Mehrwert

Test: Blackstar LT-Echo 15

Anzeige

Blackstar ist Spezialist für HighTech-Vollröhren-Amps, ist Spezialist für Vintage-Style-Tubeamps, hat im Economy-Segment ausgefuchste Modeling-Verstärker/-Combos anzubieten … Blackstar hat alles, was der Gitarrist fürs „Lautmachen“ brauchen könnte. Bis hin zum „schnöden“ Practice-Amp, wie wir hier sehen. Schnöde? Der hier? Eben nicht, dieses Exemplar fällt eher luxuriös aus.

Anzeige

Blackstar feiert 2017 ein Jubiläum: Zehn Jahre! Was mit den besagten ambitionierten Röhrenmodellen begann, hat sich bis heute zu einem Allround-Portfolio entwickelt. Darunter nehmen die besonders kompakten, transportfreundlichen Modelle eine bedeutende Stellung ein. Namentlich die Produktserien HT-1, ID:Core und ID:Core Beam. Am unteren Ende der Preisskala steht der Fly 3, ein Mini-Amp, den es auch als Bluetooth-Version gibt. Die zwei im Sommer 2017 erschienenen LT-Echo-Modelle liegen knapp darüber und schließen damit eine Lücke.

Mit nur drei Reglern, Volume, EQ und Delay Time, ist der kleinere LT-10 Echo sparsam ausgestattet. Unser Testkandidat, der LT-Echo 15, wirkt schon auf dem Papier ungleich leistungsfähiger.

fakten

Blackstar selbst ordnet den LT-Echo 15 als Practice-Amp ein. Angesichts dessen ist die Konzeption vergleichsweise üppig. So stehen für die Klangformung zwei Regelbereiche zur Verfügung, Tone und ISF (Infinite Shape Feature, siehe unten). Während andere Übungsverstärker oft nur einen Volume-Regler haben, wurde dem LT-Echo 15 eine OD-/Overdrive-Sektion plus Gain-Poti gegönnt, d. h. der Combo bietet zwei Sound-Ebenen, zwischen denen per Druckschalter gewechselt werden kann.

Bei dem Echoeffekt scheint auf den ersten Blick allein die Delay-Zeit veränderbar. Aber nein, das Poti steuert parallel, wie hoch der Feedback-Faktor ist, also wie viele Echowiederholungen entstehen; bei kurzen Zeiten, Slapback-Delays, naturgemäß weniger als bei längeren verzögerten Echos. Ein Druckschalter kontrolliert den On/Off-Status der Effektsektion.

Über einen 3,5-mm-Klinkeneingang können Line-Signale eingespielt werden. Ein zweiter Anschluss dieser Art ist für den Gebrauch von Kopfhörern vorgesehen. Dank der Frequenzgangkorrektur, die den Sound eines Lautsprechers simuliert, sollten sich die abgegebenen Signale auch als Quelle für D.I.-Recording u.ä. eignen, mal sehen.

An dem Gehäuse des Practice-Combos gefällt, dass die Regler von oben zugänglich und durch ihre versenkte Montage beim Transport gut geschützt sind. Blackstar bekommt es auch immer wieder geschickt hin, selbst die einfacheren Geräte in ihrer optischen Erscheinung gut aussehen zu lassen. Natürlich ist der elektronische Aufwand im Inneren des Chassis gering. Dass, abgesehen vom Netztrafo, mehr oder weniger alles auf eine recht kleine Platine passt, ist der Verwendung von SMD-Bauteilen zu verdanken. An der Verarbeitung gibt es nichts auszusetzen, alles tipptopp. Unerfreulich ist allerdings das mit nur ca. 76 cm Länge ziemlich kurz geratene Netzkabel.

Nominal soll der Amp 15 Watt leisten. Als Lautsprecher fungieren, man höre und staune, zwei „lächerlich“ kleine 3-Zoll-Speaker (Durchmesser also nur ca. 7,5 cm). „Was soll das werden?“ mag sich mancher fragen. Gemach, die kleinen Kerlchen sollte man nicht unterschätzen.

Blackstar LT-Echo 15
Gemessen am Preis eine großzügige Ausstattung (Bild: Dieter Stork)

baby rocker

Ja, die Lautsprecher: Bei Practice-Amps oft ein wunder Punkt, weil Hersteller zuweilen am falschen Ende sparen. Mag der Amp taugen, ohne adäquate Speaker kann er sein Potential nicht wirklich zeigen. Hier jedoch, beim LT-Echo 15, stehen in der Hinsicht die Zeichen günstig. Die kleinen Chassis verbreiten eine ausgewogene Tonfülle, die sogar eine respektable Basswiedergabe freimacht.

Cleansounds klingen in sich abgerundet, ohne unangenehme „Störfrequenzen“, weich, warm, gemessen an den Verhältnissen voluminös. Diese Eigenheiten mischen sich mit einer Wohlfühlansprache, die schnell und konkret auf den Anschlag des Spielers reagiert, aber doch eine gewisse Nachgiebigkeit in sich trägt. Ein wichtiger Faktor, gerade für Anfänger. Denn die Ansprache des Verstärkers (wie auch die des Instruments) bestimmt in nicht zu unterschätzendem Maße, wie sich die Technik des Spielers entwickelt.

Im OD-Modus stellt sich die Sachlage im Grunde identisch dar. Wobei die Anschläge eher weich, denn knackig umgesetzt werden. Legatolinien profitieren davon. Die Distortion unterstützt bei höherem Gain angenehm das Sustain. Der Klangcharakter kann recht weitläufig variiert werden, denn die Zweibandklangregelung arbeitet effizient, besonders der IFS-Bereich, der im Mittenspektrum greift und unterschiedliche Frequenzbänder betont/absenkt. Mal weich und singend, dann bös‘ und kratzig, der HTEcho 15 hat im Distortion-Spektrum schon relativ viel zu bieten.

Überzeugen kann der OD-Modus vor allem bei Sololinien/Einzeltönen. Doch sobald man Zweiklänge oder gar Akkorde (außer Grundton-/Quint-Verbindungen) spielt, trübt sich das Bild. Die Verzerrungen klingen nicht gerade harmonisch, der Klang wird von Interferenzen beeinträchtigt. Wer also bevorzugt Blues spielt, wird wohl für manche Sachen lieber ein Overdrive-/Distortion-Effektpedal benutzen wollen.

Blackstar LT-Echo 15
(Bild: Dieter Stork)

Vereinzelten Stimmen (in Presse und Web), die den OD-Modus als im Klang zu scharf kritisieren, möchte ich entgegenhalten, dass das doch eigentlich nur der Fall sein kann, wenn man ohne nachzuregeln zwischen den Soundmodes wechselt und betont höhenreiche Clean-Einstellungen gewählt hat. Jedenfalls können durch Nachführen der Klangregelung vollkommen ausgewogene Distortion-Sounds erreicht werden. Dass die in Charakter und Qualität nicht annähernd an das Sound-Vermögen eines wertigen Röhren-Amps herankommen, versteht sich von selbst.

Der Echoeffekt, der sich breitbandig präsentiert, viel in erfreulich hoher Qualität kann, von kurzen „Badezimmer-Delays“ bis zu „Ruf-in-den-Alpen-Reflexionen“, mag im ersten Moment recht laut dosiert wirken, wenn man den HT-Echo 15 solo für sich hört. Ist der Sound in ein Playback eingebettet, passt das FX-Gemisch aber. Insofern steigert er nachhaltig den Praxiswert des kleinen Combos. Den Line In dagegen kann man nicht als Extra werten; so ein Anschluss ist bei einem Practice-Amp ein Muss. Wie auch der Kopfhörerausgang, zum umweltschonenden Shredden (Speaker werden bei Belegung stumm gestellt). Aber Achtung: Man verwende bevorzugt Kopf-/Ohrhörer mit niedriger Impedanz – bei 600 Ohm z. B. ist die effektive Lautstärke sehr gering. Der Klang des Phones-Ausgangs ist passabel. Damit kann man auch in der Recording-Anwendung ansprechende Ergebnisse erzielen.

resümee

Ganz klar, kompakte Practice-Amps aus dem Budget-Segment werden nie tolle Tonmaschinen sein. Aber sie können durchaus gefällig klingen und Spaß bereiten. So wie es der HT-Echo 15 vormacht. Neben einer respektablen Klangfülle hat er drei dicke Trümpfe in der Hand: Eine gute Klangregelung, zwei Gain-/Sound-Ebenen und die wohlklingende Echo-Sektion. Dass die Verzerrungen bei Akkorden schwächeln, stellt allerdings ein unschönes Minus dar. Angesichts der anderweitigen Qualitäten darf man trotzdem mit dem Preis-/Leistungsverhältnis mehr als zufrieden sein. Nicht vergessen, wir reden von € 100! Dafür ist das Paket wirklich großzügig geschnürt.

Blackstar LT-Echo 15

Blackstar LT-Echo 15

 

Hinweise zu den Soundfiles:

Für die Aufnahmen kam ein C414 von AKG zum Einsatz, platziert oberhalb des kleinen 2×3“ Combos, um den realen Raumklang einzufangen.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt und gemastert.

Die Instrumente sind eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 (m. JB-Humbucker v. Seymour Duncan am Steg) und eine Steinberger GL4-T.

Die Soundfiles sprechen für sich. Die Clips 6 bis 8 stellen den interierten Echoeffekt des LT-Echo 15 vor.

Im Clip 9 hören wir mein Referenz-Riff“ (RefRiff), das ich mit jedem Test-Amp/-Distortion-Pedal einspiele, damit man den Charakter der von uns getesteten Produkte quasi auf einer neutralen Ebene vergleichen kann.

 

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über anständige Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).

Fragen, Anregungen  und  ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de.  Es klappt nicht immer,  aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

[3553]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.