Test: Gibson Les Paul Standard Players Cut 2017 VOS
von Michael Dommers, Artikel aus dem Archiv
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Bekanntlich hat der Gibson Custom Shop im vergangenen Jahr die Serienproduktion von Historic Les Pauls beendet und beschränkt sich nunmehr auf Limited Editions und Sonderanfertigungen. Da das Musikhaus Session einen besonders guten Draht zum US-Hersteller pflegt, ordert es hin und wieder Kleinstserien nach eigenen Vorgaben.
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Was zunächst nach Schlaraffenland für Gitarristen anmutet, ist de facto gar nicht so einfach. Der Optionenkatalog von Gibsons Custom Shop ist nämlich ganz schön umfangreich und so kann die Wahl schnell zur Qual werden. Entstanden sind zwei Les-Paul-Modelle, die nicht etwa durch revolutionäre Neuerungen auffallen, sondern durch spezielle Kombinatio
nen von alten und zeitgemäßen Features. Einziger Haken: Von jedem Modell wird es lediglich 5 Exemplare weltweit geben.
viel neues?
Der Custom Shop bietet den Vorteil, dass der Kunde die vorgesehenen Hölzer nach Qualität, Gewicht und Optik aussuchen kann. Allerdings liegt die Auswahl meist in Händen der Gibson-Mitarbeiter, da der Kunde ja eher selten vor Ort ist. In jedem Fall aber lässt der Begriff „handselektiert“ aufhorchen, der zumindest auf das hier verarbeitete Mahagoni und die Riegelahorndecke zutrifft. Sämtliche hölzernen Komponenten wurden – wie in den 50ern – mittels Knochenleim zusammengefügt.
Zudem besitzen unsere beiden Players-Cut-Modelle die gleichen Spezifikationen der letzten Reissues von Ende 2016, sind also näher am historischen Original als je zuvor. So auch die verwendeten True Historic Plastic Parts, die ja vor ein paar Jahren per 3D-Scanner von Originalen vermessen und detailgetreu nachempfunden wurden. So besitzen auch alle Creme-Bindings eine authentische Tönung und keine rot ausblutenden Verfärbungen unter dem Klarlack. Braune Kunststoffplatten decken die E-Fächer ab, die trotz P-90 Singlecoil keine Abschirmung aufweisen.
Die inzwischen obligatorische Gibson-Custom-Metallplatte, die gegen den beiliegenden Kunststoffdeckel getauscht werden kann, verschließt die Schalterkammer. Ebenso zählt das cremefarbene Pickguard inklusive Metallbügel und geagten Schrauben zum Lieferumfang. Vorbohren muss der zukünftige Besitzer allerdings noch selbst.
Mit langem Fuß (Long Tenon) hat man die Mahagonihälse in die Bodies geleimt und die Übergänge fließend abgeschrägt, wie man das von der Les Paul Axxess kennt. Aus ergonomischer Sicht macht das durchaus Sinn, den Traditionalisten wird es möglicherweise stören. Obwohl man dem Wrong-Green-Modell den Hals einer Les Paul Custom – mit großer Kopfplatte, Split Diamond Inlay und weiß-schwarzem 5-fach-Binding – spendiert hat, findet statt des traditionellen Ebenholz- ein Palisandergriffbrett mit weißen Randeinfassungen Verwendung.
Hier wie dort wurden die zwischen den Bindings eingelassenen Bünde perfekt bearbeitet und poliert, die Trapez- bzw. Block Inlays präzise eingesetzt. Optimal aus- und abgerichtete Nylonsättel führen die Saiten zu den geschmeidig und präzise agierenden Kluson Deluxe bzw. Grover Rotomatics Tunern.
Als Stege kommen Non Wire ABR1 Bridges, als Saitenhalterungen klassische Alu-Stoptails zum Einsatz, alles dezent geaged. Da schon von den Gibson BFG Les Pauls bekannt, stellt die Pickup-Ausstattung bestehend aus P-90 am Hals und Humbucker in der Stegposition ebenso wenig eine Neuheit dar wie die klassische Schaltung mit Toggle Switch, zwei Volume- und zwei Tone-Reglern. Allerdings würde ich mir von Gibson endlich deutlich leichtgängigere Potis wünschen, deren Handhabung aufgrund der kleinen, wenig griffigen Knöpfe alles andere als komfortabel ist.
Das Nitro-Finish beider Gitarren lässt perfekte Lackier- und Polierarbeit erkennen, auch wenn die VOS-Oberfläche immer leicht verschmiert anmutet. Obgleich Gibson die Lacke dünn aufträgt, sind keinerlei Unebenheiten entlang der Holzmaserungen auszumachen. Während der Farbton der Burst, den Session übrigens von der Collector‘s Choice #28 Ronnie Montrose übernommen hat, bestens gelungen ist, bedarf das Wrong Green der Kollegin bei Traditionalisten der Gewöhnung, auch wenn es die Flammung der Decke sehr schön in Szene setzt.
fühlen und hören
Was soll ich noch sagen? Erwartungsgemäß bieten beide Players Cut zunächst gewohnte Les-Paul-Ergonomie und Ausgewogenheit am Gurt wie auf dem Bein. Das Halsprofil – eher ein frühes 59er – liegt trefflich in meiner Hand, die hochgezogenen Bindings lassen die Enden der Bunddrähte kaum spüren. Dank sorgfältiger Sattelabrichtung und Werkseinstellung bieten die Gitarren 1A Saitenlage und demzufolge hohen Spielkomfort.
Und natürlich genieße ich den fließenden Axxess-Halsübergang, da sich keine Korpusecke in meine Handfläche drückt, wenn ich im 20. Bund soliere. Um jedoch den 22. Bund zu erreichen, muss ich nach wie vor die Finger strecken bzw. die Hand überspreizen, da mein Daumen quasi vom mir zugewandten Halsansatz ausgebremst wird. Unterm Strich empfinde ich das Axxess-Shaping jedoch unbestritten als Verbesserung.
Gewichtsmäßig rangieren beide Modelle im Bereich alter Les Pauls, auch wenn die fast 300 Gramm mehr unserer Grünen nicht allein ihrer größeren Kopfplatte und den Grover-Mechaniken anzulasten sind. Fakt ist jedoch, dass keine von beiden „chambered“ oder „leichtgebohrt“ wurde.
Noch bleibt der Amp aus. Hören wir erst mal in die Burst rein. Die schwingt, dass es eine wahre Freude ist. Lebendig und intensiv, Sustain bis zum Abwinken. Akkorde perlen sehr offen und mit präziser Saitentrennung, das kraftvolle Klangbild zeigt gute Balance über das gesamte Frequenzspektrum, die Bässe kommen straff und definiert, die Mitten knackig und perkussiv, die Höhen klar und brillant. Der reiche Obertongehalt sorgt für einen gewissen Glanz.
Und die Grüne? Sie schwingt nur einen Hauch weniger intensiv, kann der Kollegin in puncto Sustain aber Paroli bieten. Akkorde kommen bei ihr nicht ganz so offen, wirken ein wenig belegt und nicht ganz so differenziert. Insgesamt gibt sie sich etwas mittenorientierter, liefert eher dezentere Bässe und besitzt weder die Klarheit in den Höhen noch das breite Obertonspektrum der Burst. Fairerweise muss ich jedoch zugeben, dass es sich bei den Unterschieden gerade mal um Nuancen handelt, die nur im direkten Vergleich festzustellen sind. Hinsichtlich Ansprache und Tonentfaltung erzielen beide Paulas Bestnoten, sodass ich der einen wie auch der anderen exzellente Dynamik und tatkräftige Unterstützung der Tonbildung attestieren kann.
Gibson bietet den P-90-Singlecoil im Soapbar-Format ja bereits seit 1952 auf diversen Solidbody-Modellen an. Dieser erfreut sich nicht nur unter Bluesern und Blues-Rockern wegen seiner enormen Dynamik und seines Punches großer Beliebtheit. Er tönt warm und fett, zeigt aber dennoch ausreichend Transparenz bis in die unteren Regionen seines Frequenzspektrums. Samtweich und charaktervoll singen die Mitten und Höhen, die mit zunehmendem Attack auch lustvoll schmatzen können.
Der Custom Bucker, eine optimierte Hommage an den guten alten PAF, ist in vielen Custom-Shop-, True-Historic- und Collector’s-Choice-Modellen zu finden. Er glänzt mit kraftvollen, satten, knackig klaren PAF-Cleansounds, die von druckvollen aber transparenten Bässen, prägnanten Mitten und seidig perlenden Höhen geprägt sind. Mit zunehmendem Anschlag wird der Klang bissiger und obertonreicher.
Im Simultanbetrieb tönt die vorliegende Pickup-Kombi wärmer, als beispielsweise zwei Humbucker, klarer und definierter als zwei P90s, insgesamt jedoch wunderbar hell und glockig. Zudem verleihen sie der Players Cut 2017 eine gewisse Tele-Note.
Auch bei Overdrive-Sounds punkten beide Pickups mit feinster Vintage-Klangkultur. Während der P-90, dessen Stärken eher im Bereich Crunch-Zerre liegen, wunderbar bluesig, warm, rund, vor allem aber sehr ausdrucksstark ans Ohr dringt, hält der Custom Bucker definierte knackige Bässe, schmatzende straffe Mitten und singende Höhen bereit. Akkorde kommen fett und rund, Lead-Sounds werden vom Sustain getragen und lassen sich leicht durch variablen Anschlag und dynamisches Spiel beeinflussen, was den Ton letztendlich maßgeblich prägt. Da kann es je nach Anschlagsintensität auch ohne die Hilfe der Regler zuckersüß säuseln oder auch aggressiv zupacken.
Apropos, die recht schwergängigen Volume- und Tone-Potis zeigen praxisorientierte gleichmäßige Regelcharakteristik und gestatten präzise Kontrolle des Output Levels bzw. Verzerrungsgrades und der Höhen. Hinsichtlich der (traditionell) fehlenden Abschirmung des E-Fachs ist festzustellen, dass der Custom Bucker bei Zerrsounds nicht wesentlich weniger brummt als der P-90. Die tiefere Brummfrequenz des Letzteren überlagert die des Humbuckers nur unwesentlich.
resümee
Das Konzept, eine traditionelle Gibson Les Paul Standard mit unkonventionellen Features auszustatten, ist den Session-Jungs bestens gelungen und wurde vom Gibson Custom Shop adäquat umgesetzt. Die Players Cut 2017 Les Pauls entpuppen sich als erstklassige, dank Halsprofil, Axxess-Übergang und nicht übermäßigem Gewicht komfortabel zu spielende Instrumente mit exzellenten Schwing- und Klangeigenschaften.
Die Paarung aus P-90-Ein- und Custom-Bucker-Doppelspuler verleiht den Gitarren eine besondere Note, die sogar fendereske Sounds ermöglicht. Berücksichtigt man, dass beide Testgitarren als „True Historic“ klassifiziert werden, gibt es an der Qualität der Verarbeitung ebenso wenig auszusetzen wie an der Farbgestaltung. Während das Burst im Zusammenspiel mit der sehr authentischen Deckenflammung vorzüglich gelungen ist, scheint das Wrong Green zwar erstmal gewöhnungsbedürftig, ist zweifellos aber ein echter Eyecatcher, zumal der Custom-Hals eine weitere Besonderheit darstellt. Obacht, es sind jeweils nur 5 Exemplare verfügbar!
Eine schöne Les Paul wird immer sexy sein. Ich finde vor allem die Burst ziemlich cool. Farbe ist der Hammer, ebenso wie die Gibson CC28 Montrose Burst der absolute Hammer ist. Wenn Leute über Qualitätsprobleme bei Gibson meckern sollen sie eine CC probieren…vg
Naja, Gibson sollte es schon schaffen, wie andere Hersteller auch, auch unter einem VK von 5-6k ohne grobe Qualitätsmängel zu produzieren.
Habe selber einige Gibson Gitarren und bin sehr zufrieden mit ihnen, aber wenn man so wie ich zuletzt nach Erwerb einer Custom Shop ES-335 um rund 5k zu Hause erstmal die bridge studs in eine gerade Position hämmern muss kommt man sich schon etwas komisch vor.
Ärgerlich. Ich habe diese Erfahrungen mit Gibsons nicht gemacht. Meine erste war ne SG in 1984, die ist bis heute ein geiles Teil. Ansonsten hätte ich ein paar Customs, allesamt gut. Jetzt spiel ich ne CC28, totale Sahne. Blöd wenn man enttäuscht wird. Aber die Meckereien die man so liest sind anders gelagert. Da gehts nur um BigName bashing. Ich jedenfalls finde dieses Session Model sehr gelungen und mit unter 5 k auch nicht überteuert. Lese gerade von diesem neuen Joe Satriani Model von Ibanez für 5500€…
Keine Frage, sehe das ähnlich wie Du. War auch selber gar nicht enttäuscht von den kleinen Mängeln bei den CS Gibsons, da ich bei Gibson damit rechne und kein Problem habe Kleinigkeiten selbst zu reparieren.
Preise bei Gibson wie auch anderen Marken sind zum Teil tatsächlich absurd, bei meinen Suhr strats ist dafür dann aber auch die Verarbeitung (und der Klang) ohne Fehl und Tadel. Sowohl Gibson als auch Fender sind da auch im customshop nicht ganz auf dem Niveau. Ist aber nur meine subjektive Einschätzung. Meine erste ordentlich Gitarre war eine 1990 les Paul Standard, die auch heute noch großartig klingt gerne zum Einsatz kommt.
Perfektion ist so ne Sache. Für mich muss die Balance aus Sound, Optik, Haptik stimmen. Es muss nicht zwingend perfekt sein. Aber ich muss Bock drauf haben. Die guten Gibsons wie z.B die Collectors Choice Modelle geben mir das. Fender CS finde ich oftmals auch wirklich gut. Perfektion ist für mich aber auch Knaggs…genial. Dommenget zum Beispiel sind oft alles andere als perfekt, klingen aber brutal…so ist das mit perfect…
Eine schöne Les Paul wird immer sexy sein. Ich finde vor allem die Burst ziemlich cool. Farbe ist der Hammer, ebenso wie die Gibson CC28 Montrose Burst der absolute Hammer ist. Wenn Leute über Qualitätsprobleme bei Gibson meckern sollen sie eine CC probieren…vg
Naja, Gibson sollte es schon schaffen, wie andere Hersteller auch, auch unter einem VK von 5-6k ohne grobe Qualitätsmängel zu produzieren.
Habe selber einige Gibson Gitarren und bin sehr zufrieden mit ihnen, aber wenn man so wie ich zuletzt nach Erwerb einer Custom Shop ES-335 um rund 5k zu Hause erstmal die bridge studs in eine gerade Position hämmern muss kommt man sich schon etwas komisch vor.
Ärgerlich. Ich habe diese Erfahrungen mit Gibsons nicht gemacht. Meine erste war ne SG in 1984, die ist bis heute ein geiles Teil. Ansonsten hätte ich ein paar Customs, allesamt gut. Jetzt spiel ich ne CC28, totale Sahne. Blöd wenn man enttäuscht wird. Aber die Meckereien die man so liest sind anders gelagert. Da gehts nur um BigName bashing. Ich jedenfalls finde dieses Session Model sehr gelungen und mit unter 5 k auch nicht überteuert. Lese gerade von diesem neuen Joe Satriani Model von Ibanez für 5500€…
Keine Frage, sehe das ähnlich wie Du. War auch selber gar nicht enttäuscht von den kleinen Mängeln bei den CS Gibsons, da ich bei Gibson damit rechne und kein Problem habe Kleinigkeiten selbst zu reparieren.
Preise bei Gibson wie auch anderen Marken sind zum Teil tatsächlich absurd, bei meinen Suhr strats ist dafür dann aber auch die Verarbeitung (und der Klang) ohne Fehl und Tadel. Sowohl Gibson als auch Fender sind da auch im customshop nicht ganz auf dem Niveau. Ist aber nur meine subjektive Einschätzung. Meine erste ordentlich Gitarre war eine 1990 les Paul Standard, die auch heute noch großartig klingt gerne zum Einsatz kommt.
Perfektion ist so ne Sache. Für mich muss die Balance aus Sound, Optik, Haptik stimmen. Es muss nicht zwingend perfekt sein. Aber ich muss Bock drauf haben. Die guten Gibsons wie z.B die Collectors Choice Modelle geben mir das. Fender CS finde ich oftmals auch wirklich gut. Perfektion ist für mich aber auch Knaggs…genial. Dommenget zum Beispiel sind oft alles andere als perfekt, klingen aber brutal…so ist das mit perfect…