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Ibanez AV-Serie im Test

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Wer glaubt, die Artwood-Vintage-Serie von Ibanez sei ausgereizt, wird hier eines Besseren belehrt. Mit dem Thermo-Aged-Verfahren hebt der Hersteller das Attribut „Vintage“ auf ein neues Level.

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Oder ist das nur ein Marketing-Gag um das kommende Weihnachtsgeschäft anzukurbeln? Na, so negativ wollen wir nicht denken. Schauen wir und die 5 Modelle mal näher an, die ihren ersten Pluspunkt schon vor dem Auspacken einkassieren. Sie kommen nämlich in hervorragenden Gigbags, die sehr stabil, gut gepolstert und optimal ausgestattet sind.

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„altes“ Holz ist schön

Das patentierte Thermo Aging von Ibanez hat zwei Aspekte: die Optik und den Klang. Beides soll verbessert werden, indem die massiven Hölzer der Instrumente (Decken, teilweise Böden und Zargen) einen jeweils auf die Holzart ausgerichteten Trocknungsprozess durchlaufen. Dabei werden die Hölzer unter Vakuum erhitzt, um Feuchtigkeit zu entziehen und Harz-Anteile zu zersetzten, wie es normalerweise über Jahrzehnte geschieht.

Das macht die Decken und Böden härter, stabiler, resonanter, lauter und kräftiger in den Bässen und Höhen – sagt der Hersteller. Zudem bekommen die Fichten-Tops eine schöne Bernstein/Honig-Färbung oder ein Sunburst-Finish – dem Mahagoni sieht man das Aging nicht so sehr an. Dann greife ich mir mal die erste neue alte Ibanez heraus.

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Die AVD9 ist eine Dreadnought mit schlichter aber ausdrucksstarker Optik. Das liegt insbesondere an der eingedunkelten massiven Fichtendecke mit besagter Sonderbehandlung. Diese erfuhr übrigens nicht nur die Decke selbst, sondern auch deren Bracing, also die Beleistung auf der Innenseite. Zargen und Boden sind aus Mahagoni – voneinander abgesetzt sind die Korpusteile mittels eines coolen Tortoise-Bindings.

Im Palisandersteg sind die Saiten mit Pins fixiert, und selbst über die hat sich das Ibanez-Team Gedanken gemacht: Sie sind unten stark angeschrägt, damit sich das Ballend der Saite dort nicht festhält und dann den Pin beim Stimmen hochzieht (ein bekannter ärgerlicher Effekt). Oben hat der Pin eine Verstärkung, damit man ihn nicht zu tief reindrückt, und leichter wieder herausziehen kann.

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Stegeinlage und Sattel sind aus Knochen, die Saiten schwingen dazwischen über eine Distanz von 651 mm. Der Mahagonihals ist am 14. Bund angesetzt und prä- sentiert sich – im Gegensatz zum hochglänzend lackierten Korpus – im Satin-Finish und mit einem Griffbrett aus Palisander. Auf dem finden wir 20 schlanke gut polierte Bünde und kleine runde Dot-Inlays.

Die Kopfplatte ist breitflächig zwischen 1. und 3. Bund angesetzt und beweist schlichten OldschoolCharakter mit offenen „Vorkriegs“- Mechaniken von Grover mit ButterbeanStimmwirbeln. Sie machen bei einer Übersetzung von 18:1 einen sauberen Job. Das andere Modell mit Natural Spruce Top ist die AVM10.

Sie liefert eine Extraportion Charme der „Golden Era“, tippt also den Hut Richtung Martin-Tradition, hat aber andererseits doch einen eigenen Look. Bei dieser Grand Concert Sixstring ist nicht nur die Decke Thermo Aged, auch Zargen und Boden sind hier massiv ausgeführt (Mahagoni) und in den Genuss der patentierten Sonderbehandlung gekommen.

Des Weiteren punktet diese Ibanez mit einem klassisch-schönen Herringbone-Binding auf der Decke und einem eingefassten Griffbrett mit stylischen Mother-of-Pearl-Einlagen. Irgendwie witzig ist daskleine, teilweise nutzlos unter den Saiten liegende Schlagbrett – kannte ich so noch nicht … Die AVC9 ist die nächste im Bunde. Sie ist ebenfalls eine Grand Concert, hat aber eine ganz andere Ausstrahlung als die gerade besprochene Kollegin.

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Sie ist eine Vertreterin der Spezies „All-Mahogany-Steelstring“. Korpus und Hals sind komplett aus Mahagoni, hier ist lediglich die Decke massiv und Thermo-behandelt. Beim Griffbrett haben wir wieder die schlichtere Variante, das Schlagbrett hat den typischen Ibanez-Zuschnitt. Als einzige im Quintett hat diese Gitarre ein komplettes Satin-Finish. Wieder einen ganz anderen Look haben die letzten beiden Mitglieder im Club „Thermo Aged“.

Deren Decken-Finish nennt sich Brown Violin Sunburst und sieht einfach nur gut aus. Sowohl bei der Dreadnought (AVD10) als auch bei der Kleinsten im Test – dem Parlor-Modell AVN10 – finden wir ausschließlich massive, Thermo-Aged-veredelte Korpushölzer: Fichte für die Decken, Mahagoni für die Zargen und die Böden.

Die letztgenannte kleine Blues-Box hebt sich noch in zwei wichtigen Punkten von den Geschwistern ab: Zum einen ist ihr Hals am 12. Bund angesetzt und bietet lediglich 18 Bünden Platz, zum anderen hat die AVN10 eine sehr sauber gearbeitete Fensterkopfplatte, wo die Stimmwirbel nach hinten zeigen und besonders bequem zu erreichen sind.

Die großen Vorbilder der 20er-Jahre lassen grüßen. Bisheriges Fazit: Zu Ladenpreisen zwischen € 450 und € 650 bekommt man hier tadellos gearbeitete, lackierte und eingestellte Instrumente aus größtenteils massiven und besonders behandelten Hölzern inklusive eines richtig guten Gigbags. Hut ab. Ein rundes Paket. Wenn die jetzt auch noch klingen …

„altes“ Holz klingt

gut Beim Praxistest wäre es natürlich optimal, wenn man die Modelle jeweils auch ohne Thermo-Aged-Behandlung zum Vergleich da hätte. However, die Artwood-Vintage-Steelstrings kommen allesamt mit einem sehr griffigen Hals-Profil (leichtes V), auf dem sich die linke Spielhand sofort wie zu Hause fühlt.

Klanglich präsentieren sich die Fünf Freunde als typische Vertreter ihrer jeweiligen Gattung und kommen ohne harsche Untertöne eines frisch ausgepackten Neu-Instruments zu Gehör. Die einzelnen Grundklänge wirken abgehangen, rund und ausgewogen – auch die günstige, nur teilmassive Dreadnought (AVD9) liefert schon einen seriösen kraftvollen Sound mit gutem Sustain und gehöriger Dynamik.

Das Timbre des Mahagoni-Modells (AVC9) trägt Klarheit aber auch eine trockene, besonders holzige Note in sich. Die klanglichen Flügelstürmer sind die beiden Sunburst-Modelle. Hier die vollmassive Dreadnought mit kräftigem Bottom-End, muskulösen Mitten, gehöriger Lautstärke und praller Dynamik – dort die Parlor, zierlich, kompakt, nur 98 cm lang, mit ihrem bassschlanken etwas boxigen Grundklang, auf den man sich aber nach wenigen Akkorden eingehört hat. Eine Travel-Guitar mit klassischen Genen. Alle fünf Artwoods sind in Bespielbarkeit und Klang überzeugend und unterliegen in ihren Unterschieden einzig dem Geschmack des Spielers.

 

Resümee

So viel Klangreife direkt aus dem Karton für einen halben Tausi – das lässt aufhorchen. Lässt man die Eindrücke Revue passieren – spezialbehandelte Hölzer, gute Hardware, topp Werkseinstellung, charaktervolle Sounds, 1A-Gigbag, moderater Preis – dann kann man nur sagen: Such dir deine Lieblings-Artwood-Vintage aus. Wenn’s die fünf jetzt auch noch wahlweise mit dezent installiertem Pickup gäbe – Mann, das wär’s doch.

Plus

  • schlicht-schöne Designs
  • Hölzer, Hardware
  • Optik und Klang durch Thermo-Aged-Verfahren optimiert
  • Bespielbarkeit
  • sehr guter Gigbag
  • Preis/Leistung

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