig schlecht, aber dieser Sound hier atmet, schmeckt nach Holz, wirkt einfach abgehangen und erwachsen. Ich kann beim besten Willen nicht sagen, welchen Anteil daran Leim, Beleistung, Lack oder eben die Saiten haben, aber es funktioniert. Und so ist die 814 auch klanglich der Allrounder geworden, den man auf die Beine stellen wollte.
Auch am Amp gefällt mir das richtig gut. Kein Body-Sensor Schnickschnack, einfach nur ein toll klingender Piezo, dessen Andruck im Steg übrigens über drei kleine Schrauben hinter der Stegeinlage regelbar ist. Der E-Sound kommt so natürlich, ich lasse die Regler auf der Zarge einfach in der Mittel-Rastung – und ab dafür.
Resümee
Hier hat aber jemand verdammt viel richtig gemacht. Die 814ce wurde geradezu neu erfunden und ist stimmig von A-Z. Die nicht wenigen Player, die bisher Vorbehalte gegen Taylor hatten (steriler Sound, klingen alle gleich) müssen das ernsthaft überdenken. Ehrlich gesagt, ich war einer von ihnen, und bei allem Respekt für die allseits bekannte Qualität dieser Marke: Dies ist die erste Taylor, deren Sound mich anrührt und zum Weiterspielen inspiriert. Verarbeitung und Bespielbarkeit waren immer schon top – jetzt hat das Ding auch Seele.
Übersicht
Fabrikat: Taylor
Modell: 814ce
Typ: Grand Auditorium Steelstring
Herkunftsland: USA
Mechaniken: Taylor, Nickel, geschlossen
Hals: Mahagoni
Sattel: Micarta
Griffbrett: Ebenholz
Radius: 14″
Halsform: C-Profil, kräftig
Halsbreite: Sattel 44,5 mm; XII. 55 mm
Halsdicke: durchgehend 23 mm
Bünde: 20
Mensur: 650 mm
Korpus: Palisander, massiv
Decke: Sitka-Fichte, massiv
Oberflächen: Korpus u. Kopfplatte Hochglanz; Hals Seidenmatt