Ganz schön beachtlich, wie umfangreich das Portfolio der Marke Fame mittlerweile geworden ist. Vorbei die Zeiten, als die Gitarren nur wegen ihres guten Preis- /Leistungsverhältnisses gekauft wurden.
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Natürlich ist die Forum IV auf den ersten Blick eine treue Kopie von PRS-Gitarren, die in ihren ersten Tagen vor allem über den Preis Aufmerksamkeit erlangen konnte. Dass sich mit den in Danzig gebauten Instrumenten jedoch hervorragend musizieren lässt, hat sich dann schnell herumgesprochen. Was wiederum Freiraum gab für Experimente. Und die Macher scheuen sich auch längst nicht mehr davor, die Niedrigpreis-Regionen zu verlassen und in der feinen Fabrik exklusive Fame-Modelle in vielerlei Variationen bauen zu lassen. So hat auch die neue Forum IV SD Piezo eine Menge an Ausstattung zu bieten.
Konstruktion
Wie gehabt: Mahagonikorpus mit Ahorndecke trifft Mahagonihals mit Palisander-Griffbrett. Beide Parts sind miteinander verleimt („long tenon“), und bis in die höchsten Lagen lässt sich der 24-bündige Hals willig bespielen, weil das untere Cutaway ergonomisch fein konturiert ist. Wo man schon mal dabei war, wurde auch gleich das obere Cutaway mit konturiert, hauptsächlich der Optik wegen. Die Saiten verlaufen von den guten Schaller-Mechaniken aus leicht gefächert über die Kopfplatte, den perfekt gekerbten Grafitsattel bis hinunter zu der Tune-o-matic/Stop-Tailpiece-Brückenkonstruktion, die versenkt ins Holz eingebaut ist. Dies sieht nicht nur schick aus, sondern ermöglicht auch einen flacheren Halswinkel, eben weil die Brücke nicht so hoch in der Luft steht wie z. B. bei einer Gibson Les Paul.
Auch die Poti-Knöpfe und Schalter sind elegant ins Deckenholz eingelassen, das in einem dunkelgrünen Ton gebeizt und seidenmatt versiegelt ist. Die feine, intensive Maserung des bookmatched aufgebrachten Ahorns ist somit nur per Adlerauge zu erkennen. Zwei Humbucker von Seymour Duncan (SH2/SH4) und ein in die GraphTech-Saitenreiter integriertes Piezo-Pickup-System wandeln in Kooperation mit MasterVolume, Mix-Regler, Dreiweg-Toggle- und Zweiweg-Singlecoil/Humbucker-Schalter den Ton dieser Gitarre in elektrische Spannung um und leiten sie an den Verstärker weiter.
Außerdem kann man das Master-Volume nach oben ziehen und aktiviert damit das Piezo-System. Mehr geht nicht! Oder doch? Auf einen Tone-Regler hat man verzichtet, wohl um die Gitarre nicht mit Reglern zu überladen. Die Fame Forum N ist makellos verarbeitet und die seidenmatte Lackierung der Vorderund Rückseite ist perfekt ausgeführt. Die gesamte Gitarre wirkt, bis auf das klobige Forum-Inlay am 12. Bund, sehr edel und elegant.
Praxis
Gleich vorweg muss die superbequeme Spielbarkeit dieser Forum IV herausgestellt werden. Die Gibson-typische, kürzere Mensur, das schlanke Halsprofil und die ab Werk recht flach eingestellte Super-Saitenlage bieten ein butterweiches Spielgefühl, das mir persönlich fast schon zu wenig Widerstand bietet. Aber ich bin mir sicher: Hier fühlen sich viele Musiker so richtig wohl! Klanglich kann die Forum IV mit etwas überzeugen, was ich eigentlich gar nicht erwartet hatte: Mit einer eigenen Stimme!
Zwar erzeugt die Gitarre im Zusammenspiel mit der bewährten Pickup-Kombination typisch klassische Rock-Sounds, aber die Fame kann zusätzlich mit einem fast schon akustisch klingenden, „holzigen“ Obertonbereich aufwarten, der natürlich umso stärker ins Gewicht fällt, je weniger der Amp verzerrt. Dabei ist das Piezo-System gar nicht mal aktiviert! Dieser spezielle Sound – tendenziell dem einer Semiakustik nicht unähnlich – macht an und fördert ungemein die Spielfreude. Von vollmundigen Hals-Pickup-Sounds (hier vermisste ich einen Ton- Regler, um noch mehr ins Jazzige abzutauchen, was mit diesem Grundsound sicherlich eine Attraktion hätte sein können) bis hin zum klassischen Rockbrett mit dem Steg-Pickup bedient die Fame viele Geschmäcker mit astreinen Klängen. Nur die Extreme sind nicht ihr Ding, sondern eher das Gediegene.
Der Singlecoil-Modus, aktiviert durch den Mini-Schalter, dünnt diese klassischen Sounds deutlich aus. Wie so oft, ist er ein Ergänzungsmodus, den man gerne mitnimmt, aber auch froh ist, sich nicht hauptsächlich darauf verlassen zu müssen. Die Stärken dieser Gitarre kommen nämlich vornehmlich im Humbucker-Betrieb rüber. Immerhin kann man die Singlecoil-Sounds u. a. auch dazu benutzen, um unkompliziert zwischen Rhythmus- und Solo-Passagen zu wechseln. Aber so richtig fendrig klingt auch dieser Singlecoil-Sound natürlich nicht. Durch Hochziehen des Volume-Reglers wird das Piezo-System ins Geschehen mit einbezogen – was sich sofort in einer weiteren Betonung des Obertonspektrums bemerkbar macht. Nicht deutlich, und schon gar nicht aufdringlich, aber schon etwas crisper wird nun der Sound, vor allem, wenn der Amp auf clean steht.
Und übrigens auch dann, wenn der Mix-Regler voll auf der Seite der Magnet-Pickups steht; hier wird also keine vollständige Trennung beider Systeme erzeugt. In der Mittelstellung dieses Reglers, der dann einrastet, erfährt der Klang eine leichte Aushöhlung, und regelt man nun bis zum anderen Anschlag (100% Piezo), ist man erstaunt, wie vollwertig dieses PiezoSystem auch für sich alleine klingen kann. Nicht nur wird dank des integrierten Preamps, der von einer 9-V-Batterie mit Spannung versorgt wird, die Lautstärke der Magnet-Pickups erreicht, sondern auch deren Klangfülle; sogar verzerrte Sounds kann dieses Piezo-System liefern, ohne dass es aus dem Amp heraus krächzt und faucht. Erstaunlich! Gehen wir in das andere Extrem und suchen uns den cleansten Sound, den diese Fame bieten kann – Humbucker auf Singlecoil, Toggle-Mittelstellung, und hinzu gemischter Piezo-Pickup.
Hier erfährt der Sound die am deutlichsten hörbare akustische Komponente, wobei auch das noch sehr weit von einer E-Akustik-Gitarre entfernt ist. Dennoch – er stellt eine weitere Sound-Alternative an Bord dar, die man gerne mitnimmt. Wäre der Blend-Regler effektiver, könnte man natürlich besser mit verschiedenen Mischverhältnissen zwischen den beiden Magnet- und Piezo-Pickups arbeiten. Auch wäre es nicht schlecht, wenn Magnet- und Piezosignal getrennt herausgeführt würden und dann über zwei verschiedene Verstärker getrennt voneinander verstärkt werden könnten. So könnte man der Qualität der Piezo-Sounds noch mehr Rechnung tragen und sicherlich effektivere pseudo-akustische Klänge abrufen.
Resümee
Die Fame Forum IV SD Piezo kann klanglich und spieltechnisch absolut überzeugen. Eine super-bequeme Spielbarkeit trifft hier auf eine hochwertige Hardware- und Elektronik-Ausstattung, die eine große Variabilität bereit stellt. Aber das vielleicht wichtigste ist, dass diese Gitarre einen eigenen Klangcharakter produziert. Damit ist sie nicht nur wie ein zuverlässiges Arbeitspferd aufgezäumt, sondern hat die Qualitäten, die zu einem innigen Freundschaftsverhältnis gereichen. Wie gut, wenn beides sich mischt, wenn beides möglich ist! Mir fehlte der Ton-Regler und die separate Verstärkung von Piezo- und Magnetpickup-Sounds, aber ob das wichtig ist, mag jeder für sich selbst beurteilen. Wer eine extrem vielseitige Gitarre mit vielen klassischen Humbucker-Sounds und einer gewissen Prise Extravaganz sucht, der sollte sich diese Forum IV SD Piezo näher anschauen. Ihre Leistung ist, nicht nur (aber auch) in Hinsicht auf den Preis, eine richtig gute!