Der Lengericher Sänger und Gitarrist wurde ausführlich in Gitarre & Bass 08/17 vorgestellt. Sein aktuelles Album ,Getting Personal‘, das er mit The Electric Blues All-Stars eingespielt hat, ist für Blues-Fans eine dicke Empfehlung. Auf seiner Strat spielt Strauss unglaublich ausdrucksstark, wobei er sich stilistisch zwischen Texas und Chicago bewegt. Ausführlich erzählt Krauss hier nun über seine Sound-Kette – von den Fingern bis zu den Lautsprechern.
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interview
Kai, auf deinem neuen Album hören sich manche Passagen so an, als würdest du die Saiten auch mit den Fingern anschlagen.
Kai Strauss: Stimmt. Das ist eine unbewusste Entwicklung, die ich scheinbar seit zwei, drei Jahren durchlaufe. Mittlerweile spiele ich auch live ein Drittel nur mit den Fingern. Genau genommen benutze ich den Mittelfinger, während ich das Plektrum mit Daumen und Zeigefinger halte (Custom-Celluloid-Picks in der Stärke Heavy von InTuneGP). Dabei geht es mir darum, ein paar Tönen einen anderen Ausdruck zu verleihen. Das ist ein super Sound, vielleicht sogar einer der schönsten, wenn man nicht gerade in der Welt der verzerrten Gitarre zu Hause ist. Direkt mit den Fingern anzuschlagen ergibt einen kraftvollen warmen Ton, wie man es z. B. bei Albert King hört.
Du spielst Saiten in den Stärken .011- .049. Wo liegen für dich die Vorteile der relativ dicken 11er-Saiten?
Kai Strauss: Ich finde, dass eine ordentliche Strat mit 10er Saiten eigentlich knackiger, irgendwie perlender klingt. Deshalb überlege ich, mir eine Strat mit 10er-Saiten zuzulegen, einfach für den Klangunterschied. Für manche Sounds springen einen die 10er an, aber die 11er-Saiten erzeugen natürlich einen dickeren Ton. Ich habe mich an sie gewöhnt und brauche auch ein bisschen diesen Widerstand beim Spielen.
Welche Tonabnehmer deiner Stratocaster wählst du meistens an?
Kai Strauss: Das hängt ein wenig von der akustischen Situation des Raums oder der Bühne ab. Wenn ich mich super hören kann, spiele ich mehr mit dem Halstonabnehmer. Wenn ich mich nicht so gut hören kann, gehe ich eher in die mittlere Position oder auf den Steg-Pickup, weil die sich im Gesamt-Sound besser durchsetzen. Das ist dann eine praktische Entscheidung. Ansonsten kommt es auf das Lied an und den Sound, den ich haben will. Ich spiele mindestens 50% auf dem Steg-Pickup. In leisen Passagen im Slow-Blues spiele ich gerne den Hals-Tonabnehmer, damit man so das Bauchige hören und auch fühlen kann. Er hat diesen typischen Fender-Sound, eben so ähnlich wie Stevie Ray Vaughan bei seinen frühen Aufnahmen mit unverzerrtem Gitarren-Sound. Läufe auf den tiefen Saiten hören sich klasse an, wenn man den Hals-Tonabnehmer nimmt. Es hängt eben alles davon ab, was man spielt.
Wenn ich z. B. einen Jimmy-Reed-Shuffle spiele, dann sollten die Bass-Saiten Twang haben. Und wenn das in der Live-Situation auf dem Hals- oder Mittel-Pickup nicht entsprechend durchkommt, gehe ich eben auf den Steg-Tonabnehmer.
Wie setzt du das Volume-Poti ein?
Kai Strauss: Ich bin jemand, der während des Spiels den Sound der Gitarre gerne über das Volume- und die beiden Tone-Poti verändert. Ich habe das Volume-Poti in normal lauten Songs voll aufgedreht. Aber sobald es leiser wird, gehe ich auch mit dem Poti runter. Dadurch wird der Sound ein bisschen weicher. Im Studio habe ich einige Soli ganz bewusst mit einer Einstellung bei 7 bis 9 gespielt, um den Klang etwas weicher zu machen.
Schlägst du für Rhythmus-Parts die Saiten in Stegnähe an?
Kai Strauss: Das kommt darauf an, was der Song braucht. Mittlerweile spiele ich eher mittig. Früher habe ich viel und auch extrem nah am Steg gespielt. Dadurch wird der Ton härter, irgendwie knochiger. Wenn man dazu den Tone-Regler runterdreht, komme ich mit der Strat dem Sound von T-Bone Walker nahe, den er ja mit einer großen Archtop erzeugt hat. Leute wie Pee Wee Crayton, „Gatemouth“ Brown und Ronnie Earl haben auch viel am Steg gespielt. Durch Letzteren habe ich überhaupt erst gelernt, dass man, obwohl man eigentlich unverzerrt spielt, den Sound durch die Spielweise beeinflussen kann.
Benutzt du eigentlich dein Vibrato?
Kai Strauss: Ike Turner hat ja dieses schnelle Zittern berühmt gemacht. Diesen Gag mache ich auch manchmal. Ansonsten kommt mein Vibrato aus den Fingern. Mein Vibratosystem liegt flach auf dem Korpus auf, sodass ich den Hebel nur noch nach unten bewegen kann. Das hat den praktischen Vorteil, dass, wenn eine Saite reißt, ich ein Lied unverstimmt zu Ende spielen kann.
Du bist bekannt für deine Squier Stratocaster. Wann hast du sie gekauft und was ist für dich das Besondere an der Gitarre?
Kai Strauss: Es ist eine Sunburst-Strat mit Ahornhals, die ich Anfang 2000 in Münster bei Rare Guitar gekauft habe. Als ich bei Memo Gonzalez aufgehört hatte, habe ich mich durch die halbe Gibson-Palette gespielt, weil ich das Bedürfnis hatte, mal etwas anderes in der Hand zu halten als eine Fender, etwas anderes als einen Fender-Verstärker zu haben und auch andere Musik zu spielen. Ich habe eine SG gespielt, eine Epiphone Flying V, eine Firebird – weil Hidalgo von Los Lobos die spielt – und ich hatte eine ‘61er Melody Maker, eine sehr geile Gitarre. Aber nach drei Jahren ist nur die Gibson ES-345 hängen geblieben. Die ist auch klasse.
Aber irgendwie bin ich mehr auf der Stratocaster zu Hause. Und für mich ist sie variabler, ich kann live mit ihr mehr machen. Vielleicht kann ich auch einfach besser damit umgehen. Wenn man immer eine andere Gitarre in die Hand nimmt, ist man nirgendwo so richtig zu Hause. Ich habe mir dann gesagt: Nimm die Strat und gut is‘. Das ist halt einfach meine Lieblingsgitarre.
Kommen wir zu deinen Effektpedalen. Ab und zu hört man ein Tremolo.
Kai Strauss: Ja, bei ein paar Liedern verwende ich ein Boss-Pedal; die sind einfach guter Standard. Darüber hinaus habe ich das M50 von Lovepedal, das immer an ist und für ein wenig Dreck im Sound sorgt. Ansonsten kommt noch ein Boss Fender FRV1 zum Einsatz, das diesen alten 63er-Fender-Hall nachmacht. Der Hall ist immer an, aber nur dezent. In der Hinsicht hat sich mein Sound in den letzten Jahren verändert. Wenn mal bei einem Gig in den 90ern die Hallspirale kaputt war, war der Gig für mich gelaufen. Heute ist mir das relativ egal. Ich bin als Spieler in den letzten 20 Jahren besser geworden, und wenn der Ton länger sein soll, dann mache ich ihn eben länger.
Setzt du für Lead-Passagen einen extra Booster ein?
Kai Strauss: Nein, ich stelle mir am Verstärker meine Sololautstärke ein, für die Begleitung drehe ich dann an der Gitarre leiser. Ich mag das auch, wenn dadurch der Klang ein bisschen weicher wird und die Höhen zurückgenommen werden. Für meine Musik ist das genau richtig.
Damit kommen wir zum Ende der Sound-Kette: Wann klingt für dich dein Fender-Bassman-Verstärker am besten, wie stellst du ihn ein?
Kai Strauss: Ich gehe mit der Gitarre in den normalen Kanal, der erste Eingang. Volume steht zwischen 4 und 6. Das ist mein Lieblingsbereich, nach 6 zerrt er dann zu stark, und unter 4 ist noch nicht so richtig Leben in der Bude. Ansonsten habe ich ziemlich viel Höhen drin, der Regler steht so auf 6 oder 7. Ich drehe lieber mehr Höhen in den Amp und drehe sie an der Gitarre raus, wenn ich meine es ist zu viel. Die Mitten habe ich immer auf 8, die Bässe stehen bei 4. Der Bassman ist in diesem Bereich sowieso ganz gut aufgestellt. Bei höherem Bass-Anteil wird es mit den 11er-Saiten auch zu wummrig. Dann gibt‘s noch den Presence-Regler, durch den der Anschlag ein bisschen härter wird. Er steht so auf 8. Das ist meine Einstellung.
Mit dem Bassman spiele ich die meisten Gigs. Ich mag die Fülle der 4x10er-Bestückung des Bassman. Auch wenn ich den Verstärker so leise drehen muss, dass ich gar keine Zerre habe, ist das für mich OK. Übrigens, meine Bassman-Amps sind Reissues aus den 90erJahren, bei denen einige der originalen blauen Eminence-Alnico-Lautsprecher im Laufe der Jahre durch Jensen P10R ersetzt wurden, zudem wurden die Gehäuse neu bezogen. Gelegentlich kommt auch einer der beiden 1965er-Fender-Super-Reverbs zum Einsatz (bestückt mit jeweils zwei Jensen-P10R- und zwei Jensen-C10Q-Lautsprechern). Auf großen Bühnen kombiniere ich für mehr Fülle einen Bassman oder einen Super Reverb mit einem Fender Hot Rod Deville 2×12, Version III. [2433]