His father’s old guitar

Masterpiece: Martin D-28 Rich Robinson

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(Bild: Dieter Stork)

Spannende Geschichte: Martin & Co. rekreiert detailgenau eine Gitarre mit sehr viel Historie – die 1954er Dreadnought von Stan Robinson.

Jener Mr. Robinson war ein nicht ganz unbekannter Musiker im Südwesten der USA, hat mit seinen Bands Hillbilly Highway und The Appalachians sogar auf der Grand Ole Opry und im Ryman Auditorium gespielt und hat vor allem auch zwei Söhne großgezogen: Rich und Chris Robinson … die Denker und Lenker der Black Crows.

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Rich sagt, dass die D-28 seines Vaters immer da war. Er hat auf ihr die ersten Akkorde gelernt, er hat praktisch alle seine Songs auf ihr komponiert und er hat sie auf jedem Black-Crows-Album eingesetzt seit dem 1990er-Mega-Debut ‚Shake Your Money Maker‘.

VINTAGE SPECS

Also, diese mit authentischem Aging versehene Custom Shop Martin mit einer solchen Vorgeschichte aus dem Koffer zu nehmen, ist auch für einen altgedienten Test-Autor etwas Besonderes. Da kommt so viel Charakter rüber – schon bevor man den ersten Ton gespielt hat –, dass man einfach beeindruckt sein muss.

Form und Hölzer der Steelstring sind ja durch die Bezeichnung D-28 im Grunde festgeschrieben und verheißen somit keine sonderlichen Überraschungen. Das „D“ steht für Dreadnought (der Name des größten Kriegsschiffes zu Beginn des 20. Jahrhunderts) und definiert die Korpusform des größten Modells im Martin-Katalog. Die „28“ definiert die verwendeten Hölzer. Da hätten wir massive Fichte für die Decke und Palisander (ostindisch, massiv) für Zargen und Boden.

Als exakte Replik einer 1954er Martin D-28 finden wir einige Besonderheiten, die sonst heutzutage nicht mehr gängig sind: Die Korpusteile sind mit Knochenleim verbunden, der anders aushärtet als moderne Leime und für besonders gute Schwingungsübertragung sorgen soll.

Auch die Beleistung der Decke wird heute so nicht mehr ausgeführt. Wir haben hier ein Rearward Shifted X-Bracing (eine nach hinten versetzte Beleistung) bei dem die Leisten nicht zu den Enden hin abflachen (non-scalloped).

(Bild: Dieter Stork)

Auf der Decke sehen wir den Steg aus Ebenholz mit besonders abgeflachten Seiten. Stegeinlage und Saitenpins sind aus Knochen. Das Tortoise-Schlagbrett vervollständigt das Bild. Der kräftige Mahagonihals ist am 14. Bund per Martintypischem Halsfuß (Schwalbenschwanz) angesetzt.

Das Ebenholzgriffbrett trägt 20 Bünde und Dot-Inlays aus Mother-of-Pearl sowie kleine Orientierung-Dots auf der Sichtkante. Der Knochensattel führt zur Kopfplatte, die rückseitig am Übergang zum Hals mit einer kräftigen, ganz und gar typischen, Volute verstärkt ist.

Als Tuner kommen geschlossene, vernickelte Mechaniken zum Einsatz. Ganz oben ist dann natürlich der unverkennbare Golden-Era-Firmen-Schriftzug nebst dem beeindruckenden Hinweis „Est. 1833“ zu sehen. Schon irre, wie man hier an allen Ecken und Enden auf Specs trifft, die nun bereits seit +/- 100 Jahren Vorbild und Standard für die ganze Branche sind – bis zum heutigen Tag.

(Bild: Dieter Stork)

Jetzt kommen wir mal zum Aging: Ich bin eigentlich kein großer Fan von Relicing, Aging, Destressing – oder wie man es auch nennen mag – bei Acoustics. Aber hier ist das eine ganz andere Tasse Tee. Erstens ist es nicht einfach irgendein „auf-alt-machen“, sondern die präzise detailgenaue Nachbildung einer bestimmten Gitarre in ihrem momentanen Zustand.

Und zweitens ist das einfach unheimlich gut gemacht. Die Rich Robinson Martin sieht alt aus, fühlt sich alt an, und klingt auch alt. (Zungenschnalzen mit bewunderndem Kopfnicken). Das angegilbte Korpus-Binding, die Lackrisse auf der Decke, die Dings und Dongs, der abgewetzte Schalllochrand, die „rundgespielten“ Griffbrettkanten, die angelaufenen Tuner … ich hätte die D-28 für eine 70 Jahre alte Gitarre gehalten. Und das eben nicht nur optisch, sondern auch klanglich.

 

VINTAGE SOUNDS

Der Hals hat ein sanftes V-Profil und ordentlich etwas auf den Rippen. Die linke Hand ist gut gefüllt, trifft dabei auf die wunderbar verrundeten Griffbrettkanten und fühlt sich pudelwohl. Ein Spielgefühl, als wären hier schon tausende G-Durs, Cs und Ds gegriffen worden. Sehr inspirierend. Die Rich Robinson vermittelt den Eindruck, schon ganz viel erlebt zu haben.

Und dann dieser Sound … was soll man sagen?! Ich habe schon das eine oder andere mal auf einer alten Martin gespielt, genau so klingt das und genau so fühlt sich das an. Abgehangen, wuchtig, holzig, trocken, ausgewogen, kein Wummern in den bärenstarken Bässen, kein Klirren in den strahlenden Höhen, genau richtig dosierte Mitten, eine enorme Dynamik und Lautstärke, Sustaiiiiiiin – und eben „einfach“ dieser Martin-Sound.

Ob man nun etwas von den Black Crows oder vielleicht von Neil Young oder irgendeinem Martin-Player deiner Wahl spielt – die D-28 liefert diese Klänge 100%ig, und zwar auf einem Niveau, das ich so bei einer neuen Gitarre noch nicht erlebt habe.

RESÜMEE

Das Resümee zu verfassen, ist gleichermaßen einfach und schwer. Der leichte Teil: Die Martin D-28 Rich Robinson ist überragend gut. Spielgefühl, Sound, Authentizität, Relic-Job – alles oberste Schublade. Außerdem fasziniert die Tatsache, dass hier nicht nur allgemein ein klassisches Martin-Modell mit den historisch korrekten Specs der Mid-50s präsentiert wird, sondern eine absolut – bis auf den letzten Kratzer – detailgenaue Nachbildung eines ganz bestimmten Exemplars.

Auf der anderen Seite kostet diese (neue) Steelstring gediegene € 8700 im Laden. Das ist ne Menge Zaster! Da kommen Fragen auf. Wie steht es um den Werterhalt? Ist eine Standard D-28 zum halben Preis so viel schlechter? Kaufe ich nicht vielleicht lieber eine alte Martin mit Wertsteigerungs-Potential?

Im World Wide Web findet man in dieser Preisliga z.B. eine 67er D-35 und diverse D-28 aus den Sechzigerjahren … aber die Rich Robinson hat eben sehr viel von diesem unwiderstehlichen 50s-Charme, und da legt man für ein Original eher ab 30k aufsteigend hin.

Und die RR hat eben keine reparierten Deckenrisse, ausgetauschten Mechaniken, einen nachgeleimten Steg oder abgelöste Deckenleisten – oder sonst irgendwelche offenen oder versteckten strukturellen Probleme, die Vintage-Modelle haben können. Tja, jeder wird für sich selbst abwägen müssen, wohin die Reise geht.

Ich kann abschließend nur zwei Dinge sagen: Je länger ich auf der Martin gespielt habe, desto mehr schien sie mir den Preis wert zu sein. Und … ich habe noch nie so ungern eine Testgitarre wieder zurückgegeben wie die Martin D-28 Rich Robinson. A Masterpiece!

PLUS

● penible Beachtung aller Details des Vorbilds (Leim, Bracing, Hölzer, Hardware etc.)
● überzeugendes Aging, Finish
● Halsprofil, Haptik, Spielgefühl
● authentisches Klangbild einer alten D-28 mit Tiefe und Detailreichtum
● Lautstärke, Sustain, Dynamik, Ansprache


Die Geschichte

Die D-28 von Vater Stan (gest. 2013) ist die eine Gitarre, die im Leben von Rich (und Chris) immer da war, nachdem sie schon ein Tourleben durch die Honky-Tonk-Szene Atlantas und dem weiteren Südwesten hinter sich hatte. Die Gitarre ist auf Stan Robinsons kleinem Solo-Hit ‚Boom-A-Dip-Dip‘ von 1959 ebenso zu hören wie auf der 1990er No.1-Hit-Single ‚She Talks To Angels‘ von den Black Crows.

Dazwischen liegen viele Jahre, in denen Rich auf dieser Martin zunächst lernt zu spielen, wobei er – wie er selber sagt – mit Daddy’s Dreadnought nicht immer pfleglich umging. Bis hin zu der Zeit, wo er alle Songs auf ihr komponiert und es die eine unumstößliche Regel gibt: Niemals mit der D-28 auf Tour zu gehen, damit ihr bloß nichts passiert.

Dann, irgendwann in der Coronazeit, entsteht die Idee, die wahrscheinlich auch schon bei der ersten Relic-Gitarre der Musik-Geschichte (möglicherweise die Tele von Keith Richards) zugrunde lag: Wenn das Original zu wertvoll ist, um mit auf Tour zu gehen, kann man nicht eine möglichst genaue Kopie bauen? Man fragte bei Martin an, die ließen sich nicht lange bitten … und eines Tages hatte Rich dann den ersten Prototyp in den Händen und war geflasht vom Ergebnis. Nun ist er zu Hause und auf Tournee immer mit seinem Vater connected. Happy End.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich dachte, dass die Zahl 28 den ursprünglichen VK in US$ dargestellt hat.

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    1. Hallo und Frohes Neues,
      die Zahlen in der Modellbezeichnung geben bei Martin Hinweis auf die Korpushölzer. Z.B.:
      „18“ Fichte/Mahagoni
      „28“ Fichte/Palisander
      „15“ Mahagoni/Mahagoni
      „35“ Fichte/Palisander (Boden dreiteilig) usw. usw.
      Gruß, Guido

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  2. Es wäre sicherlich nicht ungewöhnlich,wenn diese Martin D-28 Gitarre sogar für schlappe 28.000,-$ angeboten würde,und es gäbe aktuell vermutlich einige wenige Kunden,die sie zu diesem „Schnäppchenpreis“ ordern möchten.

    Meine eigenen Erfahrungswerte mit anderen ebenbürtigen teuren Martin-Akustikgitarren will ich hier gerne mal erwähnen: Ich hatte vor einigen Jahren die Wahl zwischen einer neuen Martin Akustikgitarre mit Preamp (etwa 2.500,-€ !) und einer vollmassiven limitierten neuen Eastman Semi-Akustikgitarre (zirka 1.600,-€) . Ich entschied mich schließlich für die letztgenannte Eastman aus China,da sie qualitativ und klanglich für mich persönlich dann faktisch die erste Wahl war. Sogar der Fachverkäufer hätte sich zweifelsfrei sofort für die Eastman Gitarre entschieden. Eigentlich,so erfuhr ich von ihm,war diese streng limitierte Eastman Gitarre zuvor für einen interessierten Kunden reserviert worden,der sich jedoch dann nicht mehr meldete (weshalb auch immer).

    Bis heute habe ich den Kauf meiner wunderbaren Eastman Gitarre absolut nicht bereut! Neue Eastman Gitarren ab 1.000,-€ haben meist ab Manufaktur in Beijing einen echten Knochensattel,massive edle Hölzer,Ebenholz-Griffbretter,eine top Verarbeitung und ein passendes Hardshellcase inklusive.
    Endgültig vorbei ist das nervige Klischee der „billig“ hergestellten Gitarren aus Fernost!

    Wer aktuell dennoch Vorurteile gegenüber den Gitarren aus China hat,der kann sich ja gerne andere,viel hochpreisige,-aber qualitativ nicht unbedingt viel bessere Gitarren anderer Hersteller kaufen. Die Entscheidung liegt ja letztendlich bei jedem selbst. Ich selbst besitze nun mittlerweile insgesamt bereits 5 verschiedene Eastman Gitarren,die ich sehr gerne bespiele. Darunter ist auch eine sehr hochwertige Eastman Vollakustikgitarre mit einer edlen Adirondack-Decke,deren Klang ich heute nie mehr missen möchte. Und nein,ich werde nicht von Eastman gesponsert oder finanziell unterstützt,ich bin einfach von Eastman Gitarren begeistert,und teile euch dies hier lediglich mit. By the Way: ich entscheide mich grundsätzlich niemals zugunsten eines teuren Marken-Logos,sondern de facto stets der besten verfügbaren Qualität,der Haptik,der hochwertigen massiven Hölzer und des fairen Preis-Leistungsverhältnis! Das jeweilige Herstellungsland ist mir diesbezüglich immer völlig egal. Da bin ich absolut nicht erzkonservativ,-sondern eher vorurteilsfrei und tolerant.

    Nicht immer ist auch der Name eines global sehr bekannten teuren Marken-Labels,-wie z.B. bei C.F. Martin,Garant für eine preisgerechte Qualität und beste Klangeigenschaft.

    So,nun genug der ehrlichen Meinung und Erfahrung.
    Frohe Weihnachten!

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    1. Wieviele Renminbi wurden für diesen Werbeeintrag bezahlt?

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