Milliardenschwerer Sound

Danelectro Billionaire Pedale im Test

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Danelectro Billionaire
(Bild: Dieter Stork)

Welche Pedale sehen so aus, als wären sie soeben vom Fließband eines namenhaften Autoherstellers der 60er-Jahre in Detroit gepurzelt? Richtig, Danelectro sind zurück und präsentieren sich abermals im Automobil-Chic vergangener Tage. Wie das klingt, wollen wir hier nun besprechen.

Nicht ein neues Pedal, sondern gleich eine ganz neue Produktreihe schickt der Hersteller mit der neuen Billionaire-Serie ins Rennen.

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hauptsache, es sieht gut aus

Nun, darauf können wir uns wahrscheinlich alle schnell einigen – die Billionaire-Serie kommt in einem wirklich sehr hübschen Retro-Look daher, welcher stark an die Designs der amerikanischen Autoindustrie der 60er-Jahre erinnert. Waren die Pedale von Danelectro bisher eher unter einem gewissen Trash-Chic mit einer ordentlichen Portion Humor zu betrachten, haben wir es hier mit einem wirklich richtig guten und stimmigen Design zu tun. Die Lackierung erinnert stark an die dicke, speckig aufgetragene Farbe eines Straßenkreuzers und macht optisch wie haptisch einen sehr guten Eindruck.

Der Aufbau unserer vier Testkandidaten ist im Wesentlichen – mit leichten Variationen bei der Anzahl der Potis – sehr ähnlich. Dabei haben wir es mit einem schön verrundeten Format zu tun, welches recht eigenständig wirkt und abseits der Pfade des üblichen Aluminium-Gehäuses wandelt. Innerhalb der beiden superpräzise ineinandergreifenden Metallgehäusehälften, geht es natürlich bei einer solch geringen Größe nicht gerade geräumig zu. Ich bin dennoch erstaunt, dass mir hier eine doch erwähnenswerte Verarbeitungsqualität begegnet. Bei solch einem geringen Preis – in den USA kosten die Pedale zwischen 49 und 79 Dollar – finde ich das nicht gerade selbstverständlich.

Natürlich reden wir hier nicht vom mittlerweile wirklich extrem hohen Standard, den so manch kleiner Boutique-Hersteller an den Tag legt; trotzdem finde ich die Auswahl der Bauteile und die Sorgfalt bei der Bestückung der Platinen durchaus der Rede wert. Die robusten Fussschalter und die sehr stylisch aussehenden Poti-Kappen runden das Design perfekt ab. Die Potis laufen sahnig weich, die Schalter (Relais) erzeugen ein seichtes Schaltgefühl ohne nennenswertes Feedback. Die an der Stirnseite verbauten Klinke-Buchsen packen kräftig zu und untermalen damit den hochwertigen Eindruck der Billionaire-Pedale.

kleine allrounder

Für den Praxistest habe ich mir überlegt, dass wir erst mal mit leichter Kost beginnen – es geht los mit dem Billion Dollar Boost. Ich habe mir für den Test – wie so oft – einen satten und leicht komprimierenden Crunch-Sound eingestellt und will herausfinden, inwiefern der Booster diesem etwas drögen Ton auf die Sprünge helfen kann. Neben einer Zwei-Band-Klangregelung mit Bässen und Höhen steht uns neben dem Volume-Regler ein kleiner Mini-Schalter zu Verfügung, der für einen leichten Low-Cut sorgen soll. Bei allen Potis in der neutralen 12-Uhr-Position und dem Mini-Switch in der Flat-Stellung, erwartet mich ein schön dicker, in den Mitten leicht zurückgenommener Ton, der dem Signal eine schöne Portion Glanz und Fett verleiht. Die tiefen Saiten erhalten ein angenehmes Glucksen, während hohe Noten durch ein dezentes Schimmern glänzen – ein Pedal also, welches man eigentlich gar nicht mehr ausschalten möchte.

Der Low-Cut sorgt bei Bedarf für eine kleine Verschlankung in den Tiefen, beispielsweise bei recht dicken Saiten und/oder tieferen Tunings. Die Lautstärke-Reserven des Billion Dollar Boosters sind zwar nicht unbegrenzt groß, reichen aber vollkommen aus, um einen leicht crunchenden Verstärker locker in den Overdrive-Bereich zu schubsen. Gefällt mir gut.

Danelectro Billionaire
(Bild: Dieter Stork)

Beim zweiten Pedal, dem Pride Of Texas, liegt die Verbindung zu einem der größten Blues-Gitarristen aller Zeiten nahe. Die Rede ist natürlich von Stevie Ray Vaughan, dessen unheimlich fetter Strat-Sound bis heute eine absolute Klangreferenz darstellt. Im Praxistest entpuppt sich unser Test-Kandidat zum Glück nicht als kleines One-Trick-Pony, sondern vielmehr als ein angenehm weich und cremig klingendes Overdrive-Pedal, das sowohl vor einem cleanen als auch einem bereits etwas zerrenden Verstärker eine gleichermaßen gute Figur macht. Volume, Gain, Treble, Bass, fertig. Mehr braucht es ja manchmal auch gar nicht.

Vergleiche zu einem Tube Screamer sind vielleicht nicht ganz abwegig, wobei allerdings die markante Ausdünnung der Bässe und die Beule in den Mitten des kleinen grünen Schreihalses beim Danelectro-Pedal so nicht zu hören sind. Durch die effizient arbeitende Zwei-Band-Klangregelung lässt sich das Signal den eigenen Klangvorstellungen gut anpassen, ohne dass der Ton verbogen oder seltsam verfremdet klingt. Am besten hat mir das Pedal mit eher wenig Gain (unterhalb der zehn-Uhr-Position) und mit voll aufgerissenem Volume-Regler gefallen. Meinem Test-Combo konnte ich so einige wirklich schön singende Blues-Rock-Sounds entlocken, die Gary Moore wahrscheinlich stolz gemacht hätten.

Im direkten Vergleich hat das Pride Of Texas eine ganze Portion mehr Mitten als der Billion Dollar Boost und natürlich auch viel mehr Gain. Trotzdem haben beide Geräte das Potential als Always-On-Pedal auf dem Board zu landen, weil sie einen rundum flexiblen und schöngeistigen Ton liefern.

Als nächstes auf der Test-Bank haben wir nun das Big Spender Rotating-Speaker-Pedal, im Volksmund auch Leslie-Simulation genannt. Anders als ich zunächst erwartet hatte, haben wir es hier nicht mit einer klassischen Uni-Vibe-Kopie zu tun, sondern mit dem Versuch, den Klang der rotierenden Lautsprecher eines Leslies einzufangen (was ja das Uni Vibe im Prinzip auch will nur mit viel rudimentäreren Mitteln – die Schaltung ist immerhin an die 45 Jahre alt).

Ich hatte als kleiner Junge das Glück, dass mein Vater eine original Hammond-C3-Orgel inklusive des dazugehörigen Leslies auf seinem Dachboden stehen hatte und ich dann und wann meine Gitarre an die gigantische, eckige Kiste anschließen durfte. Der Sound, welchen die rotierenden Horn-Lautsprecher und die Wäschetrommel-große Bass-Sektion produzierte, ist mir bis heute in bester Erinnerung geblieben.

Danelectro Billionaire
(Bild: Dieter Stork)

Beim Big Spender fange ich nun also wie immer mit allen Reglern in der neutralen Position an und wundere mich beim Einschalten über einen erheblichen Anstieg an Lautstärke und Verzerrung. Siehe da, Danelectro hat mitgedacht und an den Volume-Regler gleich noch eine dezente Prise Overdrive gekoppelt, mit welcher sich ein satter Crunch-Sound erzeugen lässt. So richtig aufregend klingt der Leslie-Sound ja eigentlich nur mit einem ordentlichen Schlacks Dreck obendrauf. Das Treble-Poti verleiht dem Sound bei Bedarf ein wenig mehr Glanz in den Höhen, während der Speed-Regler die Geschwindigkeit der Rotation der Lautsprecher reguliert.

Als einziges der vier Test-Geräte weist das Big Spender einen weiteren Fussschalter (welcher mit der Bezeichnung ,Ramp‘ versehen wurde) neben dem Bypass-Switch auf, der die beiden verschiedenen Geschwindigkeiten anwählt. Dazu gibt es eine kleine LED, welche je nach Betriebs-Modus die Farbe von grün (langsam) nach rot (schnell) blinkend verändert. Der Clou des Pedals ist meiner Meinung nach, dass die Anlaufzeit, welche der Motor beim Original-Leslie braucht, um die Rotation der Lautsprecher zu beschleunigen, hier erstaunlich gut simuliert wurde. Das bedeutet, dass die Modulation des Signals nicht einfach Sprunghaft ansteigt (oder abfällt) sondern sich über einen Zeitraum von ca. zehn Sekunden langsam nach oben arbeitet. Genau diesen Moment, in dem die Modulation des Effektes ansteigt und etwas ungleichmäßig wird, finde ich klanglich am spannendsten. Immer wieder habe ich mich dabei ertappt, wie ich – je nachdem was ich gerade gespielt habe – den Ramp-Switch in kurzer Abfolge hintereinander betätigt habe und so den Effekt ständig be- oder entschleunigt habe.

Die Frage, ob wir es hier mit einer authentisch klingenden Leslie-Simulation zu tun haben, muss ich ganz klar mit „Nein“ beantworten – ich finde das aber angesichts des Preises des Big Spenders auch gar nicht weiter schlimm, ich war sogar überrascht, wie gut das Gerät im Test tatsächlich klang. In diesem Niedrigpreis-Segment gefallen mir die meisten Rotating-Speaker-Pedale eher weniger; ein Vorwurf, den sich das Danelectro Pedal keinesfalls gefallen lassen muss. Von einer schön fetten, langsamen Modulation des Sounds bis hin zu schnell rotierenden Leslie-Sounds deckt unser Test-Kandidat eine ordentliche Bandbreite ab.

Beim letzten Pedal in unserer Test-Reihe handelt es sich um das Filthy Rich Tremolo, welches laut Hersteller an den Effekt der alten Danelectro-Verstärker aus den 40er-Jahren angelehnt sein soll. Auf jeden Fall haben wir es hier mit einem richtig gut klingenden und sehr einfach bedienbaren Pedal zu tun. Speed, Depth und ein kleiner Schalter zum Umschalten der Wellen-Charakteristik – und fertig ist das Ganze. Mit dem Filthy Rich ist von butterweichen Wellen im Schneckentempo bis hin zu hektischem Sägezahn-Gehacke eigentlich alles möglich. Durch den schön effizient arbeitenden Depth-Regler, lässt sich die Intensität der Tremolo-Wellen von ganz dezent bis hin zu sehr tief eingreifend, ganz einfach regulieren.


Battery Billionaire

Danelectro Billionaire
(Bild: Dieter Stork)

Die Pedale lassen sich aufgrund ihrer Größe nur mit externen Netzteilen versorgen. Auch hier hat Danlectro etwas neues im Programm: den Battery Billionaire. Hierbei handelt es sich um ein Batterie-Netzteil, welches mit vier 9V-Blöcken betrieben wird. Ab Werk finden sich Danelectros DB-2 Vintage Batterien (Kohle-Zink) im Netzteil.

Dazu Danelectro: „Niemand, abgesehen von Custom-Buildern wie Bob Bradshaw, hat bis jetzt ein Netzteil entwickelt, das mit Batterien arbeitet. Die Danelectro Vintage Battery ist die bestverkaufte Batterie im Guitar Center (große Musikalienhändlerkette in USA). Viele Studio-Gitarristen in LA nutzen sie beim Recording. In Aufnahmesituationen ist der Unterschied zwischen einer einfachen Power-Supply und unserer Zink-Kohle-Batterie deutlich zu hören, besonders bei Distortion-, Overdrive- oder Fuzz-Pedalen. Den Haupteinsatzzweck unseres Battery Billionaires sehen wir beim Home-Recording oder im Studio, im Live-Betrieb wird es naturgemäß schwieriger, den Unterschied zu hören.“

Preis UVP/Street: ca. € 72/65


alternativen

Reden wir nicht um den heißen Brei herum: klanglich gibt es sicher einige Alternativen zur neuen Billionaire-Serie von Danelectro, vor allem zum Booster- und dem Overdrive-Pedal. Auch wenn alle vier Pedale durch die Bank weg gut klingen, ist keines der Geräte wirklich einzigartig. Ich sehe das Novum der Billionaire-Reihe eher in dem tollen und geschmackvollen Design, welches, anders als das der alten Danelectro-Pedalen, keine Spur von Trash-Chic aufweist, sondern einfach richtig gut aussieht. Das Auge hört schließlich mit. Natürlich ist dieses Niedrigpreis-Segment, in welchem wir uns hier bewegen, in der Pedal-Welt gerade heiß umkämpft – wo aber bekommt man für so wenig Geld solch einen coolen Look? Mir fällt da nichts ein.

resümee

Letztendlich bin ich der Meinung, dass man seine Erwartungen an ein Pedal immer auch an den Preis koppeln muss. Hier haben wir also eine ganze Reihe Effekt-Geräte, die wirklich gut klingen, sehr hübsch gestaltet wurden und zudem – angesichts des geringen Preises – völlig einwandfrei verarbeitet sind. Für meine Begriffe gibt es daher an den Danelectro-Billionaire-Pedalen tatsächlich kaum etwas zu meckern. Fans des 60er-Jahre Vintage-Styles mit Vorliebe für den Look alter Straßenkreuzer, dürften um diese kleinen Treter kaum herumkommen. Auf jeden Fall testen!

www.danelectro.com

Preis (UVP/Street):

Pride of Texas: ca. € 88/79

Big Spender Spinning Speaker: ca. € 99/89

Billion Dollar Boost: ca. € 78/69

Filthy Rich Tremolo: ca. € 78/69

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Danelectro Billionaire

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2017)

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