Fender Eric Johnson Signature Stratocaster Thinline
von Franz Holtmann,
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Und wenn du denkst, es geht nicht mehr … Überraschung: Fender stellte kürzlich auf der Winter NAMM in Anaheim tatsächlich ein neues, so noch nie zuvor realisiertes Stratocaster-Modell vor! In Zusammenarbeit mit Eric Johnson, bekannt für sein überkritisches Ohr und entsprechend hohe Ansprüche, entstand die erste Thinline Strat der Fender-Geschichte.
Das zweite Signature-Modell des amerikanischen Gitarrenstars kombiniert Hohlkammern mit den üblichen Korpuskonturen der Strat, um ein gewohnt komfortables, aber besonders resonanzstarkes und leichtes Instrument zu kreieren, in das die Vorzüge seiner favorisierten Semi-Acoustics mit einfließen sollen. Neben Vintage White ist diese Gitarre auch noch in 2- Color-Sunburst zu haben.
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Konstruktive Variation
Würde das klassisch geschnittene f-Loch oben auf der Front nicht so ins Auge stechen, wir könnten dieses Signature- Modell für eine traditionelle 50er-Jahre- Strat-Variation mit all den bekannten Konstruktionsmerkmalen dieser Periode halten. Nun, dieses f-Loch kennen wir natürlich schon von der Telecaster Thinline und es verwundert, dass die Thinline- Idee nicht längst auch einmal bei einem Strat-Modell realisiert wurde. Natürlich standen da die ausgeprägten Korpuskonturen im Weg, aber mit heutigen Fertigungsmethoden ist das ja kein Hinderungsgrund mehr. In den Body des Testmodells aus zweiteilig gefügter Erle wurden also nun großzügige Fräsungen gesetzt, die auch unten vom Elektrikfach ausgehend bis in das Horn vorn vorgetrieben wurden. Lediglich die Korpusmitte blieb durchgehendmassiv erhalten. Eine Decke aus Erle schließt die gehöhlte Korpusbasis ab. Wir haben folglich tatsächlich eine reelle semiakustische Konstruktion in Händen.
Dem einteiligen Hals aus Ahorn wurde ein „’57 Soft V“-Halsprofil verpasst, das, obwohl höchst komfortabel gestaltet, mit dem ausgeprägten originalen 57er V nicht viel gemein hat. Eric selbst beschreibt das auch als eine Mischung aus Fender 54er- und 57er-Profilen. Immerhin wurden im unteren Halsbereich die Schultern etwas flacher gezogen, was das doch recht kraftvolle 50s-Halsprofil deutlich entschärft. Der Halsstab ist, wie üblich bei einem Einteiler, von hinten eingesetzt, die entsprechende Fräsung mit einem Streifen Nussholz (Skunkstripe) verschlossen. Im lackierten Griffbrett von 12″(!) Radius mit sauber entgrateten Kanten finden wir 21 superb verarbeitete und optimal angepasste Medium Jumbo Bünde – vorbildliche Arbeit!
Die mit knapp 13 mm Stärke eher schmal gestaltete, also weiter als im Standard nach hinten gerückte Kopfplatte macht zusammen mit den wie üblich in Reihe montierten Vintage-Style-Staggered-Mechaniken Saitenniederhalter überflüssig. Die Saiten werden über den typgemäß schmalen Sattel aus Knochen mit 648 mm Mensur hinüber zum an fünf Federn stramm aufgehängten, synchronisierten Vintage-Style Tremolo mit Stahlblock geführt. Der gute alte Eindreharm ist in seiner Winkelstellung ungewöhnlich hoch eingerichtet – wohl so, wie Eric es mag.
Gerade will ich noch die gratfreie Oberfläche der Bridge Saddles ohne vorstehende Madenschrauben loben, da fällt mir auf, dass nicht etwa diese Schrauben verkürzt wurden, sondern die Saiten auch etwas höher über der Decke schwingen. Grund dafür ist die um etwa 3 mm flacher gefräste Halstasche, die den Hals um genau dieses Quäntchen über das Standardniveau hinaus anhebt. Die drei auf ein weißes ’57-style Parchment Pickguard montierten Singlecoil Pickups sind nach Erics Vorgaben gewickelt (Bridge Alnico 3, Mitte und Hals Alnico 5) und werden natürlich mit einem zeitgerechten 5-Weg-Schalter angewählt – 50s hin oder her: soviel Moderne muss sein.
Neben dem Volume-Regler vorn greifen zwei Tone-Regler auf die Klangformung zu, aber etwas anders als gewohnt. Anstelle der klassischen Bedämpfung von Hals- und Mittel-Pickup, wird bei der Johnson Thinline der Mittel-Pickup unbeeinflusst belassen und mit dem unteren Regler lediglich der Steg-Pickup bedämpft. So wollte es der Eric. Geliefert wird das exzellent gefertigte und mit Nitrocellulose hochglänzend lackierte Instrument im Deluxe Blonde Case und, Himmel, sogar der kleine Aschenbecher (Bridge-Abdeckung) ist im Koffer dabei!
Leicht. Beweglich. Markant.
Die Eric Johnson Thinline Strat ist mit lediglich 3,0 kg natürlich erst einmal schön leicht. Am Gurt hängt sie trotz der Korpushöhlen perfekt ausgeglichen, wie auch das gesamte Niveau der Handhabung, nicht zuletzt des kraftvoll, aber ungemein griffig gestalteten Halses mit perfekt gemachter Medium-Jumbo-Bundierung im modernen 12″-Griffbrettradius wegen, nur zu loben ist.
Der akustische Basisklang ist geprägt von der semiakustischen Konstruktion, was sich in einer recht offensiven Lautstärke, resonanzstarker Tonbildung und perkussiv markantem Anschlagsverhalten offenbart – das fängt ja vielversprechend an!
Es naht die Stunde der Wahrheit und die ist natürlich elektrisch. Am Amp erweisen sich die strukturellen Eingriffe in das Stratocaster- Konzept nämlich erst recht als folgenreich. Das allgemeine Klangbild bleibt zwar absolut Strat, aber dem gesellen sich einige Aspekte bei, die den Ton manipulieren oder variieren. Auffällig ist da an erster Stelle das forciert perkussive Anschlags- und luftig abfedernde Tonverhalten, welches für eine plastisch hervorgehobene Darstellung von Akkorden sorgt und auch schnelles Linienspiel noch mit starker Kontur versorgt.
Über den Hals-Pickup gespielt erreichen wir damit einen volltönenden klassischen Strat-Sound mit ausgesprochen kehliger Note, klar definiert im Bass, geschmeidig warm in den Mitten und mit offen strahlenden Höhen. Gehen wir damit in Zerre, kommt dieser markant gehöhlte Ton in wunderbarer Vaughan-/Hendrix-Manier zum Ohr.
Der Mittel-Pickup unterliegt nicht, verfügt über ähnliche Klasse mit stellungsbedingt höherem Timbre und eignet sich zu weit mehr, als nur zum Kombipartner der jeweiligen Nachbarn. Mit Biss und Klarheit setzt er sich auch im Solospiel bestens durch und gefällt mit gutem Aufriss. Allerdings muss man ihn nehmen wie er ist, denn Tonbedämpfung ist nur den Kollegen vorbehalten.
Der Steg-Pickup ist auf etwas mehr Leistung gewickelt, das aber lediglich, um ihn den anderen Tonabnehmern anzugleichen, weniger um ihn besonders stark hervorzuheben. Er liefert natürlich einen durchsetzungsstarken Ton mit kraftvollem Peak und herausforderndem Twang und da ist die Abgleichung der scharfen Höhen schon hilfreich.
Die Pickup-Kombinationen der Schaltstellungen 2 und 4 stellen den semiakustischen Effekt besonders heraus. Beide Zusammenschaltungen offerieren Sounds von bemerkenswerter Hohlkehligkeit. Die Gitarre reagiert darüber sehr sensitiv auf den Anschlag und bringt Klangbilder von enormer Tiefenschärfe hervor. Das ist auch in Hinsicht auf die Klangfarben schon so etwas wie ein Strat- Sound Plus.
Verglichen mit einer regulären Strat ist der Ton der Eric Johnson Thinline in der Gesamtsicht wohl etwas weniger massiv, nicht ganz so substanziell im Grundtonverhalten, was aber durch die federnd schnelle und markant perkussive, auch tonfarblich attraktive und ungemein plastische Darstellung leicht kompensiert wird und das ist auf jeden Fall ein Zugewinn.
Schlussbetrachtung: Hm, klang- und funktionsstark ist sie auf ihre Art ja, aber doch wabert die Frage durch den Hinterkopf: klänge das nicht alles noch besser mit weniger dünnem Headstock? Viele Stratologen schwören ja eh auf die etwas dickeren, oder späteren größeren Kopfplatten – size matters? – und wenn wir schon Stringtrees zugunsten eines möglichst freien Saitenzugs einsparen, warum ist das Vibrato dann an fünf Federn so fest eingestellt, dass sowieso nur leichte Modulationen angesagt sind? Eric wird es wissen …
Resümee
Erstaunlich, aber wahr: Fender hat seinem Erfolgkonzept Stratocaster nochmals eine schlagende Variante abgewinnen können. In Zusammenarbeit mit Eric Johnson und unter dessen Namen steht nun das erste Stratocaster-Thinline- Modell zur Verfügung und diese Gitarre nimmt wie selbstverständlich ihren Platz in der Exzellenz-Riege von Fenders Singlecoil- Elite ein.
Nicht ganz so massiv im Grundtonverhalten, gibt diese gehöhlte Eric-Johnson- Signature-Strat dem Spieler ein Spektrum exzellenter Sounds an die Hand, das von anschlagssensibler Perkussion, federnder Tonentfaltung und besonders markanter Kehligkeit in allen Schaltpositionen geprägt ist.
Mit dieser tonfarblichen Variation gelingt es Fender tatsächlich noch einmal, den Ausdrucksbereich, ja die Klangschöpfung seiner längst ikonischen Stratocaster zu erweitern, und das, ohne den Charakter zu verwässern. Die Konzeption ist bestens abgestimmt und durchdacht, die technische Umsetzung in jeder Hinsicht tadellos – Ausprobieren dringend empfohlen!