PRS goes ERG

Test: PRS SE SVN Siebensaiter

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PRS SE SVN
(Bild: Dieter Stork)

Ja, sie haben es wieder getan. Nachdem die erste Version der PRS-SE-Siebensaiter aufgrund ihrer ziemlich kurzen Mensur noch etwas eigenwillig war, hat der Hersteller mit der neuen SVN mal einen richtigen Knaller für 2018 angekündigt.

ERG? Klingt für manche eher kryptisch, ist aber ganz einfach: Hier geht es um Extended Range Guitars, welche sich mit ihrem erweiterten Tonumfang – sei es durch ihre lange Mensur oder zusätzliche Saiten – von den regulären Sechssaiter-Modellen abheben. (Wen dieses Thema interessiert, dem sei auch die monatliche Kolumne von Simon Hawemann in Gitarre & Bass empfohlen!) So eine ERG-Version hat PRS mit der neuen SVN nun für 2018 angekündigt. Und wir haben es nicht nur mit einer gewöhnlichen Siebensaiter zu tun, diese hat auch eine deutlich längere Mensur, verglichen mit den regulären Modellen.

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eine frage der einstellung

Wir erinnern uns: in Ausgabe 01/2017 habe ich die wirklich tollen 2017er SE-Modelle getestet und war schlichtweg begeistert. Vorallem die Werkseinstellung konnte überzeugen. Entsprechend hoch sind natürlich meine Erwartungen an die nun neu vorgestellte SVN-Gitarre. Schließlich hat der Hersteller hier ein bisschen Boden gut zu machen – die vor einigen Jahren produzierte Siebensaiter-SE mit ihrer kurzen 25″ Mensur, wusste vor allem bei Metal-Gitarristen nicht vollends zu überzeugen. Daher dürfte die Freude umso größer sein, dass die SVN nun mit einer langen 26,5″ Mensur an den Start geht. Als Basis-Modell dient dabei im Grunde die SE-Variante der Custom 24 – in der grundlegenden Konstruktion finden sich dementsprechend einige Gemeinsamkeiten.

Genau wie bei der kleinen Schwester, kommt die SVN mit einem Korpus aus massivem Mahagoni, welcher mit einer Decke aus Ahorn – die wiederum mit einem Riegelahorn-Furnier versehen wurde – ausgestattet ist. Die dunkle Gray-Black-Lackierung stellt die Maserung des Holzes schön heraus und lässt das Instrument recht edel wirken. Beim Hals setzt der Hersteller – ebenfalls wie bei der sechssaitigen Version – auf eine Ahornkonstruktion mit Palisandergriffbrett. Die Bird-Inlays sind ebenso wie die 24 Jumbo-Bünde sauber eingelassen. Die ganz leicht angewinkelte Kopfplatte trägt die sieben rund laufenden PRS-designed-Mechaniken, welche schön sauber arbeiten. Das Natur-Binding, welches den Korpus einfasst, ist rundum sauber gearbeitet und vollendet, ergänzend zu der wirklich hübschen Lackierung, ein absolut stimmiges Gesamtbild.

Was mich nicht besonders überrascht hat, ist die wirklich sagenhafte Werkseinstellung der PRS SE SVN. Die beiden sahnig laufenden Potis – der Master-Tone-Regler splittet mit seiner Push/Pull-Funktion beide Humbucker – sowie der Dreiweg-Schalter, machen einen robusten Eindruck und auch die hauseigene Strings-thru-fixed-Bridge wirkt, als hätte sie auch härterem Spiel durchaus etwas entgegenzusetzen. Die Rückseite des Korpus ist übrigens genau wie Hals und Kopfplatte deckend schwarz lackiert und lässt somit keinen Blick auf das Holz zu. Im Maschinenraum der SVN geht alles seinen gewohnten Gang – will sagen, wir haben es hier mit einem unspektakulären aber vollkommen funktionalen E-Fach zu tun. Schön finde ich, dass der Hersteller den Kunststoffdeckel mit einer dünnen Alu-Folie beklebt hat und zusätzlich eine Schicht Graphit-Lack in der Ausfräsung für die Elektronik aufgebracht wurde.

PRS SE SVN
Die robuste Fixed Bridge ermöglicht ein komfortables Spiel (Bild: Dieter Stork)

strammer max

Zunächst ein paar Worte zum Handling: Gitarren mit langer oder sehr langer Mensur können manchmal – je nach Bauform – zu einer gewissen Kopflastigkeit neigen. Mit der SVN haben PRS einen guten Kompromiss aus verlängerter Mensur und einer guten Balance am Gurt gefunden. Sicher, so schön ausgewogen wie eine normale PRS baumelt unser Test-Instrument vielleicht nicht am Gurt – von einer ausgeprägten Kopflastigkeit sind wir hier jedoch weit weg. Die Gitarre hängt schön waagerecht und lässt sich im Stehen wie im Sitzen gleichermaßen gut bespielen. Der wirklich sehr schlanke Hals mit seinem modernen Wide-Thin-Profil lässt sich hervorragend greifen und sollte auch für Gitarristen mit kleinen Händen kein Problem darstellen.

Auch klanglich weiß die schwarze Schönheit zu überzeugen. Der Ton ist offen, mit vielen Obertönen – und das schnelle Attack sowie das kerngesunde Sustain sorgen dafür, dass man hier rein gar nichts vermisst. Die leichte Ausprägung in den oberen Mitten – welche manchen Baritone-Gitarren zueigen ist – ist dezent wahrnehmbar, nervt aber in keinster Weise. Am Verstärker setzt sich dieses durchweg positive Gesamtbild dann erwartungsgemäß ziemlich konstant fort.

PRS SE SVN
(Bild: Dieter Stork)

Im cleanen Betrieb des Test-Amps zeigt sich die SVN angenehm ausgewogen und warm klingend, was nicht heißen soll, dass es dem Instrument an Höhen mangelt. Der Hals-Tonabnehmer liefert einen weichen Ton, der trotzdem über genug Obertöne verfügt, um auch komplexere Akkord-Gebilde gut auflösen zu können. Splittet man den Doppelspuler, ertönt ein deutlich schlankerer Sound, der ein wenig leiser ist und insgesamt auch drahtiger daherkommt. Der Steg-Pickup ist ein ganz schön strammer Max und tönt dagegen schon merklich mittiger und hemdsärmeliger – hier steht natürlich viel mehr die Eignung zum Betrieb im Overdrive-Kanal im Vordergrund. Trotzdem liefert die SVN auch hier im Split-Betrieb interessante und durchaus brauchbare Sounds ab.

Im High-Gain-Betrieb zeigt sich dann, dass die Entscheidung, die PRS SE SVN mit einer verlängerten Mensur auszustatten, eine durchaus kluge Idee war. Obwohl die Werksbesaitung mit einer Stärke von 09-54 jetzt nicht übermäßig dick ist, bringt die Gitarre einen wirklich bemerkenswert strammen und fokussierten Ton auf die Lautsprecher. Die tiefe Saite drückt schön, hat aber trotzdem die gewünschte Definition um auch in den tiefen Registern vernünftig aufzulösen. Das 85/51-Pickup-Set passt hier perfekt und die Tonabnehmer lösen tiefe Töne super auf, wobei aber die hohen Saiten nicht unangenehm hart klingen. Der generell angenehm mittige Ton im Overdrive-Betrieb sorgt sowohl per Hals- als auch über den Steg-Pickup für absolute Begeisterung. Selbst wenn man die tiefe H-Saite noch einen Ganzton herunterstimmt, klingt die Gitarre (trotz 54er Saite) immer noch erstaunlich umrissen und klar. Zum Vergleich: auf meiner Fender-Baritone-Telecaster benutze ich für das gleiche Tuning eine 62er-Saite um einen klaren und definierten Sound zu bekommen.

resümee

Man kann nur anerkennend den Hut ziehen, wenn man bedenkt, was man hier für einen Bruchteil des Preises einer PRS aus amerikanischer Fertigung geboten bekommt. Bei der SVN haben wir es mit einer richtig tollen Gitarre zu tun, welche mühelos die Brücke zwischen dem klassischen PRS-Feeling und den Vorzügen modernerer Extended Range Guitars schlägt, ohne, dass dabei der gute Klang und die wirklich großartige Verarbeitung ins Hintertreffen geraten. Ich bin nach wie vor begeistert, was PRS mit der SE-Reihe bietet. Mehr davon!

PRS SE SVN

PRS SE SVN

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(erschienen in Gitarre & Bass 02/2018)

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