Extended Range Guitars

Review: E-II T-B7

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E-II TB-7

Es ist noch gar nicht so lang her, da habe ich an dieser Stelle eine moderne Telecaster mit 7 Saiten rezensiert. Die Rede ist natürlich von der Ormsby TX-7 GTR. Als ausgesprochener Fan von Metal-Teles freue ich mich aber natürlich über jede Gelegenheit, eine ERG-Variante dieser Bauform zu testen. So konnte ich natürlich nicht der Gelegenheit widerstehen, auch die von ESP in Japan gefertigte E-II T-B7 unter die Lupe zu nehmen – hatte ich doch schon lange ein Auge auf dieses Modell geworfen.

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ambivalenz mit system

Vor gut 10 Jahren veröffentlichten die Deftones ihr fünftes Studioalbum ‚Saturday Night Wrist‘. Im Video zur ersten Single ‚Hole In The Earth‘ spielte Gitarrist Stephen Carpenter eine weiße ESP-7-Saiter in Telecaster-Form. Ich war begeistert von dem Instrument und hoffte jahrelang auf ein Serienmodell. ESP kam dem nicht nur mit einem Signature-Modell für den Deftones-Gitarristen nach – es wurden nach und nach auch reguläre Serienmodelle in der LTD- und E-II-Serie gefertigt.

E-II TB-7

Die T-B7 vereint schon rein optisch zwei Extreme: Die traditionelle Telecaster-Form wurde beibehalten und gibt der Gitarre einen leichten klassischen Touch, der allerdings vom schwarz-auf-schwarzLook deutlich in Richtung Metal-Ästhetik verschoben wird. Im Ernst, diese Gitarre könnte kaum schwärzer sein. Auf dem mattschwarzen Korpus ist ein schwarzes Pickguard montiert, das Griffbrett ist aus tiefschwarzem Ebenholz und auch die Hardware und Tuner sind – ihr werdet es euch denken können – schwarz gehalten. Sogar das Perloid-Binding, das sich elegant um Korpus, Hals und Headstock schmiegt, ist etwas dunkler als üblich.

Auch sonst vereint die E-II Tradition und Moderne: Erle-Body und Ahornhals sind klassische Fender-Tele-Zutaten, die durchgehende Hals-Konstruktion gleicht jedoch eher den typischen Metal-Gitarren aus dem Hause ESP. Dazu passt auch die Pickup-Bestückung, bestehend aus EMG 81-7 am Steg und EMG707 am Hals. Mit 24 perfekt abgerichteten, extra fetten Jumbo-Bünden, einer angenehm flachen Saitenlage ab Werk und dem matt lackierten Hals, lässt sich die T-B7 super bespielen. Das Ebenholzgriffbrett hat allerdings keinerlei Inlays zur Orientierung. Lediglich ein Block-Inlay mit den Lettern ESP ziert den 12. Bund. Das hätte man sich auch sparen können – dann wäre das Griffbrett zumindest optisch wirklich homogen.

E-II TB-7

Natürlich helfen Luminlay Side Dots der Orientierung, auch auf dunklen Bühnen. Mir persönlich reicht das auch aus, aber ein Griffbrett ohne Inlays ist nicht jedermanns Sache. Die Hardware der T-B7 ist funktional und hochwertig. Ist das Control Layout noch dem einer traditionellen Telecaster entnommen, hat man es ansonsten mit einer Strings-thru-body-Konstruktion und Tune-o-matic-Bridge zu tun, bei der man eher an Gibson als an Fender denkt. Auf der Rückseite der wirklich schicken Kopfplatte, die übrigens wieder eine gekonnte Melange aus klassischem Fender-Design und modernen Linien darstellt, sind äußerst solide Gotoh Locking Tuner montiert. All das macht einen extrem wertigen Eindruck – bei den Japanern wird definitiv nicht an den falschen Ecken gespart.

E-II TB-7

vorschlaghammer

Nimmt man das gute Stück zum ersten Mal in die Hand, fällt sofort das ziemlich heftige Gewicht auf. Die T-B7 ist wahrlich nicht die rückenfreundlichste Gitarre, wirkt aber dafür absolut unverwüstlich. Meiner persönlichen Vorliebe für leichte Gitarren kommt das zwar nicht wirklich entgegen, aber ich muss gestehen, dass die E-II wirklich extrem robust rüberkommt. Sie ist gebaut wie ein Panzer!

Auf dem Schoß sitzt die Gitarre gut ausbalanciert, und selbst am Gurt ist Kopflastigkeit trotz Single-Cut-Design und Bariton-Mensur nicht wirklich ein Problem. Das dürfte wohl u. a. dem hohen Gewicht des Korpus‘ zu verdanken sein. Der ebenfalls mattschwarz lackierte Hals der E-II ist erstaunlich fett und rund. Laut ESP handelt es sich dabei um ihr „Thin U“-Profil. Ich habe allerdings kürzlich eine ESP-Horizon-7-Saiter mit dem gleichen Profil erstanden und die beiden Hälse sind schon sehr unterschiedlich. Die Horizon hat definitiv ein schlankeres Halsprofil, was mich an dieser Stelle etwas stutzig macht. Aber wie dem auch sei – ich habe mich erstaunlich schnell an das fleischige Profil der T-B7 gewöhnt. Die Matt-Lackierung sorgt für ein reibungsloses Spiel und die flache Saitenlage, mit der die Gitarre ausgeliefert wurde, gibt ihr darüber hinaus das typische Plug & Play-Feeling, das man von ESP, LTD und E-II gewohnt ist. Und das ist eine Eigenschaft, die ich an dieser Marke sehr schätze!

E-II TB-7

Bei all dem Gerede über die Fusion von Tradition und Moderne wird sich der eine oder andere sicher Fragen, ob die EII T-B7 denn auch klassische Telecaster-Sounds beherrscht. Die Antwort ist ein tief grollendes NEIN! Schon der Blick auf die aktive Pickup-Bestückung stellt das klar. Der EMG 707 am Hals ist zwar gar nicht so verkehrt, um dieser 7-Saiter im Cleanbetrieb ein paar jazzig-warme Akkorde zu entlocken, aber im Grunde genommen wird die Gitarre hier eher ihrem Finish, als ihrer Form gerecht.

An aktiven Pickups scheiden sich natürlich die Geister und im Hause ESP hat man diesbezüglich meiner Meinung nach noch nicht ganz die Zeichen der Zeit erkannt, denn selbst im modernen Metal sind passive Pickups heutzutage deutlich verbreiteter. Und es ist nicht so, als gäbe es nicht eine gigantische Auswahl an passiven Pickups, die genau auf die Anforderung von Hi-Gain/Metal-Enthusiasten ausgerichtet sind. Aber natürlich klingt der EMG 81-7 am Steg wirklich grantig. Die T-B7 hat bedrohlich knurrende Tiefmitten, die besonders beim Rhythmusspiel in Verbindung mit der 27-Zoll-Bariton-Mensur auch gerne mal zum nahezu tollwütigen Bellen werden. Single Notes und Powerchords klingen bis in die tiefsten Register wirklich brutal, bei großen Akkorden schlägt aber die für diese Pickups typische Kompression zu. An dieser Stelle wünschte ich, E-II hätten statt der Standard-EMGs die jeweiligen Pendants aus der X-Serie – also den EMG 81-7X und 707X – in dieser Gitarre verbaut. Diese sind nämlich etwas dynamischer ausgerichtet und haben mehr Headroom – fühlen sich also alles in allem etwas passiver an, ohne allerdings den typischen EMG-Sound zu verlieren. „Best of both worlds“ quasi.

rhythmus monster

Was positiv auffällt ist, dass die T-B7 schon ab Werk auf ein ordentlich tiefes Drop-Tuning eingestellt ist – wir sprechen hier von Drop G#. Die Gitarre macht das Tuning gut mit, ohne zu schnarren, und das trotz der angenehm flachen Saitenlage.

Aber jetzt mal Butter bei die Fische: Ihr habt es den bisherigen Beschreibungen vielleicht schon entnehmen können, aber ich werde beim Spielen das Gefühl nicht los, dass diese Gitarre nicht unbedingt für Shredding und besonders filigranes Spiel gemacht ist.

E-II TB-7

Nicht, dass man bei der komfortablen Bespielbarkeit dieses Instruments nicht auch als Virtuose ordentlich einen vom Leder ziehen könnte, aber bei mir kommen in erster Linie fette Riffs aus den Fingern. Der fleischige Hals und das hohe Gewicht sind neben dem fies grollenden Low-End eben eher Eigenschaften, die zum fetten Rhythmusspiel einladen.

Daran gibt es für mich auch gar nichts auszusetzen, denn die E-II macht in dieser Disziplin ungemein viel Spaß. Wenn man nun an die Geschichte dieses Instruments denkt, kommt man unweigerlich zurück auf Stephen Carpenter, der an der Entwicklung dieser Modelle ja nicht ganz unschuldig gewesen sein dürfte. Und Carpenter ist ein Rhythmusgitarrist, wie er im Buche steht! Auch seine Signature-Varianten dieser 7-String-Telecaster sind schwergewichtig und kommen mit einer Bariton-Mensur. Die Unterschiede zur T-B7 sind also eher marginal. Aber selbst als großer Deftones-Fan würde ich beim Kauf wohl eher zur T-B7 tendieren, allein schon wegen der Matt-Lackierung und ihres Einflusses auf die Bespielbarkeit – ein matt lackierter Hals spielt sich in meinen Augen einfach reibungsloser als schnell klebrige Varianten mit Hochglanz-Lackierung.

E-II TB-7

fazit

Mit der T-B7 hat ESP bzw. E-II ein Monster von einer Gitarre gebaut, das sich dank Bariton-Mensur besonders im Tieftonsegment wohlfühlt. Das hohe Gewicht und der doch recht mächtige Hals sprechen dabei eher Rhythmus-Gitarristen als virtuose Shredder an – gleiches gilt meiner Ansicht nach auch für den Look, der eine wirklich elegante und gleichzeitig fies aussehende Mischung aus Tradition und Moderne darstellt. Diese Gitarre richtet sich an den modernen Metal-Gitarristen, dem klassische Gitarrenformen gut oder sogar besser gefallen als die üblichen Super-Strats. Die EII T-B7 weiß wirklich zu überzeugen und bietet nicht nur die ESP-typische, ausgezeichnete Qualität, sondern auch das unmittelbare Plug & Play Feeling, das man von Gitarren aus dem Hause der Japaner erwartet. Auch wenn sie vielleicht nicht für jeden Stil das perfekte Instrument ist. [3387]

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2018)

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