Kürzlich lag der Keeley Super Phat Mod zum Testen bei mir, und nachdem ich auch schon vor einiger Zeit den Boss BD-2w Waza Craft im Test hatte, wird es nun doch Zeit, dem Mod-Potential des Blues Drivers auf den Grund zu gehen. Beide Pedale basieren ja mehr oder weniger offensichtlich auf dem Boss BD-2 – einem der bekanntesten Verzerrer des japanischen Großserienherstellers.
Bluesiger Universalzerrer
Den Blues Driver kann man im besten Sinne als „Universalverzerrer“ bezeichnen. Er ist nämlich deutlich vielseitiger, als sein Name vermuten lässt. Warum er den Blues im Namen führt, hängt mit seiner Entstehungszeit zusammen: Angesichts der Renaissance des Blues in den 90ern, die maßgeblich von den erfolgreichen Blues- Alben Gary Moores und Eric Claptons ausgelöst wurde, brachte Boss 1995 einen Verzerrer auf den Markt, der den Sound alter Röhrenverstärker imitieren sollte. Hätte es damals statt der Blues-Renaissance eine Rock-Renaissance gegeben, wäre der Name Rock-Driver aber auch passend gewesen.
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Denn der BD-2 bietet eine so hohes Gain-Potential an, dass er auch für Classic- Rock-Sounds eine gute Wahl ist. Kein Wunder also, dass der Blues Driver zu den Verkaufsschlagern von Boss zählt und mit dem SD-1 und dem DS-1 das Trio klassischer Pedalsounds komplettiert. Sein geschmeidiger, eleganter und feiner Klang bildet ein Gegengewicht zum rauen, aggressiven und recht spitzen Distortion-Sound des DS-1 sowie zum breiten, mittenbetonten Overdrive-Sound des SD-1.
Während der orangefarbene Distortion und der gelbe Overdrive auch gerne genommen werden, um den Sound bereits verzerrter Verstärker noch etwas anzupusten, spielt der BD-2 besonders als Alleinverantwortlicher für den Zerrsound seine Stärken aus. Boss gab sich große Mühe, seinen Blues Driver sensibel auf Anschlag und Gitarrenpoti reagieren zu lassen. Das Pedal sollte sich hier wie ein guter Röhrenverstärker verhalten, und in der Tat zählt der bis heute unverändert produzierte BD-2 zu den besonders dynamischen Verzerrern.
Mod-History
Natürlich bleibt ein so populäres Gerät wie der BD-2 nicht von klanglichen Änderungen verschont. Hier gilt das Prinzip: „Nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser machen kann.“ Einer der bekanntesten und erfolgreichsten Vertreter dieses Prinzips ist Robert Keeley. Bevor Keeley seine eigene Pedalreihe auf den Markt brachte, hat er sich mit der Modifikation von Effektklassikern einen Namen gemacht. Als Basis nahm er auch gerne die weit verbreiteten Boss-Pedale.
Die Mods für den DS- 1 und den SD-1 habe ich in einer früheren Hot-Rod-Mod-Kolumne bereits vorgestellt. Beim BD-2 erfreute sich vor allem sein Phat Mod großer Beliebtheit, da er dem Blues Driver einen zweiten schaltbaren Sound spendierte, der deutlich mehr Schub und Druck von unten bringt und damit die m. E. einzige Schwachstelle des Blues- Drivers beseitigt. 2007 hatte Robert Keeley im Internet die technischen Details seiner BD-2 Mods veröffentlich. Diese sind zwar mittlerweile von seiner Seite verschwunden, aber da das Netz ja nichts vergisst, gibt es nach entsprechender Recherche natürlich noch ausreichend Hinweise auf die dafür notwendigen Änderungen.
Auf den Erfolg der modifizierten Boss-Pedale hat Boss selbst vor einigen Jahren übrigens reagiert. Ganz nach dem Motto, „was die können, können wir längst“, nahmen sich die Japaner einige ihrer Geräte noch mal vor, und modifizierten sie mit zusätzlichen schaltbaren Funktionen. Das Ergebnis wird dann mit der Bezeichnung „Waza-Craft“ zu deutlich höheren Preisen angeboten. Vor Kurzem hat Robert Keeley dann den Blues-Driver-Sound mit seinem Phat Mod als „Super Phat Mod“ in seine eigene Pedalserie aufgenommen – natürlich in Boutique-Qualität mit True-Bypass, Metallfilmkondensatoren etc.
Der Grund, warum ich so lange zögerte, meinen Blues Driver umzubauen, ist eigentlich ganz einfach. Ich mag das Pedalganz genau so, wie es ist. Der Gain-reiche elegant-schlanke Zerrton des blauen Boss- Klassikers gehört eben gerade mit den etwas raueren Ecken und Kanten, die der über den reinen Phat-Mod hinausgehende Keeley-Umbau dem Boss-Original abtrainiert, zu meinen Lieblingszerrern. Unbestritten sinnvoll ist aber der Phat- Mod, den sowohl der Keeley Super Phat Mod als auch der Waza Craft per zusätzlichem Schalter zur Verfügung stellen. Den baue ich mir gerne ein, weil er den Klang des Blues Drivers ja nicht im Kern verändert, sondern nur um eine zusätzliche Alternative erweitert. Den Bauteiletausch, den Keeley bei der Modifikation der BD-2- Pedale in der Regel auch noch vornimmt, lasse ich sein – den werde ich nur beschreiben.
Audiophile Bauteile
Fast alle Effektgeräte der japanischen Massenhersteller lassen sich durch den Austausch von Bauteilen klanglich optimieren. Und hier ist nicht gemeint, dass man die Werte der Bauteile ändert, sondern, dass man lediglich günstige Teile gegen hochwertigere Typen tauscht. Bei älteren Geräten lohnt es sich z. B., an einigen Stellen die veralteten und Kohleschicht- Widerstände gegen modernere Metallschichtwiderstände zu tauschen. Die blauen Metallschichtwiderstände haben nämlich geringere Toleranzen und sind rauschärmer als die meist braunen Kohleschicht-Widerstände. Noch interessanter ist der Tausch von Kondensatoren.
Hier sind in den meisten Effektgeräten der großen Hersteller aus Kostengründen Keramik- oder Polyesterfilmkondensatoren verbaut. Hier kann ein Tausch gegen hochwertigere Metallfilmkondensatoren deutliche klangliche Veränderungen bringen. Großen Einfluss auf den Klang haben auch Dioden, die in vielen Verzerrerschaltungen zum Glätten des verzerrten Signals genommen werden. Es macht klanglich durchaus einen Unterschied, ob dies mit Kleinsignaldioden (z. B. 1N4148 oder 1N914), Power Dioden (z. B. 1N4001), Germanium- Dioden (z. B. 1N34a) oder LEDs vorgenommen wird. In manchen Schaltungen spielen sogar verschiedene LEDFarben eine klangliche Rolle. Auch die Anzahl der Dioden kann klangliche Auswirkungen haben. Ein symmetrisches Clipping, z. B. beim Tubescreamer mit je zwei parallel geschalteten Kleinsignaldioden klingt durchaus anders als das asymmetrische Clipping mit drei Kleinsignaldioden des Boss SD-1. Wie weitgehend der Klang auf die Dioden reagiert, hängt aber sehr von der Schaltung ab.
Bauteiltausch
Der Widerstandstausch ist bei dem BD-2 nicht notwendig, aber an folgenden Stellen darf man gemäß Robert Keeley gerne im Bereich der Dioden und Kondensatoren ändern: Die Kleinsignaldiode D3 (1SS133) wird gegen eine Powerdiode vom Typ 1N4002 getauscht, um ein asymmetrisches Clipping und einen noch röhrenähnlicheren Sound zu erzeugen. D7, D8, D9 und D10 (jeweils 1SS133) sind paarweise verschaltet. Eine leichte Klangänderung ergibt sich, wenn man eines der beiden Diodenpärchen gegen eine 1N4001 Powerdiode ersetzt.
Die Elkos, C1, C7, C6, C12 und C15 werden gegen 10 uF Kondensatoren, ohne Polarität getauscht. Keeley ist der Meinung, dass bipolare Elkos grundsätzlich besser klingen. Für eine bessere Ansprache im Bass-Bereich kann C14 auf 100 nF erhöht werden.
Wenn möglich, sollen die Keramik- Kondensatoren gegen die (teuren!) Silver- Mica-Kondensatoren getauscht werden, um den Sound „runder“ und „weicher“ zu machen und das Rauschen zu minimieren. Über C100 wird die Tonkontrolle angesprochen. Um hier etwas mehr Potential im Bereich der Tiefmitten und Bässe zu bekommen, kann der Wert auf 33 nF erhöht werden. Schaltet man über einen Mini- Toggle-Switch einen 68 nF Folienkondensator parallel, erhält man den Phat Mode.
Die praktische Umsetzung und das klangliche Resultat schauen wir uns dann in der nächsten Folge genauer an.
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