Jazz and more ...

Ibanez Artcore AFJ85-VSB im Test

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Hollowbody-E-Gitarre von Ibanez
(Bild: Dieter Stork)

 

Kürzlich erst kam mit der Artcore AFJ81 die gut gebaute Schwester der AFJ85 auf einen Kaffee vorbei und wollte uns einfach mal zeigen, was sie so alles drauf hat. Gute Rundungen, kräftige Taille, Hütte, Holz – eigentlich alles da. „Ich hab aber was, was die nicht hat“ scheint uns nun der frisch eingetroffene, umfassender ausgestattete Zwilling zuzurufen. Ja richtig, die hat ja sogar zwei!

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Sicher, von Pickups ist natürlich die Rede. Ansonsten berufen sich beide Artcore AFJ-Gitarren aber auf recht ähnliche Gene. Wo die AFJ81 sich aber eher als gradlinige Jazz-Box präsentiert, da zielt die AFJ85 mit ihrer erweiterten elektrischen Ausstattung darüber hinaus auch noch auf Richtungen wie Blues, Rockabilly oder gar Pop.

 

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ACH1 und ACH2 – kraftvolle Pickups mit keramischen Magneten (Bild: Dieter Stork)

 

Konstruktion der Ibanez Artcore AFJ85-VSB

Auch das vorliegende Artcore-Modell tritt mit vollem Korpus von gut 70 mm Zargentiefe und gerundetem Cutaway in Hollowbody-Bauweise an. Boden und Zargen aus laminiertem Material mit Außenflächen aus geriegeltem Ahorn sind mit einer Decke aus gesperrter Fichte kombiniert, die mit paralleler Bebalkung unterbaut ist. Unterlegte cremefarbene Bindings schließen die Zargenränder, wie auch die klassisch geschnittenen f-Löcher ein. Der aus drei Teilen (Mahagoni/Ahorn/Mahagoni) zusammengesetzte Hals ist in Höhe des 14. Bundes in den Korpus eingeleimt. Das ebenfalls eingebundene Griffbrett aus Palisander (Radius 12″) präsentiert sich mit 20 gut verarbeiteten mittelstarken Bünden und Blockeinlagen zur Lagenkennung. Der große Kopf ist mit einer Volute im Winkelübergang unterhalb des Sattels aus Kunststoff verstärkt und mit goldfarbenen, gekapselten Mechaniken im Grover-Stil ausgestattet.

Die aufgezogenen geschliffenen Saiten (Mensur 628 mm) laufen am Korpus über eine klassische Brücke aus Holz (ART-W); beigelegt ist aber auch noch ein leicht auszutauschender Aufsatz aus Metall mit beweglichen Saitenreitern. Ein Extra für die Klanganpassung, das wir nur loben können. Gehalten werden sie Saiten von dem trapezförmigen VT06-Saitenhalter, in den die Saiten sich leicht von unten einhängen lassen.

Die beiden in schwarzen Rähmchen aufgehängten hauseigenen Humbucker mit goldenen Kappen, ACH1 am Hals und ACH2 in Stegposition, verfügen über keramische Magneten. Gesteuert werden sie über individuelle Volume- und Tone-Regler mit griffigen Knöpfen, geschaltet allein oder zusammen mit einem vor die Regler auf die Decke gesetzten Dreiwege-Toggle-Switch, der etwas eckig läuft. Die einfache Anschlussbuchse ist in der Zarge unten hinten zu finden.

Die Gitarre stammt aus chinesischer Fertigung und bietet für relativ kleines Geld eine durchweg saubere Fertigung mit spielbereiter Einstellung. Zum Lieferumfang gehört neben dem bereits erwähnten alternativen Brückenaufsatz aus Metall auch noch ein Gigbag und ein Gurt.

 

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Gut geschnittener Hals mit gebundenem Griffbrett und Blockeinlagen (Bild: Dieter Stork)

 

Die Ibanez Artcore AFJ85-VSB in der Praxis

Wie schon das zuvor getestete Schwestermodell AFJ81, überzeugt auch die aktuell vorgelegte Artcore AFJ85 auf Anhieb. Eine Gitarre aufzunehmen, die sich komfortabel ausrichtet, lässig greift und schon bei den ersten akustisch angeschlagenen Akkorden seriöse Kompetenz verrät, das bringt doch immer wieder Spaß. Vor allem dann, wenn man es nicht unbedingt erwartet. Die aufgezogenen Flatwound-Saiten bieten natürlich einigen Widerstand, greifen sich aber dennoch, der flach eingerichteten Saitenlage sei Dank, zwanglos leicht. Lediglich für Bendings sind sie nicht gerade die erste Adresse. Dafür aber vermitteln sie ein bestens gerundetes straffes Tonbild, das sich auf eine charakteristisch samtene, relativ flache Basstonentfaltung stützt, auf welcher sich aufbauend die klar definierten Mitten und festen Höhen sich harmonisch ins ausgeglichene Akkordbild fügen. Wo der Zwilling mit einzelnem Pickup recht zentriert Jazz-mäßig zur Sache ging, da punktet die AFJ85 mit ebenfalls seriösem Jazzton über den Hals-Pickup, eröffnet dann aber noch ganz andere Möglichkeiten der klangfarblichen Anpassung dank des zweiten Tonabnehmers in der Steg-Position. Der bietet eine kraftvoll klare Definition mit strammen Höhen auf schlankem Bassfundament. Kräftige Perkussion und ein kompakter Schmack in den Höhen geben dem Spiel viel Präsenz. Ein pointierter Sound, der sich bei Einzelschaltung für die rhythmische Begleitung mit klar definiertem Attack-Verhalten anbietet, dann aber in Zusammenschaltung mit dem Humbucker am Hals auch noch zu offen und breit perlender Klangerweiterung findet. In Crunch-Einstellungen oder auch mit kontrollierter Zerre sind in allen Schaltstellungen der Pickups im Übrigen auch noch schön dunkel raunende, aufgerissene Klänge zu erzielen, die dank der Hollowbody-Konstruktion wie auf einem Luftkissenboot geschaukelt daherkommen. Nur richtig laut geht wegen ebendieser Konstruktion natürlich nicht. Die strammen Flatwounds sorgen in der Tendenz zunächst zwar für die jazzmäßige Spielausrichtung, aber die Option für den Wechsel auf die beigelegte Metallbrücke und Roundwound-Saiten bietet auf jeden Fall auch die Öffnung in knackigere Sounds mit mehr Obertonbrillanz und kernigen Bässen.

Natürlich tönt eine aus massiven Hölzern und dazu gar sorgfältig von Hand gebaute Archtop noch wieder ganz anders, aber altehrwürdige Klassiker, wie etwa die ES-335 von Gibson, sind bekanntlich ebenfalls aus gesperrten Hölzern gebaut. Auch kann ein Instrument dieser Preiskategorie verständlicherweise keine definitive Elektrik anbieten. Das einmal in Rechnung gestellt, ist die AFJ85 bei moderaten Lautstärken aber dennoch auf jeden Fall ein mehr als ordentlich klingendes Instrument von achtbar hohem Praxiswert.

 

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Große Kopfplatte mit Mechaniken im Grover-Stil (Bild: Dieter Stork)

 

Resümee

Das funktionstüchtig konstruierte und sauber gefertigte Artcore-Modell AFJ85-VSB von Ibanez kann voll überzeugen. Im Gegensatz zum Schwestermodell AFJ81 mit lediglich einem Tonabnehmer in der Stegposition ist die aktuelle Testgitarre deutlich flexibler in ihrer elektrischen Ausstattung und damit auch Anwendung ausgelegt. Ihr Einsatzradius erweitert sich mit der Variabilität zweier Humbucker leichterdings auf musikalische Ausdrucksformen wie etwa Blues, Rock’n’Roll oder Rockabilly. Natürlich bleibt ein Instrument mit vollem Korpus in Hollowbody-Bauweise eher den akustisch orientierten Spielweisen verbunden, aber abgesehen vom definitiven Zerrsektor eröffnet sich uns doch eine Menge Spielraum für den Einsatz in allen maßvoll lauten musikalischen Stilarten. Geeignet für „Jazz and more“ könnte man also sagen und das dank der kraftvollen ACH1/ACH2-Humbucker auch noch mit einem recht ansprechenden Sound. Das Instrument mit dem amtlichen Look ist aber nicht nur klangstark, es spielt sich auch noch gut −und dann dieser Preis! Also: mit der AFJ85-VSB kann man eigentlich gar nichts falsch machen, da bekommt man einfach eine Menge Gitarre fürs Geld.

 

 

Übersicht

Fabrikat: Ibanez

Modell: Artcore AF J85-VSB

Typ: Hollowbody-E-Gitarre

Herkunftsland: China

Mechaniken: gekapselt, goldfarben

Hals: eingeleimt, 3-teilig Mahagoni/Ahorn/Mahagoni,

Sattel: Kunststoff

Griffbrett: Palisander, eingefasst, Blockeinlagen

Radius: 305 mm (12″)

Halsform: D-Profil

Halsbreite: Sattel 42,9 mm; XII. 53,0 mm

Halsdicke: I. 21,1 mm; V. 22,0 mm; X. 23,8 mm

Bünde: 20

Mensur: 628 mm

Korpus: geflammter Ahorn (laminiert) mit Fichtendecke (laminiert)

Oberflächen: Vintage Sunburst

Schlagbrett: groß, eingebunden

Tonabnehmer: Ibanez Humbucker mit keramischen Magneten, ACH1 (Hals 8,1 kOhm) ACH2 (Steg 15,4 kOhm)

Bedienfeld: 2× Volume, 2× Tone, 1× Dreiweg-Pickup-Schalter

Steg: ART-W (Aufsatzbrücke), VT06-Saitenhalter

Hardware: gold

Gewicht: 3,1 kg

Lefthand-Option: nein

Vertrieb: Meinl

92468 Gutenstetten

www.meinldistribution.eu

Zubehör: Gigbag, Gurt, Brückenaufsatz aus Metall

Preis: ca. 595

 

Plus

  • Konstruktion/Optik
  • akustisches Tonverhalten
  • Schwingeigenschaften
  • elektrische Sounds
  • Hals/Spieleigenschaften
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

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