Schwarzes Gold

Test: Okko King Krunch, Power EQ & Rectoplexxx

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Okko King Krunch, Powered EQ, Rectoplexxx

Neue Pedale, neuer Look. Ungewohnt dezent, wo die Okkos doch bisher immer eine bunte Reihe bildeten. Die drei sind echte Neukreationen. Und nur die ersten Vorboten der neuen Black Box-Serie. Da wird also noch mehr kommen.

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Okko, der Name dürfte dem größten Teil der Gemeinde ein Begriff sein. Allein schon wegen des ziemlich oberdollen Diablo, dem Overdrive-Pedal mit Referenzstatus. Für diejenigen mit Informationsbedarf: Die Okkos kommen aus deutschen Landen, genauer gesagt aus Leipzig. Das Programm umfasst in erster Line diverse Distortion-Pedale, daneben Kompressoren oder auch einen Sonderling namens „V.I.B.“: ein 1:1-Bufferamp, dessen Eingang mit umschaltbaren Impedanzen und Kapazitäten Ungewöhnliches in der Anpassung zum Instrument erlaubt.

HARDWARE

Die Machart von Pedalen hat sich inzwischen mehr oder weniger uniformiert. Auch die drei „Black Boxes“ zeigen im Aufbau keine Besonderheiten. Wie von Okko gewohnt, ist ihre Verarbeitung grundsolide. Insbesondere ist die DC-Buchse erfreulich stabil fixiert. Batteriebetrieb ist nicht vorgesehen, es ist kein Platz dafür im Inneren. Der Fußschalter arbeitet nach dem True-Bypass-Prinzip. Eine hell leuchtende weiße LED zeigt den Status an.

Bei dem schwarzen Finish handelt es sich um Kräusellack. Oben ist eine partiell chromglänzend polierte Alu-Platte aufgeklebt (die am Rand etwas scharfkantig ist). Geliefert werden die Pedale in umweltfreundlich „naturbelassenen“ braunen Pappkartons. Drinnen liegen als Beigabe ein Okko-Sticker und die Bedienungsanleitung – Gummifüße Fehlanzeige. Heiko Lauenroth geht wohl davon aus, dass die Pedale direkt mit Klett o. ä. auf dem Pedalboard verstaut werden.

KING KRUNCH

Offizielle Charakterisierung: „Der King Krunch wird seinem Namen gerecht, indem er die Sounds eines weit ausgesteuerten Vintage-Verstärkers liefert – voluminös, roh, dynamisch – die Sounds des Rock’n’Roll.“ Okay, Ziel abgesteckt, bleibt noch Deutungsspielraum? Kaum, die Attribute weisen doch deutlich in Richtung britische EL34-Tonalität. Für deren Abstimmung hält der King Krunch die unverzichtbaren Parameter Drive und Volume sowie eine passiv arbeitende Zweibandklangregelung (Bass, Treble) bereit.

Also ran, hören. Die übliche Routine, wie fast immer tritt zuerst die Fender-Custom- Shop-Vintage-Strat an. Und sorgt gleich für eine unerwartete Erkenntnis: King Krunch ist ein cooler Typ, zurückhaltend in den Gain-Reserven und lässt die Strat bei Einzeltönen maximal nur zu leichten, „haarigen“ Anzerrungen kommen. Das hat zwar zweifellos seinen Reiz, dürfte vielen Spielern dennoch für das Solieren zu wenig sein. Bei Akkorden reißen signalschwache Singlecoils und Artverwandte natürlich mehr heraus, tatsächlich bis hin zu Crunch-Distortion. Und dann erlebt man auch deutlicher, womit der King Krunch in erster Linie brilliert.

Mit druckvoller Dynamik, und extrem röhrenähnlicher Charakteristik. Die setzt echt Zeichen. Einzig das organische Auf – blähen des Tons, das sich bei einem kultivierten (Vintage-) Röhren-Amp in der Sättigung ergibt, geht dem King Krunch ab, ansonsten zerrt er sooo souverän. Unter anderem weil er sehr, sehr harmonisch mit den Tönen umgeht, nicht nur bei Zweiklängen sondern auch größeren Akkorden.

Sein volles Potential zeigt das Pedal, wenn es von stärkeren Eingangssignalen gefüttert wird. Denn dann erweitert sich der Distortion-Aktionsradius, sodass man in etwa auf der Ebene eines Marshall 2204 oder 2203 landet (in deren Tradition sich der KK in gewisser Weise ohnehin bewegt). Bemühen wir ein typisches Beispiel dafür, die Les Paul mit Humbuckern. Sie und der King Krunch, das ist fürwahr eine glorreiche Verbindung. Große, fast schon machtvolle Sounds, Transparenz und feine Separation von Details, die stets mit einem ganz leichten Fuzz-Timbre kolorierte Distortion tragfähig und satt bis in die höchsten Töne.Okko King Krunch, Powered EQ, Rectoplexxx

Tonfarben abstimmen mit einer passiven Klangregelung? Na klar, in 99% alle Röhren-Amps (eine der Ausnahmen ist Sound City) findet sich nichts anderes. Bass und Treble beschreibt Okko als Mittel zum Anpassen unterschiedlicher Instrumente. Tiefstapelei, da steckt mehr drin. Die Regler arbeiten durchaus Sound-formend. Die Wirkungsweise des Treble-Potis erweist sich sogar insofern als besonders gelungen, da es in einem günstig gewählten Grenzbereich zwischen oberen Mitten und Höhen anpackt, der zwar das Klangbild schon öffnen und frisch machen kann, aber keine harschen Anteile hinzufügt.

Ergibt sich in der Summe: König Krunch deckt mehrere, grob eingeteilt drei, Anwendungsebenen ab. Mit minimalem Drive bleibt er quasi clean und spielt damit die Rolle des musikalisch-kultivierten Line-Boosters. Mit mittlerem Gain liefert er für sich allein stehend hervorragende Crunch-Chords etc. ab, und eignet sich alternativ als kolorierender Booster sehr gut zum Anblasen eines selbst schon anzerrenden Röhren-Amps. Geben die Tonabnehmer genug Power ab, kann der King Krunch auf der dritten Ebene mit hohem Drive sozusagen vollwertig als satter Lead-Verzerrer überzeugen.

POWER EQ

Kleine Verschnaufpause. Das Leistungspotenzial des Power EQ ist weniger euphorisierend. Liegt in der Natur der Sache, denn das Pedal vereint ja „nur“ einen aktiven Dreiband-Equalizer mit einem 20 dB-Booster. Nur? Nana, man sollte nicht unterschätzen, was so ein Gerät dem Sound Gutes tun kann.

Bei dem Entwurf der Schaltung orientierte sich Heiko Lauenroth an der Technik eines in der Vintage-Szene gleichermaßen hoch angesehenen wie raren Pedals, dem „GE-300 Power Equalizer“ von Ibanez. Hochwertigere Bauteile, ein paar Änderungen im Detail (wozu eine interne Spannungserhöhung der 9V-DC-Input auf 24V DC gehört) sollen dem Powered EQ zu ungleich besserer Signalqualität verhelfen.

Ich habe es ihm schwer gemacht und den Test unter Studiobedingungen begonnen. Also fullrange über die Abhöre, man hört über eine Oktave mehr als ein E-Gitarren- Speaker zulässt. Die Ergebnisse erreichen exzellente Werte. Die Rauschanteile sind sehr gering, die Signalqualität punktet klangbezogen, Präzision und Wärme, wie hinsichtlich der Dynamik ebenfalls voll im Plus.

Die aktive Klangregelung des Powered EQ packt bei günstig gewählten, gitarrenspezifischen Frequenzen an. Der Mittenansatz liegt hoch, beeinflusst weniger das Volumen des Ton als seine Klangfarbe (mehr singend/süß oder weniger quasi). Treble bewegt sich unterhalb der Region, wo nur Glanz und Biss zu packen sind, wirkt eher wie eine Transparenzlupe, hält die Durchsichtigkeit des Klangbild in der Hand – sinnvoll, günstig. Wenn das Instrument unten herum zu viel oder zu wenig Pfund hat, bekommt das der Bassregler bestens in den Griff. Auffällig ist, dass in allen Betriebssituationen, also auch bei extremeren EQ-Settings, die Signale konkret, voluminös und detailreich bleiben. Der Powered EQ darf sich also bester Signalqualität rühmen.

In der praktischen Anwendung ist das Pedal vielseitig. Man kann es nutzen, um z. B. Sound-Unterschiede der verwendeten Instrumente anzupassen (Singlecoils/ Humbucker). Am Ausgang des Pedalboards oder hinter kritischen Pedalen kann der EQ das Signal auffrischen. Vor einem Distortion-Pedal ist er in der Lage, den Sound-Charakter massiv zu verändern, und stellt gleichzeitig ein zweites Gain- Niveau bereit – gerade hier zahlt sich übrigens die Rauscharmut aus. Als Booster direkt vor einem Röhren-Amp gibt er die gleiche gute Figur ab. In einem FX-Weg kann der Power EQ für den Ausgleich von Pegelunterschieden und/oder im übertragenen Sinne als zweites Master-Volume dienen. Okkos Vorschlag, den Powered EQ vor einem crunchenden Verstärker als Clean-Channel zu verwenden, sehe ich allerdings skeptisch. Das kann ja nur funktionieren, wenn man die Signalstärke (mittels Level) soweit reduziert, dass das Crunchen verschwindet, ob dann aber noch die Lautstärke reicht? Muss man ausprobieren. Grundsätzlich ergibt sich dieselbe Situation, wie wenn man das Guitar-Volume zurückdreht, allerdings mit dem wesentlichen Zugewinn, dass man z. B. die Mitten absenken kann und so den Wechsel zu Clean unterstützt, weil sich damit ja in aller Regel die Verzerrungen zusätzlich aufräumen.

RECTOPLEXXX

In den Grundanlagen, was Ansprache, Transparenz, Wirkung der Klangregelung usw. angeht, gleicht dieses Pedal dem King Krunch. Der Klangcharakter des Rectoplexxx ist jedoch deutlich aggressiver, härter. Ja, der Name ist Programm, zumindest teilweise. Okko sagt, hier geben sich der Crunch eines Marshall Plexi (Model 1959) und die (Mesa-) Recto- Sättigung/Saturation ein Stelldichein. Na ja. Also ehrlich gesagt: nein. Dem kann ich nur sehr bedingt folgen. Der Charakter des Distortionsounds ändert sich von geringem Drive bis Vollgas nicht so wie in Aussicht gestellt und das Pedal produziert so gut wie null Kompression. Macht nix, würde ich sagen, macht gar nichts. Denn das Rectoplexxx brilliert dennoch, auf etwas andere Weise. Es steht in der Tradition heiß gemachter Plexi-Röhren- Amps der Neuzeit, wo Friedman mit dem Brown Eye eine Benchmark gesetzt hat.Okko King Krunch, Powered EQ, Rectoplexxx

Diesem Tonfall eifert das Pedal beeindruckend markant nach. In den oberen Mitten drängt sich ein schmaler Frequenzbereich ein bisschen angestrengt, gepresst hervor, davon abgesehen wirken die robusten bis brachialen Verzerrungen sehr authentisch, treffen das Klischee. Wucht in den Bässen, harmonische Verzerrungen mit unterschwelligen Interferenzen, im Blindtest würde sich wohl mancher täuschen lassen und an Röhrenzerre glauben. Die heiße Plexi-Distortion lässt in der Intensität zu den ganz hohen Noten hin nur wenig nach, erlaubt also auch dort tragfähige Leadlines. Teil des Erfolgsrezepts ist vermutlich, dass auch das Rectoplexxx die 9V-DC-Speisung intern auf 24V DC hochsetzt. Mit höherer Betriebsspannung ist halt mehr Dynamik drin.

RESÜMEE

Die Pedale der Black-Box-Serie kommen zu deutlich niedrigeren Preisen in den Handel, als man es bisher von Okko gewohnt war. In der Qualität schlägt sich dies nicht nieder. Die beiden Distortion Pedale King Krunch und Rectoplexxx glänzen mit charakterstarker Sound-Formung und sehr guten Werten hinsichtlich Transparenz und Dynamik. King Krunch erweist sich als der variablere von beiden.

Auch dem Powered EQ ist erstklassige Signalqualität zueigen. Seine effiziente Klangreglung garantiert hohen Gebrauchswert und Flexibilität. Richtig, Booster/Equalizer dieser oder ähnlicher Art kann man für viel weniger Geld bekommen, die basieren dann aber auf digitaler Modeling-Technik. Der Powered EQ dagegen verarbeitet die Signale analog, und in dieser Produktkategorie ist sein Preis zwar hoch, aber nicht als überzogen einzustufen. Der King Krunch und das Rectoplexxx erreichen ebenfalls ein unkritisches, gesundes Preis-/Leistungsverhältnis. Antesten empfohlen.

Internet: www.stompbox.de

Preis UVP: jeweils ca. € 179

PLUS

  • Signalqualität der Effekte
  • Dynamik, Transparenz
  • King Krunch: sehr harmonische Verzerrungen, klanglich variabel
  • Rectoplexx: starker Charakter, variabel
  • Powered EQ: rauscharm, starke Detail- /Tiefenzeichnung, warm/musikalisch
  • Verarbeitung & Qualität der Bauteile

MINUS

  • Gehäuse etwas scharfkantig

Hinweise zu den Soundfiles:

Für die Aufnahmen kamen zwei Kondensatormikrofone mit Großflächenmembran zum Einsatz, ein AM11 von Groove-Tubes/Alesis und ein C414 von AKG, beide nahe platziert vor einer konventionellen 4×12-Box bestückt mit Celestion Vintage 30. Als Amp kam der VH2 von Diezel an den Start, Clean-/Ch1-Kanal.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt und abgemischt. Das Plug-In „Platinum-Reverb“ steuert die Raumsimulationen bei.

Die Instrumente sind eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 (m. JB-Humbucker v. Seymour Duncan am Steg) und eine 1957-Signature-Les-Paul „Lee Roy Parnell“ aus dem Gibson-Custom-Shop.

Wir hören hier nur zwei der drei Pedale, nämlich die Distortion-Modelle – den Equalizer hier vorzuführen ist wenig zweckmäßig.

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).


(erschienen in Gitarre & Bass 06/2018)

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